28 July 2018
Standpunktlosigkeit ist keine Option
Der Tonfall der politischen Debatten ist schärfer geworden und zwar gerade, was das Recht und besonders was das Flüchtlingsrecht betrifft. Das Recht und vor allem die Verfassung angesichts dieser Polarisierung als Grundlage sachlicher Debatten hochzuhalten, ist richtig. Falsch ist es zu meinen, rechtliche Analyse komme ohne einen Standpunkt aus. Wir brauchen ein Bewusstsein über das Menschliche in jedem Urteilen, damit wir zur Kritik unserer eigenen Sichtweise fähig und uns der Verantwortung des Urteilens bewusst sind. Continue reading >>
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04 July 2018
Die Fiktion der Nichteinreise ist ein Instrument der Entrechtung
Die Fiktion der Nichteinreise klingt ein bisschen verrückt – aber können wir uns alle daran gewöhnen, nachdem wir uns einmal kräftig gewundert haben? Nein, wir dürfen uns nicht mit Fiktionen abfinden, die Rechte aushebeln. Das Recht kennt verschiedene Fiktionen, aber sie dienen der Wahrung von Rechten. Wenn wir Fiktionen akzeptieren, die Rechte umgehen, befinden wir uns im düstersten Gruselkabinett des rechtlichen Unrechts. Continue reading >>27 June 2018
The Phantom Insurrection: how Counter-Insurgency Theory Became a Paradigm of Governing
We are constantly struggling to make sense of the politics of our time, to understand what links various developments and phenomena that we witness. Bernard E. Harcourt has written a book that offers such an interpretation. In "The Counterrevolution" he explains how the massive collection of data and the increasing militarization of police go together, how the changes in military and foreign policy relate to domestic US politics since 9/11, and where to place President Trump in this picture. At the occasion of his visit in Berlin, Bernard Harcourt was willing to give this brief interview and speak about the theses of his book. Continue reading >>
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20 June 2018
Anordnung des (Europa-)Rechtsbruchs
In diesen Tagen richten sich die Augen der Republik auf die Grenze zu Österreich. An ihr entscheidet sich möglicherweise, ob in Europa nach Jahrzehnten der Integration nun ein Prozess der Auflösung beginnt. Es geht um Detailfragen des Asylrechts – und es geht um die großen Fragen Europas. In dieser angespannten Lage irritiert eine Anweisung an die Bundespolizei vom 19. Juni 2018: An allen Binnengrenzen mit vorübergehend eingeführten Grenzkontrollen sollen Personen mit Einreiseverbot ohne Verfahren zurückgewiesen werden. Ab sofort, und – anders als bisher – unabhängig davon, ob ein Schutzersuchen vorliegt. Diese Anweisung ordnet den Bruch von Europarecht an. Continue reading >>14 June 2018
Weshalb man Asylsuchende nicht an der Grenze abweisen kann, Teil 2
Teil 1 dieses Beitrags hat ergeben, dass Deutschland Asylsuchende nicht einfach an der Grenze abweisen kann. Teil 2 erklärt, warum das so ist. Continue reading >>13 June 2018
Weshalb man Asylsuchende nicht an der Grenze abweisen kann
Der Vorschlag, Asylsuchende doch einfach direkt an der Grenze abzuweisen, ist als politisches Material erstaunlich langlebig. Erstaunlich, weil das Recht dem Vorschlag so eindeutig entgegensteht. Das Europarecht steht ihm entgegen, in Form der Regelungen der Dublin-Verordnung. Wenn man die ändern oder missachten möchte, steht dem Vorschlag immer noch das Verbot der Kollektivausweisung in der EMRK entgegen. Und falls die entsprechenden Fraktionen überlegen, aus der EMRK auszutreten, steht der Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze auch noch das Völkergewohnheitsrecht entgegen, mit dem Refoulement-Verbot und der deklaratorischen Natur der Flüchtlingsanerkennung. Insofern wäre politische Energie besser investiert, indem über rechtskonforme Vorschläge der Gestaltung von Flüchtlingsschutz diskutiert wird. Continue reading >>04 October 2017
Die Identifikation Einzelner – Gedanken zum EGMR-Urteil im Fall N.D. und N.T.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall N.D. und N.T. gegen Spanien stellt fest, dass Rückschiebungen in der Grenzzone der spanischen Enklave Melilla nach Marokko gegen das Verbot der Kollektivausweisung verstoßen. Die Entscheidung ist bedeutsam, weil sie die Abgrenzung von legitimem Grenzschutz und konventionswidrigen Praktiken betrifft. Und damit die zentrale Frage in der Regulierung von Migration überhaupt: Die nach dem rechtlichen Ausgleich zwischen staatlichem Souveränitätsinteresse und den Rechten der Migranten, welche durch Menschenrechtsverträge geschützt sind. Continue reading >>29 July 2017
Subjektive Rechte aus der Dublin-Verordnung: Der Fall Mengesteab vor dem EuGH
Neben der Geschichte der Dublin-Verordnung als äußerst zähem System einer ungerechten Zuständigkeitsverteilung zwischen Staaten gibt es eine zweite Geschichte der Dublin-Verordnung: Die langsame Stärkung der subjektiven Rechte von Asylbewerbern. Diese Geschichte erhält ein weiteres Kapitel mit dem diese Woche verkündeten Urteil Mengesteab des Europäischen Gerichtshofs. Die Entscheidung ist hochrelevant für die Praxis, weil sie die Fristenberechnung betrifft, bis wann ein Asylsuchender in einen anderen Mitgliedstaat gemäß Dublin-Zuständigkeit zurückgewiesen werden kann. Und die Entscheidung markiert zugleich, dass angesichts politischer Lethargie die größte Hoffnung für eine Veränderung des festgefahrenen Dublin-Systems in den Klagemöglichkeiten liegt. Continue reading >>24 May 2017
Genauer hinschauen: Der Beschluss des BVerfG zu einer Abschiebung nach Griechenland
Ob Grundrechte ausreichend geschützt sind, das ist unter Anschauung der Wirklichkeit festzustellen und nicht lediglich mit Blick auf eine Rechtsnorm. Weil das VG Minden das nicht tun wollte, hat das Bundesverfassungsgericht die Abschiebung eines in Griechenland bereits anerkannten Asylbewerbers nach Griechenland gestoppt. Die Rückführung auszusetzen, kann aber nur eine Notbremse sein, nicht aber die aktive Gestaltung der Verantwortungsteilung für den Flüchtlingsschutz in der EU ersetzen. Eine Möglichkeit dazu wäre der europäische Asylstatus. Continue reading >>02 February 2017