Welche Probleme das Cannabiskontrollgesetz lösen muss
Deutschlands Cannabis-Dilemma Teil 2
Die Totallegalisierung von Cannabis in Deutschland schreitet rasch voran. In der zweiten Jahreshälfte will die Regierung einen Gesetzentwurf zum Cannabiskontrollgesetz präsentieren. Dieser wird mit Spannung erwartet, nicht nur von den vielen Lobbyisten und Investoren, die sich auf einen neuen Milliardenmarkt freuen. Auch die vielen deutschen Cannabiskonsumenten wollen verständlicherweise endlich Rechtssicherheit und Freiheit vor Strafverfolgung. Das Cannabiskontrollgesetz muss eine Reihe von offenen Fragen klären, die im Folgenden knapp dargelegt werden sollen. Dieser Beitrag ist eine Ergänzung zu dem an dieser Stelle erschienen Blogbeitrag zum Cannabis-Dilemma vom November 2021. Der Autor ist noch immer von der kriminologischen Sinnhaftigkeit einer Cannabislegalisierung überzeugt. Über die konkrete Ausgestaltung muss man allerdings diskutieren.
EU-Rechtskonformität
Die Debatte zur Cannabislegalisierung in Deutschland kreist vor allem um Völkerrechtsfragen insbesondere um die Konformität des Vorhabens mit den UN Konventionen. Das EU-Recht findet hingegen weniger Beachtung. Das verwundert, stellt doch etwa das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) in Art. 71 (2) explizit klar, dass die Vertragsparteien sich dazu verpflichten:
„[…] die unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln aller Art einschließlich Cannabis-Produkten sowie den Verkauf, die Verschaffung und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden.“
Dass man das EU-Recht lieber links liegen lässt, hat mit der juristischen Strategie zu tun, die der Gesetzgeber verfolgt. Auf Ebene des Völkerrechts will Deutschland einen sogenannten Vorbehalt erwirken. Dazu will Deutschland das Einheitsübereinkommen über Suchtstoffe von 1961 zunächst kündigen, um gleich darauf mit einem Vorbehalt für Cannabis wiedereinzutreten. Dann wäre da noch das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und Psychotropen Stoffen von 1988. Auch hier müsste ein nachträglicher Vorbehalt für Cannabis her. Leider gibt es dabei ein Problem: Die EU hat das Übereinkommen als Vertragspartei ebenfalls unterzeichnet. Selbst wenn es Deutschland gelänge einen nachträglichen Vorbehalt zu erwirken, wäre es als EU-Mitglied indirekt weiterhin an das Übereinkommen gebunden.
Angenommen es gelingt Deutschland dennoch diesen völkerrechtlichen Knoten zu lösen. Dann, so das Argument, bilde auch das europäische Recht kein Hindernis mehr. Denn das EU-Recht bezieht sich gleich an mehreren Stellen auf die völkerrechtlichen Übereinkommen. Steht die deutsche Cannabislegalisierung einmal im Einklang mit letzteren, dann muss auch automatisch der EU-Rechtsrahmen hintenanzustehen. Das EU-Recht also als bloßer Wurmfortsatz des Völkerrechts? Diese Argumentation ist zumindest fraglich. Denn wenn dem so wäre, warum dann die expliziten Regelungen im SDÜ, wenn lediglich ein Verweis auf das Völkerrecht ausreichen würde? Überdies nimmt die EU seit Jahren entscheidenden Einfluss auf die Kriminalpolitiken der Mitgliedsstaaten, etwa bei der Terrorismus- und Geldwäschebekämpfung. In der überaus wichtigen Drogenpolitik soll aber allein das Völkerrecht maßgeblich sein und die EU einen Platz im Zuschauerraum einnehmen? Das Explizite Verbot von Cannabis im SDÜ wird sich nicht in Luft auflösen, nur weil Deutschland sich einen Vorbehalt in einer Völkerrechtskonvention aus dem Jahre 1961 ausbedingt. Hier muss die Bundesregierung Einvernehmen mit der EU herstellen.
Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit
Im UN World Drug report 2022 heißt es: “The carbon footprint of cannabis grown indoors is, mainly due to its energy use, an average of 16 to 100 times greater than that of outdoor cannabis” (S.44). Deutschland bietet kein optimales Klima für den großangelegten Cannabisanbau. Die Cannabisunternehmen sind damit auf den teuren und ressourcenintensiven Anbau in Gewächshäusern angewiesen. Der jährliche Gesamtbedarf an Cannabis in Deutschland wird etwa auf 400 Tonnen geschätzt. Dies wird sich negativ auf den CO2-Fußabdruck auswirken. Das Angebot zu deckeln, würde dem Ziel den Schwarzmarkt zu verdrängen entgegenstehen. Ließe sich notfalls Cannabis aus Ländern mit günstigem Klima und Außenplantagen importieren? Dies ist aus rechtlichen Gründen mehr als fraglich. Man müsste nämlich ein Anbauland finden, dass ebenfalls den Freizeitkonsum von Cannabis legalisiert hat, nach jetzigem Stand also etwa Uruguay oder Canada. Andernfalls wären die dortigen Bauern der Strafverfolgung ausgesetzt, da das Cannabis eben nicht für den eng umgrenzten medizinischen Konsum bestimmt wäre. Mal angenommen man würde ein Land finden, dass bereit ist beide Augen zuzudrücken, bleibt immer noch das Problem des Imports in die EU bestehen. Ein mit Cannabis für den deutschen Freizeitkonsum bestimmter Container, der etwa im Hafen von Genua anlandet und dann weiter über Land nach Deutschland transportiert wird, fällt in anderen Staaten rechtlich unter Drogenschmuggel. Italienische Behörden könnten sich verpflichtet sehen diesen zu beschlagnahmen und die Importeure samt Hintermännern strafrechtlich zu belangen. Die Cannabislieferungen müssten also vom Ursprungsland direkt und ohne Zwischenstopp in einem deutschen Hafen landen. Ob sich Logistikunternehmen finden lassen, die dieses Risiko auf sich nehmen werden? Immerhin bliebe noch der Import per Luftfracht. Das dürfte sich dann allerdings auf die Preise niederschlagen und wäre aus Umweltgesichtspunkten nicht optimal. Zwischenstopps oder Notlandungen außerhalb des deutschen Staatsgebiets sollten zudem tunlichst vermieden werden.
Drogentourismus eindämmen
Ein wichtiges Anliegen der EU-Drogenpolitik ist die Eindämmung des Drogentourismus. In seinem Urteil vom 16 Dezember 2010 hat der EuGH die Wichtigkeit dieses Ziels bekräftigt. Der Drogenpolitik eines Mitgliedsstaates kann sich immer auch auf andere Mitgliedsstaaten auswirken. Gerade Deutschland kann davon ein Lied singen: Über Jahrzehnte hinweg haben wir die Niederländer für ihre naive Toleranzpolitik hinsichtlich Cannabis kritisiert, da die Zahl der Strafverfahren in deutschen Grenzstädten wegen Schmuggels hoch war. Die Niederländer haben darauf den Verkauf in Coffeeshops auf in den Niederlanden gemeldete Personen beschränkt (auch wenn dies bis heute nur äußerst halbherzig umgesetzt wird). Der EuGH hat diese offensichtliche Diskriminierung von Unionsbürgern in seinem Urteil durchgewunken mit dem Argument, dass Cannabis auch in den Niederlanden formal illegal sei und damit auch kein Recht darauf bestehe dieses frei erwerben zu können. Ein ähnliches Vorgehen bliebe Deutschland nach der Totallegalisierung allerdings verschlossen. Denn wenn Cannabis ohne Einschränkung legal ist, besteht keine Rechtfertigung dafür den Verkauf auf in Deutschland gemeldete Personen oder gar deutsche Staatsbürger zu beschränken. Der freie Zugang zum deutschen Cannabismarkt stünde allen EU-Bürgern offen. Eine Beschränkung würde gegen den Gelichbehandlungsgrundsatz aus Art 49 EG verstoßen und nach der Rechtsprechung des EuGH eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit darstellen. Wie aber will Deutschland den Drogentourismus aus Polen, Österreich und Schweden verhindern, alles Mitgliedsstaaten, die eine strikten Ansatz in der Cannabispolitik verfolgen? Hier muss der Gesetzentwurf Lösungen anbieten und die Interessen anderer Mitgliedssaaten einbeziehen.
Cannabis im Straßenverkehr
Offen ist bislang, wie mit Cannabis im Straßenverkehr umgegangen werden soll. Im Gegensatz zu Alkohol gibt es keine gesicherten Erkenntnisse darüber ab wann von einer Fahruntüchtigkeit nach dem Konsum von Cannabis auszugehen ist. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass jedenfalls ab einem Wert von 1,0 ng/ml THC im Blut eine relative Fahruntüchtigkeit vorliegt. Das Problem: Der Abbauprozess von THC im Blut verläuft diffuser als dies etwa bei Alkohol der Fall ist. So kann es sein, dass ein regelmäßiger Kiffer auch Tage nach dem letzten Joint noch eine erhöhte Konzentration von THC im Blut aufweist und dies, obwohl keine Leistungseinschränkungen beim Führen eines KFZ mehr bestehen. Es heißt, dass Konsumenten von medizinischem Cannabis deshalb angeraten wird generell auf das Autofahren zu verzichten. Es fehlt schlicht die Möglichkeit verlässlich einzuschätzen ab wann man wieder fahrtüchtig ist. Eine Anhebung der Grenzwerte wird deshalb heiß diskutiert. Wie aber soll die Polizei damit umgehen, wenn ein Unfallfahrer legal Cannabis besitzt und versichert vor Antritt der Fahrt nicht konsumiert zu haben sich aber dennoch THC im Blut nachweisen lässt? Es bleibt abzuwarten, wie die Regierungskoalition dieses Problem lösen will.
Eine europäische Lösung?
Dass die Cannabislegalisierung in Deutschland kommt, scheint ausgemacht. Dass die EU-Kommission ein Wörtchen mitreden wird, ebenfalls. Es gilt Lösungen für die oben genannten Probleme zu finden. Und dann? Im besten Fall geht der Gesetzentwurf reibungslos durch. Die EU-Kommission äußert nur marginale oder gar keine Einwände. Diejenigen EU-Mitgliedsstaaten, die eine strikte Cannabispolitik verfolgen tun dies weiterhin und betrachten ansonsten den deutschen Sonderweg mit Gleichmut. Andere Mitgliedsstaaten hingegen folgen dem deutschen Vorbild und eine progressive Drogenpolitik bricht sich in Europa Bahn. Dann ist es nur eine Frage der Zeit bis auch das internationale Prohibitionsregime vollends ins Wanken gerät.
Im denkbar schlimmsten Fall jedoch strengt die EU-Kommission oder ein anderer Mitgliedsstaat ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art 258 bzw. 259 AEUV an. Dann müsste der EuGH über die EU-Rechtskonformität des Cannabiskontrollgesetzes entscheiden. Dass die grüne Welle auch die Richter in Straßburg erfasst hat, ist nicht auszuschließen. Dennoch bleibt eine 180-Grad-Wende in der jahrzehntealten Rechtsprechung ungewiss. Ein negatives Urteil würde die Legalisierungsbestrebungen in der EU um Jahre zurückwerfen. Das Nachsehen hätten die Cannabiskonsumenten. Für die Unternehmer, die schon heute in Anlagen für den Anbau investieren, lohnt ein Blick auf das PKW-Maut-Desaster. Auch dieses deutsche Gesetz wurde vom EuGH für EU-rechtswidrig erklärt. Die Folge war eine Kündigung der Verträge seitens der Bundesregierung mit den Unternehmen, welche die Infrastruktur bereitstellen sollten und Investitionen in Millionenhöhe getätigt hatten. Die Schadensersatzklagen beschäftigen bis heute deutsche Gerichte. Die Zeche zahlt der Steuerzahler.
Die Wahrscheinlichkeit eines Eintritts des Best- oder Worst-Case-Scenarios ist schwierig einzuschätzen. Ein Mittelweg nach dem Vorbild der Niederlande birgt allerdings weit weniger Risiken. Dort probt man die Cannabislegalisierung im Rahmen eines großangelegten Wietexperiments. Anhand von wissenschaftlich streng überwachten Pilotstudien werden die Coffeeshops in zehn Gemeinden mit Cannabis aus staatlich zertifizierten Eigenanbau beliefert. Dieses wissenschaftliche Vorgehen steht nicht nur im Einklang mit EU-Recht. Es besteht überdies die Möglichkeit nach Abschluss des Experiments mit den erhobenen Daten die EU-Kommission und skeptische Mitgliedsstaaten von der Sinnhaftigkeit und Machbarkeit einer Legalisierung auf wissenschaftlicher Basis zu überzeugen. Dies könnte den Weg für eine Änderung des EU-Rechts ebnen. Das wäre dann eine echte europäische Lösung, die so oft von Deutschland für andere Politikbereiche beschworen wird. Warum also nicht auch in der Cannabispolitik?
Vielen Dank für Ihren informativen Beitrag. Mir scheinen allerdings Ihre Bedenken bezüglich der Lieferkette unbegründet. Es ist ja durchaus denkbar, dass sich andere Länder dazu entschließen werden, zwar nicht den Freizeitkonsum im Inland, aber doch den Anbau im Inland zur ausschließlichen Verwendung im Ausland zu legalisieren. Rechtlich ist das möglich und wirtschaftlich könnte es für Staaten mit günstigen Anbaubedingungen durchaus attraktiv sein. Auch die Einfuhr nach DE dürfte deutlich weniger problematisch sein, als Sie es darstellen. Denn die Produkte werden in den Ländern entlang der Lieferkette ja nicht ein- sondern nur durchgeführt. Schon heute lässt aber etwa das BtMG die reine Durchfuhr unter Kontrolle zu (§ 11 I 2 BtMG). Es ist doch auch zollrechtlich völlig typisch, dass Produkte, die im Inland verboten sind, unter Aufsicht des Zolls durch ein Transit-Land durchgeführt werden dürfen. Ich kann mir deshalb kaum vorstellen, dass die kontrollierte Durchfuhr in anderen Ländern als “Drogenschmuggel” gilt. Oder haben Sie dafür Belege?
Herzlichen Dank für Ihre Anmerkung. Zum ersten Teil Ihres Kommentars: Ich könnte mir ebenfalls vorstellen, dass Länder sich auch wirtschaftlichen Erwägungen einen Anbau zum Freizeitkonsum tolerieren werden. Allerdings würden sie damit gegen die internationalen Konventionen verstoßen, auch wenn es nur für den Verkauf im Ausland bestimmt wäre.
Was die Durchführung angeht macht das Btmg keinen Unterschied zur Einführung. In § 1 I wird umnissverständlich klargestellt, dass es sich dabei nur um Cannabis zu medizinischen Zwecken handeln kann, da eine Genehmigung der Arzneimittelbehörde notwendig ist. Andere Länder werden dies sicherlich ähnlich handhaben. Eine Ausnahmegenehmigung für den deutschen Freizeitmarkt halte ich für unwahrscheinlich. Wie etwa wollen Belgische Behörden sicherstellen, dass eine Ladung Cannabis die im Hafen von Antwerpen gelöscht und auf dem Landweg weiter nach Deutschland gehen soll nicht doch auf dem belgischen oder franszösischen Schwarzmarkt landet? Das dies mit anderen verbotenen Produkten geschieht ist mir nicht bekannt. Im Gegenteil: Analog werden Produkte die etwa dem Artenschutzabkommen unterstehen im Zielland aber in der traditionellen Medizin Verwendung finden (etwa Seepferdchenpulver oder Tigerhoden in China) regelmäßig von Zollebehörden in Transitländern beschlangnahmt. Es kommt auf die Bestimmungen im Inland und nicht auf die im Zielland an.
Dass das BtMG nicht zwischen Ein- und Durchfuhr unterscheide, ist nicht richtig. Der Transport durch das Hoheitsgebiet ohne Verfügunsgewalt des Transporteurs ist allein Durchfuhr und damit keine Ein- und Ausfuhr (vgl. BeckOK BtMG § 11 Rn. 11; MüKoStGB BtMG § 2 Rn. 61). Die reine Durchfuhr ist nicht von § 3 I BtMG erfasst und deshalb nicht erlaubnispflichtig (s. nur BeckOK BtMG § 3 Rn. 35; Weber BtMG § 3 Rn. 55). Ihren Verweis auf § 1 I BtMG verstehe ich ehrlich gesagt nicht.
Reguliert ist die Durchfuhr nur durch die Vorgaben der § 11 I 2 BtMG und § 13 BtMAHV (insbesondere das Erfordernis der Ausfuhrpapiere nach SDÜ gem. § 13 II BtMAHV). Insb. gilt deshalb auch (bei Mitteln, die nicht aus der EU stammen), dass die Betäubgunsmittel über eine bestimmte Zollstelle nach DE verbracht werden müssen und über eine weitere bestimmte Zollstelle wieder aus DE heraus verbracht werden müssen (§ 13 III BtMAHV). An beiden Stellen findet eine Zollkontrolle statt. So wird verhindert, dass die Mittel doch eingeführt und in den Verkehr gebracht werden.
Also: Eine reine Durchfuhr ist zumindest auch in DE auch ohne Legalisierung und ohne arzneimittelrechtliche Genehemigung bereits heute möglich.
Die Ausführungen zur EU-Rechtskonformität und zur Umweltbelastung überzeugen mich nicht wirklich.
1. Das SDÜ als auch das Abkommen von 1988 stellen im Kern auf Verpflichtung zur effektiven Umsetzung des in dem Abkommen von 1961 umschriebenen Kontrollregimes ab. Dieses Abkommen erlaubt aber durchaus den durch eine staatliche Stelle kontrollierten Anbau von Cannabis (Art. 28 I iVm Art. 23) sowie eine kontrollierte Herstellung und Abgabe von Suchtstoffen (Artt. 29, 30). Dass nun die BuReg einen Vorbehalt erklären möchte, scheint mir eher darauf zurückzuführen sein, dass der FDP das relativ strenge Korsett der den Anbau weitgehend organisierenden und kontrollierenden “staatlichen Opiumstellen” (Art. 23; auf den Anbau von Cannabis entsprechend anwendbar, Art. 28 I) nicht schmeckt.
2. Die Ausführungen zur CO2-Belastung scheinen mir auch nicht recht zielführend. Es ist ja nicht etwa so, dass die Belastung erst durch die Legalisierung entstünde. Vielmehr dürfte eine Legalisierung dazu führen, dass die Gewächshäuser weit energieeffizienter betrieben werden können, als es aktuell der Fall ist.
1. Zu der völkerrechtlichen Zulässigkeit verweise ich auf den Beitrag von Ambos an dieser Stelle. Der Weg über einen oder mehrere völkerrechtliche Vorbehalte halte ich ebenfalls für nicht unbedingt zielführend. Wie in meinem Beitrag erwähnt: die wirklichen Hürden sind im EU-Recht zu finden und diese lassen sich nicht so einfach umschiffen.
2. Das Problem des enormen ökologischen Fußabdrucks von indoor-cannabis lässt sich nicht so einfach lösen. Verlässliche Aussagen ob es sich bei dem heute auf dem Schwarzmarkt erhältlichen Cannabis überwiegend um indoor oder das ökologisch nachhaltigere outdoor-cannabis handelt lassen sich schwer treffen. Es liegt aber nahe, dass der größere Anteil outdoor-cannabis sein dürfte, weil dieser günstiger herzustellen ist und das Entdeckungsrisiko geringer. Würde der deutsche Cannabismarkt komplett auf indoor-cannabis umgestellt würde sich dies in der deutschen Klimabilanz deutlich bemerkbar machen. Entsprechende Studien aus den USA gehen von 4600 kilo Co2 pro Kilo Indoor-cannabis aus. Bei geschätzten 400 Tonnen Cannabis pro Jahr wäre dies enorm. Einen lesenswerten Blogartikel dazu finden Sie hier. https://nachhaltigkritisch.de/konsum-und-verschwendung/klimabilanz-von-drogen-wie-nachhaltig-ist-eigentlich-kiffen/
Die Einschätzung, dass momentan mehr Outdoor als Indoor produziert wird, teile ich nicht. Outdoor ist das Risiko größer entdeckt zu werden. Plantagen, die gefunden werden sind alle Indoor. Somit wird sich der CO2 Ausstoß eher verringern.
Danke für den Link.
Leider versäumt es der dort aufzufindende Beitrag, die Quellen ordentlich zu zitieren.
Die 4600 KG CO²/KG gehen offenbar auf eine eher spekulative Modellierung von Mills in Energy Policy (2012) 46, 58-67 (https://doi.org/10.1016/j.enpol.2012.03.023) zurück. Der Artikel operiert unter der Annahme hochklandestiner Produktionsweisen, etwa mit Dieselgeneratoren, um den Stromverbrauch zu verdecken. Diese Zahl dürfte jedenfalls für eine Modellierung des CO²-Ausstoßes bei vollständig legalisierter Produktionsweise deutlich ungeeignet sein, insbesondere angesichts der rapiden Entwicklungen im Bereich der erneuerbaren Stromerzeugung.
Die in dem Blogbeitrag genannten 22 Liter Wasserverbrauch pro Pflanze pro Tag gehen auf einen Artikel von Carah et al in BioScience (2015) 8, 822–829 (https://doi.org/10.1093/biosci/biv083) zurück. Die dort genannte Quelle (“HGA 2010”: http://library.humboldt.edu/humco/holdings/HGA2.pdf) ist für die Behauptung vollständig unergiebig. Dass diese Zahl deutlich zu hoch gegriffen ist, dürfte jedenfalls erfahrenen Cannabisbauern und :bäuerinnen aus der Erfahrung bekannt sein, insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der Hydroponik.
Abschließend dürfte jedenfalls für Europa gelten, dass der größere Teil der hier erhältlichen Blüten aus Indoor-Züchtung stammt, vermutlich sogar aus dem Ruhrgebiet (EMCDDA, Developments in the European
cannabis market, 2019, S. 4).
Danke für ihrer Ausführungen.
Eine Anmerkung zur CO2 Bilanz. Die 400 Tonnen bedarf werden jetzt schon produziert. Und auf dem Schwarzmarkt sicher nicht mit Ökostrom und durch die Prohibition erst Recht nicht Outdoor. Die CO2 Bilanz von in Deutschland konsumierten Cannabis kann sich nur verbessern. Und Outdoor in Deutschland ist möglich!