15 March 2024

Der Geist von Moria

Ein Brief aus Lesbos

Das Strafgericht in Mytilini, der Hauptstadt der Insel Lesbos, ist über die Inselgrenzen hinaus für seine teils drakonischen Strafen gegen Migrant:innen und Helfer:innen bekannt. Da werden gerne mal ein paar Jahre Haft für das vermeintliche Lenken eines Bootes verhängt. Der Vorwurf: Schleusertum. Menschen, die Wasserflaschen an gestrandete Migrant:innen ausgeben, werden wegen Förderung des illegalen Aufenthalts verurteilt. All dies ist leider nichts Neues. Die Kriminalisierung von Migration ist etwas, das Griechenland nicht erfunden hat, sondern eine europaweite Tendenz, die ich auch aus Deutschland kenne.

Am Montag, den 04. März, beginnt das Verfahren gegen die Moria 4. Ich kann den Prozess mitsamt Live-Übersetzung beobachten. Die Moria 4, das sind die vier der sechs Migrant:innen, die angeklagt und verurteilt wurden, 2020 den Brand im symbolträchtigen Flüchtlingslager Moria gelegt zu haben.

Ich befinde mich in der Wahlstation beim Legal Center Lesvos, in dem drei der vier Anwält:innen arbeiten, die die Angeklagten vertreten. Deutsche Strafprozessnormen habe ich gerade erst für die schriftliche Prüfungen lernen müssen und bin gespannt, diese mit der Praxis der griechischen Strafgerichte zu vergleichen. Das Verfahren in der ersten Instanz ist schon durch zahlreiche Verstöße gegen fair-trial Grundsätze aufgefallen. Da ist zum einen die fehlende Übersetzung der Urteilsgründe in die Sprache der Angeklagten, Farsi. Dann die Anklage der vier Afghan:innen vor dem regulären Strafgericht, obwohl drei von ihnen Geburtszertifikate vorweisen konnten, die ausweisen, dass sie zum vermeintlichen Tatzeitpunkt minderjährig waren. Hinzu kommt die Vertagung des Prozesses in der zweiten Instanz um ein Jahr (die Angeklagten sitzen zu Beginn des Berufungsverfahrens seit dreieinhalb Jahren in Haft). Umso interessanter also, wie das mytilinische Strafgericht das Verfahren gegen die Moria 4 in der zweiten Instanz handhaben wird.

Prozess ist nicht gleich Prozess

Montag stehe ich pünktlich um 8:30 Uhr am Eingang des Gerichts und erlebe meine erste Überraschung. Die Terminierung der Strafprozesse in Griechenland erfolgt nicht einzeln für jeden Strafprozess, sondern es wird eine Reihe von Prozessen (sechs) in einen Zeitraum mehrerer Wochen ab dem 4. März gelegt. Der Prozess der Moria 4 befindet sich an sechster Stelle. Zuvor werden also erstmal die Prozesse an den Stellen 1-5 teils abgearbeitet, teils verschoben, teils auch noch während des laufenden Prozesses gegen die Moria 4 wieder aufgegriffen. Die Reihenfolge wird dabei ohnehin nicht eingehalten.

Im Laufe des Prozesses, der schließlich am Mittwoch beginnt, tauche ich in eine Gerichtskultur ein, die ich erst einmal verstehen muss. Es beginnt schon mit der räumlichen Anordnung der Staatsanwaltschaft und der Richter:innen. Erst am zweiten Verhandlungstag wird mir klar, dass der „Staatsanwalt“, der gegenüber den Verteidiger:innen der Angeklagten sitzt, tatsächlich der Nebenklagevertreter ist. Bei der Frau, die links neben den Richter:innen sitzt und die ich für eine Urkundsbeamtin hielt, handelt es sich in Wirklichkeit um die Staatsanwältin. Staatsanwaltschaft und Richter:innen thronen also erhöht nebeneinander. Diese räumliche Vermengung der Gewaltenteilung stößt mir auf. Akustisch unterscheidet sich die Atmosphäre zudem von der, die ich zuletzt in meiner bürokratisch deutschen Ausbildung erlebt habe. Da reden die Anwält:innen, Richter:innen und die Staatsanwältin gerne mal eine halbe Stunde leidenschaftlich aufeinander ein. Durch die Klapptüren können Menschen während der gesamten Verfahren ein und ausgehen. Pausen werden ohne Zeitangaben bestimmt, entweder man ist also pünktlich da, wenn es weiter geht, oder nicht. Die ganze Situation erinnert teilweise eher an eine Bahnhofshalle, in der die Leute auf ihren eigenen Gerichtsprozess warten, während vorne der Prozess im Gange ist. Nur der Angeklagte selbst sitzt die ganze Zeit ruhig vor der Richterbank.

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Einer von vier

Richtig. Der Angeklagte. Denn für drei der vier Angeklagten wird die Minderjährigkeit zum Zeitpunkt der Brandstiftung nun in der zweiten Instanz durch das Gericht anerkannt. Das Verfahren wird nicht eröffnet, sondern an das Jugendstrafgericht verwiesen und die drei aus der Haft entlassen. Ich bin erleichtert über diese Entscheidung. Mein Vertrauen in das unabhängige Urteilen der Richter:innen wird jedoch im Laufe des Prozesses bröckeln. Dass die Staatsanwältin schon zu Beginn der Verhandlung, als man feststellt, dass der Übersetzer nicht anwesend ist, Farsi als offizielle Sprache nicht kennen möchte, finde ich zu diesem Zeitpunkt noch skurril. Die Beobachtung verknüpft sich jedoch im Laufe des Prozesses mit der weiteren Stigmatisierung des Angeklagten als Migrant.

Die Zeugenaussagen zeichnen durchweg ein Bild von Moria, das von Chaos, Not und mangelnder medizinischer Versorgung während Covid geprägt ist. Worin sie allerdings nicht ergiebig sind, ist, wer eigentlich die Feuer gelegt hat. Das einzige Beweismittel, dass den Angeklagten mit einer möglichen Brandstiftung in Moria verbindet, ist die schriftliche Zeugenaussage eines vermeintlichen Nachbarn des Angeklagten im Camp.  Dieser ist aber nicht mehr auffindbar und nicht mehr zu identifizieren.

Keiner der Polizeibeamten, die im Laufe des Prozesses aussagen werden, war bei der Identifizierung des Angeklagten durch diesen verschwundenen Zeugen dabei. Keiner kann etwas darüber aussagen, wie der Angeklagte inmitten des Chaos der Feuer in Moria als Brandstifter identifiziert wurde. Keiner der Polizeibeamten oder anderen Zeugen hat überhaupt eine Brandstiftung beobachten können. Einige „glauben“ jedoch, dass Moria durch die Migrant:innen, die im Camp leben, angezündet wurde. Es hat auch keiner der aussagenden Polizeibeamten die Zeugenaussage zu den Akten genommen. Ein Protokoll über die Vernehmung liegt nicht vor. Und dennoch: Die Richter:innen lassen die Verlesung der schriftlichen Aussage des verschwundenen Zeugen als Hauptbeweismittel zu.

Sie unterbrechen die Staatsanwältin auch nicht, als diese den Angeklagten hauptsächlich zu seiner Migrationsgeschichte befragt. Auch nicht, als sie nicht versteht, weshalb man aus Afghanistan flieht und es dubios findet, dass der Angeklagte mit seinem ersparten Geld einen Schleuser beauftragt hat, um nach Griechenland zu fliehen, statt sich einen falschen Pass im Iran zu kaufen.

Auch in ihrem Plädoyer versucht die Staatsanwältin, die mangelnde Beweiskraft der Zeugenaussage „eines Geistes“ (Zitat der Verteidigung) mit der Charakterzeichnung des Angeklagten als undankbarem, lügenden und nicht vertrauenswürdigen Migranten (Zitat: „nicht Geflüchteten!“) auszugleichen. Ohnehin seien nicht die Migrant:innen in Moria die Opfer der Feuer (Zitat: „Würde man uns in Afghanistan aufnehmen?“), sondern die Eigentümer:innen der Nachbargrundstücke. Ich bin erstaunt über die Beweisaufnahme. Und darüber, wie wenig über die Brandstiftung selbst und wie viel stattdessen über die Bewohner:innen des Camps, ihre vermeintlichen ethnischen Fehden und fragwürdigen Migrationsmotive geredet wird.

Das Urteil bekomme ich Freitagnachmittag per WhatsApp mitgeteilt, da ich nach Hause muss, um für meine mündliche Prüfung zu lernen. Acht Jahre Haft. Ohne Bewährung, strafmildernde Gründe werden nur zum Teil anerkannt. Schließlich kenne man das Führungszeugnis des Angeklagten nicht und könne es aufgrund der Herrschaft der Taliban in Afghanistan auch nicht beschaffen. Dass der Angeklagte in der Untersuchungshaft nicht nur die griechische Sprache gelernt, sondern sich auch sonst tadellos verhalten hat, wird beachtet. Nicht beachtet wird sein junges Alter (Zitat: „uns liegen drei unterschiedliche Dokumente vor, wir wissen nicht, wie alt er ist“) und, dass es möglicherweise seine erste Verurteilung ist. Schließlich handele es sich um eine schwere Tat, die keine Jugendtat sei. Zudem wisse man nicht, ob er nicht doch eine kriminelle Vergangenheit in Afghanistan habe. Auch die Strafzumessung reiht sich also in das Narrativ des per se gefährlichen Migranten ein, dem im Zweifel eine düstere, kriminelle Vergangenheit zu unterstellen ist.

Eine Übersetzerin schreibt eine Stunde nach Urteilsverkündung, dass sie gerade an einem Restaurant vorbeigelaufen ist, in dem die Staatsanwältin mit der Vorsitzenden Richterin gemeinsam zu Abend isst. Ich denke über die konservative Regierung in Griechenland, den Aufschwung der neuen Rechten in Europa, die vermutlich folgende Klage vor dem EGMR (die höchstwahrscheinlich erst dann erfolgreich sein wird, wenn der Angeklagte schon wegen guter Führung aus der Haft entlassen wurde) und meinen letzten Klienten, der drei Pushbacks erlebt hat, nach. Und ich merke: Diese Nachricht kann mich wohl nicht mehr empören.

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Die Woche auf dem Verfassungsblog

Die Rolle der Bundesrepublik im Gaza-Krieg rückt immer weiter in den internationalen Fokus. Aufgrund der fortlaufenden Waffenlieferungen an Israel hat nun Nicaragua Klage gegen Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof erhoben. Die Bundesrepublik leiste Beihilfe zum Völkermord und müsse ihre Waffenlieferungen sofort einstellen. ALEXANDER WENTKER und ROBERT STENDEL haben sich die prozessrechtlichen Schwierigkeiten der Anträge auf einstweilige Maßnahmen angeschaut und fragen, ob Israel als unverzichtbare dritte Partei am Verfahren beteiligt sein müsste. Der Internationale Gerichtshof könne aber zumindest über Verletzungen des internationalen humanitären Völkerrechts entscheiden. JUSTINA URIBURU diskutiert vor dem Hintergrund der prozessrechtlichen Schwierigkeiten mögliche positive Effekte des Verfahrens, die über das Recht hinausreichen: Die internationale Aufmerksamkeit für das Leid in Gaza werde erhöht und Nicaragua, dem selbst Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, binde sich selbst stärker an Einrichtungen der Vereinten Nationen.

Frankreich hat in einem weltweit beachteten Schritt das Recht auf Abtreibung in seiner Verfassung verankert. Das sei nicht nur ein innenpolitischer Fortschritt, sondern auch ein Zeichen an die Welt, insbesondere die Vereinigten Staaten, erläutern ELEONORA BOTTINI, MARGAUX BOUAZIZ und STÉPHANIE HENNETTE-VAUCHEZ.

Auch im deutschen Recht stellt sich die Frage, ob Waffenexporte an Israel bei Hinweisen auf massive Kriegsverbrechen zulässig sind. Obwohl die Regeln für Waffenexporte streng sind, exportiert die Bundesrepublik – anders als andere EU-Staaten – weiterhin Kriegswaffen nach Israel. MORITZ RHADES geht das nationale und internationale Regelwerk durch und kommt zu dem eindeutigen Ergebnis: das geht nicht.

Wie kann der Thüringer Verfassungsgerichtshof besser geschützt werden? ZORA MACHURA und JAKOB WEICKERT setzen die Diskussion der letzten Wochen fort, indem sie die Möglichkeit einer Organleihe gem. Art. 99 GG für den Fall ins Spiel bringen, dass die Verfassungsrichter:innenwahl dauerhaft blockiert und die Funktionsfähigkeit gestört ist. Die Auffangregel wäre mit einem einfachen Landesgesetz umzusetzen – oder im Wege des Bundeszwangs.

Auch auf Parteiebene sind Weichen zu stellen, um einen drohenden Demokratieabbau nach den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg zu vermeiden. BENJAMIN HÖHNE nimmt besonders, aber nicht nur, die Union in die Pflicht, denn sie kann der Garant sein, die extreme Rechte auf Abstand zu halten.

Das neue Versammlungsgesetz in Sachsen soll den vielversprechenden Namen Versammlungs(freiheits)gesetz tragen. Und trotzdem liest sich der Entwurf eher so, als wären Versammlungen eine Gefahr und kein politisches Mittel zur Meinungsäußerung. Was die Schwachstellen sind und wo nachgebessert werden sollte, damit in Zukunft auch bei Demonstrationen wirklich Deeskalation erreicht wird, hat sich JONATHAN SCHRAMM angeschaut.

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Das Institut für Rechtspolitik an der Universität Trier sucht eine/n wissenschaftliche/n Mitarbeiter/in (m/w/d). Es besteht die Möglichkeit zur Promotion am Lehrstuhl für deutsches und ausländisches öffentliches Recht, Staatskirchenrecht und Völkerrecht von Prof. Dr. Antje von Ungern-Sternberg.

Das Institut für Rechtspolitik zeichnet sich durch seine rechtspolitischen Veranstaltungen, insbesondere die renommierten Bitburger Gespräche aus. Weitere Infos finden Sie hier.

Bewerbungsfrist: 31.03.2024

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Der indische Supreme Court hat sich in einem vielbeachteten Urteil mit der Immunität von Parlamentsabgeordneten beschäftigt. Wenn sich Abgeordnete für ihr Abstimmungsverhalten bezahlen lassen, können sie sich nicht auf ihre Immunität berufen, so das Gericht. Denn Immunität erstrecke sich nur auf “essentielle” legislative Aufgaben – welche das sind, das bestimme Indiens Höchstgericht. KARTIK KALRA zeigt, warum das Urteil gut für die Integrität des Parlaments ist, aber der “essentiality test” des Gerichts auch Risiken für die Arbeit der Legislative  mit sich bringt.  ANMOL JAIN nimmt das Urteil dagegen zum Anlass, um noch einmal auf die Geschichte und Ratio parlamentarischer Privilegien in Indien zu schauen. Noch immer sei dieses Rechtsgebiet darauf ausgerichtet, das indische Parlament vor Gefahren von außen zu schützen. Unbeachtet blieben dabei die parlamentsinternen Gefahren für Abgeordnete, die von Regierungsparteien im Parlament ausgingen. Höchste Zeit also, das Recht der parlamentarischen Privilegien zu überholen und anzupassen.

In Kenia sieht sich die Judikative immer stärkeren verbalen Angriffen durch die Regierung ausgesetzt. Das sei nicht nur ein durchschaubares politisches Manöver eines Präsidenten, der von seiner eigenen Verantwortlichkeit ablenken will, sondern auch eine Gefahr für die Demokratie, meint JOSHUA MALIDZO NYAWA.

Die Can Atalay-Saga hat uns in den letzten Monaten bereits häufiger beschäftigt, zuletzt etwa, als es zu einer spektakulären Konfrontation zwischen dem türkischen Verfassungsgericht und dem Kassationsgerichtshof kam (hier, hier und hier). Im Januar hat das türkische Parlament der Saga nun ein neues Kapitel hinzugefügt und entzog dem inhaftierten Anwalt sein parlamentarisches Mandat. DORUK ERHAN nimmt den Vorgang zum Anlass, um über die Rolle des Parlaments in Tayyip Erdoğans autoritärem System nachzudenken.

Belgien hat als erste westliche Rechtsordnung eine umfassende Regelung zum Straftatbestand des Ökozids eingeführt. Wie es dazu kam und ob von dem neuen Straftatbestand tatsächlich ein stärkerer Schutz für die Umwelt zu erwarten ist, erläutert DANIEL BERTRAM.

Weltweit steigt die Zahl von Klimaklagen, mit denen Regierungen unter Druck gesetzt werden sollen, ihre Anstrengungen beim Klimaschutz zu vergrößern – ändern tut dies bislang allerdings wenig. THOMAS GROSS meint, dass dies zwar nicht gegen Klimaklagen spreche, sehr wohl aber für eine stärkere Aufmerksamkeit auf die Rolle von Regierungen und Legislativen. Klimaklagen bleiben wichtig, aber eine tiefgehende und umfassende Transformation der Gesellschaft könne von Gerichten nicht angestoßen werden.

Wahlen werden in Brasilien durch die Justiz organisiert. Nun sind Richter:innen auch für die Sicherheit anstehender Wahlen vor KI-gestützten Fehlinformationen zuständig. Ob das gutgehen kann, analysiert LUCAS HENRIQUE MUNIZ DE CONCEIÇÃO.

Angesichts des anhaltenden Ausmaßes wiederkehrender Schiffsunglücke im Mittelmeer plädiert APHRODITE PAPACHRISTODOULOU für die Integration von KI-Systemen bei den Aktivitäten von Frontex. Sie präsentiert die jüngste Entscheidung OI/3/2023/MHZ des Europäischen Ombudsmanns über die grundlegenden Rechte von Frontex im Zusammenhang mit Suche und Rettung (SAR) im Rahmen seiner maritimen Überwachungsaktivitäten. Dazu fordert sie eine Verbesserung des Entscheidungsfindungsprozesses bei der Reaktion auf Boote in einer möglichen Notlage und des gesamten SAR-Systems.

In Ungarn tritt Tamás Sulyok die Nachfolge von Katalin Novák an, die aufgrund der Eskalation des Skandals um die Präsidenten-Begnadigung zurücktreten musste. VIKTOR Z. KAZAI präsentiert ein Porträt von Sulyok, einem ehemaligen Mitglied und Präsidenten des Verfassungsgerichts, das den von der Fidesz-dominierten politischen Zweigen untergeordnet ist. Er argumentiert, dass nichts darauf hindeutet, dass Sulyok in seiner Funktion als neues Staatsoberhaupt mehr Autonomie und Unabhängigkeit ausüben wird.

Das ungarische Parlament verabschiedete im Dezember 2023 ein Gesetz zur Einrichtung eines Amtes für den Schutz des Souveräns – einer staatlichen Verwaltung, die nun uneingeschränkten Zugang zu persönlichen Daten hat, um vermeintliche ausländische Agenten in der ungarischen Bevölkerung ausfindig zu machen und zu sanktionieren. Während die Europäische Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Gesetz eingeleitet hat, zeigt HENRY BARRETT, wie dieser letzte Höhepunkt nur die Spitze des Eisbergs der politischen Instrumentalisierung des Konstitutionalismus in Ungarn ist.

In Anlehnung an die Acte-Clair im EU-Recht (CILFIT) gab der EGMR klare Konturen vor, welche Arten von Fragen die nationalen Gerichte in Bezug auf das Gutachten zur grundsätzlichen Auslegung der EMRK-Rechte gemäß Protokoll 16 (nicht) stellen sollten. JASPER KROMMENDIJK beleuchtet die jüngste Entscheidung und ihre Bedeutung.

Die Europäische Union ist der Verabschiedung des ersten fest kodierten KI-Gesetzes der Welt näher gekommen. Am 13. März 2024 billigte das Europäische Parlament das KI-Gesetz, das umfassende Regeln zur Steuerung und Regulierung der Technologie der künstlichen Intelligenz einführt. FEDERICA PAOLUCCI untersucht einige der potenziellen Ungereimtheiten und Risiken des Gesetzes.

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Das wär’s für diese Woche! Ihnen alles Gute,

Ihr

Verfassungsblog-Editorial-Team


SUGGESTED CITATION  Engler, Anne-Marlen: Der Geist von Moria: Ein Brief aus Lesbos, VerfBlog, 2024/3/15, https://verfassungsblog.de/der-geist-von-moria/, DOI: 10.59704/0db26eabf1892cad.

2 Comments

  1. Carl Alexander Sat 16 Mar 2024 at 09:15 - Reply

    Ich verstehe jetzt nicht ganz, worin die Verletzung des fair trial-Grundsatzes wegen fehlender schriftlicher Übersetzung des Urteils liegen soll, wenn der Angeklagte verteidigt worden ist. Man denke nur an § 187 II 1, 4, 5 GVG.

    • Anne-Marlen Engler Wed 20 Mar 2024 at 08:21 - Reply

      Vielen Dank für den Kommentar! Tatsächlich gab es weder eine schriftliche noch eine mündliche Übersetzung (weder der Anklageschrift, noch des Urteils).

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