Aber wer bewacht die Wächter?
Als Trägerin des staatlichen Gewaltmonopols ist die Polizei eine Institution, deren Kontrolle im demokratischen Rechtsstaat besondere Bedeutung zukommt. Immer wieder zeigt sich, dass die bestehenden Mechanismen unzulänglich sind, um von Polizist:innen begangene Straftaten zu verfolgen und anderen Fehlverhalten nachzugehen. Für eine stärkere Unabhängigkeit in einschlägigen strafrechtlichen Ermittlungen würde eine gesonderte Ermittlungsbehörde sorgen – Vorbilder gibt es schon in anderen europäischen Ländern. Nicht-strafbaren Vorfällen und teilweise auch strukturellen behördlichen Defizite könnten externe Stellen nachgehen, die neben der Kontrolle auch Kommunikation und Mediation zur Aufgabe haben.
Continue reading >>Körperverletzung im Amt
Wer als Polizist einen Schmerzgriff rechtswidrig anwendet, macht sich wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt strafbar. Dasselbe gilt für Polizisten, die sich am Einsatzort befinden, aber nicht eingreifen, um den rechtswidrigen Schmerzgriff zu beenden. Sie verwirklichen den Straftatbestand in der Variante des Begehenlassens.
Continue reading >>Selbstverteidigung gegen Schmerzgriffe
Gegen rechtswidrige Polizeieinsätze darf man sich wehren, auch mit dem „scharfen Schwert“ der Notwehr. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der handelnde Beamte seine Kompetenzen bewusst überschreitet oder wenn er sich über die rechtlichen Eingriffsvoraussetzungen irrt. Wen die Polizei in offensichtlich rechtswidriger Weise mit sogenannten Schmerzgriffen konfrontiert, der darf sich also hiergegen verteidigen. Auch andere Personen dürfen dann einschreiten, den Betroffenen zu Hilfe eilen und den Schmerzgriff mittels Gewalt beenden (sogenannte Notwehrhilfe).
Continue reading >>Peinigen statt Wegtragen
Die Berliner Polizei hat gegenüber Klimaaktivisten, die sich auf eine Straße gesetzt hatten, um diese zu blockieren, sogenannte Schmerzgriffe bzw. Nervendrucktechniken zunächst angedroht und sodann angewendet. Beide polizeilichen Maßnahmen, also Androhung und Anwendung, verstoßen gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil das Wegtragen der Aktivisten ein milderes Mittel wäre. Je nach den Umständen des Einzelfalles kommt auch ein Verstoß gegen das Folterverbot in Betracht.
Continue reading >>Effiziente Praktik oder Gift für den freiheitlichen Rechtsstaat?
Gewaltsames Handeln der Polizei kann nach den Polizeigesetzen der Länder, wenn es verhältnismäßig ist, als „unmittelbarer Zwang“ rechtmäßig sein und vielfach ist es auch erforderlich, um polizeiliche Aufgaben zu erfüllen. Ob dies auch für polizeiliche Schmerzgriffe gegen rein passiv Protestierende vor oder während der Räumung einer Straßenblockade gilt, erscheint jedoch zweifelhaft: Handelt es sich bei extremer Schmerzzufügung gegenüber den Betroffenen überhaupt um unmittelbaren Zwang im Sinne des Polizeirechts? Und kann diese Praxis tatsächlich noch als verhältnismäßig angesehen werden?
Continue reading >>Polizei und Taser
Immer mehr Landesgesetzgeber führen den Taser als weiteres polizeiliches Einsatzmittel neben Pfefferspray, Schlagstock und Schusswaffe ein. Dabei ist die fortschreitende Ausrüstung aus einer Reihe von Gründen, die im Diskurs oft zu kurz kommen, abzulehnen. So birgt der Beschuss einer Person mit einem Elektroimpulsgerät praktisch nur schwer zu kontrollierende gesundheitliche Risiken und endet in der Praxis immer wieder tödlich. Außerdem ist zu befürchten, dass Beamte die Geräte künftig extensiv nutzen und sich damit eine Form erheblicher polizeilicher Gewaltanwendung schleichend normalisiert – nicht zuletzt deshalb, weil deren Einsatz in den meisten Ländern bislang nicht eigens geregelt ist.
Continue reading >>Gefahr einer Versammlung
Der staatliche Umgang mit Demonstrationen in Sachsen, z.B. nach der Verurteilung von Lina E., hat bisher eher zu einer Zuspitzung der Lage als zu einer Deeskalation geführt. Damit sollte bald Schluss sein. Im Sächsischen Landtag wird derzeit ein neues Versammlungsgesetz diskutiert. Dem aktuellen Entwurf liegt allerdings eher das Bild der Versammlung als Gefahr und nicht als Mittel des demokratischen Diskurses zugrunde.
Continue reading >>Das Bundeskriminalamt als überdimsensionierte Plattformpolizei
Das von der Bundesregierung vorgeschlagene Digitale-Dienste-Gesetz (DDG-E) soll im Bundestag bis zum März abschließend verhandelt werden und dann schon im April in Kraft treten. Ein wichtiger Aspekt des Gesetzentwurfs erhält bisher zu wenig Aufmerksamkeit: Was genau soll eigentlich das Bundeskriminalamt (BKA) nach § 13 DDG-E - der nationalen „Begleitgesetzgebung” zu Art. 18 Digital Services Act (DSA) - machen? Ist diese Rolle im gegenwärtigen Entwurf hinreichend abgesichert? Und bedarf es dafür wirklich - wie geplant - 450 Stellen?
Continue reading >>Maschinengewehre und Handgranaten für die Polizei
In Sachsen wird aufgerüstet. Der sächsische Verfassungsgerichtshof hat verschiedene Regelungen des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes und des Sächsischen Polizeibehördengesetzes für verfassungswidrig und nichtig erklärt. In seiner Entscheidung hat der Gerichtshof sich überzeugend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu heimlichen Überwachungsbefugnissen angeschlossen, das Erfordernis der Normenklarheit grundrechtsstärkend ausgelegt und - dies ist das Kernproblem der Entscheidung - die polizeiliche Aufrüstung zu weit zugelassen.
Continue reading >>Sprachrohr für zwei Seiten
Der Trend geht zu parlamentarischen Polizeibeauftragten. Nachdem bereits acht Bundesländer derartige Stellen geschaffen haben, legen die Ampel-Fraktionen nun den Gesetzesentwurf für eine:n Polizeibeauftragte:n beim Deutschen Bundestag vor. Vor dem Hintergrund, dass Deutschland seit Jahrzehnten massive institutionelle Defizite bei der unabhängigen und menschenrechtskonformen Aufarbeitung von polizeilichem Fehlverhalten hat, ist die Initiative überfällig. In seiner derzeitigen Ausgestaltung wird der:die Polizeibeauftragte des Bundestags diese Erwartungen nur begrenzt erfüllen können.
Continue reading >>