Kein Geld für Verfassungsfeinde
Wie wehrhaft ist der Entwurf für das Stiftungsfinanzierungsgesetz?
Die Ampel-Fraktionen diskutieren zur Stunde endlich über einen konkreten Entwurf für ein Stiftungsfinanzierungsgesetz (StiftFinG-E). Der bisher nicht veröffentlichte, aber den Verfasserinnen vorliegende Entwurf muss einige Herausforderungen meistern.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) beendete im Februar wenig überraschend (siehe auch hier und hier) die bisherige Praxis, Haushaltsgelder in Millionenhöhe ohne Parlamentsgesetz im Rahmen von sog. Stiftungsgesprächen, bei denen Stiftungsvertreter*innen gegenüber den eingeladenen Abgeordneten ihre Bedarfe kundtun, festzusetzen und über den Haushaltsausschuss zu verteilen (Rn. 6–7). Bis dahin gelang es den demokratischen Parteien in seltener Einigkeit seit 2021, die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) von diesen staatlichen Förderungen auszuschließen. Zunächst unter Berufung auf die erst kurze Anwesenheit der AfD-Fraktion im Bundestag und später mittels eines Haushaltsvermerks, der das Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung (FDGO) als Voraussetzung für eine Förderung festschrieb.
Nun stehen die Regierungsfraktionen vor der Aufgabe, ein Gesetz zu schaffen, das das verfassungsrechtlich verbürgte Recht der Parteien auf Chancengleichheit wahrt und der konkreten Bedrohung durch eine Stiftung gerecht wird, deren Personal und Programmatik in weiten Teilen als rechtsextrem gilt. Gleichzeitig muss das Gesetz Verfahren und Kriterien enthalten, die auch unter sich verändernden politischen Kräfteverhältnissen wehrhaft im Dienste der Demokratie bleiben. Und all das unter – selbstverschuldetem – Zeitdruck: Das neue Gesetz zum Bundeshaushalt 2024 wird im Herbst dieses Jahres verabschiedet. Bis dahin muss das Stiftungsfinanzierungsgesetz in Kraft getreten sein, um einen Ausschluss zu ermöglichen.
Der folgende Blogpost zeigt, welche Punkte dringend verbessert werden müssen, damit Verfassungsfeinde nachhaltig von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen werden.
Wie definiert man einen Verfassungsfeind?
Zur Erleichterung vieler attestierte das BVerfG in seinem Urteil vom 22. Februar 2023 nicht nur die Verfassungswidrigkeit der bisherigen Praxis, sondern wies auch auf einen Lösungsweg hin. Ein gesetzlicher Eingriff in die Chancengleichheit der Parteien und damit ein andauernder Ausschluss der Förderung könne zum Schutz eines gleichwertigen Verfassungsgutes zulässig sein. Ein solches Verfassungsgut sei zum Beispiel, so ausdrücklich das BVerfG, die freiheitliche demokratische Grundordnung (Rn. 246). Das geplante Stiftungsfinanzierungsgesetz folgt diesem Vorschlag und listet das aktive Eintreten für die FDGO als eine der in § 2 genannten Voraussetzungen für eine Förderung auf.
Auch wenn diese Lösung wenig überraschend ist, so ist die Formulierung verbesserungswürdig. Der jetzige § 2 StiftFinG-E weist vor allem zwei Schwachstellen auf, die sich beide aber beheben lassen: Erstens fehlt es an einer Definition für die FDGO, so dass ein Rückfall auf das frühere hauptsächlich vom Verfassungsschutz geprägte Verständnis der FDGO nicht ausgeschlossen und zukünftige ähnliche Entwicklungen nicht hinreichend eingehegt werden. Zweitens wird durch eine Regelvermutung, die auf den Einstufungen des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) fußt, dauerhaft zu viel Entscheidungsmacht in die Hände der Verfassungsschutzbehörden gegeben.
Zur ersten Schwachstelle: § 2 Abs. 4 des StiftFinG-E sieht in seiner derzeitigen Fassung als Voraussetzung für eine Förderung vor, dass die politische Stiftung in einer Gesamtschau die Gewähr dafür bietet, für die FDGO sowie für den Gedanken der Völkerverständigung aktiv einzutreten. An dem Kriterium des aktiven Eintretens ist nichts auszusetzen. Da politische Stiftungen, anders als Parteien, keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf staatliche Finanzierungen haben, steht es dem Gesetzgeber frei, die Erwartungen durch Positivformulierungen zu verschärfen. Da politischen Stiftungen vor allem einen Bildungsauftrag erfüllen sollen, ist diese Verschärfung sachgerecht. Des Weiteren darf die Stiftung gem. § 2 Abs. 5 StiftFinG-E nicht darauf ausgerichtet sein, einen der in § 4 Abs. 2 BundVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Kraft zu setzen, was in der Regel angenommen werden soll, wenn die Stiftung vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall oder gesichert extremistisch eingestuft wird. Ist die der Stiftung nahestehende Partei von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen, kommt nach § 2 Abs. 3 StiftFinG-E eine Förderung nicht in Betracht.
Problematisch ist aber vor allem die Verwendung des Begriffes der FDGO ohne weitere Definition oder Erläuterungen in der Gesetzesbegründung. So wurde der Begriff der FDGO in der Vergangenheit oft zur Diskriminierung missliebiger, häufig linker, Opposition verwendet. Ermöglicht wurde dies durch die Schwierigkeit, die Formel hinreichend zu präzisieren. Auch das Grundgesetz erwähnt den Begriff in Art. 21 Abs. 3 GG lediglich, ohne dass es eine verfassungsrechtliche Legaldefinition bereitstellt. Dies macht den Begriff besonders ideologieanfällig, weil immer die Gefahr besteht, dass die aktuellen Bedürfnisse der politischen Ausgrenzungspraxis den Inhalt der juristischen Formel füllen.
Infolgedessen wurde der Begriff vor allem durch die praktische Verwendung geprägt, das heißt durch die Verfassungsschutzbehörden. Die Probleme sind bekannt: Die Verfassungsschutzbehörden richteten ihre Maßnahmen unter Berufung auf die FDGO vor allem – und im Nachhinein meist erwiesen unbegründet und unverhältnismäßig – gegen das linke (Parteien-) Spektrum (siehe etwa hier und hier). Beim Vorgehen gegen rechtsextreme Strukturen versagten die Verfassungsschutzbehörden regelmäßig, gerade indem ihnen bei der Beurteilung, ob Personen oder Organisationen die FDGO bekämpfen, Fehler unterlaufen sind (siehe hier, hier oder hier). Nicht zu Unrecht steht daher die Befürchtung im Raum, dass die FDGO aufgrund der historischen Vorprägung als Kriterium nicht geeignet ist, rechtsextreme Strömungen rechtzeitig zu erfassen.
Die FDGO in der Verfassungsrechtsprechung: Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaat
Eine wesentliche Wandlung der Auslegung der FDGO erfolgte jedoch 2017 durch das BVerfG im Rahmen des Urteils zum NPD-Verbotsverfahren. Das BVerfG machte in dem Urteil die Menschenwürde, das Demokratieprinzip und das Rechtsstaatsprinzip als die drei Kernelemente der FDGO aus. Hinsichtlich der Menschenwürde stellte das Gericht klar, dass diese unabhängig von Merkmalen wie Herkunft, Rasse, Lebensalter oder Geschlecht bestehe, ein rechtlich abgewerteter Status oder eine demütigende Ungleichbehandlung nicht mit ihr vereinbar seien, ebenso wie antisemitische oder auf rassistische Diskriminierung zielende Konzepte (Rn. 541). Das Urteil wendet sich damit von einer antikommunistischen und durch die Extremismustheorie geprägten Definition der FDGO ab und stellt sie auf ein neues, demokratisch-menschenrechtliches Fundament. In dieser Linie stehen auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsschutzes von 2019, die AfD, die Junge Alternative und den „Flügel“ als Verdachtsfall einzustufen. Denn die Begründung des BfV stützt sich vor allem auf die vielfach zum Ausdruck gebrachte Missachtung der Menschenwürde und demokratischen Gleichheit von als migrantisch markierten Menschen, anstatt auf eine Überwindung des institutionellen Systems durch die jeweiligen Organisationen (Rn. 10ff).
Die Entscheidung des Stiftungsfinanzierungsgesetzgebers für das vom BverfG geprägte Begriffsverständnis muss im Gesetz deutlich verankert werden (vgl. auch Eckpunktepapier von Beck). So könnte nach dem Vorschlag der Studie von Arne Semsrott und Matthias Jakubowski ergänzt werden, dass der Begriff im Sinne der allgemeinen Menschenrechte bzw. Art. 3 Abs. 3 GG umfasst, dass keine menschenfeindliche Positionen vertreten und keine Ziele verfolgt werden dürfen, die darauf angelegt sind, Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität, ihrer religiösen Ansichten, ihrer Weltanschauung oder auf eine rassistische Weise zu diskriminieren. Denkbar wäre auch eine Übertragung des Kriteriums der „Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus“ aus der Verwaltungsgerichtsrechtsprechung zu Vereinsverbotsverfahren, wie es das Gutachten von Christoph Möllers und Christian Waldhoff vorschlägt.
Des Weiteren sieht der § 2 Abs. 4 StiftFinG-E ein instruktives Prüfraster dafür vor, wann insbesondere Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass die künftige Stiftungsarbeit nicht der FDGO und dem Gedanken der Völkerverständigung dienen wird. Für die Gesamtschau in den Blick zu nehmende Aspekte sind danach die vergangene Stiftungsarbeit, Veröffentlichungen, die Mitwirkung, Beschäftigung und Beauftragung von Personen, welche die inhaltliche Arbeit der Stiftung wesentlich beeinflussen können, wenn bei ihnen ein hinreichend gewichtiger Verdacht besteht, dass sie verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen, und eine verfassungsfeindliche Prägung der politischen Grundströmung, welche der Stiftung zuzuordnen ist.
Dieses Prüfraster verweist damit auf die Methodik, die sich bereits bei wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Analysen von verfassungsfeindlichen Strukturen als ergiebig erwiesen hat. Die Offenlegung des Prüfprogramms ermöglicht eine zukünftige Beteiligung, Zuarbeit und kritische Begleitung der Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Insbesondere die Einbeziehung der verfassungsfeindlichen Prägung der politischen Grundströmung in die Gesamtschau ist begrüßenswert, da somit auch das Umfeld, in dem die Stiftung agiert, berücksichtigt werden muss und gezielte Umgehungen erschwert werden. Auch muss richtigerweise bereits die verfassungsfeindliche Prägung an sich ausreichen, denn auf die nach dem BVerfG für das Verbot einer Partei erforderliche „Potentialität“ kommt es hier nicht an. Anhaltspunkte für die Prüfung auf materieller Ebene, also den Inhalt der FDGO, enthält das Prüfprogramm jedoch nicht.
Wer soll entscheiden?
Deswegen bleibt die zweite Schwachstelle relevant: Selbst bei einer am BVerfG orientierten Definition der FDGO verbleibt über eine Regelvermutung erhebliche Entscheidungsmacht bei den Verfassungsschutzbehörden. § 2 Abs. 5 Satz 2 StiftFinG-E sieht derzeit vor, dass eine Ausrichtung auf die Beseitigung der FDGO (im Sinne des § 4 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz) in der Regel anzunehmen ist, wenn die politische Stiftung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall oder als gesichert extremistisch eingestuft wird.
Um den oben benannten Gefahren durch eine wieder zunehmende Deutungshoheit des BfV über den Begriff der FDGO zu begegnen, darf den Einstufungen durch das BfV kein ausschlaggebendes Gewicht bei der Entscheidung über die Förderfähigkeit einer Stiftung zukommen. Die Einstufungen des Bundesverfassungsschutzes gelten damit weiterhin als ein starkes Indiz, zwingen aber die zur Prüfung bestimmte Stelle nicht dazu, dem BfV zu folgen oder einen von der Regelvermutung abweichenden besonderen Ausnahmefall zu begründen. Die prüfende Stelle kann so aufgrund eigener Expertise und eigener Methodik zu einem Ergebnis gelangen, ohne sich in responsiver Rechtfertigung gegenüber den Bewertungen des BfV, die nicht selten auf geheimen Quellen und nicht nachvollziehbarer Methodik beruhen, zu verheddern. Dennoch bleibt es damit nicht ohne Auswirkung, dass die AfD derzeit die einzige Bundespartei ist, die vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft ist, aber das StiftFinG bleibt zugleich gegen wechselnde politische Kräfteverhältnisse in den Verfassungsschutzbehörden gewappnet.
Zu begrüßen ist, dass der aktuelle Entwurf die Zuständigkeit für die Prüfung in § 7 nach zwei Kategorien aufgeteilt hat. Diese Aufteilung der Prüfungen in konkrete und grundsätzliche Förderfähigkeit ist sinnvoll, da nur so die Anwendung eines einheitlichen Maßstabes für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit sichergestellt werden kann. Demnach sind die obersten Bundesbehörden im Rahmen der jeweiligen Ressortverantwortlichkeit für die Prüfung der konkreten Zuwendungen und deren Abwicklung zuständig, die sich laut Gesetzesbegründung aus den Zuweisungen aus dem Haushaltsgesetz ergeben. So ist etwa das Bundesministerium des Innern für die Globalzuschüsse zuständig und für die Förderung im Ausland ist das Auswärtige Amt zuständig.
Für die Prüfung, ob eine Stiftung grundsätzlich förderfähig ist, und damit u.a. der Prüfung, ob die Stiftung aktiv für die FDGO eintritt, soll gemäß § 7 Abs. 2 StiftFinG-E jedoch eine besondere Stelle zuständig sein. Nur welche Stelle hier einzusetzen ist, darüber wird noch gestritten. Im Gesetzentwurf ist hier noch eine Leerstelle.
Ein Bundesministerium scheint nicht geeignet. Denn erstens kann aufgrund der politischen Leitung keine hinreichende Parteiferne gewährleistet werden und zweitens birgt die Konzentration bei einem Ministerium die Gefahr, dass der jeweilige Aufgabenschwerpunkt, etwa innere Sicherheit und Ordnung beim BMI, die Auswahl und die Gewichtung der Kriterien für die vorgesehene Gesamtschau der die FDGO fördernden Tätigkeiten bestimmt.
In Betracht kommen des Weiteren die Bundestagsverwaltung, die auch für die Parteienfinanzierung zuständig ist, und – wie das vom BMI in Auftrag gegebene Gutachten vorschlägt – das Bundesverwaltungsgericht.
Bisher weniger diskutiert wurde die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), die sich seit über 70 Jahren mit politischer Bildung, dem Kernanliegen der parteinahen Stiftung, beschäftigt und fachlich und aufgrund der Erfahrung in der eigenen politischen Bildungsarbeit sowie der Überprüfung und Begleitung der Bildungsarbeit anderer Institutionen besonders geeignet erscheint. In den für die Vergabe der eigenen Fördermittel durchgeführten Anerkennungsverfahren überprüft die bpb die Bildungsarbeit der Träger durch Gutachter*innen und wissenschaftliche Studien. Sie arbeitet seit Jahrzehnten bereits mit parteinahen Stiftungen zusammen, die Prozesse und ein Verständnis der jeweiligen Arbeitsweisen sind etabliert.
Zwar ist die bpb eine nachgeordnete Behörde des BMI, das die Fachaufsicht innehat und diese in der Vergangenheit auch schon überschießend ausgeübt hat, so etwa im Zusammenhang mit einer bei der bpb veröffentlichten Definition von Linksextremismus. Die Unabhängigkeit ließe sich mit der Errichtung eines wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Beirats bei der bpb stärken, der verbindlich über die Förderfähigkeit entscheiden sollte. Die Bewertung der Förderfähigkeit könnte so zuvörderst anhand wissenschaftlicher Methodik erfolgen.
Außerdem verfügt die bpb über mehr fachspezifische Expertise unter Abbildung der Pluralität der Bevölkerung als das Bundesverwaltungsgericht. Letzteres sollte jedoch, wie ebenfalls im Gutachten von Möllers und Waldhoff vorgeschlagen, als erste Instanz für Klagen gegen den Ausschluss der Finanzierung zuständig sein.
Wann fällt eine Partei als politische Grundströmung ins Gewicht?
Zu einfach macht es sich der Gesetzentwurf mit den Kriterien für die Annahme einer ins Gewicht fallenden politischen Grundströmung. Gem. § 2 Abs. 2 des StiftFinG-E muss die der Stiftung nahestehende Partei in der mindestens dritten aufeinanderfolgenden Legislaturperiode in Fraktionsstärke im Bundestag vertreten sein, wobei bei bereits erfolgter Förderung über mindestens zwei aufeinanderfolgen Legislaturperioden eine fehlende Vertretung der Partei im Bundestag unschädlich ist. Fraglich scheint insofern allerdings, ob das vom BVerfG als sachgerecht befundene Kriterium für eine Förderung, namentlich dass die Stiftung eine dauerhafte, ins Gewicht fallende politische Grundströmung repräsentieren muss, allein durch das Erreichen der Fraktionsstärke in mehreren Legislaturperioden hinreichend abgebildet wird (Rn. 239). Fraktionsstärke zu erreichen sollte besser nur eine Regelvermutung auslösen, die die entscheidungsbefugte Stelle im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen hat.
Überprüfung durch die Öffentlichkeit: Mehr Transparenz erforderlich
Auch bisher ist die Aufarbeitung der personellen Verknüpfungen und des Bildungsprogramms der DES nicht zum unerheblichen Teil der Zivilgesellschaft und Journalist*innen zu verdanken (vgl. auch die Studie von Semsrott und Jakubowski, im Erscheinen). Transparenzpflichten dürfen daher nicht vernachlässigt, sondern müssen ebenfalls als Mittel zur Aufdeckung demokratiefeindlicher Bestrebungen verstanden werden. Dem werden die aktuell diskutieren Transparenzpflichten nicht gerecht.
Zwar sieht § 6 Abs. 1 StiftFinG-E vor, dass die Stiftungen einen öffentlichen Jahresbericht der entsprechend dem Ressort zuständigen obersten Bundesbehörde vorlegen, der auch die Namen der Mitglieder der satzungsgemäßen Gremien enthält. Die dort veröffentlichten Informationen sollten aber keinesfalls hinter die bisherige Veröffentlichungspraxis zurückfallen, die sich an der Gemeinsamen Erklärung der Parteien orientiert. Daher sollte der Jahresbericht mindestens die Wirtschaftsplanung, Einnahmen-/Ausgabenrechnungen und Personalstellen enthalten, was in der Gesetzesbegründung zu präzisieren ist. Auch sollten nicht nur die Namen der Mitglieder der satzungsgemäßen Gremien, sondern aller Gremien veröffentlicht werden. Zudem sollte der Jahresbericht nicht nur der zuständigen Stelle vorgelegt, sondern veröffentlicht werden.
6 Abs. 2 StiftFingG-E sieht vor, dass Spenden, die im Einzelfall oder kumulativ im Laufe eines Jahres 10.000 Euro übersteigen, mit dem Namen der spendenden Person im Jahresbericht zu veröffentlichen sind. Diese Regelung ist zwar grundsätzlich zu begrüßen. Um jedoch eine Umgehung der Offenlegung durch Spenden knapp unterhalb der Grenze zu verhindern, sollte zudem eine Anzeigepflicht für Spenden ab 1.000 Euro bei der zuständigen Stelle geschaffen werden. Auch sollen nach dem Entwurf gem. § 6 Abs. 3 Verstöße gegen die Förderanforderungen in dem Jahresbericht veröffentlicht werden.
Auch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit sowie die Namen aller Gremienmitglieder und deren etwaige Parteimitgliedschaft müssen veröffentlicht werden, um die Kontrolle der Unabhängigkeit der Stiftungen zu den jeweiligen Parteien und der Satzungsmäßigkeit der Tätigkeiten zu fördern (vgl. auch den Entwurf von campact). Das Stiftungsfinanzierungsgesetz sollte die Gelegenheit nutzen, und auch die Archive der politischen Stiftungen, in der für die historische Aufarbeitung der deutschen Geschichte äußert relevante Informationen lagern, der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Stiftungen sollten verpflichtet werden, die Akten entweder dem Bundesarchiv zumindest in Kopie zu übermitteln oder den Zugang unter den gleichen Bedingungen wie im Bundesarchivgesetz zu ermöglichen.
Fazit
Der aktuell diskutierte Entwurf enthält einen brauchbaren Instrumentenkasten, um der akuten Bedrohung durch die DES zu begegnen. Das Gesetz muss jedoch auch für zukünftige, möglicherweise ganz andere politische Kräfteverhältnisse gewappnet sein und dafür die materiellen Bewertungen von den Einschätzungen des Verfassungsschutzes entkoppeln, Wissenschaft und Zivilgesellschaft mit einbeziehen und ein Verständnis der FDGO verankern, das die Unteilbarkeit der Menschenwürde in den Mittelpunkt stellt.
Die Autorinnen schreiben, dass der Begriff der freiheitlich-demokratischen Grundordnung „besonders ideologieanfällig [ist], weil immer die Gefahr besteht, dass die aktuellen Bedürfnisse der politischen Ausgrenzungspraxis den Inhalt der juristischen Formel füllen.“
Müsste dies nicht konsequenterweise auch für die von den Autorinnen befürwortete Auslegung des Begriffs gelten? Und ist es nicht gerade ein Beleg für diese Ideologieanfälligkeit, dass die Autorinnen Verfassungsfeinde offenbar nur auf der rechten Seite des politischen Spektrums erblicken, während sie beim Vorgehen gegen mutmaßliche Linksextremisten „Diskriminierung missliebiger, häufig linker, Opposition“ wittern?
danke für die interessante Darstellung. der Begriff der FDGO war für mich bisher relativ deckungsgleich mit den Inhalten der Ewigskeitsformel bzw. Artikel 20 GG, sodass etwa eine Partei, die (nicht mal Demokratie Rechtstaat Menschenrechte sondern “nur”) die Bundesstaatlichkeit abschaffen will, gegen die FDGO verstieße…