07 July 2023
Vergesellschaftungsverzögerungsgesetz
Nach dem Ergebnis des Volksentscheids entschied sich die damalige rot-rot-grüne Regierung dazu, eine Kommission mit Expert*innen mit der Erstellung eines Gutachtens über die Verfassungsmäßigkeit der Vergesellschaftung zu beauftragen, das nun vorgelegt wurde. Der regierende Bürgermeister Kai Wegner kündigte entsprechend dem Koalitionsvertrag ein „Vergesellschaftungsrahmengesetz” an, dessen genauer Inhalt bislang noch unbekannt ist, das aber jedenfalls keine unmittelbare Vergesellschaftung bewirken soll. Hinter dem Rahmengesetz steht das Kalkül, eine verfassungsgerichtliche Kontrolle zu erzielen, bevor tatsächliche Vergesellschaftungsmaßnahmen ergriffen werden. Mit diesem Plan begibt sich der Senat sowohl verfassungsrechtlich als auch politisch auf einen Irrweg. Continue reading >>
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07 July 2023
Eine goldene Brücke zur Vergesellschaftung
In den kommenden Monaten wird sich der CDU-geführte Berliner Senat mit einem transformativen Projekt auseinandersetzen müssen, das ihn an die Grenzen seiner politischen Komfortzone bringen dürfte: Das der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. Vergangene Woche veröffentlichten die Kommissionsmitglieder ihren Abschlussbericht, der in Bezug auf Art. 15 GG die wohl bedeutsamste Veröffentlichung der vergangenen 70 Jahre ist. Eine deutliche Mehrheit der Kommissionsmitglieder hält das Vorhaben der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ für verfassungsgemäß. Der Bericht schlägt eine Brücke zwischen bisher unversöhnlichen Rechtsverständnissen des Art. 15 GG – ein innovativer Kompromiss, den auch das Bundesverfassungsgericht wählen könnte. Continue reading >>05 July 2023
Verschleppte Vergesellschaftung
Seit jeher haben die Initiator*innen und Befürworter*innen des Volksentscheides zur Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen („Deutsche Wohnen & Co enteignen“) die Ansicht vertreten, ihr Vorhaben sei verfassungskonform. Knapp zwei Jahre nach Erfolg des Volksentscheides stimmt dem nun die vom Berliner Senat eingesetzte Expertenkommission in ihrem Abschlussbericht zu. Allerdings ist die Einsetzung der Kommission selbst Teil einer Verschleppungstaktik des Berliner Senats, der den Volksentscheid inhaltlich ablehnt. Die Einsetzung der Kommission, der Abschlussbericht und die Reaktionen auf ihn sind jeweils geprägt von einer verbreiteten Art verfassungspolitisch zu argumentieren, einer „Hermeneutik des Verdachts“, die die Verschleppung durch den Senat erst ermöglicht. Diesem Argumentationsmuster sind sämtliche beteiligten Akteure – Vergesellschaftungsbefürworter*innen, -gegner*innen und rechtswissenschaftliche Expert*innen – verfallen. Es birgt aber für sie alle Risiken. Continue reading >>
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24 March 2023
Entgleisung des Bundesrechnungshofs
In seinem Sonderbericht vom 15. März übte der Bundesrechnungshof vernichtende Kritik an der Deutschen Bahn, die die Presse in der vergangenen Woche dazu veranlasste, von der Notwendigkeit einer „Zerschlagung“ der Bahn zu sprechen. Zerschlagung meint in diesem Falle jedoch weniger eine Restrukturierung als solches, sondern als vor allem eines: Privatisierung. Der Bundesrechnungshof bewegt sich damit auf einem schmalen Grat zwischen ökonomischer Evaluation und politischer Intervention. Die Schlussfolgerungen erscheinen allerdings keinesfalls notwendig und in Anbetracht des institutionellen Mandats des Bundesrechnungshofs diskussionswürdig. Continue reading >>26 January 2023
Eigentumsverhältnisse sind antastbar
Die aktuellen Debatten um Kohleausstieg und Energiewende zeigen, dass Entscheidungen auf dem Gebiet der Energiewirtschaft hochpolitisch sind und nicht ohne Blick auf das Wohlergehen dieser sowie folgender Generationen gefällt werden können. Insbesondere die anhaltenden Proteste gegen den Braunkohleabbau unter Lützerath belegen, dass die privatwirtschaftliche Nutzung und Verwertung fossiler Energien zugunsten privater (Rekord-)Gewinne in Zeiten der Klima- und Energiekrise zunehmend auf Ablehnung stößt. Vermehrt werden daher auch Forderungen laut, private Profitinteressen aus den Entscheidungsprozessen auszuschließen und den gewonnenen Entscheidungsraum mit demokratisch legitimierter und gemeinwohlorientierter Unternehmenspolitik zu füllen. Continue reading >>22 December 2022
Ein Hoffnungsschimmer, aber kein grünes Licht für Vergesellschaftung Berliner Wohnungsunternehmen
Die Expert:innenkommission zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer möglichen Vergesellschaftung bzw. Sozialisierung der in Berlin ansässigen Wohnungsunternehmen hat am 15. Dezember ihren ersten Zwischenbericht veröffentlicht. Schon eine Woche zuvor lag der Bericht mehreren Zeitungen vor und sorgte für entsprechende Schlagzeilen. Von Befürworter:innen wurde der Bericht bereits vor Veröffentlichung als „Zwischenerfolg“ gefeiert, die Kommission gebe „grünes Licht“ für Vergesellschaftungen. Das ist bei näherem Hinsehen aber nicht der Fall. Continue reading >>
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22 September 2021
Ein Verfassungsfossil erwacht
Am 26. September werden die Berliner WählerInnen mit der Durchführung eines Volksentscheids zur Vergesellschaftung von Wohnimmobilien verfassungsrechtliches Neuland betreten. Der kommende Volksentscheid ermöglicht in erster Linie eines: Die Kontestation der Verteilungsmechanismen privaten Grundbesitzes durch eine demokratische Mehrheit. Continue reading >>14 May 2021
Schweigen als Sozialisierungssperre?
Am 10. Mai 2021 wurde der Entwurf für ein Vergesellschaftungsgesetz vorgestellt, mit dem eine Berliner Kampagne nach einem erfolgreichen Volksentscheid am 26. September 2021 die Wohnungen großer Immobilienunternehmen in Gemeineigentum überführen will. Diese geplante erste Sozialisierung im Sinne von Art. 15 GG wirft viele Rechtsfragen auf, zu denen es bislang keine Rechtsprechung, sondern vor allem eine Reihe von Gutachten und wenig wissenschaftliche Literatur gibt: Was darf unter welchen Voraussetzungen vergesellschaftet werden, und zu welcher Entschädigung? Continue reading >>12 June 2020