10 Juni 2023
Rechtsstaat in Gewahrsam
Samstag, der 03.06.2023 in Leipzig. Hunderte von Menschen stehen zusammengedrängt am Alexis-Schumann-Platz in der Südvorstadt. Stets unter den Augen behelmter Polizist*innen, die sie umringen. Solche „Kessel“ gibt es immer wieder auf Demonstrationen in der Bundesrepublik. Und immer wieder wurden sie von deutschen Gerichten für rechtswidrig erklärt, weil sie die Versammlungsfreiheit und andere Grundrechte der Eingekesselten in unverhältnismäßiger Weise verletzten. Continue reading >>
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15 Mai 2023
Europas Werk und Deutschlands Beitrag
Menschenrechte werden in stürmischen Zeiten erkämpft. Und bleiben umkämpft. Wir sind aktuell Zeug:innen davon, wie in der Flüchtlingspolitik – wieder einmal - menschenrechtlich erkämpfte Prinzipien in rasanter Geschwindigkeit offen infrage gestellt werden. Als SPD, Grüne und FDP 2021 ihren Koalitionsvertrag unterzeichneten, wollten sie das »Leid an den Außengrenzen« beenden. Nichts weniger als einen »Paradigmenwechsel« versprach die Ampel. Seit kurzer Zeit ist nun bekannt, dass die Bundesregierung von diesem Vorhaben entschieden abgerückt ist. In einem ersten Schritt hat sie eine äußerst restriktive Verhandlungsposition zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) eingenommen, die Anfang Juni im Rat der Europäischen Union debattiert wird. Continue reading >>11 Mai 2021
Judikative versus Exekutive
Der österreichische Bundespräsident tritt am 6. Mai 2021 vor die Presse und verkündet, „dass etwas eingetreten ist, das es in dieser Form noch nicht gegeben hat“. Sollte wider Erwarten ein Untersuchungsausschuss des österreichischen Parlaments nicht die vollständigen ihm zugesprochenen Informationen bekommen, „werde er seinen verfassungsmäßigen Pflichten entsprechen“ und das verfassungsgerichtliche Urteil exekutieren. Wie konnte es so weit kommen? Continue reading >>07 September 2020
Wenn der Vorhang fällt
Das Transparenzportal FragdenStaat hat letzte Woche rund 900 Seiten interne Unterlagen des Bundesverkehrsministerium für Verkehr und Infrastruktur veröffentlicht. Darin finden sich E-Mailverkehr, Verordnungsentwürfe und Stellungnahmen zur 19. Schiffssicherheitsanpassungsverordnung. Aus den Dokumenten geht hervor, dass die Voraussetzungen für eine Verordnungsänderung durch das Ministerium nicht vorlagen, die offizielle Begründung für die Verordnungsänderung nur vorgeschoben war und das Verkehrsministerium rechtsstaatliche Verfahrensstandards missachtet. Der Blick hinter die Kulissen zeigt auch, worum es dem Verkehrsministerium wirklich ging: die zivile Seenotrettung zielgerichtet zu behindern. Continue reading >>20 März 2020
Whatever it Takes?
Die Rustikalität der Maßnahmen folgt aus der Dramatik der Situation und der Uneinsichtigkeit mancher Zeitgenossen, die sich nicht durch Vernunft, sondern nur durch Verbote vom Besuch von Clubs und Kinos oder gar Corona-Partys abhalten lassen. Das ist gerade in dieser ersten Akutphase wichtig. Aber diese Akutphase birgt auch Gefahren. Die krisentypische Einigkeits- und Entschlossenheitsrhetorik ist diskursfeindlich; die kritische Nachfrage gilt als Störung des beschworenen Konsenses. Continue reading >>09 Dezember 2019
Exekutiver Freestyle im Mittelmeer
„Wir brauchen den Schutz der Verfassung, weil damit Menschenrechte, Freiheit und Demokratie gesichert werden“, heißt es auf der Webseite des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Die Praxis der pre-screenings von Schutzsuchenden auf Malta und in Italien wird diesem Anspruch kaum gerecht. Kompetenzrechtlich steht sie auf wackligen Füßen. Es entsteht der Eindruck, dass es sich hier um einen exekutiven Freestyle handelt, um in Abwesenheit einer europäischen Regelung migrationspolitische Zielsetzungen zu fördern. Ob sie rechtsstaatlichen Ansprüchen genügt, kann man ernsthaft bezweifeln. Continue reading >>17 November 2019
Markus Söder gegen den Rechtsstaat
Seit Jahren bricht die Bayerische Regierung fröhlich die Verfassung: Sie weigert sich so beharrlich, rechtskräftige Urteile umzusetzen, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof überlegen muss, ob Markus Söder durch Zwangshaft zur Vernunft gebracht werden kann. Der Fall liegt inzwischen beim EuGH, wo am vergangenen Donnerstag der Generalanwalt seine Schlussanträge gehalten hat. Zeit für ein paar grundlegende Erinnerungen an den Rechtsstaat. Continue reading >>30 Juli 2019
Mehr als Förmelei
Eine politisch unbeeinflusste Auswahl von Richter_innen unter Einhaltung des dafür vorgesehenen Verfahrens ist notwendig, um eine unabhängige Justiz und die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats zu erhalten. Die Entwicklungen der letzten Jahre, insbesondere in Polen und Ungarn aber auch die Kammerentscheidung des EGMR in Bezug auf die nach nationalem Recht gesetzeswidrige Besetzung des isländischen Berufungsgerichts Landsréttur, führen die Bedeutung der Auswahlverfahren deutlich vor Augen. Ein Fall aus Schleswig-Holstein gibt nun Anlass, auch vor der eigenen Haustür zu kehren. Continue reading >>
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02 Mai 2019
Der Staat gegen seine Richter: Eindrücke von der EGMR-Verhandlung im Fall M.N.
Es gibt zwei große Fragen in diesem Fall M.N. gg. Belgien, der am 24. April 2019 vor der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) verhandelt wurde. Die erste betrifft die Pflicht eines Staates, unter besonderen Umständen in einer Botschaft ein Visum auszustellen, welches Personen erlaubt, einzureisen und dann Asyl zu beantragen. Daneben wirft der Fall M.N. aber eine zweite Frage auf, die an Grundsätzlichkeit und Relevanz kaum hinter der ersten zurückbleibt. Es ist dies die Frage nach der offenen und ausdrücklichen Missachtung von Gerichtsentscheidungen durch die Verwaltung, wie sie in diesem Fall stattfand, also eine Frage nach Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit. Continue reading >>10 Januar 2019
Brasiliens neuer Superjustizminister und das drohende Ende des Rechtsstaats
Brasiliens demokratischer Rechtsstaat hat gerade seinen 30. Geburtstag gefeiert. Doch mit der Wahl des seit dem 1. Januar 2019 amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro ist sein Fortbestand gefährdet wie nie. Vergleichsweise wenig Beachtung fand in den internationalen Medien, was die neue Regierung in Bezug auf die Justizverwaltung Brasiliens plant: Ein „Superjustizministerium“ soll gegründet werden, das vom ehemaligen Bundesrichter Sergio Moro geleitet wird, und ein strenges Antiterrorgesetz soll verabschiedet werden. Beides ist geeignet, die rechtsstaatliche Ordnung Brasiliens zu beeinträchtigen. Continue reading >>
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