Versammlungskontrolle und Versammlungsfreiheit
Warum der 1. Mai 2023 keine „taktische Meisterleistung“ der Polizei war
Der 1. Mai bietet jedes Jahr die Möglichkeit, auf dynamische Versammlungsgeschehen ausgerichtete polizeiliche Einsatzkonzepte wie unter dem Brennglas zu analysieren. Dabei hat sich in den letzten Jahren die Polizeitaktik der „Demobegleitung“ als Teil des sog. Deeskalationsprinzips durchgesetzt. In der Praxis zeichnet sich dieses Konzept durch eine starke polizeiliche Präsenz und frühzeitiges Einschreiten aus. In konkrete Maßnahmen übersetzt (und eindrücklich beispielsweise ersichtlich während der queer-feministischen “Take Back the Night”-Demo) bedeutete dies rund um den diesjährigen 1. Mai in Berlin, dass Demonstrationen von mehreren Reihen (Spalieren) von Polizist*innen in voller Montur begleitet wurden und dass speziell trainierte Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) bereit standen und beim geringsten Anlass in die Demonstrationen intervenierten. Demorouten waren vollständig durch Polizeiautos abgeschirmt und das Tempo durchgängig durch die vorweg schreitenden Polizeieinheiten vorgegeben. Für Außenstehende waren in der Folge weder die Versammlungsteilnehmer*innen noch ihre politischen Forderungen ersichtlich. Nach innen wirkte das polizeiliche Vorgehen abschreckend, nach außen kriminalisierend. Die „taktische Meisterleistung“ der Polizei (so der Regierende Bürgermeister Berlins in seiner Bilanz zum 1. Mai 2023) stellt sich so betrachtet als Einhegung und Kontrolle der Versammlungen dar.
In den letzten Jahren haben sich solche Formen der einhegenden Demobegleitung normalisiert und ausgeweitet. Entsprechende Einsatzkonzepte werden weithin akzeptiert und lediglich einzelne überschießende Maßnahmen kritisiert (beispielsweise hier). Doch mit Blick auf die Wirkungen des Einsatzkonzepts, insbesondere auf die Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 I GG, ist die Ausweitung jener Praxis hoch problematisch. Denn von der Versammlungsfreiheit bleibt wenig übrig, wenn faktisch die Polizei die Demonstration veranstaltet.
Protest Policing: das Widerständige kontrollierbar machen
Vorrangige, verfassungsrechtlich bestimmte Aufgabe der Polizei ist, das Versammlungsgrundrecht aus Art. 8 I GG zu schützen und durchzusetzen. Im Berliner Versammlungsfreiheitsgesetz heißt es gar, „die Durchführung einer nach Maßgabe dieses Gesetzes zulässigen Versammlung zu unterstützen“ (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 VersFG Berlin). Polizeitaktiken, wie sie am 1. Mai 2023 zu beobachten waren, stehen diesem Anspruch entgegen. Denn von öffentlicher Meinungskundgabe und politischem Ausdruck einer Versammlung bleibt wenig übrig, wenn sie hinter einem mehrreihigen Polizeispalier verschwindet. Die Versammlungsfreiheit wird nicht mehr verwirklicht, wenn die Polizei den Demonstrationszug so durch die Stadt geleitet, dass sich die Versammlungsteilnehmer*innen ohnmächtig fühlen und gar die Lust verlieren, zu protestieren. Die Konfliktlage zwischen widerständiger Versammlungsfreiheit und polizeilicher Versammlungskontrolle wird einseitig in Richtung Kontrolle aufgelöst.
Dies mag auch darin begründet liegen, dass eine große politische und polizeiliche Sorge möglichen Störungen und Gewalttätigkeiten gilt. Nicht ohne Zusammenhang wurde der diesjährige 1. Mai als friedlichster 1. Mai seit 1987 bezeichnet. Die Sorge vor Ausschreitungen beruht dabei meistens maßgeblich auf polizeilichen Informationen und Lageeinschätzungen. Diese tendieren jedoch dazu, insbesondere kapitalismus-kritische Positionen schnell unter einen Generalverdacht zu stellen. Einigkeit besteht zudem, lieber „auf Nummer sicher“ gehen zu wollen – zur Not zulasten der Versammlungsfreiheit. Doch andersherum sollten nicht im Namen der vermeintlichen Befriedung von Demonstrationen deren Ausdrucksmöglichkeiten von vornherein durch die Polizei bestimmt und begrenzt werden.
Während sich die rechtliche Diskussion meist – prozessual begründet – an einzelnen Polizeimaßnahmen aufhängt, deren Form sich skandalisieren oder deren Rechtswidrigkeit sich gerichtlich feststellen lässt, existiert eine parallele Auseinandersetzung unter dem Stichwort des Protest Policing. Mit dieser Perspektive, übersetzbar als die polizeiliche Behandlung und Kontrolle von Demonstrationen, wird der Blick geweitet auf die polizeilichen Einsatzkonzepte als solche, ihre Bestandteile, Entwicklung und insbesondere auch Folgen.
Offensive Deeskalation und Abschreckung als Eingriff
So hat die Polizei in den vergangenen Jahrzehnten verschiedene Einsatzkonzepte für Demonstrationen ausprobiert und weiterentwickelt. Entsprechend der wahrgenommenen „Gefahrenlage“ hat sich dabei als strategisches Ziel durchgesetzt, Gewalt in Versammlungskontexten möglichst frühzeitig zu unterbinden.1) Hierfür greift die Polizei auf ein ganzes Bündel an Maßnahmen zurück, zu denen etwa Kooperationsgespräche, die Entwicklung von Lagebildern oder (Vorab-)Begleitung der Versammlungen durch eigene Öffentlichkeitsarbeit gehören. Im Konfliktfall soll zwischen verschiedenen Gruppen der Versammlungsteilnehmer*innen differenziert werden – das polizeiliche Handeln also verhältnismäßig, zielgruppenorientiert und wohldosiert sein. Im öffentlichen und polizeilichen Sprachgebrauch firmieren diese Maßnahmen unter dem Überbegriff des Deeskalationsprinzips. Auch das Einsatzkonzept der Demobegleitung entspricht diesem Ansatz.
In der Versammlungspraxis stellt sich das Deeskalationsprinzip jedoch vor allem als eine Frage des Framings heraus. In der Realität sehen sich Versammlungsteilnehmer*innen einer hochgerüsteten, militarisierten Polizei gegenüber. Der schwarze Ganzkörperanzug samt Sturmhaube erzeugt den Eindruck einer „unmittelbar bevorstehenden körperlichen Auseinandersetzung“2). Wenngleich dies nicht beabsichtigt sein mag, sondern der Schutz der Polizeibeamt*innen bezweckt ist, wirkt dies auf die Versammlungsteilnehmer*innen einschüchternd und abschreckend. Daneben existiert eine ganze Reihe weiterer abschreckender Polizeimittel (besonders extrem: Maschinenpistolen und SEK-Einsatz auf Versammlungen, zum Tornado-Einsatz und allgemein der “Show of Force“ siehe hier), deren faktische Eingriffswirkungen durch eben diese Abschreckung anerkannt ist.3) Und tatsächlich soll Deeskalation in der Versammlungsrealität in erster Linie durch eine starke Präsenz erreicht werden. Dies umfasst auch offensives Handeln bei niedriger Eingriffsschwelle, wie frühes Einschreiten, Vorkontrollen, Spaliere und Teilausschlüsse. Weiter auf die Spitze getrieben äußert sich dies in den Auseinandersetzungen rund um die Aktionen der Letzten Generation. Hier zeigt sich, dass Meinungsäußerungen, Demonstrationen und ziviler Ungehorsam bereits in frühen Stadien als störende Elemente im demokratischen Diskurs wahrgenommen werden. Als Reaktion auf ausdrücklich friedliche Aktivist*innen wird über die Ausweitung der Präventivhaft fabuliert. So avanciert Gefängnis zur Lösung gesellschaftlicher Konflikte, die mittels des Versammlungsrechts ausgetragen werden. Insgesamt zeigt sich: die offensiven Maßnahmen verkehren das Deeskalationsprinzip de facto zu einem Prinzip der “deeskalativen Stärke”4). Dennoch ist es weiterhin bestimmendes Label der polizeilichen Rechtfertigung der Einsatztaktik.
Eingriff und Rechtfertigung durch Kriminalisierung von Protest
Wenig beachtet: „deeskalative“ Einhegung von Versammlungen kann im Zusammenhang mit einer pessimistischen Lageeinschätzung gleichsam einer self-fulfilling prophecy überhaupt erst zu den erwarteten Problemen führen – deren Lösung dann aber bereits gerechtfertigt erscheint.5) Nicht zu unterschätzen ist daher die präventive Kriminalisierung durch polizeiliche Lageeinschätzungen und Öffentlichkeitsarbeit, wie dieses Jahr beispielsweise die Warnungen vor einem gewaltbereiten “Anarcho Block” bei der abendlichen 1. Mai-Demonstration. Solche präventiv kriminalisierenden Framings sind geeignet, im Nachgang jegliches Vorgehen der Polizei zu rechtfertigen und standen in ihrer Drastik in keiner Relation zur Demonstration selbst: Die Versammlung wurde nun bereits zum dritten Mal von einem weniger autonom geprägten Bündnis organisiert, das dezidiert bemüht ist, der Polizei wenig Anlass zum Eingreifen zu bieten.
Doch nicht nur im Vorhinein werden seitens der Polizei bestimmte Szenarien heraufbeschworen. Bereits das Einsatzkonzept der Demobegleitung selbst ist in diesem Sinne problematisch, weil es die Versammlung nach außen hin kriminalisiert. Im Ergebnis kann dies Bürger*innen davon abhalten, an Versammlungen teilzunehmen und so die Versammlungsfreiheit beeinträchtigen. Dies funktioniert teilweise so verselbstständigt, dass es als Effekt gar nicht mehr hinterfragt wird. Wenn die Polizei ein Spalier bildet, dann wird sie das wohl begründet tun – so die Annahme. Dahinter können dann nur gefährliche Demonstrant*innen stecken, die eng begleitet durch die Polizei durch die Straßen geleitet werden müssen. Verstärkt wird dieses Gefühl bei den Außenstehenden dadurch, dass die politischen Inhalte der Versammlung sie nicht mehr erreichen. Es wird unklar, worum es überhaupt geht und ob sie sich vielleicht mit den verfolgten Zielen identifizieren. Bei den betroffenen Demonstrant*innen sorgt diese Polizeitaktik für den Verlust der Kontrolle über die eigene Versammlung und Frustration. Jeglicher eigener politischer Ausdruck, das Ziel der Demonstration, die Selbstermächtigung, sich auf die Straße zu begeben, wird zunichte gemacht.
Protest als Bewährungsprobe für die Versammlungsfreiheit
Polizeiliche Einsatztaktiken lassen sich in ihrer Gesamtheit juristisch teilweise schwer fassen und hängen in ihrer Rechtfertigung von polizeilichen Informationen ab. Während der Demonstration selbst haben die Versammlungsteilnehmer*innen wenig Handhabe gegen deeskalativ-offensives Vorgehen. Im Nachgang lässt sich der Ausgang der eng begleiteten Demonstration wahlweise als absehbar oder polizeitaktischer Erfolg erklären. Die Befriedung der Demonstration – auch zum Preis ihrer Unkenntlichmachung – gilt als Maßstab und Ziel der Polizeiarbeit. Dabei gerät aus dem Fokus, dass die Versammlungsfreiheit als demokratisches Element6) sich insbesondere in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung bewährt. Sie funktioniert durch die Offenlegung von widerstreitenden Meinungen, im Konflikt. Einhegende Polizeitaktiken, beschrieben vom Protest Policing, stehen dem entgegen. Denn sie sollen widerständige Elemente kontrollierbar machen.
Selbstverständlich können Eingriffe in die Versammlungsfreiheit gerechtfertigt sein. Dennoch ist der weitläufig akzeptierten Normalität der beschriebenen Einsatztaktik entgegenzutreten. Wenn Versammlungen neben ihrer freiheitssichernden auch eine demokratische Funktion zukommt und sie als “ein Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren”7) weiterhin ihre stabilisierende Funktion verwirklichen soll, dann ist der Schutz auch ihrer Widerspenstigkeit elementar. Das Einsatzkonzept der Demobegleitung mag zwar aus einzeln betrachtet harmlosen Maßnahmen bestehen, muss jedoch bei einer Gesamtbetrachtung als schwerwiegender Eingriff in die Versammlungsfreiheit verstanden und diskutiert werden. Dabei sollten strenge Anforderungen an die sachlichen Grundlagen der Rechtfertigung gestellt werden und im Zweifel für eine ungebändigte Versammlungsfreiheit entschieden werden.
References
↑1 | Winter, Protest policing und das Problem der Gewalt, Forschungsbericht 1998, S. 11 ff. Eine wichtige Referenz ist hierbei die PDV 100, die als VS-NfD allerdings der (wissenschaftlichen) Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. |
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↑2 | Behrends, Polizei als lernende Organisation? Erkenntnisgewinne aus einer 70-jährigen Protestkultur für die heutige Polizei, in: Mecking (Hrsg.) Polizei und Protest in der Bundesrepublik Deutschland, S. 185 ff. (225). |
↑3 | Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 8 Rn. 13; BVerfGE 65, 1 <43> – Volkszählung 1983; BVerfGE 140, 225 <228> – Rote Karte 2015; BVerwGE 160, 169 Rn. 31 – Tornado-Tiefflug 2018. |
↑4 | Winter, Protest policing und das Problem der Gewalt, Forschungsbericht 1998, S. 12 f. |
↑5 | Behrends, Polizei als lernende Organisation? Erkenntnisgewinne aus einer 70-jährigen Protestkultur für die heutige Polizei, in: Mecking (Hrsg.) Polizei und Protest in der Bundesrepublik Deutschland, S. 185 ff. (226); Winter, Protest policing und das Problem der Gewalt, Forschungsbericht 1998, S. 10. |
↑6 | BVerfGE 69, 315 <344 f.> – Brokdorf 1985. |
↑7 | Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, zit. nach der 20. Aufl. 1999, S. 176. Aufgegriffen von BVerfGE 69, 315 <346 f.> – Brokdorf 1985, dort zit. nach der 14. Aufl. 1984. |
E.S.: “Wenn Versammlungen neben ihrer freiheitssichernden auch eine demokratische Funktion zukommt und sie als „ein Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren“ weiterhin ihre stabilisierende Funktion verwirklichen soll, dann ist der Schutz auch ihrer Widerspenstigkeit elementar.”
Wenn ich die Chronologie der 1. Mai-Krawalle des ZDF:
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/erster-mai-berlin-chronologie-100.html
und die dort angebenen Begleitumstände lese, finde ich das Wort “Widerspenstigkeit” schon bemerkenswert. Das Wording der Autorin verdient nicht unbeachtet zu bleiben.
Die von Ihnen verlinkte ZDF-Quelle finde ich einen sehr guten Beleg für die Notwendigkeit des obigen Artikels.
Dort wird im Voraus (!) der Demonstration folgendes geschrieben:
“Im vergangenen Jahr verlief die Demonstration weitgehend friedlich, für dieses Jahr befürchtet die Gewerkschaft der Polizei jedoch größere Gewaltausbrüche […]”
Das scheint mir exakt einer der Mechanismen zu sein, der von der Autorin beschrieben wird. In ihren Worten „präventive Kriminalisierung durch polizeiliche Lageeinschätzungen“. Ich spare mir weitere Ausführungen, da oben bereits alles dazu steht. In diesem Sinne bin ich dankbar für den Artikel.
Freundliche Grüße
Mark Twain: „Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen“
Die Lageeinschätzung ist vor allen Dingen eine Prognose. Eine solche Prognose dürfte auch auf den Erfahrungen in der Vergangenheit mit einer „Einhegung“ der „Widerspenstigen“ basieren. Vielleicht verlief die Demonstration im vergangenen Jahr deshalb weitgehend friedlich, weil schon im Vorjahr die „Widerspenstigen“ „eingehegt“ wurden. Dann sind im Rahmen der Prognose auch noch Vermutungen über Kausalzusammenhänge anzustellen. Und für die Einschätzung, ob eine Bereitstellung von Einsatzkräften abseits der Demonstration ausreichend ist (die erst dann einschreiten, wenn sich die „Widerspenstigkeiten“ besonders dynamisch entwickeln), bedarf es auch einer Prognose.
Danke für Ihren sehr gelungenen Artikel.
K. Wiese
Ich persönlich war auf einigen Demos und finde die Polizeipräsenz sehr gut. Mir gibt es das Gefühl gerade mein Recht auf Versammlungsfreiheit ungestört ausüben zu können, sind nämlich nicht die Polizisten “die Gegner der Demo”, sondern irgendwelche Gegengruppen oder gewaltbereiten Gegner.
Daneben finde ich die Grundlage des Artikels zu subjektiv und emotional und deswegen von einer Juristin nicht zielführen.
Dahingehend sei unter anderem angeführt:
– “die Versammlungsteilnehmer sich ohnmächtig fühlen und gar die Lust verlieren, zu protestieren.”
– “hochgerüsteten, militarisierten Polizei gegenüber. Der schwarze Ganzkörperanzug samt Sturmhaube erzeugt den Eindruck einer „unmittelbar bevorstehenden körperlichen Auseinandersetzung”.
– “Solche präventiv kriminalisierenden Framings”
usw.
Sind alles sehr subjektiv geprägte (Be-)Wertungen von Eindrücken, bei denen ich mich einem kleinen Gedankenblitz ala “ach gottchen” leider nicht erwehren konnte. Anders gelesen klingt der Artikel sogar danach, die Polizei wegzudenken, damit der Weg frei ist für… ja für was denn? Gewaltbereite Eskalation, Autos anzünden, provozierende Demorouten zu wählen usw.?
Eine Demo soll friedlich sein und die Polizei leistet ihren Teil dafür und die Polizei teilweise als Objekt des Staates zu sehen und damit Gewalt auf diese zu rechtfertigen, sollte direkt im Ansatz erstickt werden.
Unterm Strich finde ich Demo-Begleitungen als Polizeistrategie sehr gut.
Liebe Grüße
Ps.: Den Plural zu gendern ist hoax.
“Weiter auf die Spitze getrieben äußert sich dies in den Auseinandersetzungen rund um die Aktionen der Letzten Generation. Hier zeigt sich, dass Meinungsäußerungen, Demonstrationen und ziviler Ungehorsam bereits in frühen Stadien als störende Elemente im demokratischen Diskurs wahrgenommen werden. Als Reaktion auf ausdrücklich friedliche Aktivist*innen wird über die Ausweitung der Präventivhaft fabuliert”
Die reihenweise und durch bundesweit rechtskräftige Verurteilungen belegten Rechtsverstöße in Form von Nötigungen etc. mögen zwar niedrigschwellig erscheinen, nichts desto trotz handelt es sich um Straftaten – und nicht nur um “störende Elemente im demokratischen Diskurs”. Die Autorin betreibt hier Framing.
Bzgl. “ausdrücklich friedlich” empfehle ich die Entscheidung und Ausführungen zum “Zweite-Reihe”-Urteils des BGH (bzw. dessen verfassungskonforme Bestätigung durch das BVerfG) nachzulesen.
Der Beitrag ist leider zu unsubstantiiert in seinen rechtlichen Betrachtungen, um ihn tatsächlich selbst substantiiert zu kommentieren. Das ist leider bei den meisten Beiträgen “kritischer” Juristen so, deren Kritik ironischerweise immer sehr einseitig und eindimensional ist.
Abseits davon wollte ich im Übrigen auf eine Unsitte hinweisen, die aus den USA hierhergeschwappt ist. Die Phrase eine Demo sei “überwiegend friedlich” abgelaufen. Das ist rechtlich Betrachtet eine merkwürdige Wendung, weil ein unfriedlicher Protest ja gerade keinen Schutz von Art. 8 fände. Generell scheint mir, dass die “Friedlichkeit” einer Demonstration eine enorme Spannbreite an Interpretationsmöglichkeiten offeriert, die eigentlich nicht gegeben sein sollte.
Danke für die artikelkritischen Beiträge, die die (leider oft festzustellende) ideologische “Verblendung” thematisieren.
Der Artikel strotzt nur so vor Voreingenommenheit – da hätte ich von einer Juristin mehr erwartet.
Nach Ihrer Logik kriminalisiert auch ein ÖPNV-Betreiber seine Fahrgäste, wenn er unangekündigten Fahrkartenkontrollen durchführt.
Machen wir uns mal nichts vor. Historisch betrachtet sind die Mai-Krawalle eine Tradition. Wie also damit umgehen und den friedlichen Menschen ihr Versammlungsgrundrecht garantieren?
Die Lösung kann relativ einfach sein: Es werden so viele Einsatzkräfte eingesetzt, dass die gewaltbereiten Ihre Lust an den Krawallen verlieren. Das haben Sie ja auch schon festgestellt. Der Effekt ist dann, dass die friedlichen Menschen sehr wohl IHR Grundrecht in Anspruch nehmen können. Und wenn dieses Konzept erfolgreich war, warum dann ändern. Nur damit wieder Raum für Krawalle ist.
Sorry, aber hier sollten Sie noch einmal nachdenken. Oder hospitieren Sie mal bei der Bereitschaftspolizei und schauen sich Versammlung als Ganzes an und nicht nur kleine Ausschnitte.
VG
Ich muss gestehen, dass ich diesen Beitrag eigentlich nur mit einem großem Dankeschön kommentieren wollte – wären da nicht die vielen ablehnenden Kommentare, welche der Autorin Subjektivität vorwerfen, selbst allerdings nichts anderes sind als Ausdruck subjektiver Befindlichkeit.
Wenn hier von Voreingenommenheit gesprochen wird, kann ich nur fragen: Bei welcher Demo hat denn der oder die KommentatorIn mal selbst mit demonstriert? Mal den Fernseher anschalten, hat noch nichts mit einer sachgerechten Beurteilung zu tun. Die Lösung soll nach “Chris” relativ einfach sein: “Es werden so viele Einsatzkräfte eingesetzt, dass die gewaltbereiten Ihre Lust an den Krawallen verlieren.” Ich habe da etwas andere Erfahrungen: Wesentlich ist es die Polizei, die Eskalation gerade mit ihrer Art “Deeskalation” schafft. Vielleicht da mal mit von Polizeigewalt Betroffenen diskutieren (oder zumindest den jährlich erscheinenden Grundrechtereport lesen). Es ist auch in der Tat ein seltsames Grundrechtsverständnis, wenn mensch polizeiliche Einschüchterung bei unangenehmen Meinungen (z.B. gegen den Kapitalismus zu sein) begrüßt. So wird die exekutive staatliche Gewalt zu einem Mittel gewaltsamer Meinungsunterdrückung. Denn wer traut sich bei soviel staatlicher Gewaltdemonstration noch mitzudemonstrieren? In sofern trifft “Chris” den Nagel auf den Kopf, wenn er schreibt: “Nach Ihrer Logik kriminalisiert auch ein ÖPNV-Betreiber seine Fahrgäste, wenn er unangekündigten Fahrkartenkontrollen durchführt.” Nur ist hier “Schwarzfahrer” wer Ansichten öffentlich verträgt, die möglichst unterdrückt werden sollen. Exekutive Gewalt ist so letztlich politische Gewalt. Es ging der Polizei am 1. Mai nicht um Verteidigung von Grundrechten, sondern um einen Angriff auf Grundrechte. Allein das ist das wirklich interessante verfassungsrechtliche Problem.
Dieser Beitrag würde weniger subjektiv wirken, wenn z.B. ähnliche Polizeiliche Maßnahmen gegen “Montagsspaziergänger” bzw der “Querdenker”-Bewegung thematisiert worden wären. Dort konten ähnliche – und völlig unverhältnismäßige – Taktiken beobachtet werden, wie im Beitrag beschrieben, die Demonstrationsteilehmer waren aber wirklich friedlich nicht nur “weitgehend” (vgl. Kommentar von “Sebastian” oben).
Vielen Dank für diesen gelungenen Beitrag und vor allem die spannenden Verweise in Fußnoten und Verlinkungen.
Leider ist bei vielen Kommentaren der absolute Unwille, sich kritisch mit Exekutive (und auch Judikative) auseinanderzusetzen, erkennbar.
Ich habe den Beitrag jedenfalls sehr gerne gelesen und hoffe, dass Weitere folgen werden!
Danke für Ihren sehr spannenden und weiterführenden Artikel