Neue Beziehungen zwischen alten Bekannten
Der Einfluss von Meinungs- und Pressefreiheit auf das Vereinigungsverbot nach der BVerwG-Eilentscheidung zum Compact-Verbot
Viel wurde über das im Juli bekannt gegebene Verbot diskutiert, mit dem das Bundesinnenministerium die Compact-Magazin GmbH mitsamt ihrer Filmproduktionsfirma als Teilorganisation verboten hatte (etwa hier, hier und hier). Jene GmbH hatte das jedenfalls in Teilen rechtsextreme Monatsmagazin „Compact“ verlegt und weitere Print- sowie Online-Formate betrieben. Vor einer Woche bekannte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) vorläufig Farbe: Es stellte die aufschiebende Wirkung der gegen das Verbot gerichteten Anfechtungsklage der Compact-Magazin GmbH teilweise wieder her, nämlich mit der Maßgabe, dass das Bundesinnenministerium vor Rückgabe der sichergestellten und beschlagnahmten Beweismittel Kopien davon anfertigen sowie Telefone und SIM-Karten auswerten durfte. Auch sind Waffen von der Rückgabepflicht ausgenommen (Beschluss v. 14.08.2024, 6 VR 1.24). Bereits die Pressemitteilung ließ erwarten, dass der Senat den Prüfungsmaßstab angesichts der Meinungs- und Pressefreiheit angezogen hatte (so etwa die Bewertung von LTO). Für die Compact-Magazin GmbH heißt das, dass das behördliche Verbot bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über ihre Anfechtungsklage – die Monate oder gar Jahre dauern kann – keine Wirkung entfaltet und sie ihre Tätigkeiten vorerst fortsetzen kann.
Seit gestern liegt nun die Begründung des Compact-Beschlusses vor. Sie zeigt: Das BVerwG bleibt seiner umstrittenen linksunten.indymedia-Rechtsprechung zwar treu und bejaht die Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes auf Vereinsverbote, die auf das faktische Verbot eines Medienerzeugnisses abzielen (zu dieser Wirkung siehe hier). Gleichwohl misst das Gericht der Meinungs- und Pressefreiheit an zwei Stellen entscheidende Bedeutung bei: So lassen diese Freiheiten wohl zum einen die Anforderungen an die aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz fließende Maßgabe steigen, dass die verbotene Vereinigung durch den Verbotsgrund geprägt sein muss, es also etwa nicht bloß vereinzelt zu verfassungswidrige Verhaltensweisen gekommen ist. Das erlaubt es dem Senat, Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verbots zu formulieren und zu „offenen“ Erfolgsaussichten der Hauptsache zu gelangen. Zum anderen geben Meinungs- und Pressefreiheit im Rahmen der sich anschließenden, von Erfolgsaussichten losgelösten Interessenabwägung den Ausschlag zugunsten des Aussetzungsinteresses. Damit zeichnet das Gericht immerhin einen akzeptablen Weg vor, wie das Verhältnis von Vereinsverbot zu Meinungs- und Pressefreiheit neu austariert werden kann.
„Keine Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes“
Die für manche enttäuschende Kernerkenntnis aus dem Beschluss lautet: Hoffnungen, der Senat möge dem Einsatz des Vereinsverbotes zum gezielten faktischen Verbot eines Medienerzeugnisses einen grundsätzlichen Riegel vorschieben, erteilt er mit wenigen Worten eine Absage. Gegen die Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes bestünden keine Bedenken. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei „geklärt, dass ein Vereinsverbot als Instrument des ‚präventiven Verfassungsschutzes‘ auch gegenüber zum Zweck der Verbreitung von Nachrichten und Meinungsbeiträgen gegründeten Medienorganisationen erlassen werden kann“ (Rn. 13). Mit dieser (den einzigen amtlichen Leitsatz bildenden) Aussage wiederholt das Gericht seine aus der linksunten.indymedia-Rechtsprechung (NVwZ-RR 2020, 738 Rn. 34) bekannte formalistische Unterscheidung:
„Denn Gegenstand eines solchen Verbots, das der präventiven Bekämpfung der mit dem zweckgerichteten Zusammenschluss mehrerer Personen einhergehenden Gefahren dient, ist die hinter dem Medium stehende Organisation, die sich der von ihr verlegten Druckerzeugnisse oder Telemedien zur Verfolgung ihrer Ziele bedient (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Mai 2014 – 6 A 3.13 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 62 Rn. 26 und vom 29. Januar 2020 – 6 A 1.19 – BVerwGE 167, 293 Rn. 34 ff.). Die Differenzierung zwischen Organisation und Presseerzeugnis bzw. Medium als Anknüpfungspunkt und Objekt staatlicher Maßnahmen entspricht der Abgrenzung zwischen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Vereinsrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 GG) gegenüber der Landesgesetzgebungskompetenz für das Medien- und Presserecht (Art. 70 Abs. 1 GG).“ (Compact-Beschluss Rn. 13)
Hiermit macht es das Gericht der Exekutive nicht nur zu leicht, die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zu umgehen. Es stellt auch die Wahl zwischen den anwendbaren rechtlichen Maßstäben (Vereinsrecht oder Presserecht) in ihr Belieben. Dabei steht jedenfalls das in Art. 18 EMRK zum Ausdruck kommende Zweckentfremdungsverbot einer Auslegung des Vereinsrechts entgegen, die gegenüber einem eigentlich verfolgten vereinsrechtsfremden Zweck gleichgültig ist. Diese Bedenken kann das Gericht auch nicht durch den hinzugefügten Hinweis zerstreuen, dass zwar ein Vereinigungsverbot verfassungswidrig wäre, wenn es nur Mittel wäre, Meinungsäußerungen oder Publikationen zu untersagen, die für sich genommen den Schutz des Art. 5 I GG genießen, dies aber nicht Sache der Anwendbarkeit, sondern der Prüfung der Verbotsgründe sei (Rn. 13, so bereits NVwZ-RR 2020, 738 Rn. 34 linksunten.indymedia). Denn im Falle eines als Vereinsverbot gekleideten Medienverbots geht es gerade nicht erst darum, ob ein (zweifellos vorliegender) Eingriff in die Medienfreiheiten Berücksichtigung finden muss, sondern ob das Vereinsrecht hier nicht schon vom vorrangigen Medienrecht verdrängt ist, weil es sich der Sache nach um eine medienrechtliche Aufsichtsmaßnahme handelt.
Trotzdem: Aufwertung der Meinungs- und Pressefreiheit
Gleichwohl stellt der Senat immerhin zwei Weichen, die bei verkappten Medienverboten wie dem vorliegenden zu einer stärkeren Berücksichtigung von Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 I 1 und 2 GG) als bei sonstigen Vereinsverboten führen. Dabei hält er zwar nominell daran fest, dass Prüfungsmaßstab für das Vereinsverbot Art. 9 II GG sei und Wertungen des Art. 5 I GG lediglich zu berücksichtigen seien (Rn. 28). Die weitreichenden Maßstäbe, die der Senat aber jedenfalls im Ergebnis aus diesen Wertungen ableitet, und die Betonung, dass ein Vereinsverbot nicht an von der Meinungs- oder Pressefreiheit geschützte Tätigkeiten anknüpfen kann, bleiben bei Lichte betrachtet kaum hinter der Verwendung der Meinungs- und Pressefreiheit als eigenständiger Prüfungsmaßstab zurück.
Höhere Anforderungen an die Prägung durch den Verbotsgrund
Zum einen sind es maßgeblich die Meinungs- und Pressefreiheit, die den Senat zu der Feststellung führen, dass die Erfolgsaussichten der Hauptsache „offen“ sind. Zwar legt der Senat zunächst ausführlich dar, dass einzelne Ausführungen der Compact-Publikationen in der Tat Anhaltspunkte insbesondere für eine Verletzung der Menschenwürde erkennen lassen (Rn. 32 ff). Auch eine kämpferisch-aggressive Haltung des Vereins gegen elementare Verfassungsgrundsätze will der Senat erkennen (Rn. 41). Sodann heißt es aber:
„Zweifel bestehen jedoch, ob angesichts der mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit in weiten Teilen nicht zu beanstandenden Beiträge in den dem Senat derzeit vorliegenden Ausgaben des COMPACT-Magazins ab dem Jahr 2022 die Art. 1 Abs. 1 GG verletzenden Passagen für die Ausrichtung der Antragstellerin zu 1 insgesamt derart prägend sind, dass das Vereinsverbot unter Verhältnismäßigkeitspunkten gerechtfertigt ist.“ (Rn. 42)
Nimmt man den Senat beim Wort, folgt aus der Meinungs- und Pressefreiheit erst einmal nur, dass viele Publikationsbeiträge nicht als Anknüpfungspunkt für das Vereinsverbot dienen können, weil sie keine eindeutige sanktionsrechtlich relevante Bedeutung besitzen. Das überrascht nicht: Es entspricht allgemeinen Grundsätzen, dass wegen der demokratiekonstitutiven Bedeutung der Meinungsfreiheit in Zweifelsfällen die unverfängliche Deutung zu unterstellen und die Äußerung von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. (Und dass der Senat eigens feststellen muss, dass „entgegen der Annahme der Antragsgegnerin“ diese Interpretationsmaxime auch bei der Überprüfung eines gegenüber einem Presse- und Medienunternehmen ausgesprochenen Vereinsverbotes zugrunde zu legen ist (Rn. 31), offenbart ein besorgniserregendes Verständnis des Bundesinnenministeriums von der Meinungsfreiheit.)
Eigentlich bemerkenswert ist erst, dass der Senat – wohl vor dem Hintergrund der Meinungs- und Pressefreiheit – die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Vereinsverbotes und die Maßgabe, dass das verbotsrelevante Verhalten den Verein ausreichend prägen muss und es sich nicht um „Ausrutscher“ handeln darf, hochzuschrauben scheint. Normalerweise besagt nämlich „der Umstand, dass [verbotsrelevante] Äußerungen und Verhaltensweisen gegebenenfalls einer mehr oder weniger großen Zahl unverfänglicher Sachverhalte scheinbar untergeordnet sind, […] allein nichts über ihre Aussagekraft“ (BVerwG NVwZ-RR 2000, 70 (71) Wiking-Jugend). Weil Vereinigungen verfassungsfeindliche Bestrebungen erfahrungsgemäß zu verheimlichen suchen, kann also ein Verbotsgrund selbst bei überwiegend unbedenklichen Verhaltensweisen zu bejahen sein. Deshalb soll es gerade „nicht auf eine quantitative, sondern auf eine wertende Betrachtung“ ankommen. Der Senat wiederholt diese Vorgaben zwar, als er die abstrakten Maßstäbe darlegt (Rn. 27), scheint sich aber bei der Subsumtion davon zu lösen, wenn er sich gerade deshalb nicht imstande sieht, die Prägung der Compact-Magazin GmbH zu bewerten, weil er nicht ihre „gesamten Aktivitäten“ kenne. Auch das Compact-Magazin selbst ergebe kein eindeutiges Bild, weil neben aggressiv-kämpferischen Beiträgen auch andere Schwerpunkte gesetzt würden und diese Beiträge „in weiten Teilen“ nicht zu beanstanden seien (Rn. 43). Hiermit sowie mit dem Beharren auf der erforderlichen Kenntnis sämtlicher Betätigungen der GmbH, obwohl der Senat zuvor immerhin bejaht hat, dass „in den Publikationen“ von Compact „ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept auf[scheint]“ (Rn. 33) und Ausländer und Migranten „regelmäßig in ihrer Gesamtheit herabsetzend als die ethnische ‚Volksgemeinschaft‘ bedrohend beschrieben“ werden (Rn. 36), stellt der Senat vergleichsweise strenge Anforderungen. Auch schimmert darin eine stärker quantitativ ausgerichtete Gegenüberstellung von verfassungswidrigen und unverfänglichen Beiträgen und sonstigen Tätigkeiten durch. Das ist eine zu begrüßende Anpassung der Prüfungsmaßstäbe an den besonders intensiven Eingriff in die Pressefreiheit durch ein Verbot, das gerade darauf abzielt, die den Kern einer Organisation bildende Verlegung eines Medienerzeugnisses faktisch vollständig unmöglich zu machen.
Überwiegen des Aussetzungsinteresses
Zum anderen wirken sich Meinungs- und Pressefreiheit maßgeblich auf die somit losgelöst von Erfolgsaussichten zu beurteilende Abwägung von Aussetzungs- und Vollziehungsinteresse aus. Der Senat stellt dazu fest:
„Das Interesse der Antragstellerin zu 1 an der Aussetzung der Vollziehung speist sich vor allem aus ihrer Betätigung als Presse- und Medienunternehmen. Erwiese sich die Verbotsverfügung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig, wäre die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs außerordentlich erschwert, weil sich die Angestellten, Kunden und die Werbepartner unterdessen anderweitig gebunden haben könnten. Da die sofortige Vollziehung des Vereinsverbots zu der sofortigen Einstellung des gesamten Print- und Onlineangebots führt, das den Schwerpunkt der Tätigkeit der Antragstellerin zu 1 ausmacht, kommt ihr auch im Hinblick auf die Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG ein besonderes Gewicht zu. Dahinter tritt das von der Antragsgegnerin angeführte Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung des Verbots der Vereinigung, die einen Verbotsgrund verwirklicht, bei einer Abwägung zurück.“ (Rn. 47)
Dem Anliegen des Bundesinnenministeriums, Beweise zu sichern und Gefahren zu verhüten, könne u.a. durch die Möglichkeit, Kopien von Unterlagen und Speichermedien anzufertigen und Telefone auszuwerten, ausreichend Rechnung getragen werden (Rn. 48).
Auch mit diesen Ausführungen schlägt der Senat einen Pflock für die Meinungs- und Pressefreiheit ein. Gleichzeitig besteht kein Grund, die formulierten Vorgaben auf kommerzielle Medienvereinigungen zu beschränken. Denn auch bei nicht-kommerziellen Organisationen, die schwerpunktmäßig Medienformate herstellen oder anbieten, verursacht ein Sofortvollzug regelmäßig irreversible Folgen und ist die Presse- und Medienfreiheit ebenso betroffen. Nichts anderes kann bei anderen Grundrechten gelten, in die ein Vereinsverbot vergleichbar intensiv eingreift: So ist etwa bei dem sofort vollziehbaren Verbot einer Religionsgemeinschaft die religiöse Vereinigungsfreiheit auf Seiten des Aussetzungsinteresses zu berücksichtigen. Insofern offenbart sich in dem grundrechtlich verstärkten Aussetzungsinteresse ein allgemeines Strukturprinzip, wie andere Grundrechte auf Art. 9 II GG Einfluss nehmen können.
Zutreffend ist schließlich der – wenn auch kryptisch bleibende – Verweis des Senats auf mildere Maßnahmen wie etwa „presse- und medienrechtliche Maßnahmen, Veranstaltungsverbote, orts- und veranstaltungsbezogene Äußerungsverbote sowie Einschränkungen und Verbote von Versammlungen, unabhängig davon, ob solche Maßnahmen im Vereinsrecht selbst, im sonstigen Sicherheits- und Ordnungsrecht oder auch im Strafrecht verankert sind“ (Rn. 49). Hiermit vollzieht das Gericht die BVerG-Entscheidung „Internationale Humanitäre Hilfsorganisation (IHH) u.a.“ nach (BVerfGE 149, 160 Rn. 102). Letztere wird häufig missverstanden, weil sie einerseits die Verbotsentscheidung als gebundene Entscheidung qualifiziert, andererseits eine tatbestandliche Verhältnismäßigkeitsprüfung einschließlich der Prüfung milderer Mittel verlangt. Dass das BVerwG nun gegenüber der BVerfG-Liste milderer Mittel presse- und medienrechtliche Maßnahmen hinzufügt, darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine allgemeine presserechtliche Staatsaufsicht nicht existiert und sich presse-, straf- und strafprozessrechtliche Eingriffsbefugnisse auf strafbare Publikationsbeiträge beschränken.
Keine Ausweitung des eingeschränkten Prüfprogramms für Teilorganisationen und Mitglieder in Sicht
Während der Antrag der verbotenen Compact-Magazin GmbH damit überwiegend erfolgreich war, lehnte das Gericht die Anträge der mitverbotenen Teilorganisation sowie der Vereinsmitglieder unter Hinweis auf das nach ständiger Rechtsprechung beschränkte gerichtliche Prüfungsprogramm in der Hauptsache ab: So könnten Teilorganisationen nur geltend machen, keine solche zu sein, und Mitglieder lediglich einwenden, dass die verbotene Vereinigung keinen Verein iSd § 2 I VereinsG darstelle oder mangels Anwendbarkeit des § 3 I VereinsG nicht hätte verboten werden können; keiner dieser Einwände griff vorliegend durch. Dass der Senat an seiner restriktiven Haltung festhalten würde, war zwar zu erwarten, ist aber gleichwohl bedauerlich. Denn wie im Schrifttum zurecht kritisiert wird, überzeugt es insbesondere nicht, dass Mitglieder durch ein Vereinsverbot lediglich in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG), und nicht auch in ihrer individuellen Vereinigungsfreiheit (Art. 9 I GG) betroffen sein und deshalb kein (umfassend überprüfbares) Recht auf Vereinsfortbestand genießen sollen.
Fazit
Das BVerwG war nicht gewillt, Medienverbote im Gewand von Vereinsverboten grundsätzlich aus dem Instrumentarium wehrhafter Demokratie zu verbannen. Doch indem es immerhin die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit solcher Verbote sowie an ihre sofortige Vollziehbarkeit anzieht, verschließt es auch nicht die Augen vor dem besonderen verfassungsrechtlichen Spannungsfeld dieser Maßnahmen und dem Umstand, dass das Vereinsverbot auf die Regulierung von Medienerzeugnissen eigentlich nicht zugeschnitten ist. Zwar bleibt der ja gerade noch „offene“ Ausgang der Hauptsache abzuwarten. Die Passagen des Senats zum „kein eindeutiges Bild“ zeichnenden Compact-Magazin (Rn. 43) und der Hinweis auf mildere Mittel lassen aber bereits Skepsis daran durchklingen, dass die vom Bundesinnenministerium angeführten Äußerungen ein vollständiges Verbot der Compact-Magazin GmbH rechtfertigen.
Dem Kampf gegen Rechtsextremismus hat das Bundesinnenministerium mit seinem forschen Vorgehen damit einen Bärendienst erwiesen. Dass sich der Compact-Zirkel rund um Chefredakteur Jürgen Elsässer nun als erfolgreicher Kämpfer für die Pressefreiheit gerieren kann, zeigt das hohe politische Risiko wehrhafter Demokratiemaßnahmen, die auf rechtlich wackeliger Grundlage stehen. Diese Erfahrung dürfte die politischen Verantwortlichen (hoffentlich) nicht unbeeindruckt lassen, womit auch ein diskutiertes AfD-Parteiverbotsverfahren sicher nicht wahrscheinlicher geworden ist.