Kennzeichen
Darf ich Sie noch mal mit § 86a StGB behelligen? Das ist die Norm, die es zu einer Straftat macht, Kennzeichen verbotener Organisationen zu verbreiten und öffentlich zu verwenden. In der letzten Woche war ich im Kontext der aufgelösten Nakba-Demo in Berlin und dem Slogan “From the River to the Sea, Palestine will be Free” auf das Thema gestoßen. Je mehr ich mich mit ihm beschäftige, desto interessanter und sonderbarer und beunruhigender finde ich diesen Tatbestand in seiner aktuellen Form und Praxis.
Seine Konturen hat dieser Tatbestand im Wesentlichen im Kontext von Nazi-Organisationen erhalten: In den maßgeblichen Entscheidungen geht es zumeist um die historische Organisationen der NS-Diktatur und ihre parteien- und vereinsrechtlich verbotenen Nachfolger. Geschützt werden soll mit der Norm zu allererst der “politische Friede“, der nicht gefährdet werden soll durch den Anschein, dass die Nazis sich wieder organisieren können und ihre Kennzeichen in der Bundesrepublik Deutschland “wieder zum politischen Alltagsbild gehören”.
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Das gleiche gilt theoretisch auch für verbotene Nicht-Nazi-Organisationen kommunistischer, islamistischer oder sonstiger Art, aber die haben in der Konturierung dieses Tatbestands, soweit ich sehe, längst nicht so viele Spuren hinterlassen und in der Praxis die längste Zeit offenbar auch nicht: Das blaue Hemd der Freien Deutschen Jugend beispielsweise ist juristisch ziemlich zweifelsfrei ein Kennzeichen einer verbotenen Organisation, aber trotzdem braucht sich keine Ostalgiker*in, wenn sie am 1. Mai oder am 7. Oktober da noch mal reinschlüpft, deswegen vor dem Staatsanwalt zu fürchten. Wie Thomas Fischer es in seinem StGB-Kommentar ausdrückt (§ 86a, Rn. 7):
“(Die Strafbarkeit) wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass eine Mehrheit der ostdeutschen Bevölkerung in Erinnerung an frohe Jugendtage diesem Verbot kein Verständnis entgegenzubringen gewillt ist. Vielmehr wird in der Praxis der Straftatbestand einfach nicht angewendet – nicht aufgrund dogmatischer Argumente, sondern offenbar weil sich die deutsche Justiz nicht traut.”
Es geht bei dem Verbot nicht nur um den Anschein nach außen, sondern auch um die Wirkung nach innen: Was als Kennzeichen gilt, ist nicht markenrechtlich zu verstehen. Auch Zeichen, an denen die meisten Menschen arglos vorübergehen würden und gar nicht auf die Idee kämen, dabei an Nazis oder sonst etwas Problematisches zu denken, können nach § 86a strafbar sein, weil sie den Eingeweihten als Kennzeichen ihrer Zugehörigkeit und Organisiertheit dienen können. Das so genannte “Keltenkreuz” hat mit Nationalsozialismus gar nichts zu tun, ist noch nicht mal germanisch, und zahllose Irland- und Druidenfans tragen es vielleicht als Eso-Schmuckstück am Lederbändchen um den Hals – aber wenn eine verbotene Neonazi-Spittertruppe, die niemand kennt, das entsprechende Design zu ihrem Symbol erklärt, dann ist der objektive Tatbestand erfüllt. Auch das unverfänglichste und allgegenwärtigste Symbol, heißt das dann ja wohl, kann zum Anlass strafrechtlicher Repression werden, sobald und soweit eine verbotene Organisation es für nützlich hält, sich dieses Symbol anzueignen.
Im konkreten Fall scheint mir das nicht gar so problematisch zu sein. Es gibt ja noch den subjektiven Tatbestand. Und wer von seinem Keltenkreuz-Anhänger erfährt, dass sich Nazis genau dieses Design als ihr Kennzeichen erkoren haben, und trotzdem in der Öffentlichkeit nicht davon lassen möchte, möge das von mir aus ruhig mit der Staatsanwaltschaft klären. Schwieriger finde ich das bei ausländischen Organisationen, die wegen Terroraktivitäten verboten sind. Was die auf ihre Fahnen schreiben, kann auch als Parole von breiten und friedlichen und vollkommen legitimen Widerstands- und Freiheitsbewegungen weit verbreitet sein.
Jin Jiyan Azadi war und ist bekanntlich der Ruf der Frauen-Revolution im Iran, und auch hier in Deutschland war und ist er überall zu hören und zu lesen, wo Solidarität mit ihrem Kampf öffentlich kundgetan wird. Von Dorothee Bär bis Annalena Baerbock, quer durchs Parteienspektrum haben sich prominente Politiker*innen in Deutschland mit diesem Spruch fotografieren lassen, inspiriert von dem Mut und der Kraft, den diese drei Worte des Widerstands gegen Staatsterror, Unterdrückung und Femizid symbolisieren.
Die Urheberschaft an dieser Parole wird aber von manchen dem PKK-Gründer Abdullah Öcalan zugeschrieben. Jin Jiyan Azadi ist kurdisch und hat in der kurdischen Freiheitsbewegung, deren integraler Bestandteil die Frauenbewegung ist, eine lange Tradition. Die Kurdische Arbeiterpartei ist in Deutschland seit 1993 verboten, als der damalige Bundesinnenminister Manfred Kanther (“Ich lasse nicht zu, dass Deutschland zum Schauplatz von Bandenkriegen und der Verfolgung politisch Andersdenkender wird”) dem Wunsch der türkischen NATO-Partner willfuhr und ein Betätigungsverbot aussprach, und obwohl sich die von ihr in und für Deutschland ausgehende Gefahr, im Unterschied zu den türkisch-nationalistischen, nicht verbotenen “Grauen Wölfen”, offenbar deutlich verringert hat, gilt das Verbot bis heute. Womit es strafbar ist, ihre Kennzeichen zu verbreiten. Dazu müsste man, wenn man es ernst nimmt mit der geltenden Strafrechtsdoktrin, wohl konsequenterweise auch Jin Jiyan Azadi zählen. Wenn das so ist: Kann es richtig sein, dass es von der Kenntnis dieses Zusammenhangs seitens der amtierenden deutschen Außenministerin abhängt, ob ihr Entschluss, sich mittels dieser drei Worte öffentlich mit den Protesten im Iran zu solidarisieren, als kriminelle Tat zu bewerten ist oder nicht?
Kurz bevor Außenministerin Baerbock ihr Amt antrat, wurde der Anwendungsbereich von § 86a StGB noch einmal deutlich erweitert. Als eine der letzten legislativen Handlungen kurz vor der Bundestagswahl 2021 erstreckte die damalige CDU/CSU/SPD-Regierungskoalition diesen Anwendungsbereich auch auf Organisationen, die nicht nicht notwendig im Inland aktiv und daher nicht verboten, aber auf der EU-Terrorliste aufgeführt sind. Warum und wozu, ist schwer zu sagen; in der Gesetzesbegründung und in den Parlamentsdebatten findet sich dazu wenig bis nichts, aber man darf wohl vermuten: Es ging vor allem um die Terrororganisationen Hamas, Hezbollah und PFLP, die aus allerhand undurchsichtigen Gründen in Deutschland formell keinem Betätigungsverbot unterliegen, und um die u.a. von ihnen verwendete Parole “From the River to the Sea, Palestine will be free.”
Dass die Parole From the River to the Sea antisemitisch verstanden und verwendet werden kann, habe ich letzte Woche schon betont. Dass sie auch nicht antisemitisch verstanden und verwendet werden kann und ihr Ursprung im Protest gegen die auch in anderen Dekolonisierungskontexten angewandte britische Politik der partition zu suchen ist statt in Vernichtungsfantasien gegenüber Juden und dem jüdischen Staat, wird ebenfalls mit beachtlichen Gründen vertreten. Darüber kann und muss gestritten werden. Diesen Streit durch Repression zu unterbinden und, bevor er überhaupt stattfinden kann, die öffentliche Verwendung dieser Parole mit Strafe zu bedrohen, scheint mir ein durch und durch autoritärer Move zu sein.
Letzte Woche habe ich über die Auflösung der nicht verbotenen Nakba-Demonstration am vorletzten Samstag auf Basis von § 86a StGB geschrieben. Im Januar war vor dem Amtsgericht Mannheim ein Demonstrant, der ein Schild mit dem From-the-River-Spruch hochgehalten hatte, wegen § 86a StGB angeklagt und wurde nur deshalb freigesprochen, weil ihm die Kenntnis der Eigenschaft als Hamas/PFLP-Kennzeichen nicht nachgewiesen werden konnte. Dass der Spruch als Kennzeichen von Terrororganisationen zu werten ist, hielt das Gericht auf Basis des Lagebilds Antisemitismus des Bundesamts für Verfassungsschutz für erwiesen, wo erwähnt wird, dass Hamas und Hezbollah ihn verwenden. In Sachsen weiß ich von einem Journalisten, der wegen Verdacht auf Verstoß gegen § 86a StGB eine Vorladung ins Polizeipräsidium erhalten hat. Die Repression läuft, so scheint es. § 86a, einst hauptsächlich als Instrument der Verhinderung jedes Anscheins organisationeller Kontinuität zur NS-Diktatur geschaffen, wird immer mehr zu einem Werkzeug, um außenpolitisch störende migrantische Diaspora-Communities zu silencen.
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Noch etwas erscheint mir fragwürdig an der jüngsten Änderung an § 86 und 86a StGB (hat-tip an Lukas Theune). Für die Frage, welche nicht verbotenen Organisationen jetzt genau gemeint sind, verweist das Gesetz auf die EU-Terrorliste, und zwar eine ganz spezifische. Erfasst ist eine Organisation, soweit sie
im Anhang der Durchführungsverordnung (EU) 2021/138 des Rates vom 5. Februar 2021 zur Durchführung des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1128 (ABl. L 43 vom 8.2.2021, S. 1) als juristische Person, Vereinigung oder Körperschaft aufgeführt ist (…)
Diese Durchführungsverordnung vom 5. Februar galt bei Inkrafttreten des Gesetzes schon gar nicht mehr. Am 20. Juli 2021 war sie durch eine aktualisierte Verordnung ersetzt worden. Auch die gilt nicht mehr, an ihre Stelle trat diese Fassung. Und an deren Stelle diese. Und schließlich an deren Stelle die jetzt aktuell gültige Fassung. Die EU-Terrorliste ist ein höchst dynamisches Dokument. Da werden öfter mal Menschen und Organisationen draufgesetzt oder gestrichen, und dann ist eine neue Verordnung nötig.
Dynamische Verweise auf EU-Recht im Strafrecht hat das BVerfG, Stichwort Rindfleischetikettierung, für verfassungswidrig erklärt. Das war wohl der Grund für diese Merkwürdigkeit. Aber kann man das so machen? Der maßgebliche Teil der Liste hat sich zwar, soweit ich sehe, seither nicht verändert. Aber das kann ja jederzeit passieren. Angenommen, der Rat streicht eines Tages mal eine Organisation von der Liste: was gilt dann? Bleibt dann die Strafbarkeit trotzdem bestehen? Abgesehen davon: ist es rechtsstaatlich überhaupt denkbar, einen Straftatbestand mittels Verweis auf eine formell gar nicht mehr geltende Norm zu formulieren? Und so oder so: Wie soll das alles mit dem Verfassungsgebot der Normklarheit und Bestimmtheit vereinbar sein?
Fragen über Fragen. Das Bundesverfassungsgericht wird sie vermutlich über kurz oder lang beantworten müssen.
Die letzte Woche auf dem Verfassungsblog
… zusammengefasst von PAULA SCHMIETA:
In Polen hat die PiS-Regierung ein Gesetz verabschiedet, das sich (angeblich) gegen russische Einflussnahme richtet – allerdings auch zum Ausschalten politischer Rivalen geeignet scheint. WOJCIECH SADURSKI spricht von einem monströsen Gesetz mit so vielen Mängeln und Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit, dass man gar nicht wisse, wo man mit einer Analyse anfangen solle.
Ungarn und Polen sollen 2024 jeweils die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. BARBARA SAFRADIN, KEES GROENENDIJK & JOHN MORIJN untersuchen drei Möglichkeiten, die dem Rat und den (anderen) Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, um dies zu verhindern.
Anfang Mai hat Ministerpräsidentin Giorgia Meloni eine Diskussion über eine Verfassungsreform in Italien angestoßen. FRANCESCO BROMO erörtert die Möglichkeiten und Herausforderungen der drei zur Debatte stehenden Varianten.
Nach den Wahlen in Griechenland vor zwei Wochen äußert sich IOANNIS KAMPOURAKIS zum Ergebnis und den bevorstehenden Herausforderungen. Ihm zufolge haben die Wahlen deutlich gemacht, dass es derzeit keine formulierte alternative Vision einer sozialen Ordnung gibt, die den Status quo in Griechenland erfolgreich verändern könnte.
Nach den Wahlen in der letzten Woche in der Türkei fragt DILEK KURBAN nach dem (fehlenden) politischen Wettbewerb bei den Wahlen. Sie beschreibt den politisch-rechtlichen Kontext, der Erdogans Aufstieg ermöglichte, und meint, dass keine der seit 2002 abgehaltenen Wahlen politisch fair war.
In einem beispiellosen Schritt hat der ecuadorianische Präsident Guillermo Lasso kürzlich die Nationalversammlung des Landes aufgelöst. GUSTAVO PRIETO berichtet über die Ereignisse in Ecuador, die Rolle des Verfassungsgerichts und gibt einen Ausblick auf das, was kommt.
In Namibia hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass der Begriff “Ehepartner*in” (spouse) für die Zwecke der Einwanderung und der Staatsbürgerschaft auch für gleichgeschlechtliche Paare gilt, die rechtmäßig im Ausland geheiratet haben. MAHIMA BALAJI hebt die wichtigsten Punkte des Urteils hervor und erklärt, warum diese Entscheidung die Anerkennung der Rechte von LGBTQIA+ Menschen in der Region verbessern könnte.
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An der TU München ist am Lehrstuhl für Recht und Sicherheit der Digitalisierung (Prof. Dr. Dirk Heckmann) zum 15.8.2023 (oder später) eine 100%-Stelle als wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in zu besetzen (teilzeitfähig, befristet auf ein Jahr mit Verlängerungsoption). Tätigkeitsschwerpunkte liegen u.a. im Daten(schutz)recht, Internetrecht und IT-Sicherheitsrecht.
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Außerdem wird der Referentenentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz weiter diskutiert. LEA RABE bemängelt eine unzureichende Reflexion der Geschlechter(-un-)gleichheit und kritisiert, dass der Entwurf es verpasst habe das Konzept der Gleichstellung über die binäre Vergleichslogik Frau/Mann hinaus weiterzuentwickeln.
25% der in der Schweiz lebenden Erwachsenen sind aufgrund des restriktiven Staatsbürgerschaftsrechts von der Teilnahme an nationalen Abstimmungen und Wahlen ausgeschlossen. Die Demokratie Initiative will dies mit einem Referendum ändern. SAMUEL D. SCHMID erklärt, warum dieses Vorhaben – auch wenn es wahrscheinlich erfolglos bleiben wird – von entscheidender Bedeutung ist.
JOHANNES THIERER führt die Debatte der vergangenen Woche zum Referentenentwurf zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrecht fort. Er hat Bedenken, ob die verschärften ökonomischen Voraussetzungen für die Einbürgerung verfassungskonform sind.
Zum 75. Jahrestags der Nakba sollten in Berlin zwei pro-palästinensische Versammlungen stattfinden – doch beide wurden verboten. ANDREAS GUTMANN kritisiert die Begründung der Verbote, die sich ihm zufolge maßgeblich auf rassistischen Zuschreibungen stützen.
Nach Ankündigungen linker Gruppierungen Protestveranstaltungen im Zusammenhang mit dem Strafverfahren gegen Lina E. abzuhalten hat die Stadt Leipzig hat jegliche Versammlungen unter freiem Himmel für dieses Wochenende untersagt. JONATHAN SCHRAMM meint das Verbot sei nicht nur zu pauschal, sondern dürfte auch eskalationssteigernd wirken.
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The Joachim Herz Doctoral School of Law at Leuphana University Lüneburg invites applications for Ph.D. scholarships on “Law and Transformation” for the upcoming winter term (2023/24). Research projects on the following topics are particularly welcome: (1) Digitalisation/Digitality and Law, (2) Climate Change/Decarbonisation and Law, (3) International Conflicts and Law, and (4) Law as a Decisive Factor in Transformations. Application deadline is 11 June 2023.
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Außerdem: der Artikel von LEÓN CASTELLANOS-JANKIEWICZ & MELANIE SCHNEIDER zu den Auswirkungen der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) auf die europäische Rüstungsindustrie aus der vorletzten Woche ist nun auch auf Deutsch erschienen.
Zuletzt: Wir haben die Artikel zur Frage, ob die letzte Generation eine kriminelle Vereinigung ist, in der Blogdebatte Kleben und Haften: Ziviler Ungehorsam in der Klimakrise zusammengestellt. Diese Woche hinzugekommen sind ein Beitrag von SAMIRA AKBARIAN sowie ein weiterer Beitrag von KLAUS FERDINAND GÄRDITZ.
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Soweit für diese und die letzte Woche. Ihnen alles Gute und bis zum nächsten Mal!
Ihr
Max Steinbeis
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Hallo, und vielen Dank für diesen guten Kommentar. Ich bearbeite als Rechtsanwalt Fälle im Zusammenhang mit dem jährlichen Gedenken an Nakba Tag in Mannheim. Kein Jahr, ohne das mehrere Strafanzeigen, rechtswidrige Auflagen etc. ergehen = kein Jahr ohne Gerichtsfälle. Bisher wurde alle Fälle in unserem Sinne entschieden. Der Druck auf die Gerichte wird aber zunehmend größer. Als Einzelkämpfer aufzutreten macht auf Dauer wenig Sinn bzw. ist zu ermüdend. Falls hier andere Juristen, Jurastudenten mitwirken möchten, können die mir gerne unter rahman (at) ra-ar.de schreiben. Würde mich sehr freuen!
Beste Grüße
Cengiz
Falls man davon ausgeht, dass 1. eine dynamische Verweisung hier nicht in Betracht kommt und 2. eine statische Verweisung auf eine außer Kraft getretene alte Fassung der Terrorliste ebenfalls nicht geht, ergäbe sich das Problem, dass der Gesetzgeber für den Fall einer Änderung der Terrorliste immer aufpassen müsste, dass nicht für einige wenige Tage Straffreiheit besteht; dann würden nicht nur an ebenjenen Tagen plötzlich andere Regeln gelten, sondern auch alle zu diesem Zeitpunkt wegen dieses Delikts Angeklagten freigesprochen werden müssen, und zwar egal, ob es wenige Tage danach wieder strafbar wäre – Stichwort lex mitior.
Daraus kann man jetzt entweder folgern, dass der Gesetzgeber mit Verweisungen auf derart dynamische EU-Rechtstexte schlicht nicht sinnvoll arbeiten kann oder im Gegenteil, dass Verweisungen auf zwischenzeitlich außer Kraft getretene Terrorlisten wirksam bleiben können müssen, weil sonst Verweise gar nicht möglich wären.