Streit um die „Grenzöffnung“: Mehr Fragerechte und Klagemöglichkeiten für Abgeordnete?
Seit September 2015 spaltet der Streit um die sogenannte „Grenzöffnung“ für Flüchtlinge die Republik. Politisch soll nun zumindest bei der CDU der Versuch einer internen Aufarbeitung durch die Debatte zweier Rechtswissenschaftler erfolgen. Am Köcheln gehalten wird der Streit nicht zuletzt durch die Ungewissheit, wie genau und auf welcher Rechtsgrundlage die Bundesregierung gehandelt hat. Laut eigener Auskunft ist ihre „Entscheidung im Rahmen der bestehenden Zuständigkeiten innerhalb der Bundesregierung“ (BT-Drs. 18/7311. S. 3), von der Zurückweisungen von aus sicheren EU-Ländern einreisenden Asylbewerbern an der deutschen Grenze abzusehen, lediglich mündlich ergangen. Aufgrund dieser Entscheidung der Bundesregierung hat das Bundespolizeipräsidium bekanntlich am 13. September 2015 die Grenzbehörden angewiesen, dass „Drittstaatangehörigen ohne aufenthaltslegitimierende Dokumente und mit Vorbringen eines Asylbegehrens die Einreise zu gestatten ist“ (BT-Drs. 18/7311. S. 2). Wurde damit lediglich eine zwingende Verpflichtung umgesetzt, die Zuständigkeit für das Asylverfahren nach der Dublin-III-Verordnung zu überprüfen, oder wurde hier bis heute freiwillig die Grenze „geöffnet“? Darüber streiten sich seither die Geister.
Wichtiger als die abstrakt möglichen Rechtsgrundlagen des Handelns der Bundesregierung ist aber, welche Rechtsaufassung diese konkret vertritt. Wie die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages im Juli 2018 (WD 3 – 3000 – 230/18, S. 7) feststellten, hat sie dies bisher nicht einmal auf entsprechende Nachfragen von Abgeordneten offiziell und zweifelsfrei erklärt. Schon einfache Verwaltungsakte im Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen Bürger und Verwaltung müssen inhaltliche bestimmt, schriftlich sowie tatsächlich und rechtlich begründet ergehen (§§ 37 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2; 39 Abs. 1 VwVfG). Daher drängt sich die rechtpolitische Frage auf, ob der bestehende (verfassungs-)rechtliche Rahmen ein „heimliches“ Regierungshandeln ermöglichen sollte. Schließlich würde dadurch die Kontrollaufgabe der Abgeordneten erschwert.
Im Dezember 2018 hat das Bundesverfassungsgericht eine Organklage der AfD gegen die „Grenzöffnung“ ohne Sachentscheidung als „offensichtlich unzulässig“ abgewiesen. In der Begründung heißt es: „Das Grundgesetz hat den Deutschen Bundestag als Gesetzgebungsorgan, nicht als umfassendes „Rechtsaufsichtsorgan“ über die Bundesregierung eingesetzt. Aus dem Grundgesetz lässt sich kein eigenes Recht des Deutschen Bundestages dahingehend ableiten, dass jegliches materiell oder formell verfassungswidrige Handeln der Bundesregierung unterbleibe“ (2 BvE 1/18, Rn. 18). Soll dem Bundestag und seinen Abgeordneten tatsächlich keine Funktion eines klageberechtigten „Wächters“ der Verfassungskonformität von Regierungshandeln zustehen?
Beide Entwicklungen werfen die Frage auf, ob die Regeln zum Verhältnis zwischen Bundestag und Bundesregierung verfassungspolitisch ausreichen, um die Rechtsgrundlagen des Regierungshandelns transparent und gerichtlich überprüfbar zu halten.
Geheimniskrämerei um Rechtsgrundlage
Die theoretisch möglichen Rechtsansichten, auf die sich die Bundesregierung nicht festlegen möchte und die auch vom Bundesverfassungsgericht nach gegenwärtiger Rechtslage nicht überprüfbar sind, sind schnell zusammengefasst. Die auf diesem Blog bisher veröffentlichenden Autoren (z.B. Thym, Lehner hier und hier etc.) sind mehrheitlich der Ansicht, dass die Dublin-III-Verordnung Deutschland gar keine andere Wahl lasse, als Asylbewerber zur Prüfung der Zuständigkeit einreisen zu lassen (Art. 20 Abs. 1 Dublin III-VO). Nennen wir sie die „Zuständigkeitsthese“. Daneben bestehen mindestens zwei Varianten der „Grenzöffnungsthese“. Der Autor dieses Beitrags ist mit anderen der Meinung, dass § 18 Abs. 2 AsylG und Art. 20 Abs. 4 UAbs. 1 S. 1 Dublin III-VO anwendbar sind und dass Bundesregierung bzw. der Bundesminister des Inneren diese Normen zeitlich und mengenmäßig unbegrenzt ausgesetzt und damit die Mitwirkungsrechte des Bundestages missachtet haben. Für die Asylverfahren wären eigentlich andere Dublin-Staaten zuständig gewesen (Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO; vgl. BT-Drs. 18/7311. S. 4, sowie etwa hier und hier). Die Möglichkeit, selbst in das Verfahren einzutreten oder die Zurückweisung durch Ministererlaubnis freiwillig auszusetzen (§ 18 Abs. 4 Nr. 2 AsylG; vgl. hier und hier), wäre dann vermutlich in so erheblichem Maße überdehnt, dass der Bundestag gemäß der Wesentlichkeitstheorie eine Entscheidung hierüber hätte treffen müssen. Eine neutrale Darstellung dieser Meinungsvielfalt findet sich in diversen Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste (vgl. WD 3 – 3000 – 259/15; – 271/15; – 299/15; – 109/17; 139/18 und – 230/18).
Der Unklarheit über die Rechtslage folgt eine beunruhigende politisch-rhetorische Eskalation auf beiden Seiten. Auf der einen Seite wird mit politischen Begriffen wie „Herrschaft des Unrechts“ oder „Rechtsbruch“ hantiert, auf der anderen Seite von „Dolchstoß“ und „rechte Schauermärchen“ und vom „Mythos“ des Rechtsbruchs (vgl. hier und hier) gesprochen. Das macht die Auseinandersetzung mit juristischen Argumenten nicht leichter.
Es gibt zudem keine offizielle Positionierung der Bundesregierung bzw. des Bundesministeriums des Inneren, auf welcher Grundlage sie gehandelt hat und noch handelt. Schon alleine diese Geheimniskrämerei beschädigt das Vertrauen in die Politik. Die Wissenschaftlichen Dienste (WD 3 – 3000 – 230/18, S. 7) haben jedoch eine Tendenz dahingehend festgestellt, „dass die Bundesregierung Zurückweisungen von Asylsuchenden auch unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben der Dublin-III-Verordnung jedenfalls nicht von vornherein für ausgeschlossen hält, ergibt sich aus folgender Antwort vom 20. Januar 2016: „Eine Zurückweisung ist im Rechtsrahmen der Dublin-III Verordnung und des § 18 AsylG zulässig.“ Diese „Tendenz“ bestätigen auch Recherchen der „WELT“ (vgl. auch hier). Weitere Indizien dafür, dass die Bundesregierung die „Grenzöffnungsthese“ vertritt, finden sich auch an dieser Stelle. Wenn sie jedoch davon ausgeht, nicht zur Einreisegewährung zur Zuständigkeitsprüfung verpflichtet zu sein, stellt sich umso mehr die Frage, wie eine mittlerweile über drei Jahre andauernder Verzicht auf die Anwendung des Zurückweisungsgebots des § 18 Abs. 2 AsylG und der Zuständigkeitsregelung des Art. 20 Abs. 4 UAbs. 1 S. 1 Dublin III-VO – der faktisch eine Außerkraftsetzung parlamentarisch gesetzten Rechts darstellen würde – ohne Bundestagsbeschluss zur zumindest temporären Änderung des § 18 Abs. 2 AsylG ausreichend legitimiert sein kann.
Sollte die Bundesregierung tatsächlich der „Grenzöffnungsthese“ zuneigen, wäre es aus politischer und rechtswissenschaftlicher Sicht jedenfalls äußerst spannend, die Begründung der dafür zu lesen, dass trotz der unübersichtlichen jährlichen finanziellen Auswirkungen im zweistelligen Milliardenbereich für die Steuer- und Beitragszahler etwa durch den erheblichen Verwaltungsaufwand, deutlich gesteigerte Sozialausgaben z.B. für Lebenshaltungskosten und Gesundheitsleistungen sowie die Integration in die hiesige Gesellschaft mitteleuropäischer Prägung und in den Arbeitsmarkt keine Mitwirkung des Bundestages am dauerhaften „Absehen von Zurückweisungen“ an deutschen Grenzen erforderlich sein soll. Zumal es sich bei der Einreise und Aufnahme so vieler Asylbewerber um eine Aufgabe handelt, die der damalige Bundespräsident Gauck als eine schwierigere als die deutsche Einheit ansah. Soll es vor diesem Hintergrund der Bundesregierung auch vor dem Hintergrund zukünftiger Entwicklungen möglich sein, Abgeordneten eine detaillieren Festlegung auf eine gewählte Rechtsgrundlage und eine Begründung der Entscheidung zu verweigern?
Organstreitverfahren offensichtlich unzulässig?
Hätte das am 14. April 2018 beim Bundesverfassungsgericht eingeleitete Organstreitverfahren 2 BvE 1/18, seinen normalen Gang genommen, wäre die Antragschrift der Bundesregierung als Antragsgegner mit der Aufforderung zugestellt worden, sich binnen einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern (§ 23 Abs. 2 BVerfGG). Eine der wenigen Ausnahmen hierzu besteht gemäß § 22 Abs. 1 GOBverfGG darin, den Antrag als „offensichtlich unzulässig“ (§ 24 BVerfGG) abzuweisen. Das Gericht hat also nicht nur den Weg über die Unzulässigkeit beschritten, der eine Auseinandersetzung mit der materiellen Rechtslage vermeidet. Es hat auch den Weg der „offensichtlichen“ Unzulässigkeit gewählt, der es sogar der Bundesregierung erspart hat, in rechtlich qualifizierter Weise zu den in der Antragschrift (neben teils politisierenden und polemischen Ausführungen) mit Recht aufgeworfenen rechtlichen Fragen der Zulässigkeit und Begründetheit einmal Stellung nehmen zu müssen.
Darüber hinaus wurde die Abweisung in diesem Blog und von anderen Medien verschiedenster Couleur mit unterschiedlichen Begründungen bedauert (vgl. etwa hier, hier, hier, hier, hier, und hier). Das Gericht hat leider die Chance versäumt, mit einer rechtlich niveauvollen Begründung zu der entscheidenden materiellen Frage (ggfs. unter Anrufung des EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren) in gewissem Umfang Rechtsfrieden herzustellen. Denn die Entscheidung zur Zulässigkeit hätte mit guten Gründen auch anders ausfallen können (vgl. auf diesem Blog und hier).
Soll dem Bundesverfassungsgericht also zukünftig in vergleichbaren Fällen die Möglichkeit gegeben werden, Zweifel von Abgeordneten des Deutschen Bundestages an der materiellen oder formellen Verfassungsmäßigkeit am Handeln der Bundesregierung ohne Entscheidung in der Sache zurückweisen zu können?
Begründungspflicht für Regierungshandeln und objektive Rechtmäßigkeitskontrolle
Ob die Bundesregierung der „Zuständigkeitsthese“ oder der „Grenzöffnungsthese“ zuneigt, ist eine aus rechtlicher und politischer Sicht wesentliche Frage. Letztlich geht es dabei um die Kohärenz des Regierungshandelns. Wenn eine Regierung eine bestimmte Rechtsauffassung vertritt, muss sie sich auch mit allen daraus ergebenden Konsequenzen auseinandersetzen. Beruft sie sich im Lichte der „Grenzöffnungsthese“ tatsächlich auf eine Ausnahmeregelung, muss sie sich auch fragen lassen, wo der Parlamentarismus möglicherweise eine Beteiligung des Bundestages vorsieht. Im konkreten Fall bleibt zu hoffen, dass diese Frage in einem der beiden beantragten Untersuchungsausschüsse (vgl. BT-Drs 19/2392 und BT-Drs 19/2524) ans Licht der Öffentlichkeit kommt.
Generell ist entscheidend, dass der Bundestag als Parlament die Richtigkeit der gewählten Rechtsposition wie auch die Notwendigkeit seiner Beteiligung erst korrekt beurteilen kann, wenn er weiß, wie die Bundesregierung konkret gehandelt hat und wie sie ihr Handeln rechtlich rechtfertigt. Die Position der Abgeordneten – zumal jene der Oppositionsfraktionen, die die Kontrollfunktion des Parlaments faktisch ausüben – sollte daher mindestens genauso ausgestaltet sein, wie die eines einfachen Bürgers im Verwaltungsverfahren. Abgeordnete sollten insoweit das entsprechend konkretisierte Recht besitzen, von der Regierung im Rahmen einer kleinen Anfrage eine inhaltlich hinreichend bestimmte schriftliche Beschreibung (vgl. §§ 37 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2; 39 Abs. 1 VwVfG) ihres Handelns oder Unterlassens von gesetzlich gebotenem Handeln zu fordern. Zudem müsste die Auskunft Ausführungen zu den wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründen enthalten müssen, die die Regierung zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen müsste dabei auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Regierung bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Ein insoweit spezifizierter parlamentarischer Informationsanspruch (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) wäre dann im Organstreitverfahren durchsetzbar und die bisher ausweichenden Antworten der Bundesregierung auf entsprechende Fragen (WD 3 – 3000 – 230/18, S. 7) nicht mehr möglich.
Im Hinblick auf den Rechtsschutz wird durch die Entwicklungen des Organstreitverfahrens 2 BvE 1/18 ein weiteres Defizit offenbar. Ein Zustand – das seit drei Jahren andauernde „Absehen von Zurückweisungen“ an deutschen Grenzen – bleibt allein deswegen verfassungsrechtlich nicht überprüfbar, weil die geeignete Klageart dazu fehlt, während ein öffentliches Interesse an der Klärung dieser Frage von niemandem ernsthaft bestritten werden kann. Man muss nicht gleich zum Mittel der Popularklage greifen, um diesem Missstand entgegenzutreten. Es sollte reichen, wenn eine Fraktion frei gewählter und unabhängiger Volksvertreter stellvertretend berechtigt wäre, Handeln und Unterlassen der Bundesregierung auf dessen Verfassungsgemäßheit überprüfen zu lassen. Dies würde auch das Risiko einer Überlastung des Gerichts minimieren. Deshalb sollte die abstrakte Normenkontrolle (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 und 2a GG und §§ 76 ff. BVerfGG) zu einer objektiven Rechtmäßigkeitskontrolle weiterentwickelt werden, die es einer Fraktion im Bundestag (und nicht nur einem Viertel der Mitglieder) erlaubt, eine solche verfassungsgerichtliche Überprüfung herbeizuführen. Dem Bundestag und seinen Abgeordneten die Rolle eines echten klageberechtigten „Wächters“ der Verfassungskonformität von Regierungshandeln zukommen zu lassen, hätte mit Sicherheit eine disziplinierende Wirkung auf die Bundesregierung. Dann müsste auch das Verfassungsgericht die vorgelegten Fragen materiell inhaltlich beantworten und könnte sich nicht mehr hinter der „Unzulässigkeit“ brisanter Rechtsfragen verstecken.
Eines ist sicher: Die Chance den Rechtsfrieden wiederherzustellen hat das BVerfG in sicherlich solider Kenntnis der damit verbundenen Beschädigung der eigenen Glaubwürdigkeit verstreichen lassen.
Sehr aufschlussreich ist zusätzlich, dass über die Einstufung dieser Organklage, die eine der wichtigsten politische Entscheidungen seit dem Bestehen der Bundesrepublik betrifft, als „offensichtlich unzulässig“ und deren Bedeutung in den Medien kaum berichtet oder diskutiert wurde.
Gehen wir zurück zum Anfang, so stellte nicht nur Ulrich Vosgerau bereits 2015 fest, dass Bundeskanzlerin Merkels Rede von der Verpflichtung zur unbegrenzten Aufnahme von Migranten, eine flagrante Irreführung der Öffentlichkeit war.
Als letzter Punkt sei nochmal auf die bis heute fehlende, schriftliche Ausformulierung dessen, was die Bundesregierung seit bald 3,5 Jahren praktiziert, hingewiesen.
Im Hinblick auf diese Begleitumstände drängen sich Zweifel an der Rechtmäßigkeit geradezu auf.
Wer diese Zweifel nicht sieht, ist der Meinung, dass immerhin rund 90% der Weltbevölkerung ein faktisches Einwanderungs-, Bleibe- und Versorgungsrecht in Deutschland hat.
Diese Rechtslage sollte man dann aber auch konsequenterweise in den öffentlich alimentierten Medien verbreiten.
Vielen Dank für den interessanten Artikel. Zur Wesentlichkeitstheorie und der Anforderung an eine Rechtsgrundlage hätte ich mir noch einen Hinweis auf das EuGH-Urteil in der RS Jafari gewünscht (C646/16), dort heißt es in Rn. 100:
„Viertens kann, unabhängig vom Erlass solcher Maßnahmen, die Aufnahme einer außergewöhnlich hohen Zahl internationalen Schutz begehrender Drittstaatsangehöriger durch einen Mitgliedstaat auch dadurch erleichtert werden, dass andere Mitgliedstaaten, einseitig oder in Abstimmung mit dem betreffenden Mitgliedstaat, im Geist der Solidarität, der im Einklang mit Art. 80 AEUV der Dublin-III-Verordnung zugrunde liegt, von der in Art. 17 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehenen Befugnis Gebrauch machen, zu beschließen, bei ihnen gestellte Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn sie nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig sind.“
Daraus geht für mich hervor, dass der Selbsteintritt ausdrücklich auch bei einer sehr großen Zahl an Anträgen zulässig ist, eine „Überdehnung“ liegt mithin nicht vor. Die Forderung nach einer Rechtsgrundlage aufgrund der Wesentlichkeitstheorie wird durch Art. 17 Dublin-III-VO erfüllt.Der Bundestag hat die Kompetenz für das Asylrecht auf die Union übertragen, das nationale Recht wird somit durch das Unionsrecht überlagert. Und in diesem ist, nach zitierter Rechtsprechung des EuGH, ein Selbsteintritt eben auch bei einer großen Anzahl an Anträgen zulässig.
Der Autor hat zwar die Möglichkeit einer Vorlage des BVerfG an den EuGH in einem Satz kurz erwähnt. Ich denke aber, dort spielt hauptsächlich die Musik, so dass ein tieferer Blick in die Rechtsprechung des EuGH vllt. schon manche Frage beantworten könnte.
„EuGH-Urteil in der RS Jafari“:
Da hat es doch die Bundesregierung glatt versäumt sich 2015 auf ein Urteil des Jahres 2017 zu berufen!
Im übrigen ist es eine selbstredende Erfahrungstatsache, dass sich der EuGH freudig an einer Rechtsfortschreibung im Sinne der EU betätigt. Das ist sein wesentlicher Zweck.
Mit Rechtsstaatlichkeit und der FDGO hat das aber nicht mehr viel zu tun.
Lieber Herr Wegner,
das ist jetzt ein etwas krudes Argument, der Bundesregierung vorzuwerfen, sie hätte sich 2015 auf ein Urteil von 2017 stützen sollen.
Wenn Sie Ihren Nachbarn auf Beseitigung seines illegalen Hühnerstalls verklagen und bekommen Recht, würden Sie sich dann von Ihrem Nachbarn vorhalten lassen, Sie hätte ja damals, als Sie sich das erste Mal über den Stall beschwert haben, noch gar nicht wissen können, wie das Gericht entscheiden wird? Die Rechtslage ist die Rechtslage, auch wenn sie später erst vom Gericht festgestellt wird. Dadurch entsteht sie nicht erst, es entstehen daraus nur erst bestimmte Rechtsfolgen (z.B. vollstreckbare Titel etc.)
Mir ging es nur darum darauf hinzuweisen, dass wir, bevor wir in Erfurcht bis zum jüngsten Tag auf ein Urteil des Karlsruher Hochaltars warten, uns vielleicht einmal mit den Entscheidungen des Gerichts beschäftigen, welches für das gemeinsame Europäische Asylsystem zuständig ist. Und diese Zuständigkeit hat nicht der Herrgott oder das Schicksal nach Luxemburg übertragen, das waren die Mitgliedstaaten selbst, getragen von Demokratie und Volkssouveränität.
Neues Verständnis der Wesentlichkeitslehre: immer, wenn die Verwaltung vermeintlich eine Gesetzesanwendung wesentlich zu überdehnen können scheint, muss das Parlament hierüber umfassend informiert sein und muss das Parlament ein neues Gesetz dazu erlassen?
Dies weil hierin besonders für Abgeordnete, sowie das Parlament und jedenfalls möglich mittelbar für Bürger ein wesentlicher Vorgang liegt?
Das so vielleicht neue Verstandnis der Wesentlichkeitslehre muss durch neue gesetzliche Informationsrechte und Klagemöglichkeiten beim Bundesverfassungsericht abgesichert sein?
Dies damit das Parlament die gesetzesausführende Gewalt, neben Gerichten, vor individuellen Klagemöglichkeiten eventuell Betroffener genügend und besser kontrollieren kann?
Sehr geehrter Herr Dr. Tabbert,
haben Sie vielen Dank für Ihren Beitrag! Es erscheint mir im Ausgangspunkt für die Debattenkultur durchaus richtig und wichtig, dass auch Vertreter einer kritischen Sicht auf das Regierungshandeln in der „Flüchtlingskrise“ aus dem Herbst 2015 hier zu Wort kommen.
In einem anderen Kommentar auf diesem Blog habe ich schon einmal für einen eigenen Beitrag „geworben“, in dem ich mich um eine eingehende, objektive, d.h. möglichst neutrale Übersicht bemüht habe über die verschiedenen Rechtsauffassungen zur „Grenzöffnung“ – um diesen auch von Ihnen verwendeten, allerdings schon im Ansatz unpräzisen und wahrscheinlich sogar tendenziösen Begriff der Einfachheit ebenfalls zu benutzen. Das möchte ich bei dieser Gelegenheit um der Sache willen nochmals wiederholen. Der in Heft 3/2018 (dort S. 21-40) des „BDVR-Rundschreiben – Zeitschrift für die Verwaltungsgerichtsbarkeit“, dem Organ der deutschen Verwaltungsrichterschaft, erschienene Beitrag ist abrufbar unter: https://www.bdvr.de/index.php/id-20182019-137.html.
Das bringt mich zu meinem ersten Punkt: Ich sehe das von Frau Kramp-Karrenbauer vorgesehene Streitgespräch nach erster Einschätzung eher kritisch: Es liegt eigentlich doch alles auf dem Tisch. Die Argumente wurden rauf- und runterdiskutiert; es kann sich jeder, der das ernsthaft beabsichtigt, umfassend über das Meinungsbild informieren. Wenn nunmehr zwei Rechtswissenschaftler nochmals darüber diskutieren sollen, dürften sich daraus zum einen keine neuen Erkenntnisse ergeben, schon gar nicht kann eine Lösung erwartet werden. Zum anderen besteht die Gefahr, dass dies den „Verschwörungstheoretikern“ eher Auftrieb verleiht. Dabei ist es an sich doch nicht so schwer. Denn es ist ja offenkundig nicht so, dass die Bundesregierung sich vor ihrem Handeln keine Meinung gebildet hätte. Ich erinnere nur an das Interview des damaligen Bundesinnenministers de Maizière – ungeachtet seiner politischen Bewertung nun intellektuell wahrlich kein kleines Licht – in der „Welt am Sonntag“ vom 13.12.2015. Darin hat er auf den Einwand der Fragesteller, das (damalige) AsylVfG sehe doch vor, dass Flüchtlinge an der Grenze zu Österreich abgewiesen werden müssten, geantwortet:
„Darüber kann man rechtlich lange diskutieren. Das deutsche Recht wird in vielerlei Hinsicht vom europäischen überlagert. Politisch haben wir uns bisher jedenfalls dagegen entschieden.“
Nur am Rande: Schon deswegen erscheint es mir auch nicht ganz zutreffend, mit Robin Alexander von den „Getrieben“ zu reden. Das Handeln der Bundesregierung war rechtlich und politisch rational. Selbstverständlich kann man – wie zumeist bei komplexen Sachverhalten – rechtlich und/oder politisch zu einer anderen Einschätzung als die Regierung kommen. Wenn aber, wie hier, sowohl rechtlich als auch politisch zumindest gut vertretbare Argumente für das Regierungshandeln sprechen, macht es m.E. keinen Sinn und wirkt letztlich delegitimierend, der Regierung in einer offenen Rechtsfrage, die bislang nicht höchstrichterlich entschieden ist, fortwährend einen schwerwiegenden „Rechtsbruch“ vorzuwerfen, so sie sich einer der vertretenen und vertretbaren Rechtsauffassungen im Ergebnis anschließt und ihr Handeln danach ausrichtet (und sei es aus politischen Gründen).
Das führt zu meinem zweiten Punkt: Selbst wenn das BVerfG sich der Meinung angeschlossen hätte oder eines Tages anschließen würde (was ich für sehr unwahrscheinlich halte), dass z.B. Art. 20 Abs. 4 Dublin III-VO eine Zurückweisung erlaubt: Was wäre damit gewonnen? Wir wüssten im Nachhinein doch nur, dass die Bundesregierung gewissermaßen „auf das falsche Pferd gesetzt“ hat. Das ändert aber nichts daran, dass das Handeln der Bundesregierung mit guten Gründen gerechtfertigt werden kann. Auch insoweit scheint mir die „Rechtsbruch-These“ v.a. darauf abzuzielen, das Regierungshandeln zu delegitimieren, ja die Regierung letztlich zu verunglimpfen. Es ist ein alltägliches Phänomen, dass die Gubernative oder Exekutive einer zwar vertretbaren Meinung folgt, die Gerichte sich aber der Gegenmeinung anschließen. Der Code der Judikative ist zwar binär: rechtmäßig oder rechtswidrig. Aber deswegen muss man die unterlegene Partei nicht verteufeln. Auch dem einen oder anderen Rechtswissenschaftler kann deshalb m.E. nur ein wenig mehr Demut empfohlen werden.
Schließlich möchte ich auch nochmals auf Folgendes hinweisen: Die wirkmächtigste Theorie, warum Zurückweisungen an der Grenze zulässig sein sollen, argumentiert mit Art. 20 Abs. 4 Dublin III-VO. So anscheinend auch Sie. Auch die „Erfinder“ dieser Sichtweise (Peukert/Hillgruber/ Foerste/Putzke) konzedieren nun aber, dass sich die von ihnen angenommene „Zuständigkeitsverlagerung“ nur unter der Prämisse realisieren lässt, dass im Einklang mit den diesbezüglichen Regelungen des SGK wieder Grenzkontrollen durchgeführt werden. M.a.w.: Art. 20 Abs. 4 Dublin III-VO fungiert bei ihnen gewissermaßen als „funktionales Äquivalent“ dafür, dass es in der Dublin III-VO keine Aussetzungsbefugnis gibt, um einer schwerwiegenden Bedrohung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch einen Massenzustrom zu begegnen. Nicht nur dürfte wertungsmäßig zwischen einer solchen Situation und dem unstreitigen Standardfall einer Anwendung von Art. 20 Abs. 4 Dublin VO – der (wohl eher vereinzelt vorkommenden) Antragstellung bei Botschaften und Konsulaten – eine Vergleichbarkeit wohl nicht gegeben sein. Auch ist die Aktivierung von Art. 20 Abs. 4 Dublin III-VO wegen des Konnexes zu den Ausnahmeregelungen des SGK in jedem Fall zeitlich begrenzt. Anders gewendet: Die „Grenzöffnung“ ist auch nach dieser Sicht eben gerade nicht der Regelfall. (Das Gleiche gilt für die Argumentation über Art. 72 AEUV.) Zumindest zum heutigen Tag dürften die Voraussetzungen für eine Aktivierung von Art. 20 Abs. 4 Dublin III-VO (oder von Art. 72 AEUV) aber nicht mehr gegeben sein.
@ P. Wegner: Die Bundesregierung hat die EuGH-Entscheidung in „Jafari“ keineswegs übersehen. Vielmehr hat Bundeskanzlerin Merkel darauf offenkundig gerade Bezug genommen, wenn sie in ihrer Regierungserklärung am 28.6.2018 ausdrücklich auf die EuGH-Judikatur vom Sommer 2017 hingewiesen hat (Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht, 42. Sit zung, Berlin, Donnerstag, den 28.06.2018, Plenarprotokoll 19/42, S. 4112, abrufbar unter: https://dipbt.bundestag.de/doc/btp/19/19042.pdf). Auch insoweit gilt: Es liegt eigentlich alles auf dem Tisch…
Kleine Fehlerkorrektur zu meinem vorangegangenen Kommentar: Es muss natürlich heißen, dass die „Grenzöffnung“ auch für die Vertreter der auf Art. 20 Abs. 4 Dublin III-VO abstellenden Sicht gerade der Regelfall ist.
Und vielleicht Folgendes noch zur Klarstellung und Ergänzung:
(1) Natürlich haben Gerichtsentscheidungen – zumal solche des BVerfG – eine wichtige, befriedende Funktion. Aber zum einen lässt sich nicht immer jeder restlos überzeugen (und zwar selbst nicht von den besten Argumenten). Zum anderen handelt es sich ein Stück weit immer auch um (legitime und unverzichtbare) Dezision. Die Gubernative oder Exekution muss aber auch schon ohne gerichtliche Klärung die Rechtslage ausloten und ihr Handeln an einem vertretbaren Rechtsverständnis ausrichten – auf die Gefahr, das ein Gericht das im Nachhinein anders beurteilt. Das scheint mir die Bundesregierung in der „Flüchtlingskrise“ 2015/16 in durchaus verantwortungsvoller Weise gemacht zu haben. M.E. sprechen letztlich sogar deutlich bessere Argumente für die „Zuständigkeitsthese“. In jedem Fall schießt aber der Vorwurf des „Rechtsbruchs“ erheblich über das Ziel hinaus. Das darf m.E. dann auch entschieden zurückgewiesen werden.
(2) Vielleicht ist es auch zu viel von der Bundesregierung erwartet, wenn man von ihr eine eigene, detaillierte(re) juristische Begründung für ihr Handeln verlangt. Angela Merkel hat neben dem Hinweis auf den Euch (s.o.) immerhin auch schon frühzeitig auf den Vorrang des Unionsrechts verwiesen. Und letztlich gibt es offenkundig ja auch innerhalb der Bundesregierung unterschiedliche Sichtweisen.
Im Hinblick auf den Wesentlichkeitscharakter der Grenzöffnung dürften vergleichende Studien zur Kriminalitätsentwicklung in Deutschland im Kontrast zu beispielsweise der Schweiz mit identischer Dublin/Schengen Gesetzeslage, bereits jetzt aufschlussreiche Erkenntnisse liefern. Die zukünftige Stabilität der Sozialsysteme wird absehbar gleichfalls einen sehr unterschiedlichen Verlauf nehmen.
Die Wahlergebnisse seit 2015 zeigen zusätzlich, dass erhebliche Anteile der Wähler diese Entscheidung durchaus als wesentlich betrachten.
Eine Befriedung wäre vor diesem Hintergrund äußerst wünschenswert und wird sicher nicht mit einem inszenierten TV-Schaukampf von AKKs Gnaden erreicht.
„Das Handeln der Bundesregierung war rechtlich und politisch rational.“
Rechtlich ist diesen Handel seit September 2015 hoch umstritten. Henri Labayle, französischer Professor für Europarecht, in einer Veröffentlichung vom Oktober 2015 die Handlungsweise von Angela Merkel als „Donnerschlag der Öffnung der Grenzen Deutschlands, klar im Widerspruch zur Rechtslage“.
Rational mag diesen Handel durchaus sein, denn Rationalität ergibt sich aus einem Zweck heraus. Und im Hinblick auf den Zweck sei hier Jean Monnet zitiert:
„Les hommes n’acceptent le changement que dans la nécessité et ils ne voient la nécessité que dans la crise.“
„Und diese Zuständigkeit hat nicht der Herrgott oder das Schicksal nach Luxemburg übertragen, das waren die Mitgliedstaaten selbst, getragen von Demokratie und Volkssouveränität.“
Nun, diese Erkenntnis sollten Sie vielleicht nochmal abseits von Hörsaal und Kathedra validieren.
Ludolf Herbst sagt zur Gründung der Montanunion, auf die kurze Zeit später der EuGH folgte, folgendes:
„Da Bonn über nationale Souveränität noch nicht verfügte, bedeutete Supranationalität an sich keinen Verzicht.“
Ein weiteres Stichwort in Sachen „Volkssouveränität“ und EU ist das
„American Committee on United Europe“.
Dass sich immer noch die Legende hält, die Dublin-VO sei weiter rechtlich maßgebend, ist kaum noch nachvollziehbar:
Professor Kay Hailbronner, vom Forschungszentrum Ausländer- und Asylrecht der Universität Konstanz räumt in einem Essay in der WELT (26.06.18, Seite 2) mit Mär auf, Zurückweisungen an den Binnengrenzen seien nicht möglich. Er sagt:
„Es sprechen also gute Gründe dafür, dass weder die Dublin-Ordnung noch das Schengenrecht den Mitgliedstaaten grundsätzlich die Einreiseverweigerung von irregulär weiterwandernden Asylsuchenden verbieten.“
Weiter sagt Prof. Hailbronner: „Das Dublin-System hat versagt. Deshalb kann niemand die Einhaltung der für den Normalfall geltenden Regeln verlangen. Eine illegale Weiterwanderung über innereuropäische Grenzen hinweg muss verhindert werden.“
Die nun von Frau Kramp-Karrenbauer initiierte rechtliche „Aufarbeitung“ der „Grenzöffnung von 2015“ soll wohl eine Ersatzhandlung für die vom BVerfG verweigerte Klärung dieser Rechtsfrage darstellen. Dieser „gut,-dass-wir- noch-einmal-darüber-gesprochen-haben-Ansatz“ wird mitnichten den Rechtsfrieden im Land wieder herstellen.
@ P. Wegner: Es sind gerade Aussagen wie die von Ihnen wiedergegebene von Prof. Labayle („Donnerschlag“, „klar im Widerspruch zur Rechtslage“), auf die sich mein Wunsch nach gelegentlich etwas mehr Demut in der Rechtswissenschaft bezieht. Kein einzelner Gelehrter bestimmt, was das geltende Recht ist; er kann nur – mehr oder weniger überzeugende – Deutungsangebote unterbreiten. Vorliegend gibt es aber viele Stimmen, die sehr überzeugend einen Gegenvorschlag vorlegen. Am Ende können mit Verbindlichkeitsanspruch nur Gerichte entscheiden. Und immerhin weisen auch die seit 2015 ergangenen einschlägigen EuGH-Entscheidungen eher in Richtung der „Zuständigkeitsthese“.
@ Heinrich Nikolaus: Lassen Sie mich Ihnen aus der Praxis zunächst versichern, dass das Dublin-Recht von den Verwaltungsgerichten tagtäglich angewandt wird. Im Übrigen handelt es sich auch bei der Auffassung von Prof. Hailbronner – bei allem Respekt – zunächst nur um ein Deutungsangebot, in meinen Augen noch dazu um ein nicht besonders überzeugendes. Prof. Heilbronner hat sich daneben zudem immer auch auf Art. 72 AEUV gestützt. Wie auch immer man dazu steht, begründet diese Regelung jedenfalls aber keine Rechtspflicht zur Aussetzung des Dublin-Regimes.
Ein Rechtsstaat wird dadurch zum freiheitlichen Rechtsstaat, dass die Verfassung in Wort und Tat die Bürger vor Regierungswillkür schützt. Freiheitliche Verfassungen sind deshalb kurz und verständliche gehalten, damit der Bürger sie versteht. Verstehen muss der Bürger die Verfassung um zwischen verfassungskonformen und verfassungswidrigem Regierungshandeln unterscheiden zu können.
Ich lese nun im (vermutlich) noch geltenden Grundgesetz folgendes:
„(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, … “
Wenn nun von einem Tag auf den anderen hunderttausende Migranten aus jenen, sicheren EU-Ländern und Drittstaaten einreisen und in Asylverfahren Aufnahme finden, dann spricht Prof.Labayle doch völlig zurecht von einem „Donnerschlag der Öffnung der Grenzen Deutschlands, klar im Widerspruch zur Rechtslage“.
Demut ist in diesem Fall nicht denen empfehlen, die den Rechtsbruch benennen, sondern jenen, die ihn begehen und die, die ihn vertuschen.
„Am Ende können mit Verbindlichkeitsanspruch nur Gerichte entscheiden.“
Das ist vollkommen richtig. Was aber, wenn sich wie im Falle der Grenzöffnung das Gericht vor einer Entscheidung drückt?
Dann öffnet das Gericht das Tor zu Willkür!
Soll man die „Zuständigkeitsthese“ so generalisieren?
Normalfall: (schönes Wetter, viel Geld und viele andere, Illusionen stützende Umstände): Die EU erlässt Verordnungen für dies und jenes. Härtefall: Die Zuständigkeit wird zurückverlagert auf den, der das Problem hat und von dem erwartet wird, dass er (finanz-) stark genug ist, das Problem in nationalstaatlicher Regie zu lösen, weil er zudem über eine