02 May 2018

Der Rechtsbruch-Mythos und wie man ihn widerlegt

Bis heute hält sich hartnäckig die Meinung, dass eine „illegale Masseneinwanderung“ nach Deutschland stattfinde und an den Grenzen die „rechtsstaatliche Ordnung“ zusammengebrochen sei, exemplarisch bei der sogenannten „Erklärung 2018“, die unter anderem Vera Lengsfeld, Thilo Sarrazin und Uwe Tellkamp unterzeichneten. Hierbei bezieht sich der Vorwurf vom andauernden Rechtsbruch keineswegs nur auf die Situation im Winter 2015/16, als über die Westbalkanroute bis zu zehntausend Personen pro Tag nach Deutschland einreisten – auch in der Gegenwart soll eine fortwährende Illegalität herrschen. Nun dürfte die Behauptung vom fortwährenden Rechtsbruch, wie ich im Tagesspiegel schrieb, vorrangig das strategische Ziel verfolgen, die Politik generell zu delegitimieren und einem sachlichen Streit auch dadurch auszuweichen, dass man die Systemfrage stellt.

Bei dieser generellen Feststellung könnte man es bewenden lassen und Reaktionen, wie diejenige von Thilo Sarrazin über „Professor Unfug“, den diskursiven Echokammern des politischen Darknet überlassen. Dennoch sollen nachfolgend die zentralen rechtlichen Aussagen des Tagesspiegel-Beitrags näher erläutert werden, weil ich ganz bewusst auf die Feinheiten der juristischen Argumente und Urteilsverweise verzichtet hatte, die eine breitere Zeitungsleserschaft abgeschreckt hätten. Dies will ich in der gebotenen Kürze nachholen. Als Mitglied des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration, der das Ziel verfolgt, akademische Einblicke in die breitere Öffentlichkeit zu tragen, gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass es einige Personen gibt, die auf Sachargumente zu hören bereit sind.

Vorrang des EU-Rechts

Im Tagesspiegel schrieb ich: „Die These vom Rechtsbruch beruht im Kern auf einem Missverständnis der Dublin-Regeln, die auch an der deutschen Grenze zu beachten sind und den einschlägigen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes vorgehen.“

Der Asylkompromiss der frühen 1990er Jahre führte auch deshalb zu einem drastischen Rückgang der Asylantragszahlen, weil die deutsche Regelung in den europäischen Kontext eingebettet war. Deutschland umgab sich mit einem Ring sicherer Herkunfts- und Drittstaaten und drängte auf eine europäisierte Asylpolitik, um den Asylkompromiss überstaatlich abzusichern. So stellt Art. 16a Abs. 5 GG bis heute ausdrücklich klar, dass die deutsche Drittstaatsregelung völkerrechtliche Verträge zur Asylzuständigkeitskoordinierung ermöglicht. Dies erlaubte die Ratifikation der Übereinkommen von Schengen und Dublin, die 1990 unterschrieben wurden, bei der Verfassungsänderung aber noch nicht in Kraft getreten waren.

Verfassungsrechtlich ist die Klausel mehr als eine bloße Ratifikationsgrundlage. Ausdrücklich hieß es schon im Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1996, aus dem etwa Thilo Sarrazin zitiert, in Bezug auf die deutsche Drittstaatsklausel in Art. 16a Abs. 2 GG: „Diese Regelung tritt gegebenenfalls hinter völkerrechtlichen Vereinbarungen im Sinne von Art. 16a Abs. 5 GG zurück“ (Rn. 164). Weiter heißt es: „Aus dem Asyl-Erfahrungsbericht 1994 des Bundesministeriums des Innern vom 20. Juni 1995 geht hervor, dass die Drittstaatenregelung des Art. 16a Abs. 2 GG seit Inkrafttreten des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) in Bezug auf Asylsuchende [aus den Vertragsstaaten] ‚keine Anwendung mehr‘ findet“ (Rn. 165). Stattdessen habe das Bundesamt die Schengen-Regeln anzuwenden.

Karlsruhe stellte also schon damals ausdrücklich fest, dass die deutsche Regelung hinter europäische Vorgaben „zurücktritt“ und „keine Anwendung mehr findet“. Dies mag heute nach drei Jahren der intensiven Debatte, in der sich sowohl Flüchtlingshelfer als auch die Grenzschließungsfraktion öffentlichkeitswirksam auf das Grundgesetz bezogen, um ihre jeweilige Position zu untermauern, vielen Lesern merkwürdig vorkommen. Aber dennoch: Schon aus der Perspektive des Jahres 1996 galt, dass die europäischen Regeln vorgehen. Die Verfassung ist öffentlich sichtbar, in der Rechtspraxis aber weitgehend irrelevant.

Nur am Rande erwähnt sei daher, dass nicht einmal feststeht, ob das Grundgesetz bei einer isolierten Betrachtung eine unmittelbare Zurückweisung in sichere Drittstaaten an der Grenze überhaupt erlaubte, wie es der Wortlaut von Art. 16a Abs. 2 GG mit der Formulierung „Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen…“ zu suggerieren scheint. Die Gesetzesmaterialien schweigen zu eventuellen Grenzschließungen, und im dritten Satz der Vorschrift heißt es, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen „unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden können“, was man durchaus so lesen kann (und vielleicht auch muss), dass vor einer Zurückweisung an der Grenze jedenfalls ein rudimentäres Verwaltungsverfahren zu durchlaufen ist. Ganz in diesem Sinne verwies auch das BVerfG auf gewisse verfahrensrechtliche Einschränkungen, ohne dies freilich näher auszuführen (Rn. 204-207), weil es damals um eine Grenzschließung nicht ging. Heute kommt es, wie gesagt, darauf nicht mehr an: Bereits 1996 trat die deutsche Drittstaatsklausel hinter die damaligen Schengen-Regeln zurück.

Dieses Fazit gilt für die Gegenwart umso mehr, als die Übereinkommen von Schengen und Dublin zwischenzeitlich in den EU-Rahmen überführt wurden – und damit änderte sich die Rechtsnatur. Aus völkerrechtlichen Verträgen wurden EU-Verordnungen, konkret der mehrfach revidierte Schengener Grenzkodex und die Dublin III-Verordnung, die heute bekanntlich die innereuropäische Asylzuständigkeit regelt. Als EU-Sekundärrecht gelten diese Bestimmungen innerstaatlich mit Vorrang und verdrängen im Konfliktfall das entgegenstehende deutsche Recht unter Einschluss der Verfassung. Auch dies ist für Nichtjuristen (und manche Jurastudierende) nicht einfach zu verstehen. Daher auch hier ein BVerfG-Zitat: „Im Anwendungsbereich des Unionsrechts … ist entgegenstehendes mitgliedstaatliches Recht grundsätzlich unanwendbar. Der Anwendungsvorrang folgt aus dem Unionsrecht, weil die Union als Rechtsgemeinschaft nicht bestehen könnte, wenn die einheitliche Wirksamkeit des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten nicht gewährleistet wäre“ (Rn. 53).

Nun kennt der Vorrang des Unionsrechts zwar Grenzen, die Karlsruhe behauptet, ohne sie bislang aktiviert zu haben, doch diese greifen hier nicht. Speziell die Menschenwürde verlangt nicht etwa, dass Art. 16a GG sich gegenüber den Dublin-Regeln durchsetzt, denn das BVerfG entschied schon 1996, dass das Asylgrundrecht kein direkter Ausfluss der Menschenwürde sei und daher – anders als das Refoulementverbot – ganz abgeschafft werden könnte (Rn. 209-212). Demgemäß kann sich ein Asylbewerber, den Deutschland nach Kroatien zurückschicken will, weil er dort die EU-Außengrenze überschritt, nicht darauf berufen, dass er wegen Art. 16a Abs. 2 GG nach Österreich zurückgewiesen werden soll. Für den Asylbewerber gilt dasselbe wie für diejenigen, die einen fortwährenden Rechtsbruch behaupten: Maßgeblich sind die Dublin-Regeln, nicht ein isolierter Blick in das Grundgesetz.

Unnötige Ministeranordnung

Weiter hieß es im Tagesspiegel: „Wegen des Vorrangs der EU-Regeln kommt es nicht darauf an, ob irgendeine Ministeranordnung besteht oder nicht.“

Seit dem Herbst 2015 kursiert das Gerücht von einem „Geheimerlass“, mit dem der damalige Innenminister de Maizière die angeblich notwendige Grenzschließung ausgehebelt haben soll. Grundlage dieser Behauptung ist § 18 AsylG, dessen Absätze 2 und 4 eine Einreiseverweigerung vorschreiben, wenn entweder ein anderer Mitgliedstaat zuständig ist oder eine Ministeranordnung besteht. Udo Di Fabio sah die Norm in seinem Gutachten für die bayerische Staatsregierung ohne nähere Begründung als verletzt an (S. 94 f.). Dies überzeugt schon deshalb nicht, weil die nationalen Vorschriften, wie dargelegt, im Zweifel hinter das vorrangige Unionsrecht zurücktreten müssen. Doch auch bei einer isolierten Betrachtung alleine des deutschen Gesetzesrechts ist der behauptete Geheimerlass ein Mythos.

Warum? Notwendig wäre eine solche Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 AufenthG nur, wenn die Zurückweisung nicht aus anderen Gründen unterbleiben müsste. Eben dies ist jedoch nach geltendem Recht, das ich sogleich nochmals darlegen werde, der Fall: Wenn die Überstellung in den zuständigen Dublin-Staat scheitert, muss Deutschland das Asylverfahren übernehmen. Hiernach kann Deutschland sehr wohl nach EU-Recht „für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig“ sein, sodass eine Zurückweisung bereits nach § 18 Abs. 4 Nr. 1 AufenthG ausscheidet und eine Ministeranordnung entbehrlich ist.

Mittelbar bestätigte dies zwischenzeitlich auch das höchste deutsche Verwaltungsgericht. In einem Beschluss von März 2017, der durch ein weiteres Urteil bestätigt wurde, befand das BVerwG in Leipzig, dass die sichere Drittstaatsklausel in § 26a AsylG nicht auf das EU-Mitglied Bulgarien anzuwenden sei: „Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor, weil sicherer Drittstaat … bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung nur ein Staat sein kann, der nicht Mitgliedstaat der EU ist“ (Rn. 12). Hiernach fehlt es bei einer Einreise etwa aus Österreich schon an der Tatbestandsvoraussetzung für eine Einreiseverweigerung nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 AsylG. Gewiss müssen die höchsten deutschen Verwaltungsrichter/innen nicht immer richtig liegen, aber wer „Geheimerlasse“ sieht, sollte sich die Mühe machen, danach zu fragen, wie die Gerichte die Normen auslegen.

Missverständnis der Dublin-Regeln

Vergleichsweise ausführlich beschrieb ich im Tagesspiegel die vielfach missverstandenen Dublin-Regeln: „… in der Sache erklärt die europäische Dublin-Verordnung zwar in den meisten Fällen einen anderen Staat für zuständig, verknüpft dies jedoch mit einem Überstellungsverfahren. Die deutschen Behörden dürften viele Asylbewerber zurückschicken, allerdings nicht zu unseren direkten Nachbarn in Österreich oder der Schweiz, sondern in die Außengrenzländer Italien, Griechenland oder Kroatien. Die Crux ist nun, dass die Rückführung nur innerhalb einer Frist möglich ist. In Artikel 29 der Dublin-Verordnung steht nämlich schwarz auf weiß, dass Deutschland ein eigenes Asylverfahren durchführen muss, wenn die Überstellung binnen sechs Monaten nicht gelingt.“

Ein Grundproblem der Debatte über die Grenzschließung ist die hochkomplexe Rechtslage, wenn allein die Dublin III-Verordnung ohne Anhang nicht weniger als 15.663 (!) Worte oder 23 PDF-Seiten umfasst. Speziell die Kombination von materiellen Zuständigkeitsregeln und einem prozeduralen Überstellungsverfahren, dessen Scheitern in einem Zuständigkeitswechsel mündet, wurde vielfach falsch verstanden. So auch vom ehemaligen BVerfG-Präsidenten Hans-Jürgen Papier, der offenbar den früheren Verfassungsblog-Beitrag von Roman Lehner nicht gelesen hatte. Aus heutiger Sicht bestehen an der Rechtslage ohnehin keine Zweifel mehr. In mehreren Urteilen aus dem Sommer 2017 stellte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg klar, dass die Verfahrensregeln ernst zu nehmen sind.

So bestätigte das Mengesteab-Urteil, dass Deutschland nach Art. 21 Abs. 1 Dublin III-Verordnung bereits dann zuständig wird, wenn der Übernahmeantrag nicht binnen drei Monaten nach dem Asylgesuch gestellt wird, was in den letzten beiden Jahren häufig der Fall war, weil das deutsche Asylverfahren notorisch lang dauerte. Doch selbst wenn das BAMF schnell die Übernahme beantragt, hat diese bekanntlich selten Erfolg – mit der Folge, dass die Zuständigkeit nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III-Verordnung mit dem Shiri-Urteil nach regelmäßig sechs Monaten auf Deutschland übergeht. Hiernach kommt es nicht darauf an, ob nun Deutschland die Selbsteintrittsklausel des Art. 17 Abs. 1 im Herbst 2015 tausendfach aktiviert hatte oder nicht, denn der Zuständigkeitsübergang erfolgt automatisch. Man kann die deutschen Behörden mit guten Gründen dafür kritisieren, dass sie die Dublin-Verfahren damals wie heute nicht effektiv handhaben, aber es ist dies kein Rechtsbruch. Im Gegenteil: Der Zuständigkeitsübergang wurde mit deutscher Zustimmung in die Dublin-Regeln aufgenommen.

Einige deutsche Kollegen vertreten seit einiger Zeit die Auffassung, dass Art. 20 Abs. 4 der Dublin III-Verordnung etwas anderes vorgibt, wenn ein Asylbewerber einen Antrag stellt, „während er sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält.“ Diese Norm war ursprünglich für Asylanträge in Botschaften eingeführt worden, die einige Mitgliedstaaten in den 1990er Jahren noch erlaubten, und passt für eine Grenzschließung schon deshalb nicht, weil das Asylgesuch regelmäßig nicht vom fremden Staatsgebiet aus gestellt würde. Deutsche Grenzkontrollen finden nämlich in aller Regel auf deutschem Hoheitsgebiet statt, sodass eine Zurückweisung an der Grenze einer Einreise im verwaltungsrechtlichen Sinne vorbeugt, nicht jedoch in tatsächlicher Hinsicht extraterritorial erfolgt, solange Deutschland keine Mauer zu den Nachbarstaaten wie Österreich oder der Schweiz errichtet. Mittelbar bestätigte dies auch das BVerfG im Urteil zum Flughafenverfahren, dass eine verwaltungsrechtliche Einreiseverweigerung auf deutschem Staatsgebiet im Sinn des Völkerrechts stattfindet (Rn. 119). Demgemäß spielte die Norm auch in den jüngsten EuGH-Urteilen keine Rolle.

Nun ist die Dublin III-Verordnung einfaches Gesetzesrecht und kann vom EU-Gesetzgeber geändert werden. Tatsächlich schlug die Kommission eine Änderung vor, die den Zuständigkeitsübergang abschaffen will. Hiernach soll es künftig keine zweiten Asylanträge innerhalb der EU mehr geben und stattdessen eine stabile Zuständigkeit festgelegt werden, die nach derzeitigem Verhandlungsstand wohl für zehn Jahre bestehen soll (nähere Einzelheiten in meiner Stellungnahme für eine Anhörung im Innenausschuss des Bundestages am 16. April 2018). Dies würde zwar eine Zurückweisung an der Grenze nicht legalisieren, aber dennoch Anreizstrukturen etablieren helfen, um die Sekundärmigration einzudämmen. Dies zeigt für die hiesigen Zwecke, dass das Grenzregime politisch gestaltet werden kann (und muss). Es gibt Alternativen zum Status quo, der im Übrigen schon jetzt eine strengere Praxis rechtfertigte.

Ausnahmen in Krisensituationen

Mein letzter Satz zum Recht im Tagesspiegel lautete: „Deutschland könnte die Dublin-Regeln also strenger handhaben und hätte dies auch im Winter 2015/16 tun können, aber es ist noch kein Rechtsbruch, eine Handlungsoption nicht zu nutzen.“

Der Eindruck, dass im Herbst 2015 etwas schief gelaufen sei, mag durch die teilweise konfuse politische Situation befördert worden sein, weil die Bundesregierung damals – dem Bericht von Robin Alexander zufolge – bereits eine Grenzschließung vorbereitet hatte, auf diese jedoch aus juristischen Gründen verzichtete. Diese offensichtliche Unsicherheit über die Rechtslage lag nicht nur daran, dass das komplexe Zusammenspiel von nationalem und europäischem Recht mit seinen Verästelungen damals nicht allen bewusst war. Hinzu kommt, dass man durchaus darüber diskutieren kann, ob in akuten Krisen vom Normalfall des Dublin-Regimes abgewichen werden kann. Es beträfe dies freilich nur eine Notsituation, die im Winter 2015/16 geherrscht haben mag, aktuell an der deutschen Binnengrenze jedoch nicht mehr vorliegt. Im gesamten März 2018 wurden in Deutschland „nur“ 10.712 Asylerstanträge gestellt; ebenso viele Personen reisten im Herbst 2015 teilweise pro Tag ein.

Als eine rechtliche Stellschraube für krisenbedingte Ausnahmen käme insbesondere Artikel 72 des EU-Arbeitsweisevertrags in Betracht, der die „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit“ betrifft. Einen Gedankengang, der unter Umständen eine härtere Gangart rechtfertigen könnte, die in Abstimmung mit der EU freilich keine pauschale Grenzschließung umfasste, habe ich gemeinsam mit Kay Hailbronner in der Juristenzeitung dargelegt. Gewiss hat der EuGH im Jafari-Urteil zu der Norm keine Stellung bezogen, als er entgegen der Generalanwältin den Vorschlag von Flüchtlingsorganisationen zurückwies, die Dublin-Verordnung insofern auszuhebeln, als das Grenzübertrittskriterium in Krisensituationen nicht gelten solle. Stattdessen betonte der Luxemburger Gerichtshof, dass die Dublin-Regeln auch im Winter 2015/16 anzuwenden waren.

Doch selbst wenn man damals hätte strenger sein können, folgt hieraus kein Rechtsbruch, denn es ist für sich genommen nicht rechtswidrig, bestehende Handlungsmöglichkeiten aus politischen Gründen nicht zu nutzen. Dies gilt umso mehr, als die Bundesregierung alles andere als untätig war, allein ihr