02 March 2024
DasĀ Bundesgesetzblatt im digitalen Zeitalter
Nach langen Verhandlungen wurde am 12. Februar 2024 endlich ein Bundeshaushalt fĆ¼r 2024 im Bundesgesetzblatt verkĆ¼ndet. Aber was genau wurde da verkĆ¼ndet? 12 Seiten Haushaltsgesetz und als Anlage 12 Seiten Gesamtplan, eine Zusammenfassung des Haushaltsplans. Von den ā eigentlich interessanten ā ausfĆ¼hrlichen Festsetzungen auf ca. 3100 Seiten EinzelplƤnen keine Spur. Das entspricht stƤndiger Staatspraxis āzur Vermeidung einer Ć¼bermƤĆigen Belastung des Bundesgesetzblattesā. Aber seitdem das letzte Mal ein Bundeshaushalt verkĆ¼ndet wurde, hat sich ein entscheidender Faktor geƤndert: Das Bundesgesetzblatt erscheint elektronisch und braucht damit keine Entlastung mehr. Die nur teilweise VerkĆ¼ndung des Bundeshaushalts 2024 ist daher nicht gerechtfertigt. Continue reading >>
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06 January 2024
Das letzte Wort?
Mit etwas zeitlichem Abstand werden die weitreichenden Folgen des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichtes sichtbar. Das Urteil zeigt die Gefahren der Verfassungsgerichtsbarkeit fĆ¼r die Demokratie, die wir trotz der positiven Wirkung dieser Institution fĆ¼r die Herrschaft des Rechts im Blick behalten sollten. Die Gestaltungsfreiheit und Innovationskraft des demokratisch legitimierten Gesetzgebers kƶnnen nƤmlich durch verfassungsgerichtliche Vorgaben zu sehr eingeengt werden. Die Politik verstƤrkt die Macht des Verfassungsgerichtes, wenn fĆ¼hrungsschwache Regierungen auf Entscheidungshilfe aus Karlsruhe warten oder die Opposition unmittelbar nach einer Abstimmungsniederlage im Parlament ihre Politik mit verfassungsgerichtlichen Mitteln fortsetzt. Die Bundesverfassungsrichter wiederum tragen ihrerseits zu einer Ć¼bermƤĆigen Verrechtlichung der Politik bei, wenn sie ihre Kompetenzen Ć¼berschreiten. Continue reading >>11 December 2023
Nur vier Zeilen
Ein Staat, dessen Regierung am Ende des Jahres nicht ein und aus weiĆ, wie sie einen verfassungsgeĀmƤĆen Haushalt fĆ¼r das unmittelbar bevorstehende Folgejahr aufstellen kann, befindet sich in einer veritablen Staatskrise. Nein, was wir erleben, ist nicht lediglich die Krise einer Regierung und der sie tragenden Koalition ā es handelt sich tatsƤchlich um eine Staatskrise. Bis nach Dubai in die WeltĀklimaĀkonferenz der UN strahlte sie in den letzten Tagen aus, wo Zweifel an der deutschen FƤhigkeit geƤuĆert wurden, eingegangene oder angekĆ¼ndigte Verpflichtungen gegenĆ¼ber der WeltgemeinĀschaft erfĆ¼llen zu kƶnnen. Continue reading >>04 December 2023
Schulden- statt Notbremse
Wer ā als Gericht ā strenge MaĆstƤbe an GesetzesbegrĆ¼ndungen anlegt, Darlegungspflichten verschƤrft und einer Regierung auf dem, weiĆ Gott, steinigen Weg zur Transformation der Wirtschaft in die Parade fƤhrt, muss sich an diesen ā seinen eigenen ā MaĆstƤben messen lassen und eine von Kriterien geleitete, geordnete PrƤzisierung des AuĆergewƶhnlichen einer Notlage vorlegen. Daran scheitert der Zweite Senat. Das wƤre unter UmstƤnden nicht weiter aufgefallen, hƤtte sich der Zweite Senat darauf verstehen kƶnnen, wenigstens die Nichtigkeit des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes zurĆ¼ckzustellen und den Darlegungsangeboten der Regierung(smehrheit) zu KrisenkonnexitƤt und KrisenbewƤltigung nƤher zu treten. Continue reading >>27 November 2023
Schuldenbremse und Klimawandel
Das Urteil des BVerfG vom 15.11.2023 zum Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 stellt die Ampelkoalition vor enorme Herausforderungen. Wichtige Fƶrderprogramme zum Ćbergang in eine mƶglichst emissionsfreie Wirtschaftsweise sind akut gefƤhrdet. Da ist es wenig verwunderlich, dass das Urteil auch kritische Reaktionen ausgelƶst hat. Ich halte es im Ergebnis ebenfalls fĆ¼r bedenklich, dass schuldenfinanzierte Investitionen in den klimavertrƤglichen Umbau der Wirtschaft kategorisch ausgeschlossen werden. Ich sehe aber nicht, dass dieses Ergebnis auf der Ebene der Verfassungsinterpretation zu vermeiden gewesen wƤre. Vielmehr wird deutlich, dass die Regelung des Art.Ā 115 Abs.Ā 2 GG dringend auf den PrĆ¼fstand gehƶrt. Die Verfassung sollte die politischen Akteure nicht auf eine einseitige Sicht der Wirtschaftspolitik und ein verkĆ¼rztes VerstƤndnis von Generationengerechtigkeit festlegen. Continue reading >>27 November 2023
Die LƤnderbremse
Die neuen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse dĆ¼rften viele Landeshaushalte in Schwierigkeiten bringen. Eine Analyse verschiedener Landeshaushalte zeigt darĆ¼ber hinaus, wie beliebig die demokratischen Parteien je nach Regierungs- oder Oppositionsrolle mit der Schuldenbremse umgehen. Besteht die Schuldenbremse in ihrer aktuellen Fassung fort, fĆ¼hrt das fĆ¼r die LƤnder zu Jahren verfassungsgerichtlicher Streitigkeiten und unsicherer Haushalte. Continue reading >>24 November 2023
Katalysator der Polykrise
Am 15. November 2023 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zum ersten Mal Ć¼ber die Vorschriften der Schuldenbremse im Grundgesetz entschieden. Das nun ergangene Urteil verdeutlicht erneut, dass die aktuelle Ausgestaltung des Staatsschuldenrechts in eine finanzrechtliche, vor allem aber finanzpolitische Sackgasse fĆ¼hrt. So setzt sich im Urteil durch die restriktive Auslegung der Schuldenbremse die Entpolitisierung des parlamentarischen Haushalts- und Budgetrechts, die āKƶnigsdisziplin des Parlamentsā, fort. Daneben beschrƤnkt das Urteil auf erhebliche Art und Weise die HandlungsfƤhigkeit des Staates und versetzt auch der Wehrhaftigkeit der Demokratie einen DƤmpfer. Letztlich ist die Schuldenbremse, wie sie sich nun durch das Urteil darstellt, ein TodesstoĆ fĆ¼r politisches Denken in langfristigen ZusammenhƤngen ā obgleich dieser Gedanke vom BVerfG erst vor zwei Jahren im sogenannten Klima-Beschluss prominent angebracht wurde. Continue reading >>21 November 2023
Eine verpasste Chance
Das Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts erweist der politischen HandlungsfƤhigkeit und der Generationengerechtigkeit einen BƤrendienst. In enger Auslegung der Haushaltsverfassung schrƤnkt es die MƶglichkeitsrƤume langfristig ausgerichteter Politik ein, ohne einen Kompromissweg vorzuzeichnen. Die Richterinnen und Richter haben die Chance verpasst, die haushaltsverfassungsrechtliche Dogmatik in AnknĆ¼pfung an den Klimabeschluss ā wohlgemerkt des Ersten Senats ā fortzuentwickeln und Leitplanken fĆ¼r das VerhƤltnis von Klimaschutz und Haushaltsverfassung zu formulieren. Das Urteil lƤsst sowohl FingerspitzengefĆ¼hl als auch Weitsicht vermissen, die ein so sensibles Thema wie die Generationengerechtigkeit im GesamtgefĆ¼ge verfassungsrechtlicher Normen insbesondere in von UmbrĆ¼chen geprƤgten Krisenzeiten erfordert. Continue reading >>16 November 2023
Die Repolitisierung des Politischen
Das Verfahren um den zweiten Nachtragshaushalt 2021 gab dem Bundesverfassungsgericht die Gelegenheit, grundlegende Fragen des Finanzverfassungsrechts rund um die Schuldenbremse zu klƤren. Die Entscheidung, das Gesetz zu kassieren, war die juristisch einzig richtige ā und beraubt die deutsche Politik einer schĆ¼tzenden SelbsttƤuschung. Continue reading >>15 November 2023
Das Ende der GroĆzĆ¼gigkeit
Das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 ist mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig. Das hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts heute in einem wegweisenden Urteil festgestellt. Das Gericht hat das Nachtragshaushaltsgesetz 2021 Ć¼berzeugend aus drei GrĆ¼nden fĆ¼r nichtig erklƤrt. Erstens ist der Veranlassungszusammenhang zwischen der Neuverschuldung und daraus zu finanzierenden MaĆnahmen nicht hinreichend dargelegt und begrĆ¼ndet worden, zweitens stehen die HaushaltsgrundsƤtze der JƤhrlichkeit, JƤhrigkeit und FƤlligkeit der faktisch unbeschrƤnkten Ćbertragung von KreditermƤchtigungen auf kommende Haushaltsjahre entgegen und drittens kƶnnen Nachtragshaushalte nicht rĆ¼ckwirkend erlassen werden. Continue reading >>
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