30 November 2023
Einseitig besetzte Gerichte
In Polen ist die am 15. Oktober gewählte neue Parlamentsmehrheit nicht nur mit einem von der PiS ins Amt gebrachten Staatspräsidenten konfrontiert, der ihr das Leben schwer machen kann, sondern auch mit einem Verfassungsgericht, das inzwischen von lauter unter der Ägide der PiS gewählten Richtern besetzt ist. Die Schwierigkeiten rechtsstaatlicher Bewältigung der Rechtsstaatswidrigkeiten, die sich seit 2010 in der polnischen Justiz und speziell auch beim polnischen Verfassungsgerichtshof aufgetürmt haben, lenken den Blick auf ein zugrundeliegendes Kernproblem, das nicht nur in Polen zu besichtigen ist, und auch sonst nicht nur in Staaten, die von wirklich demokratischen und rechtsstaatlichen Verhältnissen noch oder wieder weit entfernt sind: Das Problem politisch einseitig besetzter Verfassungsgerichte. Continue reading >>
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13 March 2023
Israels Staatsumbau
Israels neue rechtsreligiöse Regierung unter Benjamin arbeitet an einer Justizreform, die hunderttausende Demonstranten auf die Straße treibt und in der Kritik steht, den israelischen Rechtsstaat zu zerstören. Bei genauerer Betrachtung wird klar, dass es bei den Protesten nicht nur um die Reform selbst, sondern auch um grundlegende Fragen nach dem Charakter des jüdischen Staates und seiner Identität geht. Das israelische Rechtssystem steht schon immer stellvertretend für den Staat selbst. Die gespaltene israelische Gesellschaft streitet um das Verständnis von Demokratie, das Verhältnis von Religion und Staat und um die zukünftige Machtposition einzelner Gesellschaftsgruppen. Continue reading >>05 November 2021
Helden unserer Zeit
Noch steht der Polnische Oberste Gerichtshof. Aber jetzt will die PiS-Regierung die Sache zu Ende bringen. Continue reading >>
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14 December 2020
Frei, aber nicht unabhängig
Im Mai 2019 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass deutschen Staatsanwälten die notwendige Unabhängigkeit fehle, um einen Europäischen Haftbefehl auszustellen. Als Reaktion darauf plant die Bundesjustizministerin nun, ministerielle Einzelzuweisungen an die Staatsanwaltschaften für die EU-Zusammenarbeit in Strafsachen im Gerichtsverfassungsgesetz ausdrücklich auszuschließen. Eine solche „quasi-richterliche Unabhängigkeit“ geht jedoch nicht nur am eigentlichen Problem vorbei, sondern liefe auch der staatsrechtlichen Einordnung der Staatsanwaltschaft im System der Gewaltenteilung zuwider. Continue reading >>04 November 2020
Der Trumpf wird zur Last
In Polen wird gerade sehr deutlich, dass es nicht im politischen Interesse liegt, Gerichte parteipolitisch auszurichten. Seit Jahren beobachtet die Öffentlichkeit entsetzt, wie die Parlamentsmehrheit unter PiS das Ansehen und die Legitimation des Verfassungsgerichts untergräbt. Zunächst, indem sie das Gericht verfassungswidrig besetzte und es, quasi gegen seine Natur, zum Verbündeten der Parlamentsmehrheit machte. Jetzt kommt noch das umstrittene Abtreibungsurteil vom 22. Oktober dazu. Das Kalkül der Regierungspartei scheint jedoch nicht aufgegangen zu sein und die Entscheidung wird für PiS zum politischen Problem. Ignoriert sie das Urteil, wird das „eigene“ Verfassungsgericht geschwächt, setzt sie es um, droht ihr der Machtverlust. Continue reading >>16 October 2020
Das epochale Versagen der EU-Kommission
Über Richterin Beata Morawiec, die galoppierende Sowjetisierung der polnischen Justizpolitik und wie es so weit kommen konnte. Continue reading >>09 August 2020
Neutrale Strafverfolgung und demokratische Strukturverantwortung
Kürzlich hat die Generalstaatsanwältin des Landes Berlin die Ermittlungen wegen einer Anschlagsserie in Neukölln gegen Linke und Sozialdemokraten an sich gezogen, weil die bisherige Ermittlungsführung Anlass geben könnte, an der Unbefangenheit eines befassten Staatsanwalts zu zweifeln. Der Fall demonstriert in besonderer Weise, warum es notwendig ist, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte weiterhin sowohl dem internen als auch dem externen Weisungsrecht zu unterstellen. Continue reading >>30 November 2019
Packt die Exekutive den Rechtsstaat?
Der ehemalige Bundesminister des Innern und jetzige MdB Thomas de Maizière hat kürzlich unter anderem eine umfassende Reform der Justiz und ihrer Verwaltung gefordert. Die den Vorschlägen zugrunde liegende ökonomistische Sichtweise auf die Justiz scheint jedoch manchmal Effizienz mit Effektivität zu verwechseln und droht, die fein austarierte Gewaltenteilung der Verfassungsordnung zu untergraben. Continue reading >>
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