11 April 2024

Globuli für Umweltjuristen

Gedanken zur Klimaklagen-Bewegung anlässlich des Klimaseniorinnen-Urteils des EGMR

Als meine Kinder noch klein waren und auf deutschen Spielplätzen gelegentlich Schrammen abbekamen, da wurden mir von besorgten anderen Eltern nicht selten kleine weiße Kügelchen angeboten. „Arnica“, raunten sie mir zu, „hilft sofort!“ Ich habe dann immer freundlich, aber bestimmt abgelehnt. Dabei hätte ich meinen Kindern die schnelle Ablenkung durch den Zucker in den homöopathischen Globuli gern gegönnt. Aber ich mochte mich mit dem Aberglauben nicht gemein machen und meinen Kindern keine Dummheiten beibringen.

Mit menschenrechtsgestützten Klimaklagen geht es mir genauso. Jedem angesichts der Klimakrise zu Recht verzweifelten Umweltjuristen gönne ich von Herzen ein Stückchen zuckersüße Illusion von „Climate Justice“. Dennoch erscheint mir der weit verbreitete Glaube an Klimaklagen kaum weniger unbegründet und in manchem sogar schädlicher als der an Arnica-Kügelchen.

Ungeeignete Gerichte

Unbegründet ist der Glaube an Klimaklagen, weil die Gerichte als Institutionen des einzelfallbezogenen Rechtsschutzes weder institutionell noch intellektuell geeignete Einrichtungen zur Bewältigung der unvergleichlich komplexen Klimakrise und zur Anleitung der dazu notwendigen großen gesamtgesellschaftlichen und globalen Transformation sind.

Unabhängigkeit und Reputation

In einer geradezu homöopathisch anmutenden Fehleinschätzung meinen Klimaklagenverfechter oft, gerade die Gerichte könnten relevante Anstöße zum globalen Klimaschutz liefern. Verwiesen wird dabei vor allem auf die Unabhängigkeit der Richter und auf die Reputation der Gerichte. Die Unabhängigkeit soll Langfristorientierung jenseits von Lobbyeinflüssen, die besondere Reputation der Gerichte soll die Durchsetzung ambitionierter gerichtlicher Klimaschutzvorgaben verbürgen. All dies erscheint nicht plausibel.

China, Russland und die arabische Welt

Aussichtsreiche Klimaklagen können ohnehin nur in dem vergleichsweise kleineren Teil der Welt erhoben werden, der eine unabhängige und hinreichend effektive Justiz überhaupt kennt. Nicht nur in China, in Russland oder in der arabischen Welt – um nur die klimapolitisch wichtigsten Staaten und Regionen zu benennen – sind von Klimaklagen keine Effekte zu erwarten.

Bundesverfassungsgericht und die papierne Planung

Aber auch in den rechtsstaatlichen Demokratien ist mit Klimaklagen allenfalls Homöopathisches zu gewinnen. Den in der internationalen Klimaklagenszene gefeierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts hat der deutsche Bundesgesetzgeber mit geradezu aufreizender Nonchalance und Geschwindigkeit in Papier übersetzt. Den vergleichsweise anspruchsloseren Forderungen, die der EGMR in seinem jüngsten Urteil formuliert hat, wird die Schweiz mit ähnlicher Leichtigkeit entsprechen können. Anders als oft unterstellt, ist langfristige Planung für die Politik nämlich jedenfalls solange kein Problem, als sie schmerzhafte Einschnitte hinreichend weit in die Zukunft projektieren kann. Die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts und das Urteil des EGMR sind insofern bislang nicht mehr als ein weiterer Beitrag zu einer in vielem illusionär anmutenden Klimaschutzplanung.

Keine konkrete Ableitung: Tempolimit / Atomkraftwerke

In realistischer Einschätzung der eigenen Grenzen hat das Bundesverfassungsgericht zugleich jeder konkreten Ableitung aus seinem schon verfassungstheoretisch allzu anspruchsvollen Klimaschutzverlangen widerstanden (kritisch zu den begrenzten Folgen der Entscheidung: Groß). Selbst der inhaltlich und verfassungsrechtlich vergleichsweise kinderleicht zu begründenden Pflicht zur Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen hat das Gericht eine Abfuhr erteilt. In Karlsruhe ist man sich offenbar hinreichend bewusst, dass solche Konkretisierungen in der gewaltenteiligen Demokratie nicht Sache der Gerichte sind und der von den Klimaklägern angezapften gerichtlichen Reputation schnell gefährlich werden können. Wem dies am Beispiel des Tempolimits noch nicht plausibel genug erscheint, der stelle sich vor, das Bundesverfassungsgericht hätte mit Blick auf den verfassungsrechtlich zwingend gebotenen Klimaschutz den Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke angeordnet.

Shell-Urteil

Jenseits der deutschen Grenzen finden sich zwar ganz gelegentlich auch gerichtliche Klimaschutzentscheidungen, die scheinbar mehr verlangen als nur papierne Planung. Vorbild können aber auch diese Entscheidungen nicht sein. Verwiesen sei auch insoweit auf den berühmtesten und weitreichendsten dieser Beschlüsse, nämlich das Urteil der Rechtbank Den Haag in Sachen Shell. In ihm verurteilte das niederländische Gericht Shell wegen einer vermeintlichen Verletzung der allgemeinen zivilrechtlichen Sorgfaltspflicht zu einer Reduktion seiner CO2-Emissionen um 45% bis Ende 2030. Dabei bezog das Gericht ausdrücklich die bei den Kunden von Shell anfallenden Emissionen aus den von Shell verkauften Treibstoffen in die Reduktionsverpflichtung mit ein.

Rechtlich und rechtspolitisch erscheint mir das Urteil unvertretbar und hochgefährlich. Es dürfte aber auch für den Klimaschutz keinerlei praktischen Effekt haben. Shell hat in der Folge Berufung gegen das Urteil eingelegt, die Worte „Royal Dutch“ aus seinem Namen gestrichen und seinen Firmenhauptsitz aus den Niederlanden und der EU nach Großbritannien verlagert. Zwar hat Shell zugleich in nicht unerheblichem Umfang Ölförderlizenzen an Wettbewerber verkauft. Die entsprechende staatlich lizensierte Förderung ist damit aber nicht eingestellt worden, sondern wird nur von anderen weiter betrieben.

Strategische Prozessführung?

Verfechter der Climate-Justice-Bewegung begegnen dieser Kritik an der praktischen Nutzlosigkeit der Klimaklagen regelmäßig mit dem Hinweis auf die Symbolkraft der entsprechenden Verfahren. Den Klägern gehe es eigentlich gar nicht um ein prozessuales Obsiegen im Sinne konkreter Klimaschutzerfolge. Ziel der hier betriebenen „strategischen Prozessführung“ sei es vielmehr die Öffentlichkeit auf die Klimakrise aufmerksam zu machen und die unzureichenden Klimaschutzanstrengungen anzuprangern. Auch diese Argumentation aber überzeugt bei näherem Hinsehen nicht.

Kein Defizit öffentlicher Aufmerksamkeit

Zum einen erscheint schon zweifelhaft, ob die Klimakrise, die medial wie kein anderes Thema präsent ist, tatsächlich unter einem Mangel an öffentlicher Aufmerksamkeit leidet. Auch die Defizite der bisherigen nationalen, supranationalen und internationalen Klimaschutzpolitik sind ständiges Thema der öffentlichen Diskussion jedenfalls in den Staaten und Rechtsordnungen, in denen Klimaklagen überhaupt erhoben werden können.

Klimaklagen als illusionäre und diskreditierende Ablenkung

Im Gegenteil muss man zum anderen vielmehr befürchten, dass die Klimaklagen von den eigentlichen drängenden Problemen der globalen Klimakrise ablenken. So wie man einem Krebspatienten vom Vertrauen auf homöopathische Mittelchen abraten muss, so muss auch vor dem illusionären Vertrauen in Klimaklagen gewarnt werden. Statt sich den eigentlichen auch juristisch drängenden Fragen der weltweiten Formulierung und Durchsetzung einer rationalen Klimaschutzpolitik zu widmen, kapriziert sich die umweltjuristische Szene auf ein simplizistisches prozessuales Wohlfühlprogramm, das an der Problematik regelmäßig vorbeigeht und mitunter eher dazu angetan ist, die Klimaschutzanstrengungen zu diskreditieren als zu befördern.

Klimaseniorinnen vor dem EGMR

Der aktuell vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entschiedene Fall der Schweizer „Klimaseniorinnen“ ist dafür das beste Beispiel. Die Beschwerdeführerinnen sehen sich in ihrem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzt, weil die Schweiz nicht genügend unternommen habe, um den menschengemachten Klimawandel zu begrenzen. Ihnen werde es deshalb im Sommer zu heiß, ihnen drohe der Hitzetod.

Nur mit dem Gedanken der strategischen Prozessführung lässt sich dabei der Umstand erklären, dass die Beschwerdeführerinnen von der Schweiz eine Klimapolitik verlangen, die auch bei größter anzunehmender Anstrengung die den Beschwerdeführerinnen drohenden Gefahren nicht abwenden kann. Anpassungsmaßnahmen, wie die Klimatisierung von Altenheimen, die insoweit für den konkreten Menschenrechtsschutz sicher vielversprechender wären, wurden nicht verlangt und vom Gerichtshof dementsprechend auch nicht zugesprochen. Schon hier zeigt sich die fehlende Passgenauigkeit des menschenrechtlichen Ansatzes der aktuellen Klimaklagen.

Keine hinreichende Menschenrechtsverletzung

Bei der von den Beschwerdeführerinnen selbst zu Grunde gelegten statistischen Betrachtungsweise fallen zudem zahlreiche Ungereimtheiten ins Auge. Schon die insgesamt negative Wirkung der in der Schweiz auf sehr moderatem Gesamtniveau steigenden Temperaturen auf die Gesundheit der Beschwerdeführerinnen erscheint zweifelhaft. Mit Blick auf den Vergleich der Lebenserwartung in klimatisch sehr verschiedenen EU-Ländern lässt sich eine entsprechende Korrelation kaum feststellen. So liegt die Lebenserwartung in Malta, Italien, Spanien, Zypern, Frankreich, Griechenland und Portugal aktuell über der in Deutschland. Zwar ist die Lebenserwartung in der Schweiz ungewöhnlich hoch. Dass diese aber, wie behauptet, durch den Klimawandel und insbesondere durch steigende Sommertemperaturen signifikant sinken wird, erscheint mit Blick auf das vergleichsweise moderate Temperaturniveau der Schweiz und die in anderen Staaten zu beobachtende fehlende Korrelation unwahrscheinlich. Dies gilt umso mehr, als die Sterbefälle bei Senioren auch in der Schweiz in den Wintermonaten deutlich über denen der Sommermonate liegen. Hier gilt eher eine umgekehrte Korrelation: Kälte tötet. Müssten in einer statistischen Argumentation wie der der Beschwerdeführerinnen nicht auch die in milden Wintern vermiedenen Toten in die Betrachtung einfließen? Angesichts solcher argumentativen Auslassungen, drängte sich der Eindruck einer allzu großen Pauschalität in der Behauptung der Menschenrechtsverletzungen auf. Schon das Schweizer Bundesgericht hatte deshalb – wie jetzt auch der EGMR – zu Recht festgestellt, die Beschwerdeführerinnen seien in ihren Grundrechten nicht mit hinreichender Intensität betroffen.

Täter/Opfer-Umkehr

Hinterfragt werden muss auch die nachgerade erstaunliche Täter/Opfer-Umkehr, die in der Beschwerde der Schweizer Klimaseniorinnen zum Ausdruck kommt. Muss es nicht mindestens Unbehagen auslösen, wenn ausgerechnet alte, weiße, reiche Schweizerinnen sich zu Opfern des Klimawandels stilisieren? Ist nicht gerade deren (und unser) persönlicher und kollektiver CO2-Fußabdruck eine der Hauptursachen des Problems? Ist es nicht – aller offensichtlich guten Absichten zum Trotz – eine Form kultureller oder klimapolitischer Aneignung, sich ausgerechnet in der eigenen global überaus privilegierten Sondersituation zur spezifisch betroffenen Opfergruppe zu erklären? Liegt in dem offensichtlichen Missverhältnis zu den Gefahren, denen die eigentlichen Opfer des Klimawandels ausgesetzt sind, nicht eine weitere nur schwer erträgliche klimapolitische Unwahrhaftigkeit? Schadet dies dem zentralen klimapolitischen Anliegen nicht eher, als dass es ihm nützt?

Der falsche Fall

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wäre deshalb gut beraten gewesen, nicht gerade diesen – falschen – Fall zum Anlass einer klimapolitischen Grundsatzentscheidung zu machen. Da aber die anderen beiden anhängigen Verfahren als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen waren, blieb einer zur klimapolitischen Grundentscheidung entschlossenen Kammermehrheit nichts anderes übrig, als einen großen Schritt in Richtung eines ganz und gar ins Abstrakte verschobenen Menschenrechtsschutzes zu gehen.

Die Abstraktion des Menschenrechtsschutzes

Weil der EGMR die konkreten Klägerinnen durch den Klimawandel (und die relative klimapolitische Untätigkeit der Schweiz) als nicht hinreichend in ihren Menschenrechten verletzt ansieht, sucht er den Ausweg zu einer Menschenrechtsverletzung in ihrer Aggregation. In einer (zu) weitreichenden Fortentwicklung seiner Rechtsprechung spricht er die Klagebefugnis, die er den Einzelklägerinnen abspricht, dem von ihnen mitgetragenen Verein zu. Auf den ersten Blick mag das einleuchten: der menschengemachte Klimawandel ist ein globales, jedefrau betreffendes Phänomen, dem mit kollektiven Klagerechten vielleicht noch am ehesten zu begegnen wäre. Der EGMR beruft sich insoweit ausdrücklich auf das Vorbild der Aarhus-Konvention, die die Klagerechte der Umweltschutzverbände grundlegend ausgebaut hat.

Für diesen Schritt fehlt es allerdings – wie das der britische Richter Tim Eicke in seinem Minderheitsvotum eingehend aufzeigt – sowohl im Text der Menschenrechtskonvention als auch in der Rechtsprechung des EGMR an einem hinreichenden Anknüpfungspunkt. Auch erscheint es hoch unplausibel, warum Klägerinnengruppen, deren meistbetroffene Mitglieder keine hinreichende Rechtsverletzung geltend machen können, allein durch Vereinsgründung die Schwelle der Klagebefugnis überwinden sollen. Der Gerichtshof, der in seinem Urteil die Beschränkung seiner Funktion auf den Schutz vor konkreten und substanziellen Menschenrechtsverletzungen ebenso oft betont wie den Ausschluss der Popularklage, widerspricht sich selbst, wenn er diese Beschränkungen durch die allzu pauschale Zulassung der Verteidigung politischer Interessen durch Verbände konterkariert.

Die Menschenrechtsverletzung und der Menschenrechtsschutz insgesamt werden so – ähnlich wie schon im Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts – von jeder realen Person, jeder individuellen Verletzung und auch von jeder konkret zu benennenden Norm gelöst. Die Abstraktion und damit die Fiktionalisierung des Menschenrechtsschutzes ist beinahe vollkommen. Dem weiterhin dringend notwendigen Schutz vor brutal-realen Menschenrechtsverletzungen dürften diese Abstraktionen nicht gut bekommen.

Insgesamt negative Wirkung der Klimaklagen

Solchen kritischen Fragen muss sich die „Climate-Justice“-Bewegung auch jenseits dieses konkreten Falles stellen. Wer symbolpolitische Prozessführung propagiert, sollte sich wenigstens der positiven Symbolkraft des eigenen Handelns sicher sein. Derzeit spricht mehr dafür, dass die Bewegung nicht mehr als berechtigten Widerstand, papierne Versprechen, potemkinschen Aktivismus und enttäuschte Erwartungen produziert. Anders als in der Homöopathie kann nicht einmal ein Placebo-Effekt erwartet werden. Denn auch wenn man manchmal diesen Eindruck gewinnen mag, geht es im Klimaschutz nicht um die psychischen Wirkungen der Klageverfahren auf ihre Protagonisten, sondern um physikalische Wirkungszusammenhänge in der wirklichen Welt. Globuli helfen da leider gar nicht.

Der Beitrag beruht auf einem um aktuelle Entwicklungen ergänzten Kurzvortrag, den ich im Rahmen des Gesprächskreises Internationales Öffentliches Recht auf der Jahrestagung der Staatsrechtlehrer im Oktober 2023 gehalten habe. Ich danke den Diskussionsteilnehmern und Lotta Kuhlmann für Hinweise zur besseren Argumentation.


SUGGESTED CITATION  Wegener, Bernhard: Globuli für Umweltjuristen: Gedanken zur Klimaklagen-Bewegung anlässlich des Klimaseniorinnen-Urteils des EGMR, VerfBlog, 2024/4/11, https://verfassungsblog.de/globuli-fur-umweltjuristen/, DOI: 10.59704/73e05749df9160a2.

7 Comments

  1. Pyrrhon von Elis Thu 11 Apr 2024 at 21:09 - Reply

    Vielen Dank für diesen wundervollen Paukenschlag, Prof. Wegener! Absolute Zustimmung – sie sind womöglich mit diesem Beitrag und dem zum EZB-Urteil der beste Autor dieses Blogs überhaupt!

    Die völkerrechtliche Rechtsprechung hat ihre Seriosität seit einigen Jahrzehnten stetig abgebaut, schade, dass sich auch der EGMR dieser Entwicklung anschließt – ich bin gespannt, ob deutsche Gerichte angesichts dieser stumpfsinnigen Dogmatik den dazu naheliegenden Schluss ziehen werden, dass es eine Ausprägung des “margin of appreciation” der Mitgliedstaaten ist, nur tatsächliche Träger der Konventionsrechte und tatsächliche mögliche Rechtsverletzungen vor Verwaltungsgerichten zu rügen.

    • M G Fri 12 Apr 2024 at 18:15 - Reply

      Die messerscharfe Analyse von Prof. Wegener ist in der Tat nur so gefüllt von juristischen Home Runs.

  2. Andreas Bartholomäus Thu 11 Apr 2024 at 23:55 - Reply

    „Ist nicht gerade deren (und unser) persönlicher und kollektiver CO2-Fußabdruck eine der Hauptursachen des Problems?”

    Hmmm…. unsere Luftatmosphäre besteht zu 76% aus Stickstoff N2, knapp 20% Sauerstoff O2, ca. 3,5% Edelgasen wie Argon und 0,04% Kohlenstoffdioxid CO2. Diese genau 0,0417% (417ppm) entstammen aus jährlich min. 550Gt natürlichen und seit einigen Jahren stabil (und trotzdem steigt der CO2 Gehalt) jährlich durchschnittlichen 37Gt menschlichen CO2 Emissionen, sprich der menschliche Anteil am ohnehin geringsten atmosphärischen Spurengas liegt deutlich unter 10% oder insgesamt 0,004%. Das soll also den weitaus größten Einfluss auf die Klimaerwärmung haben bzw. beim weglassen dieser 0,004% eine weitere Erwärmung verhindern? Zum Vergleich, alleine der Hunga Tonga Vulkanausbruch Anfang 2022 wodurch enorm viel Wasserdampf – als stärkstes Klimagas – in die Stratosphäre gelangt ist, hatte weitaus mehr Einfluss auf die Klimaerwärmung, gesehen an der Übersteigung des 1,5° Ziel in 2023.

    Naja ich denke dazu, wenn die Erdmagnetfeldstärke sich noch – wie seit ca. 1850 von 100% auf aktuell 75-70% – weiter abschwächt und so einen noch höheren Energieeintrag – Temperatur ist nix anderes als der Energiegehalt einen Materie – an solarer Strahlung zulässt, wird auch die Klimaerwärmung weiter voran schreiten, vollkommen egal wie viel CO2 Emissionen die Menschheit einsparen wird. Also nein, der Kollektive CO2 Fußabdruck ist keine Hauptursache des Problems, sondern wohl eher der von purer Weltverherrlichung getriebene Glaube daran, dass der Mensch überhaupt gegenüber den natürlichen Gegebenheiten, die Macht besitzt das Klima eines ganzen Planeten zu verändern!

    „Die Hybris, die uns versuchen läßt, das Himmelreich auf Erden zu verwirklichen, verführt uns dazu, unsere gute Erde in eine Hölle zu verwandeln.“ – Karl Raimund Popper

    lg Andreas Bartholomäus

  3. Gerd Winter Fri 12 Apr 2024 at 10:08 - Reply

    korrigierte Fassung:
    Das Bild der Globuli, das der Herr Professor so treffend findet, stimmt nicht recht. Passender wäre: Wenn mein Kind auf ein riskantes Klettergerüst steigen will, hilft es dann, wenn ich ihm erkläre, wie es einen Absturz vermeiden kann, oder lasse ich es die schlimme Erfahrung machen? Verfassungsrechtliche Klimarechtsprechung ist, meine ich, weder leere Symbolik noch durchgreifende Handlungsmacht. Sie trägt vielmehr zum gesellschaftlich-politischen Diskurs bei, indem sie relativ frei von Interessenbindungen und Meinungsströmungen fachliches Wissen und rechtliche Anforderungen konsolidiert. Die Urteile des EGMR enthalten da viel hoch Vernünftiges und Maßvolles, also vielleicht genau das, was der Autor als “rationale Klimapolitik” herbeiwünscht. Deshalb mein Rat: erst lesen und verstehen, nicht gleich losbramarbasieren.

  4. Peter Szczekalla Sat 13 Apr 2024 at 10:07 - Reply

    Tolle, auf dem neuesten Stand gebrachte Analyse der Klimaklägerinnenindustrie – dem ist nichts hinzuzufügen!

  5. Michael Neupert Sun 14 Apr 2024 at 09:35 - Reply

    Ich meine, dass sich die Kritik nicht nur auf die Erwartungen richten müsste, die außerhalb der Justiz geweckt werden, sondern dass die Entscheidung auch Anlass zu einer nach innen gerichteten Reflektion über dogmatische Präzision sein müsste. Ähnlich wie der erstinstanzlichen Shell-Entscheidung aus Den Haag fehlt ihr eine exakte Auseinandersetzung mit dem, was wir im deutschen Verfassungsrecht den Schutzbereich eines Grundrechtes nennen.

    Wenn – ich verkürze das an dieser Stelle, um auf meinen Punkt zu kommen – “der Klimawandel” das Recht auf Privatleben und Wohnung betrifft, warum dann nicht auch die Religionsfreiheit (wenn es zu warm ist, gehen die Leute nicht mehr in den Gottesdienst), die Versammlungsfreiheit (bei zuviel Regen kommt keiner mehr zur Demo) oder das Recht auf Familiengründung (drückende Luft schwächt die Freude am Beischlaf)? Die Ableitung in Rn. 514 – 519 der Entscheidung wird dem m. E. nicht gerecht, weil sie die (selbst aufgeworfenen!) Fragen nach der Abgrenzung des Menschenrechts gegen die für jedermann gegebenen Umweltbedingungen nicht begründet beantwortet, sondern apodiktisch.

    Dabei ist das Kernproblem einer Individualisierung des Klimaschutzes durch Bejahung subjektiver Rechte doch, dass der Klimawandel zu den für jedermann existierenden Umweltbedingungen gehört. Das heißt nicht, dass man ihn halt laufen lassen soll, aber es ist für die Frage relevant, ob Gerichte die Instanzen sind, an die man sich wenden kann.

    Letztlich geht es also auch um eine Frage professioneller Selbstbeschränkung von Gerichten. Ein technisch gut ausgebildeter Jurist kann, wie Fischer schrieb, im Grunde genommen alles beweisen. Genau deshalb ist eine sauberer handwerkliche Arbeit im Rahmen einer klaren Dogmatik wichtig.

  6. cornelia gliem Wed 17 Apr 2024 at 16:26 - Reply

    “juristisch drängenden Fragen der weltweiten Formulierung und Durchsetzung einer rationalen Klimaschutzpolitik” sollen also lieber angegangen werden – ach und wie? ohne Gerichte jedenfalls meint der Autor, dem sein Vergleich mit Homöopathie und Globuli offensichtlich zu gut gefällt.

    Ja, ich kann dem Gedanken zustimmen, dass der menschenrechtliche Ansatz problematisch sein kann, auch dass der Seniorinnenfall vielleicht nicht der beste fürs Fallrecht war.
    Aber wenn es Klima-Gesetze gibt – muss es auch Klima-Rechtsprechung geben.

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