11 January 2024

Die Schulden-Verfassungsbeschwerde

Wie Bürger die Schuldenbremse verteidigen können

Das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 hat die Bundesrepublik Deutschland über Wochen in Atem gehalten und die Ampel-Koalition in eine Krise gestürzt. Viel ist seitdem dazu geschrieben worden, was die Schuldenbremse der Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG zulässt und was sie verbietet (siehe etwa hier, hier, hier, hier, hier und hier). Bei der bisherigen Diskussion wenig beleuchtet wurde die Frage, ob Bürger Verstöße gegen die Schuldenbremse im Wege einer Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG rügen können. Wendet man die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Institute des Anspruchs auf Demokratie (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG) und des intertemporalen Freiheitsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG) konsequent an, hat jeder Bürger einen grundrechtlichen Anspruch auf Einhaltung der Schuldenbremse (siehe hierzu und zum Folgenden Meyer, NVwZ 2023, 1698 ff.; dens., DÖV 2024, Heft 3, im Erscheinen). Diesen Anspruch kann jeder einzelne Bürger im Wege der Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht durchsetzen. Eine solche „Schulden-Verfassungsbeschwerde“ könnte schon bald zu einem Haushaltsurteil 2.0 führen.

Anwendungsfälle der Schulden-Verfassungsbeschwerde

Für eine Schulden-Verfassungsbeschwerde gibt es eine Vielzahl an möglichen Anwendungsfällen. Auf Bundesebene hat der Bundestag mit den Stimmen der Ampelkoalition die Schuldenbremse im Haushaltsjahr 2023 erneut ausgesetzt, da aufgrund des Ukraine-Krieges und der Energiekrise eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne der Art. 109 Abs. 3 S. 2, Art. 115 Abs. 2 S. 6 GG  bestehe (siehe hier). Für das Haushaltsjahr 2024 plant die Ampelkoalition, ein schuldenfinanziertes Sondervermögen zur Bewältigung der Schäden der Ahrtal-Flutkatastrophe aus dem Jahr 2021 einzurichten (siehe hier). Darüber hinaus werden in der Politik immer wieder Forderungen laut, die Schuldenbremse auch im Jahr 2024 aufgrund des Ukraine-Krieges auszusetzen (siehe etwa hier, hier und hier).

Weitere potentielle Anwendungsfälle einer Schulden-Verfassungsbeschwerde existieren auf Landesebene. So hat der Schleswig-Holsteinische Landtag am 23. November 2023 aufgrund des Aufeinandertreffens von Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Jahrhundert-Sturmflut für die Haushaltsjahre 2023 und 2024 eine außergewöhnliche Notsituation festgestellt (siehe hier). Einen Notlagenbeschluss für das Jahr 2024 hat am 20. Dezember 2023 zudem der Brandenburger Landtag gefasst (siehe hier). Da die Schuldenbremse nach Art. 109 Abs. 3 S. 1 GG auch die Länder bindet, kann das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts auf die Haushalte der Länder übertragen werden (siehe hier).

Teile der Literatur nehmen an, das Verfahren der abstrakten Normenkontrolle (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG) sei die einzige Möglichkeit, um Verstöße gegen die Schuldenbremse zu rügen (siehe etwa Pracht, NVwZ 2023, 1906, 1907 und hier). Dieses Verfahren steht allerdings nur einem eng begrenzten Kreis an Antragstellern offen, nicht jedoch einzelnen Bürgern. Gelingt es der Regierungsmehrheit, die parlamentarischen Opposition durch politische Zugeständnisse vom Gang vor das Verfassungsgericht abzuhalten, könnte die Schuldenbremse praktisch sanktionslos umgangen werden. Rechtsstaatlich wäre dies höchst bedenklich: Ein objektives Verfassungsprinzip, auf dessen Einhaltung kein subjektiver Anspruch besteht, bleibt ein stumpfes Schwert.

An dieser Stelle setzt die Schulden-Verfassungsbeschwerde an. Sie befähigt jeden einzelnen Bürger, die Schuldenbremse zu verteidigen. Verstoßen Bund oder Länder gegen die Schuldenbremse, so können Bürger diese Verstöße im Wege der Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht rügen. Hierdurch können sie erreichen, dass ein verfassungswidriges Haushaltsgesetz nach § 95 Abs. 3 S. 1 BVerfGG für nichtig erklärt wird. Bislang ist dieser Weg zur Verteidigung der Schuldenbremse, soweit ersichtlich, noch nicht beschritten worden. Dies könnte sich in naher Zukunft ändern.

Rechtsgrundlagen der Schulden-Verfassungsbeschwerde

Prozessual stützt sich die Schulden-Verfassungsbeschwerde auf Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG und §§ 90 ff. BVerfGG, materiell auf Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG und Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 GG. Um nach § 90 Abs. 1 BVerfGG beschwerdebefugt zu sein, muss der Beschwerdeführer plausibel die Möglichkeit geltend machen, durch ein Haushaltsgesetz in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt zu sein. Zu den im Wege der Verfassungsbeschwerde durchsetzbaren Grundrechten gehören etwa die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und die Garantie der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG). Ein nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG rügefähiges grundrechtsgleiches Recht ist das Wahlrecht zum Bundestag gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG. Aus diesen Rechten ergibt sich ein Anspruch jedes Bürgers, in seiner Freiheit und demokratischen Teilhabe nicht durch verfassungswidrige Schuldenaufnahme beeinträchtigt zu werden.

Der grundrechtliche Anspruch auf Einhaltung der Schuldenbremse stützt sich auf zwei selbstständige Anspruchsgrundlagen: zum einen auf den Anspruch auf Demokratie aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG und Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG, zum anderen auf den intertemporalen Freiheitsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG. Die Schulden-Verfassungsbeschwerde ruht somit auf zwei Säulen, von denen eine wegbrechen kann, ohne das Gebäude zu zerstören. Einer „Gesamtschau“ (Pracht, NVwZ 2023, 1906, 1907 f.) bedarf es nicht, weil jeder Ansatz für sich allein schon tragfähig ist.

Aus Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) folgt ein subjektives Recht jedes Bürgers auf demokratische Teilhabe, wie ihn das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen zur europäischen Integration anerkannt hat. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Klimabeschluss den Grundrechten, namentlich der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), das Institut des intertemporalen Freiheitsschutzes entnommen. Beide Rechtsprechungslinien lassen sich auf das Finanzverfassungsrecht übertragen, um die objektiven Verfassungsbestimmungen der Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG zu subjektivieren.

Die Schulden-Verfassungsbeschwerde ist die konsequente Fortführung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur europäischen Integration und zum Klimaschutz. Wer diese Entscheidungen für richtig hält, sollte auch einem grundrechtlichen Anspruch auf Einhaltung der Schuldenbremse zustimmen. Ein Kritiker könnte allerdings einwenden, die Institute des Anspruchs auf Demokratie und des intertemporalen Freiheitsschutzes seien als solche schon sehr angreifbar, weshalb ihnen nicht noch neuer Boden – außerhalb des Europa- bzw. Klimaverfassungsrechts – bereitet werden solle (Pracht, NVwZ 2023, 1906, 1908). Hierauf ist Folgendes zu erwidern: Auch wer den Instituten des Anspruchs auf Demokratie und des intertemporalen Freiheitsschutzes in ihren ursprünglichen Anwendungsfeldern skeptisch gegenübersteht, sollte einen grundrechtlichen Anspruch auf Einhaltung der Schuldenbremse anerkennen. Denn die Bedenken, die beiden Rechtsfiguren entgegengebracht werden, sind entweder nicht überzeugend oder greifen im Fall der Schuldenbremse nicht. Im Bereich des Finanzverfassungsrechts erweisen sich die Institute sogar als überzeugender als in ihren ursprünglichen Anwendungsfeldern, dem Integrationsverfassungs- bzw. Klimaschutzrecht.

Anspruch auf Demokratie, europäische Integration und Schuldenbremse

Der Anspruch auf Demokratie aus Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG bildet die Grundlage des PSPP-Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2020, welches Maßnahmen der Europäischen Zentralbank und ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs als ultra-vires-Akte einstufte. Hieran zeigt sich die besondere Problematik dieses Anspruchs im Bereich des Europaverfassungsrechts: Prüft das Bundesverfassungsgericht im Zuge einer auf Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG gestützten Verfassungsbeschwerde die Einhaltung der Grenzen der europäischen Integration, so begibt es sich in einen Konflikt mit dem Europäischen Gerichtshof, der für sich das Monopol für die Auslegung des Unionsrechts beansprucht (vgl. Art. 19 EUV). Ein derartiger Kompetenzkonflikt besteht im Fall der Schuldenbremse nicht. Im Bereich des Finanzverfassungsrechts ist das Bundesverfassungsgericht das einzige Gericht, das die Einhaltung demokratischer Grundsätze durch den deutschen Haushaltsgesetzgeber überprüfen kann.

Für die Durchsetzung des Finanzverfassungsrechts sieht das Grundgesetz indes spezielle Regelungen vor, welche den Rückgriff auf die Verfassungsbeschwerde versperren könnten. Als vorrangige Spezialregelungen kommen namentlich die abstrakte Normenkontrolle gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG sowie die politische Kontrolle durch das Parlament und den Bundesrechnungshof (vgl. Art. 114 GG) in Betracht. Erweisen sich derartige Kontrollmechanismen als nicht hinreichend effektiv, da in der politischen Praxis nur selten verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz gesucht wird, ist dies prinzipiell hinzunehmen, da das Bundesverfassungsgericht stets nur auf Antrag eines Antragsberechtigten tätig werden kann. Allerdings stehen Verfassungsbeschwerde und objektive Kontrollmechanismen nach Wortlaut und Systematik des Grundgesetzes selbstständig nebeneinander. Sofern ein subjektives Recht auf Einhaltung der Schuldenbremse besteht, wird dessen Durchsetzung durch die Existenz objektiver Kontrollmechanismen nicht ausgeschlossen. Das Finanzverfassungsrecht ist verbindliches Verfassungsrecht, kein „soft law“ (siehe hier). Es ist daher sinnvoll und notwendig, dass dessen Einhaltung auf unterschiedlichen Wegen kontrolliert und durchgesetzt werden kann.

Institutionell fällt das Recht zur Haushaltsfeststellung in erster Linie in den Verantwortungsbereich des parlamentarischen Gesetzgebers (siehe hier). Das Budgetrecht gilt sogar als „Königsrecht des Parlaments“. Aus dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 GG) und dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 GG) könnten sich daher Bedenken gegen die Anerkennung einer Schulden-Verfassungsbeschwerde ergeben. Diese Bedenken lassen sich allerdings durch drei Erwägungen entkräften.

Erstens nimmt das Bundesverfassungsgericht selbst seinen Prüfungsmaßstab zurück, um bei der Kontrolle eines Haushaltsgesetzes das Budgetrecht des Parlaments zu achten. So räumt das Haushaltsurteil vom 15. November 2023 dem Haushaltsgesetzgesetzgeber bei der Auslegung zahlreicher Voraussetzungen der Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG einen Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum ein. Soweit der Gesetzgeber diesen Spielraum überschreitet, ist er verfassungsrechtlich nicht schutzwürdig, ganz gleich, ob der Verfassungsverstoß im Wege der abstrakten Normenkontrolle oder der Verfassungsbeschwerde gerügt wird. Denn das parlamentarische Budgetrecht gilt im Rahmen der Verfassung, nicht aber die Verfassung im Rahmen des parlamentarischen Budgetrechts. Die Schulden-Verfassungsbeschwerde legt dem Haushaltsgesetzgeber keine Schranken auf, die über die Vorgaben der Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG hinausgehen. Ein Haushaltsgesetzgeber, der sich an die Verfassung hält, braucht die Möglichkeit einer Schulden-Verfassungsbeschwerde nicht zu fürchten.

Zweitens widerspricht die Schulden-Verfassungsbeschwerde nicht dem Demokratieprinzip. Zwar ist bislang, soweit ersichtlich, in keinem anderen Staat der Welt anerkannt, dass exzessive Staatsverschuldung ein subjektives Recht des Bürgers auf demokratische Teilhabe verletzt. Doch sind besondere Sicherungen für Freiheit und Demokratie, verbunden mit einer starken Verfassungsgerichtsbarkeit, gerade Alleinstellungsmerkmale des Grundgesetzes. Demokratie ist „Herrschaft auf Zeit“ (BVerfGE 79, 311, 343). Sie soll Minderheiten ermöglichen, durch friedlichen Machtwechsel zu Mehrheiten zu werden. Vom parlamentarischen Budgetrecht bleibt kaum etwas übrig, wenn die gegenwärtige politische Mehrheit der künftigen politischen Mehrheit durch exzessive Schuldenaufnahme finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten entzieht, sodass große Teile des Staatshaushalts für die Schuldentilgung aufgewendet werden müssen. Im Budgetrecht des künftigen Haushaltsgesetzgebers findet das Budgetrecht des gegenwärtigen Haushaltsgesetzgebers seine Grenze. Die Begrenzung der Staatsverschuldung sichert mithin die Voraussetzungen demokratischer Selbstbestimmung. Aus Sicht des Grundgesetzes ist die Demokratie kein Selbstzweck, sondern um des Menschen willen da (vgl. Art. 1 Abs. 1 GG). Konsequenterweise kann jeder Bürger ein Mindestmaß an demokratischer Gestaltungsfähigkeit verfassungsrechtlich beanspruchen. Dies gilt umso mehr, wenn – wie im Falle der Schuldenbremse in Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG – das Grundgesetz selbst bestimmte Inhalte des Demokratieprinzips verbindlich konkretisiert. Die Schulden-Verfassungsbeschwerde durchbricht somit nicht das parlamentarische Budgetrecht, sondern schützt es vor Aushöhlung.

Schließlich wahrt die Schulden-Verfassungsbeschwerde den Grundsatz der Gewaltenteilung. So richtig es ist, dass die Haushaltspolitik in erster Linie Sache des Gesetzgebers ist, so wichtig ist zugleich, dass das Bundesverfassungsgericht als „Hüter der Verfassung“ über die Einhaltung der Schuldenbremse (Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG) wacht. Denn der Grundsatz der Gewaltenteilung soll den Missbrauch politischer Macht verhindern. Es griffe deshalb zu kurz, den Gedanken der Gewaltenteilung auf das Verhältnis von Legislative, Exekutive und Judikative zu beschränken (siehe Kägi, FS Hans Huber, 1961, S. 151 ff.). Wird die Gewaltenteilung als umfassende Vorgabe für die Staatsorganisation ernst genommen, hat sie auch eine zeitliche Dimension. Die Schuldenbremse ist demnach Ausdruck einer „intertemporalen Gewaltenteilung“ zwischen gegenwärtigem und künftigem Haushaltsgesetzgeber: Indem sie jedem Haushaltsgesetzgeber ein jährliches Budget zuweist, beschränkt sie die Macht des gegenwärtigen zugunsten des künftigen Haushaltsgesetzgebers. Hierdurch dient die Schuldenbremse dem Ziel, die politische Macht freiheitsverträglich einzuhegen. Dies ist ein urliberaler Gedanke. Die Schulden-Verfassungsbeschwerde widerspricht daher nicht dem Grundsatz der Gewaltenteilung, sondern verwirklicht ihn.

Intertemporaler Freiheitsschutz, Klimaschutz und Schuldenbremse

Auch das Institut des intertemporalen Freiheitsschutzes stößt in seinem ursprünglichen Anwendungsfeld, dem Klimaschutzrecht, auf Bedenken. Denn die allermeisten CO2-Emissionen gehen von Privaten aus, die ihrerseits von ihrer grundrechtlichen Freiheit (vgl. Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) Gebrauch machen. Der Staat lässt die privaten CO2-Emissionen lediglich zu, veranlasst sie aber nicht. Die Beschwerdeführer des Klimabeschlusses begehrten staatlichen Schutz gegen private, nicht staatliche Freiheitsbedrohungen. Ob der Gesetzgeber die notwendigen Schutzmaßnahmen unterlassen hat, ist keine Frage des Abwehrrechts, sondern eine Frage der grundrechtlichen Schutzpflichten, deren Einhaltung ebenfalls im Wege der Verfassungsbeschwerde überprüfbar ist.

Dieser Einwand greift bei der Schuldenbremse nicht. Denn die Schuldenaufnahme ist ein staatliches Tun, kein Unterlassen. Um die Schulden der Gegenwart mit Zins und Tilgung zurückzuzahlen, muss der Gesetzgeber in der Zukunft in Freiheitsrechte eingreifen, insbesondere durch Besteuerung (vgl. Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG). Als funktionales Äquivalent eines Steuereingriffs ist die Schuldenaufnahme eine „Form der Besteuerung künftiger Generationen“ (siehe hier). Daher ist es nur konsequent, die Aufnahme von Schulden ebenfalls grundrechtlichen Rechtfertigungslasten zu unterstellen. Verstößt der Haushaltsgesetzgeber gegen die Schuldenbremse, setzt er jeden Steuerpflichtigen in verfassungswidriger Weise der Gefahr eines künftigen Steuereingriffs aus. Unmittelbar greift zwar erst die künftige Besteuerung in Grundrechte ein. Die Schuldenaufnahme entfaltet aber „eingriffsgleiche Vorwirkung“ (siehe hier), weil in ihr die Gefahr eines künftigen Steuereingriffs rechtlich unumkehrbar angelegt ist. Bereits ein solcher mittelbarer Grundrechtseingriff berechtigt nach dem Klimaschutz-Beschluss zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde. Anders als im Bereich des Klimaschutzes geht es im Staatsschuldenrecht um eine rein abwehrrechtliche Konstellation. Private Dritte sind durch eine Begrenzung der Staatsverschuldung nicht unmittelbar nachteilig betroffen. Deshalb muss der intertemporale Freiheitsschutz bei der Schuldenbremse erst recht gelten, selbst wenn man ihn im Bereich des Klimaschutzes für zweifelhaft halten sollte.

In der rechtspolitischen Diskussion wird allerdings vorgebracht, die Schuldenbremse verhindere verfassungsrechtlich (vgl. Art. 20a GG) gebotene Investitionen in dem Klimaschutz und laufe daher dem Anliegen des intertemporalen Freiheitsschutzes zuwider (siehe etwa hier, hier und hier). Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist dieses Argument nicht tragfähig. Es bleibt dem Gesetzgeber unbenommen, die Schuldenbremse einzuhalten und zugleich in den Klimaschutz zu investieren, wenn die politischen Prioritäten entsprechend gesetzt werden (siehe hier). Über die Einhaltung des Klimaschutzgebots (Art. 20a GG) wacht das Bundesverfassungsgericht genauso wie über die Einhaltung der Schuldenbremse.

Das Grundgesetz schreibt in Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG das Gebot einer nachhaltigen Staatsfinanzierung verbindlich fest. Die hierin liegende Wertentscheidung prägt den intertemporalen Freiheitsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG. Klimaschutz und Schuldenbremse schließen sich folglich nicht aus, sondern ergänzen einander. Beide Verfassungsgebote dienen gemeinsam dem Ziel, die Freiheit künftiger Generationen zu schützen.

Der Schlussstein im Schutzwall der Schuldenbremse

Die Schulden-Verfassungsbeschwerde bildet den Schlussstein im Schutzwall der Schuldenbremse. Sie vollendet die Bremswirkung des Finanzverfassungsrechts gegenüber der Politik. Bereits die bloße Möglichkeit einer Schulden-Verfassungsbeschwerde erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Grenzen der Schuldenbremse geachtet werden. Damit stärkt die Schulden-Verfassungsbeschwerde die Durchsetzungskraft des Finanzverfassungsrechts.

Staatsverschuldung geht alle Bürger an, nicht nur Politiker. Die Schulden-Verfassungsbeschwerde setzt jeden einzelnen Bürger in den Stand, die Politik zur Einhaltung der Schuldenbremse zu verpflichten. Um ein Haushaltsurteil 2.0 zu vermeiden, gibt es für den Haushaltsgesetzgeber einen verfassungsmäßigen Weg: die Verfassung einzuhalten.


SUGGESTED CITATION  Meyer, Simon Diethelm: Die Schulden-Verfassungsbeschwerde: Wie Bürger die Schuldenbremse verteidigen können, VerfBlog, 2024/1/11, https://verfassungsblog.de/die-schulden-verfassungsbeschwerde/, DOI: 10.59704/e869349321c5e0b6.

13 Comments

  1. Maximilian Runge-Segelhorst Thu 11 Jan 2024 at 21:07 - Reply

    “Staatsverschuldung geht alle Bürger an, nicht nur Politiker. Die Schulden-Verfassungsbeschwerde setzt jeden einzelnen Bürger in den Stand, die Politik zur Einhaltung der Schuldenbremse zu verpflichten. Um ein Haushaltsurteil 2.0 zu vermeiden, gibt es für den Haushaltsgesetzgeber einen verfassungsmäßigen Weg: die Verfassung einzuhalten.”

    Herr Meyer wäre gut beraten, sich ökonomisch ein wenig weiterzubilden. Da Ausgaben des Staates Einnahmen des Privatsektors darstellen, stellen Verbindlichkeiten des Staates de facto einen Teil des privaten Geldvermögens dar, vgl. https://was-ist-geld.de/gesamtwirtschaftliche-buchhaltung/

    Technisch erfolgt die Zahlungsabwicklung von Staatsausgaben immer über die Deutsche Bundesbank, die als deutsche Zweigstelle der Europäischen Zentralbank die staatlich-demokratische Geldschöpfung durchführt, vgl. https://www.ipe-berlin.org/fileadmin/institut-ipe/Dokumente/Working_Papers/ipe_working_paper_138.pdf

    Da die Regierung bei ihrer Geldschöpfung institutionell auf die Zentralbank zurückgreifen muss, lässt sich staatliche Geldschöpfung auf bilanzieller Ebene als “Verschuldung” bei der Zentralbank begreifen. Zugleich gehört aber die Zentralbank der Regierung selbst, sodass es schon fraglich ist, ob man hier überhaupt sinnvoll von “Verschuldung” sprechen kann.

    Insgesamt ist das, was wir als staatliche Verbindlichkeiten diskutieren und wahrnehmen, also ein Nebenprodukt staatlicher Geldschöpfung. Es ist daher im Sinne einer lebendigen und freiheitlichen Demokratie, wenn die Regierung die Möglichkeit dazu hat, durch demokratische Beschlüsse Geld zu schöpfen und auszugeben und sich zu “verschulden”, vgl. https://makroskop.eu/39-2023/staatsverschuldung-als-ausdruck-von-demokratie/

    Die definitiven Grenzen von Geldschöpfung und staatlichen Verbindlichkeiten werden dabei nicht durch das BIP oder die sogenannte “Staatsschuldenquote” gesetzt, sondern durch die Verfügbarkeit real vorhandener Ressourcen, sichtbar in der realwirtschftlichen Verbraucherpreisinflation, vgl. https://makronom.de/was-sind-die-grenzen-von-staatsschulden-45425

    Dass diese Zusammenhänge auch eine rechtswissenschaftliche Relevanz aufweisen, zeigen nicht zuletzt die Arbeiten der Rechtsprofessorin Katharina Pistor, vgl. https://www.project-syndicate.org/commentary/high-costs-of-relying-solely-on-prices-and-quantification-by-katharina-pistor-2023-10/german

  2. Heiko Sauer Fri 12 Jan 2024 at 14:36 - Reply

    Ich kann mich der Begeisterung des Verfassers für eine Verschuldungsgegenklage im Wege der Verfassungsbeschwerde nicht anschließen (ich weise allerdings noch auf BVerfGE 129, 124 [170 f.] hin, vielleicht in den links auch schon enthalten).
    Schon den Grundgedanken eines in der Menschenwürde verankerten “Grundrechts auf Demokratie” – das bisher nur im Europaverfassungsrecht angewendet und im Kontext der Wiederholungswahl des Berliner Abgeordnetenhauses vom BVerfG erstmals außerhalb dieses Zusammenhangs angedeutet wurde – halte ich persönlich nicht für richtig. Er läuft auf eine Art individuelle Gegendemokratie hinaus, mit der das BVerfG unter Hinweis auf Demokratieverstöße gegen demokratisch legitimierte Mehrheitsentscheidungen in Stellung gebracht wird. Gewiss ist eine Kontrolle solcher Entscheidungen nötig und ausdrücklich vorgesehen – soweit diese Kontrolle durch die Einzelnen angestrengt werden kann, aber doch eigentlich unter der Voraussetzung, dass man selbst, unmittelbar und gegenwärtig in Grundrechten betroffen ist. Dieser Zusammenhang wird endgültig gelöst, wenn die Einzelnen als Prozessstandschafter:innen der Schuldenbremse auftreten. Man mag sagen, dass Verschuldung (übrigens nicht in Abhängigkeit davon, ob sie zulässig ist oder nicht) angesichts der schwindenden Spielräume künftiger Haushaltsgesetzgeber (deren Einnahmenpolitik man freilich nicht kennt) ein Demokratieproblem ist; mit derart mittelbaren Zusammenhängen wird aber alles irgendwie zum Demokratieproblem, und zwar mit der klaren Agenda, einen Rechtsschutzzugang über Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG zu bekommen.
    Diesen Weg hat das BVerfG m.E. schon im Europaverfassungsrecht bedenklich weit beschritten, wenn die Einzelnen gegen die Geldpolitik der EZB oder die Kreditaufnahme der Europäischen Kommission klagen können, obwohl diese Maßnahmen – freiheitsgrundrechtlich gedacht – sehr wenig mit ihrer Rechtsstellung zu tun haben. Wenn man diesen Weg nun unter Aufgabe der limitierenden Kriterien der Beschwerdebefugnis, die für das Wahlrecht nicht funktionieren, das man vielleicht auch deshalb etwas textnäher verstehen sollte, als es hier vorgeschlagen wird, weiter beschreitet, braucht man in letzter Konsequenz die vielen sinnvollen Differenzierungen von Grundrechtsdogmatik und Verfassungsprozessrecht nicht mehr.
    Mich persönlich beunruhigt es auch weniger, wenn es doch einmal ein objektiv-verfassungsrechtliches Problem geben sollte, das nicht subjektiv-rechtlich gewendet und damit der verfassungsgerichtlichen Klärung zugeführt werden kann.

    • Artur Völker Sat 13 Jan 2024 at 18:32 - Reply

      Sie schreiben, dass das Recht auf Demokratie im Kontext der Wiederholungswahl des Berliner Abgeordnetenhauses vom BVerfG erstmals außerhalb des Zusammenhangs des Europaverfassungsrechts angedeutet wurde. Woraus schlussfolgern Sie diese Andeutung bzw. auf welche Rn. des Urteils stützen Sie sich?
      Selbst wenn man das Recht auf Demokratie sowie die Konstruktion der eingriffsähnlichen Vorwirkung in dem Umfang der bisherigen Rspr. des BVerfG für überzeugend hält, liegen wesentliche Unterschiede (z.B. der gesteigerte völkerrechtliche Bezug) vor, sodass eine Übertragung der Grundgedanken für die Herleitung einer solchen “Schulden-Verfassungsbeschwerde” nicht zwingend konsequent wäre – so aber vom Verfasser eingeordnet.

  3. Simon Diethelm Meyer Sun 14 Jan 2024 at 12:40 - Reply

    Ich danke herzlich für die Kommentare. Diese geben mir die Gelegenheit, meine verfassungsrechtlichen Überlegungen weiterzuführen.

    1. Die Ausführungen Heiko Sauers bestätigen – ungeachtet der geäußerten Kritik – die These meines Beitrags, wonach die auf Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 I, Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG gestützte Schulden-Verfassungsbeschwerde die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konsequent fortführt. Danken möchte ich für den Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl in Berlin (BVerfG, Beschluss v. 25.01.2023 – 2 BvR 2189/22). Diese Entscheidung ist für die Schulden-Verfassungsbeschwerde in der Tat aufschlussreich.

    Gerne liefere ich die von Artur Völker erfragten Randnummern nach: In den Randnummern 108, 181 ff. der Entscheidungsgründe deutet das Bundesverfassungsgericht an, dass der „in der Menschenwürde wurzelnde Anspruch auf demokratische Selbstbestimmung“ auch im innerstaatlichen Bereich, und zwar nicht nur auf Bundes-, sondern sogar auf Landesebene, Geltung beansprucht. Eine ähnliche Andeutung findet sich bereits in einem Beschluss zu Paritätsgesetzen auf Landesebene, wonach die Behauptung der Beschwerdeführer, aus Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG folge ein rügefähiger „Anspruch auf Demokratie“, näherer Begründung bedurft hätte (BVerfG, Beschluss v. 06.12.2021 – 2 BvR 1470/20, Rn. 41) – also im Umkehrschluss bei näherer Begründung, insbesondere im Falle einer Verknüpfung mit Art. 1 Abs. 1 GG, erwägenswert gewesen wäre. Auch wenn das Bestehen eines Anspruchs auf Demokratie in beiden Entscheidungen im Ergebnis offengelassen wurde, steht das Bundesverfassungsgericht einer Ausdehnung des Anspruchs auf Demokratie auf Konstellationen jenseits des Unionsverfassungsrechts aufgeschlossen gegenüber. Wie namentlich der ehemalige Verfassungsrichter Peter-Michael Huber dargelegt hat, gründet das Wahlrecht (vgl. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG) „nach der gefestigten Rechtsprechung des BVerfG letztlich in einem in der Würde des Menschen wurzelnden Anspruch auf Demokratie“ (Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Bd. I, 7. Aufl. 2018, Art. 19 Rn. 126).

    2. Die von Heiko Sauer geübte Kritik an diesem Anspruch auf Demokratie hat Gewicht, vermag aber letztlich nicht zu überzeugen. In der Tat lassen Wortlaut und systematische Stellung des Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG nicht erkennen, dass über den prozessualen Hebel des Wahlrechts zum Bundestag Verstöße gegen die Schuldenbremse oder die Grenzen der europäischen Integration gerügt werden können. Zudem gilt Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG nur für den Bund, nicht für die Länder. Dementsprechend halte ich es auch für vorzugswürdig, wie im Beitrag dargelegt, Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG als primäre Grundlage des Anspruchs auf Demokratie und Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG lediglich als dessen bereichsspezifische Konkretisierung zu begreifen. Bei systematischer und teleologischer Auslegung lässt sich Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG somit durchaus ein „Anspruch auf Demokratie“ entnehmen.

    Der Staat des Grundgesetzes ist um des Menschen willen da (vgl. Art. 1 Abs. 1 des Herrenchiemseer Entwurfs zum Grundgesetz). Auch die Demokratie ist kein Selbstzweck, sondern sie dient der Freiheit des Einzelnen (vgl. Art. 1 Abs. 1 GG). Spielraum für demokratische Selbstbestimmung besteht nur im Rahmen und in den Grenzen der Verfassung, insbesondere der Grundrechte.

    Jeder Demokratie liegt ein unauflösliches Spannungsverhältnis zugrunde: Die demokratisch legitimierte Mehrheitsherrschaft muss um der Demokratie willen ihrerseits eingeschränkt werden, damit die gegenwärtige Minderheit zur Mehrheit werden kann. Minderheitenschutz ist also nicht per se undemokratisch, sondern um der Demokratie willen geboten. Die schwächste und deshalb besonders schutzwürdige Minderheit ist das Individuum. Dementsprechend ist es folgerichtig, wenn auch und gerade der einzelne Mensch ein Mindestmaß an demokratischer Selbstbestimmung nach Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich beanspruchen kann.

    Wie Heiko Sauer richtig ausführt, kann nicht jedes noch so mittelbare Demokratieproblem über Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG justiziabel sein. Diesen Einwand habe ich allerdings in meinem NVwZ-Beitrag schon erörtert und entkräftet (siehe Meyer, NVwZ 2023, 1698, 1702): Bei der Staatsverschuldung handelt es sich keineswegs um ein lediglich mittelbares Demokratieproblem, sondern um eine unmittelbar demokratierelevante Frage ersten Ranges. Die Besonderheit der Schuldenbremse der Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG liegt darin, dass das Grundgesetz selbst eine bestimmte demokratisch bedeutsame Frage verbindlich konkretisiert. Insofern gestaltet die Schuldenbremse das aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG folgende „demokratische Existenzminimum“ aus. Dabei beziehe ich mich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum menschenwürdigen Existenzminimum: Wenn ein Mindestgehalt des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG) in Art. 1 Abs. 1 GG grundrechtlich verankert ist (vgl. BVerfGE 125, 175, 223 ff.), muss Gleiches konsequenterweise für einen Mindestgehalt des Demokratieprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG) gelten. Dieser in Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG konkretisierte Mindestgehalt des Demokratieprinzips muss dann auch im Wege der Verfassungsbeschwerde durchsetzbar sein.

    3. Interessiert hätte mich noch, wie Heiko Sauer den vorgeschlagenen zweiten Ansatz über den intertemporalen Freiheitsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG bewertet. Zwar vertrete ich in meinem Beitrag die Auffassung, dass beide Ansätze zur Begründung einer Schulden-Verfassungsbeschwerde selbstständig nebeneinanderstehen. Dies schließt es aber nicht aus, dass beide Ansätze einander gegenseitig verstärken und absichern können. So verstanden, liegt in einem Verstoß gegen die Schuldenbremse sogar ein additiver Grundrechtseingriff, der verschärften verfassungsrechtlichen Maßstäben unterliegt.

    Nach dem Grundgesetz verfügt der Staat über verschiedene Wege, Einnahmen zu erzielen (siehe Meyer, JuS 2023, 825 ff.). Für jede Art der Einnahmenerzielung muss der Staat sich grundrechtlich rechtfertigen: Ganz gleich, ob der Staat Steuern erhebt, Gebühren für seine Leistungen verlangt oder Gewinne durch wirtschaftliche Betätigung erzielt – es handelt sich richtigerweise jeweils um Grundrechtseingriffe (vgl. Art. 14 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG und subsidiär Art. 2 Abs. 1 GG). Wie ich in meinem Beitrag darlege, ist die Schuldenaufnahme ein funktionales Äquivalent eines Steuereingriffs: der Steuereingriff wird lediglich in die Zukunft verschoben. Deshalb ist es nur konsequent, auch die Aufnahme von Schulden grundrechtlichen Anforderungen zu unterstellen.

    4. Festzuhalten bleibt somit: Die Schulden-Verfassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anschlussfähig. Gleichwohl berührt sie umstrittene Grundfragen des Verfassungsrechts. Umso wichtiger wäre es, wenn das Bundesverfassungsgericht zeitnah die Gelegenheit bekäme, über eine Schulden-Verfassungsbeschwerde – in der einen oder anderen Weise – zu entscheiden. Nach der hier vertretenen Auffassung könnte eine Schulden-Verfassungsbeschwerde Erfolg haben, sofern die Möglichkeit einer Verletzung der Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG in der Beschwerdebegründung hinreichend substanziiert dargelegt wird. Erheben Bürger eine solche Schulden-Verfassungsbeschwerde, fungieren sie nicht als bloße „Prozessstandschafter“ der Schuldenbremse, sondern sie verteidigen ihre eigenen subjektiven Rechte auf Freiheit und demokratische Teilhabe.

    5. Hinsichtlich der von Maximilian Runge-Segelhorst erhobenen Kritik schließe ich mich den Ausführungen von Franz Wagner an. Ökonomische Kritik an der Schuldenbremse widerlegt nicht die These meines Beitrags, sondern richtet sich an den verfassungsändernden Gesetzgeber, der im Jahr 2009 die Schuldenbremse (Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG) in das Grundgesetz eingefügt hat. Damals hat die Schuldenbremse eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat (vgl. Art. 79 Abs. 2 GG), also eine parteiübergreifende breite Zustimmung, erfahren. Der Schuldenbremse des Grundgesetzes liegt das Prinzip des materiellen Haushaltsausgleichs zugrunde, wonach die Aufnahme von Staatsschulden die begründungsbedürftige Ausnahme bildet. Wer diese Regelung aus ökonomischer Sicht für verfehlt hält, muss sich in der verfassungspolitischen Diskussion dafür einsetzen, dass die Schuldenbremse reformiert wird.

    Mit meinem Beitrag möchte ich die Möglichkeit einer Reform der Schuldenbremse keineswegs ausschließen. Nur müssten sich hierfür entsprechende politische Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat finden, die momentan nicht ersichtlich sind. Solange die Schuldenbremse in ihrer derzeitigen Fassung im Grundgesetz steht, ist sie geltendes Verfassungsrecht und muss respektiert werden, ganz gleich, wie man politisch oder ökonomisch zu ihr steht.

    6. Darüber hinaus ist die ökonomische Diskussion zum Thema Staatsverschuldung wesentlich vielschichtiger, als der von Maximilian Runge-Segelhorst präsentierte Ausschnitt aus der Diskussion vermuten lässt. Unter Volkswirten ist die Sinnhaftigkeit der Schuldenbremse umstritten. Während einige Ökonomen – etwa Jens Südekum oder Marcel Fratzscher – eine Reform der Schuldenbremse befürworten, halten andere Ökonomen wie etwa Lars Feld oder Thiess Büttner die Schuldenbremse in ihrer derzeitigen Fassung weiterhin für sinnvoll (siehe https://www.t-online.de/finanzen/aktuelles/wirtschaft/id_100287120/oekonom-lars-feld-ich-halte-die-schuldenbremse-weiter-fuer-richtig-ampel.html; https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw02-pa-haushalt-984878).

    Unabhängig davon, wie man Staatsverschuldung ökonomisch bewertet, bleiben aus verfassungsrechtlicher Sicht folgende Aspekte bedeutsam: Alle Schulden, die ein Staat aufnimmt, müssen früher oder später mit Zins und Tilgung zurückgezahlt werden. Hierfür muss der künftige Haushaltsgesetzgeber in irgendeiner Weise Finanzmittel beschaffen. Dies kann nach geltendem Verfassungsrecht nur unter Einhaltung der grundgesetzlichen Schuldenbremse (Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG) und der unionsrechtlichen Vorgaben zur Haushaltsdisziplin (vgl. Art. 109 Abs. 2 GG, Art. 126 AEUV) erfolgen. Dementsprechend ist es verfassungsrechtlich nicht möglich, die Schulden der Gegenwart unbegrenzt durch Aufnahme neuer Schulden bzw. durch „staatliche Geldschöpfung“ zu tilgen. Jede Schuldenaufnahme verengt daher die finanziellen Spielräume künftiger Haushaltsgesetzgeber und setzt die Steuerpflichtigen der rechtlich unumkehrbaren Gefahr eines künftigen Steuereingriffs aus. Hieraus ergibt sich die Rechtsgrundlage für eine Schulden-Verfassungsbeschwerde.

    • Pyrrhon von Elis Sun 14 Jan 2024 at 14:53 - Reply

      Ich persönlich hänge der von Arendt begründeten Idee einer Menschenwürdedefinition als “Recht auf Rechte” an.
      Also, dass der Mensch überhaupt Rechte haben muss – welcher Art auch immer. Das ist meiner Meinung nach der einzige
      Weg, wirre Elemente aus der Definition des Begriffes fernzuhalten.

      Unabhängig davon ist allerdings auch mit der klassischen, herrschenden Dogmatik der Menschenwürde ein Punkt getroffen,
      der die Idee eines Rechts auf Demokratie auf innerstaatlicher Ebene eigenartig werden lässt.

      Die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Dogmatik im europäischen bezog sich auf den “Verlust einer Einflussnahme” in Bezug auf die Übertragung von Hoheitsrechten. Der Einfluss
      einer einzelnen Stimme geht verloren, wenn die Entscheidungsgewalt einem Organ übertragen wird,
      für das diese Stimme nicht abgegeben wurde. Das macht zwar staatstheoretisch Sinn, allerdings im Kontext des Grundgesetzes nicht rechtsdogmatisch, wie Heiko Sauer oben schon ausgeführt hat.

      Angesichts dessen ist ein Einflussverlust bei einer Entscheidung des eigenen Parlaments doch überhaupt nicht eingetreten. Die Stimme wurde abgegeben, das Parlament hat entschieden. Dass Demokratie einen Anspruch auf Entscheidung des Parlaments in eigener Vorstellung begründet, wäre mir in dieser Form nicht bekannt.

      Letztlich konzedieren Sie ja, dass nicht jede Entscheidung des Parlaments dieses Recht geben soll, sondern
      “bedeutsame”. Nun denn – das ist ja das allgemeine Problem des Parlamentsvorbehalts. Welche Entscheidungen
      sind denn “wichtig”? Richtige Kriterien haben sich in dieser Frage seit dem Wesentlichkeitsvorbehalt in den 70ern nicht herausgebildet und auch in dieser Fragestellung gibt es nur eine gleitende Skala
      mit “alles” am einen Ende, unsystematischer Kasuistik am anderen Ende und “I know it when I see it” irgendwo in der Mitte. Das ist als Konzept relativ unbefriedigend finde ich.

      • Simon Diethelm Meyer Sun 14 Jan 2024 at 16:21 - Reply

        Vielen Dank für den Kommentar!

        1. Demokratie ist “Herrschaft auf Zeit”, wie ich in meinem Beitrag unter Verweis auf BVerfGE 79, 311 (343) ausführe: Wahlen finden nach dem Grundgesetz periodisch statt. Im Parlamentsrecht gilt der Grundsatz der Diskontinuität (Art. 39 Abs. 1 GG), im Haushaltsrecht der Grundsatz der Jährlichkeit (Art. 110 Abs. 2 GG). Zwar vermittelt das Demokratieprinzip keinen Anspruch des Einzelnen darauf, dass das Parlament in seinem Sinne entscheidet. Wohl aber vermittelt das Demokratieprinzip in Verbindung mit der Menschenwürdegarantie einen Anspruch des Einzelnen darauf, auch in Zukunft, also bei der nächsten Wahl, noch substantielle demokratische Gestaltungsmöglichkeiten zu behalten. Exzessive Staatsverschuldung verengt die Spielräume künftiger Haushaltsgesetzgeber, weil große Teile des Staatshaushalts für die Schuldentilgung aufgewendet werden müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat davon gesprochen, dass die durch Wahl bewirkte Legitimation von Staatsgewalt und Einflussnahme auf deren Ausübung durch “Fesselung des Haushaltsgesetzgebers” entleert werde (BVerfGE 129, 124, 170 f.). Durch die Einfügung der Schuldenbremse in das Grundgesetz habe der verfassungsändernde Gesetzgeber “klargestellt” (also nicht etwa festgelegt), “dass eine verfassungsrechtliche Bindung der Parlamente und eine fühlbare Beschränkung ihrer Handlungsfähigkeit notwendig ist, um langfristig die demokratische Gestaltungsfähigkeit für das Gemeinwesen zu erhalten” (BVerfGE 129, 124, 170; siehe zum Ganzen schon Meyer, NVwZ 2023, 1698, 1700).

        2. Aufgrund dieser zeitlichen Dimension des Demokratieprinzips führt auch eine exzessive Staatsverschuldung zu einem “Verlust einer Einflussnahme”, zwar nicht beim gegenwärtigen, aber beim künftigen Parlament. Die Schuldenbremse beschränkt zwar den Spielraum des gegenwärtigen Parlaments, aber sie tut dies, um die Spielräume des künftigen Parlaments und damit die demokratische Teilhabe der Zukunft zu sichern.

        3. Die Frage der Konkretisierung des Anspruchs auf Demokratie aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG ist in der Tat von grundlegender Bedeutung; danke, dass Sie dies ansprechen. Es geht mir nicht um eine Subjektivierung jedes Demokratieproblems, sondern um einen Mindestschutz. Ich verweise auf die ebenfalls sehr umstrittene Frage, welche Leistungen vom menschenwürdigen Existenzminimum nach Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG umfasst sind. Auch hier hat das Bundesverfassungsgericht Art. 1 Abs. 1 GG herangezogen, um ein objektives Staatsstrukturprinzip, in diesem Fall das Sozialstaatsprinzip, zu subjektivieren. Die Konkretisierung des menschenwürdigen Existenzminimums obliegt hierbei dem Gesetzgeber. Ich schlage vor, diese Konstruktion auf das Demokratieprinzip und die Schuldenbremse zu übertragen: Was vom “demokratischen Existenzminimum” umfasst ist, hat das Grundgesetz selbst in Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG verbindlich konkretisiert. Die Schuldenbremse verbietet keineswegs jede aus Sicht des Demokratieprinzips bedenkliche Form der Staatsverschuldung. Aber die Grenzen, welche die Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG setzen, markieren den verfassungsrechtlichen Mindeststandard, dessen Unterschreitung das “demokratische Existenzminimum” eines jeden Bürgers verletzt. Insofern entspricht ein Verstoß gegen die Schuldenbremse einem Fall, in dem der Staat einem Menschen nicht das gesetzlich festgelegte menschenwürdige Existenzminimum gewährt. Der verfassungsändernde Gesetzgeber bleibt frei darin, die Schuldenbremse zu reformieren und eine neue Konkretisierung des “demokratischen Existenzminimums” vorzunehmen. Aber an der geltenden Konkretisierung, welche die Verfassung selbst vorgibt, muss sich der einfache Gesetzgeber um der Demokratie willen festhalten lassen, notfalls im Wege einer Schulden-Verfassungsbeschwerde.

        4. Ein Demokratieproblem ist mithin zumindest dann hinreichend “bedeutsam”, wenn es grundgesetzlich in einer zwingenden Bestimmung konkretisiert wurde. Jedenfalls das Erfordernis einer solchen Konkretisierung wehrt der Willkür des Interpreten und wahrt die Rechtssicherheit. Soweit eine solche Konkretisierung fehlt, lässt sich eine “gleitende Skala” kaum vermeiden; aber diese Problem stellt sich bekanntlich auch bei jeder Abwägung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Bei der Schuldenbremse kommt es hierauf jedoch, wie dargelegt, nicht an.

        4. Soll die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) als “Recht, Rechte zu haben” keine Leerformel bleiben, so müssen diese Rechte praktisch wirksam werden. Von der Menschenwürde umfasst ist nicht nur ein Mindestmaß an persönlicher Freiheit, sondern auch ein Mindestmaß an demokratischer Teilhabe, welche den Menschen als eigenständiges Subjekt anerkennt (vgl. BVerfGE 123, 267, 341). Dieses Mindestmaß sichert die Schulden-Verfassungsbeschwerde.

        • mq86mq Sun 14 Jan 2024 at 22:49 - Reply

          Mit der Menschenwürde sollte man hier allerdings schon etwas vorsichtig sein, weil Art. 38 GG ja gerade kein »demokratisches Existenzminimum« gewährt, sondern ganz im Gegenteil ein exklusives Recht für die ist, die sich zum Kreis der »Bürger« rechnen dürfen. Und Lissabon bezieht sich eigentlich auch explizit auf diese Exklusivität, sonst wär es ja überhaupt kein Problem, wenn sich was auf eine andere Ebene verlagert. Ob die EU hinreichende Standards hat, wär dann halt noch zu diskutieren. Ich versteh auch nicht, warum man den Rückgriff auf die Menschenwürde überhaupt braucht. Das Wahlrecht in der Auslegung des BVerfG ist der längere Hebel, gerade weil es exklusiv ist, so man es denn hat.

          • Simon Diethelm Meyer Mon 15 Jan 2024 at 17:05

            Vielen Dank für Ihren Kommentar!

            1. Sie sprechen einen wichtigen Aspekt an: Auf Bundesebene ist Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG die vorrangig heranzuziehende Grundlage des Anspruchs auf Demokratie. Die Beschwerdebefugnis für eine Verfassungsbeschwerde ergibt sich unmittelbar aus Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG. Eines Rückgriffs auf Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG bedarf es daneben nicht, weil Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG die speziellere Norm ist. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur europäischen Integration wird aber deutlich, dass das Bundesverfassungsgericht den Grund des Wahlrechts in der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) sieht (vgl. BVerfGE 123, 267, 341). Ich halte dies für zutreffend, weil die Achtung des Menschen als Subjekt nicht nur im status negativus, der Abwehr staatlicher Eingriffe, sondern auch im status activus, der aktiven Mitgestaltung des Gemeinwesens, zum Ausdruck kommt.

            2. Der Ansatz über Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG versagt aber dann, wenn ein Verstoß gegen das Demokratieprinzip auf Landesebene gerügt wird. Dann bedarf es eines Rückgriffs auf Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG. Denn das Homogenitätsgebot aus Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG ist kein im Wege der Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG rügefähiges Recht. Dies ist der Grund, warum das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung zur Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl in Berlin angedeutet hat, dass ein Kernbereich des Demokratieprinzips auf Landesebene unmittelbar durch Art. 1 Abs. 1 GG garantiert sein könnte. Deshalb wäre eine Verfassungsbeschwerde auf Landesebene auf Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG zu stützen. Auch diese Auffassung halte ich für sinnvoll, weil es m.E. verkürzend wäre, den Anspruch auf Demokratie nur auf die Bundesebene zu beziehen. Denn nach Art. 30 GG ist die Erfüllung staatlicher Aufgaben grundsätzlich Sache der Länder, weshalb auf Landesebene erst recht ein Mindestmaß an demokratischer Selbstbestimmung gewährleistet sein muss.

            3. Möglicherweise klingt die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts und meines Beitrags sehr ergebnisbezogen: Wenn Art. 38 Abs.1 S. 1 GG als Grundlage ausscheidet, muss eine Verfassungsbeschwerde auf Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG gestützt werden. Ein Kritiker könnte den Eindruck gewinnen, es gehe darum, irgendwie einen prozessualen Hebel zu finden, um Verstöße gegen objektives Verfassungsrecht zu rügen. Dies ist jedoch nicht mein Anliegen und auch nicht das Anliegen des Bundesverfassungsgerichts.

            4. Anliegen ist es vielmehr, den Menschen in den Mittelpunkt des verfassungsrechtlichen Denkens zu stellen. Das Grundgesetz ist eine menschenbezogene Verfassung. Art. 1 Abs. 1 GG ist der “archimedisch[e] Punkt des Grundgesetzes, der auf alle anderen Gewährleistungen der Verfassung ausstrahlt und ihnen Richtschnur und Ziel gibt” (Huber, in: v. Mangold/Klein/Starck, GG, Bd. I, 7. Aufl. 2018, Art. 19 Rn. 125 m.w.N.). Dementsprechend haben alle bereichsspezifischen Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte einen Menschenwürdegehalt, also auch das Wahlrecht gem. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG (Huber, a.a.O., Rn. 125 f.). Der Menschenwürdegehalt des Wahlrechts ist das, was ich als “demokratisches Existenzminimum” bezeichne. Dieser Menschenwürdegehalt ist in Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG gewährleistet, der aber über das “demokratische Existenzminimum” hinausgeht und spezifische Wahlrechtsgrundsätze garantiert. Insofern umfasst Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG durchaus ein menschenwürdiges Existenzminimum.

            5. Der Umstand, dass das Wahlrecht nach Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG nur den Bürgern und nicht allen Menschen zusteht, widerlegt die Annahme eines dem Wahlrecht zugrunde liegenden Menschenwürdegehalts nicht. Es ist (jedenfalls nach vorherrschender, vom Bundesverfassungsgericht geteilter Sichtweise) gerade Ausdruck des in der Menschenwürde wurzelnden Gedankens autonomer Selbstbestimmung, die Bestimmung über das Schicksal eines Staates grundsätzlich den Staatsangehörigen vorzubehalten, die mit ihrem Staat besonders eng verbunden sind. Personelle Beschränkungen sind im Übrigen im System des Grundgesetzes nichts Ungewöhnliches: So stehen etwa die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) nach dem Grundgesetz nur den Deutschen zu, ohne dass sich hieraus folgern ließe, dass diesen Grundrechten kein Menschenwürdegehalt zukäme.

            6. Festzuhalten bleibt somit: Alle Deutschen i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG können gestützt auf Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG (auf Bundesebene) bzw. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (auf Landesebene) eine Schulden-Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht einlegen. Dies bedeutet aber nicht, dass in Deutschland lebende Ausländer einer verfassungswidrigen Staatsverschuldung schutzlos ausgeliefert wären. Denn darüber hinaus können alle Menschen und juristischen Personen, die in Deutschland steuerpflichtig sind, ihre Schulden-Verfassungsbeschwerde auf Bundes- wie auf Landesebene auf den intertemporalen Freiheitsschutz gem. Art. 2 Abs. 1 GG stützen.

  4. Claus Köster Mon 15 Jan 2024 at 18:14 - Reply

    “Jede Schuldenaufnahme verengt daher die finanziellen Spielräume künftiger Haushaltsgesetzgeber und setzt die Steuerpflichtigen der rechtlich unumkehrbaren Gefahr eines künftigen Steuereingriffs aus. Hieraus ergibt sich die Rechtsgrundlage für eine Schulden-Verfassungsbeschwerde.”

    Soweit wohl die Kurzform der vom Verfasser angestellten Überlegung und anschlussfähig… Gleichwohl bleibt zu bedenken, dass dieser Gedanke auch bei anderen Bereichen des Haushalts zu tragen vermag. So etwa das Beispiel von Investitionen. Seit Jahren sind die Netto-Investitionen negativ. Zahlreiche wirtschaftswissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass es deutlich erhöhten staatlichen Investionsbedarf gibt. Auch gerade um dem vom BVerfG hochgehaltenen und unter intertemporalen Freiheitserwägungen wichtigen Klimaschutz Rechnung zu tragen. Dabei ist empirisch sicher, dass vernachlässigte Investitionen in der Zukunft teurer werden. Ist etwa die Infrastruktur erstmal marode, wird es teuer.

    Daraus läst sich die gleiche “Rechnung” formulieren:

    Jede nicht getätigte Investiion verengt daher die finanziellen Spielräume künftiger Haushaltsgesetzgeber – die dann nämlich etwa die marode Infrastruktur reparieren müssen – und setzt die Steuerpflichtigen der rechtlich unumkehrbaren Gefahr eines künftigen Steuereingriffs aus. Hieraus ergibt sich dann auch die Rechtsgrundlage für eine Investitions-Verfassungsbeschwerde.

    Ist dies gewollt und sinnvoll?

    • Simon Diethelm Meyer Tue 16 Jan 2024 at 12:43 - Reply

      Lieber Herr Köster, vielen Dank für Ihren Kommentar und die weiterführende Idee einer “Investitions-Verfassungsbeschwerde”! Hierbei handelt es sich um ein interessantes Gegengewicht zu einer Schulden-Verfassungsbeschwerde, welches verhindern könnte, dass die verfassungsrechtlich gebotene Einhaltung der Schuldenbremse auf Kosten von Zukunftsinvestitionen geht. Ob eine Investitions-Verfassungsbeschwerde Erfolg hätte, beurteile ich allerdings deutlich skeptischer als bei der Schulden-Verfassungsbeschwerde.

      1. Bei der Nichtvornahme von Investitionen geht es um ein staatliches Unterlassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der h.L. unterliegt staatliches Unterlassen anderen Anforderungen als staatliches Tun. Denn die Grundrechte des Grundgesetzes enthalten nur wenige Vorgaben, welche den Staat zu einem konkreten Tun verpflichten.

      2. Das Grundgesetz gibt dem Gesetzgeber keine bestimmte Investitionsquote verbindlich vor. Anders als bei der Schuldenbremse (Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG) fehlt im Falle von Investitionen ein hinreichend klarer Anküpfungspunkt im Grundgesetz, welcher das Maß der verfassungsrechtlich gebotenen Investitionen konkretisiert. Dies bedeutet nicht, dass eine Investitions-Verfassungsbeschwerde in keinem Fall Aussicht auf Erfolg hätte. Die verfassungsrechtlichen Hürden sind aber so hoch, dass sich eine Beschwerdebefugnis und erst recht eine Grundrechtsverletzung nur in Extremfällen begründen ließe.

      3. Der Anspruch auf Demokratie aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG greift ein, wenn die Spielräume künftiger Haushaltsgesetzgeber derart verengt werden, dass das Wahlrecht entleert wird. Der “intertemporale Freiheitsschutz” aus Art. 2 Abs. 1 GG und den übrigen Freiheitsgrundrechten ist einschlägig, wenn der Gesetzgeber durch eine bestimmte Regelung die rechtlich unumkehrbare Gefahr eines künftigen Freiheitseingriffs schafft. Bei der Nichtvornahme von Investitionen sind beide Voraussetzungen m.E. schwer zu begründen. Schulden müssen aus rechtlichen Gründen zurückgezahlt werden, weil der Staat gegenüber den Gläubigern von Staatsanleihen Verbindlichkeiten eingeht. Demgegenüber ist das Bedürfnis nach Investitionen primär faktisch begründet. Es fehlt an klaren verfassungsrechtlichen Vorgaben, wonach der Gesetzgeber z.B. zur Reparatur oder Schaffung einer bestimmten Infrastruktur zu einem bestimmten Zeitpunkt verpflichtet ist. In welche Infrastrukturen genau investiert werden soll, ist politisch umstritten. Vielfach können Investitionen zudem durch private Initiative und privates Kapital getätigt werden, sodass nicht immer klar ist, ob eine Investition tatsächlich vom Staat vorgenommen werden muss und sollte. Inwieweit Investitionen, die in der Gegenwart nicht vorgenommen werden, in der Zukunft tatsächlich teurer werden, ist darüber hinaus von volkswirtschaftlichen Beurteilungen und Prognosen abhängig. Dem Gesetzgeber steht mithin ein sehr weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu, weshalb er in den meisten Fällen vertretbar darlegen könnte, den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu genügen. Im Bereich des Klimaschutzes verengt sich dieser Beurteilungsspielraum allerdings aufgrund der Wertung des Art. 20a GG mit fortschreitendem Klimawandel (so das Bundesverfassungsgericht im Klimaschutz-Beschluss), sodass Investitionen in den Klimaschutz verfassungsgerichtlich leichter durchsetzbar sind.

      5. Zu klären bleibt, ob weitere verfassungsrechtliche Anknüpfungspunkte für eine Investitions-Verfassungsbeschwerde in Betracht kommen. Das Grundgesetz kennt kein “Grundrecht auf Generationengerechtigkeit”. Denkbar wäre allerdings, aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20a GG ein Grundrecht auf ein “ökologisches Existenzminimum” abzuleiten. Das Bundesverfassungsgericht hat dies im Klimaschutz-Beschluss offengelassen. Zudem ergeben sich aus den Grundrechten, etwa Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG, staatliche Schutzpflichten, die durch ein Unterlassen von Investitionen in Extremfällen verletzt sein könnten. Der Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts ist allerdings jeweils stark eingeschränkt, um den Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu respektieren. Verfassungspolitisch wäre zu erwägen, ob das Grundgesetz geändert werden sollte, um eine bestimmte Investitionsquote oder ein “Grundrecht auf Generationengerechtigkeit” verbindlich festzuschreiben. Dann hätte eine Investitions-Verfassungsbeschwerde bessere Erfolgaussichten.

      5. Abschließend gilt es Folgendes zu bedenken: Nicht alles, was politisch oder öknomisch wünschenswert ist, ist auch verfassungsrechtlich geboten. Die Verfassung bildet einen Rahmen für politisches Handeln. Dementsprechend muss der Politik ein hinreichender Spielraum verbleiben, um eigenständige Entscheidungen zu treffen. Ob und welche Investitionen konkret sinnvoll sind, ist eine Frage, die vielfach umstritten ist und in erster Linie politisch entschieden und verantwortet werden muss. Nur in Extremfällen einer gänzlich unzureichenden staatlichen Investitionstätigkeit kommt eine Investitions-Verfassungsbeschwerde in Betracht. In Ermangelung einer mit Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG vergleichbaren konkreten Vorgabe im Grundgesetz hat eine Investitions-Verfassungsbeschwerde indes nicht die Durchsetzungskraft einer Schulden-Verfassungsbeschwerde.

  5. Philodendron Wed 17 Jan 2024 at 12:44 - Reply

    Wie bewertest du BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 05. Mai 2020
    – 2 BvR 859/15 -, Rn. 100 mit deiner Darstellung eines subj. Anspruchs aus Art. 38 I 1 GG?

    • Simon Diethelm Meyer Thu 18 Jan 2024 at 22:02 - Reply

      Vielen Dank für den Kommentar mit einem interessanten Hinweis auf das PSPP-Urteil!

      1. Die Randnummer 100 des PSPP-Urteils lautet: “Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG gewährt dagegen keinen Anspruch auf eine über die Sicherung des durch Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Anspruchs auf demokratische Selbstbestimmung hinausgehende Rechtmäßigkeitskontrolle demokratischer Mehrheitsentscheidungen. Er dient nicht der inhaltlichen Kontrolle demokratischer Prozesse, sondern ist auf deren Ermöglichung gerichtet (vgl. BVerfGE 129, 124 ; 134, 366 ; 142, 123 ; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 30. Juli 2019 – 2 BvR 1685/14, 2 BvR 2631/14 -, Rn. 118). ”

      2. Ich stimme dieser Aussage des Bundesverfassungsgerichts zu. Der Anspruch auf Demokratie aus Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG umfasst kein Recht auf eine umfassende Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen. Es geht vielmehr um den Schutz eines Mindestmaßes an demokratischer Gestaltungsfähigkeit. Deshalb verweise ich in meinem Beitrag und meinen dazugehörigen Kommentaren immer wieder auf Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG als Grundlage des Anspruchs auf Demokratie. Hiermit meine ich das “demokratische Existenzminimum” bzw. den Menschenwürdegehalt des Wahlrechts, den auch das Bundesverfassungsgericht in der zitierten Randnummer heranzieht.

      Die Schuldenbremse konkretisiert das “demokratische Existenzminimum” für den Bereich der Staatsverschuldung. Denn es ist ein Gebot der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und des Demokratieprinzips (Art. 20 Abs. 1 GG), eine exzessive Staatsverschuldung zu verhindern, welche die demokratische Gestaltungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland langfristig zerstören würde. Die Verpflichtung des Haushaltsgesetzgebers, die Staatsverschuldung in irgendeiner Weise auf ein langfristig tragbares Maß zu begrenzen, fällt mithin unter die “Ewigkeitsgarantie” des Art. 79 Abs. 3 GG. Hieraus folgt keineswegs, dass die Schuldenbremse in ihrer gegenwärtigen Fassung nach Art. 79 Abs. 3 GG verfassungsänderungsfest wäre. Der verfassungsändernde Gesetzgeber bleibt frei darin, das tragbare Maß an Staatsverschuldung anders zu definieren. Soweit und solange er aber mit Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG eine verbindliche Konkretisierung des “demokratischen Existenzminimums” vorgenommen hat, muss er sich hieran festhalten lassen.

      Insoweit verweise ich auf die Parallele zum menschenwürdigen Existenzminimum aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG, das ebenfalls der gesetzgeberischen Konkretisierung bedarf. Auch an dieser Konkretisierung muss sich der Gesetzgeber festhalten lassen. Für ein Verständnis der Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG als verbindliche Konkretisierung des Demokratieprinzips sprechen zudem der Grundsatz der Gewaltenteilung und das rechtsstaatliche Gebot der Rechtssicherheit: Welches Maß an Staatsverschuldung unter dem Gesichtspunkt des Demokratieprinzips tragfähig ist, wird unter Politikern, Volkswirten und Juristen kontrovers beurteilt. Diese Frage sollte in erster Linie nicht das Bundesverfassungsgericht entscheiden, sondern der (verfassungsändernde) Gesetzgeber. Erst recht gilt dies vor dem Hintergrund, dass in Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG das Grundgesetz selbst die Konkretisierung des Demokratieprinzips vornimmt. Bundestag und Bundesrat haben mit Zwei-Drittel-Mehrheit (Art. 79 Abs. 2 GG) die Bestimmungen der Schuldenbremse in das Grundgesetz eingefügt. Die Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG verfügen mithin ihrerseits über ein hohes Maß an demokratischer Legitimation. Sie bestimmen in nachvollziehbarer und vertretbarer Weise das Maß an Staatsverschuldung, das unter dem Gesichtspunkt des Demokratieprinzips als tragfähig angesehen werden kann. An diese verfassungsrechtliche Konkretisierung des “demokratischen Existenzminimums” im Bereich der Staatsverschuldung ist auch das Bundesverfassungsgericht gebunden.

      3. Meine Ausführungen zu Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG führen die zitierte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konsequent fort. In der Entscheidung zur Griechenland-Hilfe hat das Bundesverfassungsgericht zur Schuldenbremse ausgeführt (BVerfGE 129, 124, 170): “Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat durch die tatbestandliche Konkretisierung und sachliche Verschärfung der Regeln für die Kreditaufnahme von Bund und Ländern (insbesondere Art. 109 Abs. 3 und Abs. 5, Art. 109a, Art. 115 GG n.F., Art. 143d Abs. 1 GG, BGBl I 2009 S. 2248) klargestellt, dass eine verfassungsrechtliche Bindung der Parlamente und damit eine fühlbare Beschränkung ihrer Handlungsfähigkeit notwendig ist, um langfristig die demokratische Gestaltungsfähigkeit für das Gemeinwesen zu erhalten.”

      Das bedeutet: Wird die Schuldenbremse missachtet, verliert die Bundesrepublik Deutschland langfristig ihre demokratische Gestaltungsfähigkeit. Das Wahlrecht wird entleert und die demokratische Selbstbestimmung ausgehöhlt, wenn durch übermäßige Schuldenaufnahme immer größere Anteile des Haushalts für die Schuldentilgung (einschließlich Zinszahlung) aufgewendet werden müssen. Dieser Verlust an demokratischer Gestaltungsfähigkeit ist genau die Folge, vor welcher der Anspruch auf Demokratie aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG und Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG schützen soll.

      4. Der grundrechtliche Anspruch auf Einhaltung der Schuldenbremse dient somit (ganz im Sinne des Bundesverfassungsgerichts) “nicht der inhaltlichen Kontrolle demokratischer Prozesse, sondern ist auf deren Ermöglichung gerichtet”.

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