Regieren der Erinnerung durch Recht
Die problematische Reform des Volksverhetzungstatbestandes nach § 130 (5) StGB n.F.
Knapp zwölf Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist implementiert Deutschland die von einem EU-Rahmenbeschluss vorgegebene Pflicht, die Leugnung von Völkermorden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter Strafe zu stellen. Was ein hehres Ziel ist – die Bekämpfung von Geschichtsrevisionismus –, zieht Probleme nach sich, die zum Teil im Rahmenbeschluss selbst wurzeln, zum Teil in der deutschen Umsetzung.
In Zentralosteuropa sprießen seit Jahren problematische „Erinnerungsgesetze“ aus dem Boden – Normen, die ein bestimmtes Narrativ eines historischen Ereignisses teils unter Verzerrung geschichtlicher Tatsachen gesetzlich fixieren. Manche Autoren sehen eine Mitverantwortung dafür auch bei westlichen Staaten, die durch selbstkritische Erinnerungsgesetze wie das Verbot der Holocaustleugnung missbrauchsanfällige Präzedenzfälle für das Regieren der Erinnerung durch Recht geschaffen hätten. Vor diesem Hintergrund mag überraschen, dass Deutschland seine bisher auf die Erinnerung an den Holocaust und anderes NS-Unrecht begrenzte Erinnerungsgesetzlandschaft ausweitet: In der vergangenen Woche hat der Bundestag unter Einschub eines neuen fünften Absatzes in den Volksverhetzungstatbestand des § 130 StGB beschlossen, dass künftig bestraft wird,
„wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art [Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, Anm. PRF] gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten [nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppen oder Teile der Bevölkerung, Anm. PRF] oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.“
Die Reform wurde im sogenannten Omnibusverfahren verabschiedet, also in Verbindung mit einer Änderung des Bundeszentralregistergesetzes. Medien und Wissenschaft reagierten überwiegend kritisch (so etwa Ronen Steinke oder Elisa Hoven); vereinzelt wurde die Reform aber auch verteidigt (von Michael Kubiciel).
Europäische Erinnerungskultur und der EU-Rahmenbeschluss
Anders als man vermuten mag, sind Hintergrund der Reform nicht die im Zuge der russischen Aggression gegen die Ukraine begangenen Völkerstraftaten. Sie dient vielmehr der Umsetzung des verbindlichen EU-Rahmenbeschlusses 2008/913/JI zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vom 28. November 2008 („Rahmenbeschluss“). Dieser war Ergebnis eines langen Aushandlungsprozesses, bei dem insbesondere osteuropäische EU-Mitglieder darauf drangen, die jahrelang auf den Holocaust konzentrierte europäische Erinnerungskultur um die Erinnerung an sowjetische Verbrechen zu ergänzen. Der erreichte Kompromiss nannte Sowjetverbrechen nicht explizit, sondern schuf gleich eine Generalklausel: Art. 1 (1) (c) Rahmenbeschluss verpflichtet Mitgliedsstaaten dazu, das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen (jedweden) Völkermords, Verbrechens gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechens im Sinne des IGH-Statuts gegenüber bestimmten Personengruppen unter Strafe zu stellen. Dies gilt dann, wenn die Handlung in einer Weise begangen wird, die wahrscheinlich zu Gewalt oder Hass gegen solch eine Gruppe oder ein Gruppenmitglied aufstachelt.
Deutschland reagierte auf den Rahmenbeschluss mit marginalen Änderungen seines Volksverhetzungstatbestandes, die Stefanie Bock 2011 mit dem zutreffenden Label „Die (unterlassene) Reform des Volksverhetzungstatbestands“ (ZRP 2011, 46) versah. Denn dem Kern des Rahmenbeschlusses – der Erweiterung der Leugnungstatbestände auf andere Völkerstraftaten als den Holocaust – verweigerte sich die Bundesregierung mit dem Argument, die geforderte Kriminalisierung ergebe sich bereits aus dem allgemeinen Volksverhetzungstatbestand des § 130 (1) StGB. Dieser stellt das Aufstacheln zu Gewalt oder Hass gegen bestimmte Personengruppen unter Strafe. Was die Bundesregierung dabei übersah (oder ignorierte?), war, dass der Rahmenbeschluss schon solche Billigungs-, Leugnungs- oder Verharmlosungshandlungen pönalisiert sehen wollte, die ein Aufstacheln zu Gewalt oder Hass nur wahrscheinlich machten. Es ist mir auch kein Fall bekannt, in dem die Leugnung eines anderen Verbrechens als der Schoah tatsächlich unter § 130 (1) StGB subsumiert worden wäre.
Deutschland war nicht das einzige Land, das sich mit der Umsetzung des Rahmenbeschlusses schwertat. Eine Bestandsaufnahme der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2014 ergab, dass ganze dreizehn Mitgliedsstaaten keinen entsprechenden Straftatbestand besaßen, sieben weitere nicht alle vorgesehenen Handlungsformen und drei weitere nicht alle vorgesehenen historischen Verbrechen kriminalisierten. Im Dezember 2021 eröffnete die Europäische Kommission gegen Deutschland, Ungarn und Luxemburg ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtumsetzung des Rahmenbeschlusses. Auf diesen Schritt haben Bundesregierung und Bundestag nun reagiert. Dabei bleibt das BMJ auf einer am 28. Oktober veröffentlichten Informationsseite mit Fragen und Antworten zur Reform bei seiner zweifelhaften Position, die von § 130 (5) StGB n.F. erfassten Handlungen seien zuvor von § 130 StGB a.F. erfasst worden, die Neufassung diene also lediglich der Klarstellung. Der Änderungsantrag betonte überdies, dass der neue § 130 (5) StGB sowohl hinsichtlich des angedrohten Strafmaßes als auch des notwendigen „gröblichen“ Verharmlosens hinter dem Holocaustleugnungstatbestand zurückbleibe, um der deutschen Geschichte und Einzigartigkeit des Holocausts Rechnung zu tragen.
Unnötig über den Rahmenbeschluss hinausgehende Umsetzung
Angesichts des Widerstands der Bundesregierung gegen die Umsetzung des Rahmenbeschlusses erstaunt, dass die verabschiedete Reform nun sogar in zwei Punkten über den Rahmenbeschluss hinausgeht. Zum einen werden nicht nur öffentliche, sondern auch in einer (öffentlichen oder nicht-öffentlichen) Versammlung getätigte Äußerungen kriminalisiert. Damit will der Gesetzgeber ausweislich der Begründung des Rechtsausschusses einen Widerspruch zur Billigung von Straftaten nach § 140 StGB vermeiden, der Versammlungen mitumfasst. Problematischer ist der andere Aspekt: Der Gesetzgeber hat auf die für das Leugnen und gröbliche Verharmlosen eingeräumte Möglichkeit verzichtet, dass ein nationales oder internationales Gericht die historische Völkerstraftat rechtskräftig festgestellt haben muss (vgl. Art. 1 (4) Rahmenbeschluss). Zwar wäre auch das Erfordernis eines solchen vorherigen Richterspruchs keine ideale Lösung sämtlicher sich aus einem so weiten Leugnungstatbestand ergebenden Probleme, zumal hierdurch eine Art gesetzliche Rechtskrafterstreckung des früheren Urteils erfolgte und Gerichten eine Aufgabe zukäme, die über die Aburteilung des ihnen vorliegenden Verbrechens hinausginge. Doch der Verzicht auf einen vorherigen Richterspruch erscheint als die noch unglücklichere Alternative: So wird nunmehr das den Leugnungstatbestand aburteilende Gericht – regelmäßig ein Amts- oder Landgericht – mit schwierigsten Tatsachen- und Rechtsfragen zu Völkerverbrechen überfrachtet, die selbst den Internationalen Gerichtshof vor Schwierigkeiten stellen (so bereits Hoven). Zudem dürfte in vielen umstrittenen Fällen, besonders in andauernden Konflikten, kaum mit hinreichender Bestimmtheit feststehen – und noch weniger für einen juristischen Laien erkennbar sein –, welche Ereignisse eine entsprechende Völkerstraftat darstellen und daher nicht geleugnet, verharmlost oder gebilligt werden dürfen. Das Vorsatzelement und die notwendige Parallelwertung in der Laiensphäre allein vermögen die Unschärfe des objektiven Tatbestands dabei nicht auszugleichen. Ob es wirklich einen Widerspruch dargestellt hätte, wie es in dem Änderungsantrag heißt, wenn das Leugnen und gröbliche Verharmlosen von einer gerichtlichen Feststellung der historischen Tat abhängig gemacht worden wäre, das Billigen hingegen nicht (für das der Rahmenbeschluss insofern keinen Raum lässt), ist fraglich. Denn anders als das Billigen erfassen das Leugnen und Verharmlosen bereits das Bestreiten von Tatsachen und ihrer rechtlichen Qualifikation als Völkerstraftat, deren Einschränkung besonders problematisch ist, wenn sich der Tatbestand auch auf solche Völkerstraftaten erstreckt, die noch nicht durch Richterspruch festgestellt wurden. So wäre es kaum sachfremd erschienen, das Leugnen oder Verharmlosen von (faktisch umstrittenen) Taten wie der in Butscha erst nach einer gerichtlichen Feststellung dieser Tat zu kriminalisieren, ihr Billigen – die das Stattfinden voraussetzt und deren Spezifikum in der positiven Wertung liegt – auch unabhängig davon.
Bemerkenswert ist auch die Formulierung des neuen Straftatbestandes, die sich von der deutschen Fassung des Rahmenbeschlusses löst: Bestraft wird, wer die Völkerstraftat „gegen“ eine der relevanten Personengruppen billigt, leugnet oder gröblich verharmlost. Damit scheint sich der Gesetzgeber dahingehend festzulegen, dass es die Völkerstraftat und nicht die Äußerungshandlung sein muss, die sich gegen die Personengruppe zu richten hat – eine Frage, die in der englischen und deutschen Fassung des Rahmenbeschlusses offenbleibt („directed against“, „gegenüber“), während die französische Fassung die gegenteilige Auslegung nahelegt („visant“).
Ist der neue Straftatbestand trotzdem verfassungskonform?
Trotz der berechtigten Kritik an der Umsetzung des Rahmenbeschlusses dürfte sich der neue Straftatbestand noch verfassungskonform auslegen lassen.
Der neue § 130 (5) StGB greift insoweit in die Meinungsfreiheit ein, als er über (nicht geschützte) bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen hinausgeht. Insofern entspricht er strukturell dem Tatbestand der Holocaustleugnung (§ 130 (3) StGB), den das BVerfG als nichtallgemeines Gesetz qualifiziert, aber von den Anforderungen der Allgemeinheit im Sinne des Art. 5 (2) GG ausgenommen hat (BVerfG, NJW 2018, 2861 Rn. 21). Hiermit hat das Gericht die im Wunsiedel-Beschluss für den Tatbestand der Billigung, Verherrlichung und Rechtfertigung der NS-Gewaltherrschaft (§ 130 (4) StGB) entwickelte Ausnahme vom Sonderrechtsverbot auf § 130 (3) StGB übertragen. Vor diesem Hintergrund mag man sich fragen, ob auch der neue § 130 (5) StGB nichtallgemeines Sonderrecht darstellt. Jedoch hat das BVerfG den Begriff des allgemeinen Gesetzes im Wunsiedel-Beschluss so weit gefasst, dass die neue Vorschrift noch darunter zu fassen sein dürfte. Zwar knüpft § 130 (5) StGB n.F. an Meinungsinhalte an – nämlich die Aussage, die betreffende Völkerstraftat habe nicht stattgefunden, sei harmloser als tatsächlich der Fall oder gar zu befürworten. Solche inhaltsanknüpfende Normen sind aber gleichwohl allgemein, wenn sie erkennbar auf den Schutz bestimmter Rechtsgüter und nicht gegen eine bestimmte Meinung gerichtet sind. Das Gesetz muss lediglich hinreichend offen gefasst sein und darf sich nicht von vornherein nur gegen bestimmte Überzeugungen, Haltungen oder Ideologien richten (BVerfGE 124, 300 (322 f)). Indem der neue Straftatbestand (im Unterschied zu § 130 (3) und (4) StGB) verlangt, dass die Äußerung geeignet ist, zu Hass oder Gewalt aufzustacheln, dürfte Schutzobjekt, ähnlich wie bei dem (ebenfalls allgemeinen) § 130 (1) StGB, nicht nur der öffentliche Friede, sondern auch die Menschenwürde sein, die unabhängig von einer bestimmten Ideologie oder Haltung geschützt wird. Denn anders als bei § 130 (3) und (4) StGB richtet sich der neue § 130 (5) StGB nicht gegen die Leugnung eines bestimmten Völkerverbrechens, sondern allgemein gegen die Leugnung von Völkermorden, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, die von ganz verschiedenen Ideologien getragen sein können.
Dennoch ist bei Anwendung des neuen § 130 (5) StGB vor dem Hintergrund der Wechselwirkungslehre der Bedeutung der Meinungsfreiheit Rechnung zu tragen. Gleiches gilt, wie das BMJ in seinem Antwortenkatalog klarstellt, für die ebenfalls eingeschränkte Wissenschaftsfreiheit. In Anlehnung an die frühere Rechtsprechung, die vor Inkrafttreten des expliziten Holocaustleugnungstatbestands des § 130 (3) StGB die Holocaustleugnung nur dann unter den allgemeinen Volksverhetzungstatbestand des § 130 (1) StGB subsumierte, wenn die Leugnung mit einer Identifikation mit der NS-Rassenideologie oder einem typischen antisemitischen Motiv wie dem der angeblichen Knebelung und Ausbeutung Deutschlands durch Juden verbunden war (vgl. BGHSt 40, 97; 46, 212), dürfte auch § 130 (5) StGB n.F. einschränkend auszulegen sein. Eine Eignung zum Aufstacheln zu Hass oder Gewalt und zur Störung des öffentlichen Friedens dürfte unter Berücksichtigung von Art. 5 (1) und (3) GG daher regelmäßig voraussetzen, dass der oder die sich Äußernde zum Ausdruck bringt, sich mit der das Völkerverbrechen tragenden, die Opfergruppe diskriminierenden Ideologie zu identifizieren. Denn erst hiermit werden feindliche Gefühle gegen die betroffene Personengruppe geschürt. Bei der Leugnung russischer Völkerstraftaten in der Ukraine dürfte dies etwa zu bejahen sein, wenn sie verbunden wird mit der Wiederholung russischer Kriegspropaganda, die Ukraine sei zu „entnazifizieren“ und besitze kein unabhängiges Existenzrecht. Debattenbeiträge, die gelöst von dieser Ideologie schlicht in Frage stellen, ob bestimmte Kriegsverbrechen wie das in Butscha stattfanden, würden hingegen aus dem Tatbestand herausfallen. Auf diese Weise ließen sich auch die von Reformkritikern bereits angeführten Probleme von Aussagen von Strafverteidigern oder Hochschulprofessorinnen lösen, ohne dass es der vom BMJ nunmehr vorgeschlagenen analogen Anwendung der Sozialadäquanzklausel des § 86 (4) StGB bedürfte. Die bei der Auslegung entstehenden Abgrenzungsschwierigkeiten illustrieren jedoch, in welch schwieriges Fahrwasser der Gesetzgeber sich Äußernde, Wissenschaftler und die sie aburteilenden Gerichte bringt.
EMRK-Konformität
Nicht ohne Fallstricke ist auch die Frage, ob die Vorschrift den Anforderungen an die Meinungsfreiheit nach Art. 10 (1) EMRK genügt. In ihrem Urteil Perinçek g. Schweiz (2015) entschied die Große Kammer des EGMR, dass die schweizerische Verurteilung wegen Leugnung des osmanischen Völkermords an Armeniern gegen Art. 10 (1) EMRK verstieß, insbesondere weil die Schweiz über keine ausreichende geographische und historische Verbindung zu dem Völkermord oder der armenischen Diaspora verfügte (Rn. 242-248). Gleichwohl ließ der EGMR eine Tür für die Verurteilungen solcher Leugnungen offen, die – anders als im zugrunde liegenden Fall – als Aufruf zu Gewalt und Hass qualifiziert werden konnten (Rn. 230-240). Vor diesem Hintergrund dürfte nur eine einschränkende Auslegung des neuen § 130 (5) StGB, der seinem Wortlaut nach schon die Eignung zur Aufstachelung zu Gewalt und Hass ausreichen lässt, diesen Anforderungen genügen. Dies gilt jedenfalls dort, wo es an einer geographischen oder historischen Verbindung Deutschlands zum Konflikt, wie er etwa bei der Schoah auf der Hand liegt, fehlt.
Die Reform hat weiterreichende Konsequenzen
Die hier aufgezeigten Schwierigkeiten sind – mit Ausnahme des Verzichts auf einen vorherigen Richterspruch über das historische Völkerverbrechen – bereits im Rahmenbeschluss angelegt und versinnbildlichen das Dilemma von Erinnerungsgesetzen: Ein Tatbestand wie der der Holocaustleugnung leuchtet gerade in Deutschland den meisten Bürgern ein und lässt sich im weiteren Sinne als Beitrag zur wehrhaften Demokratie begreifen. Doch sobald die kollektive Erinnerung an ein historisches Verbrechen rechtlich geschützt wird, ist es schwer begründbar, kollektiven Erinnerungen an andere Verbrechen diesen Schutz zu verwehren. Dies gilt jedenfalls für den europäischen Gesetzgeber, der nicht nur die um die Einzigartigkeit des Holocausts zentrierte Erinnerungskultur Deutschlands berücksichtigen darf, sondern auch die spezifischen historischen Erfahrungen anderer Mitgliedstaaten einbeziehen muss. Durch eine solche schleichende Ausbreitung von Erinnerungsgesetzen aber wird der Grundsatz, dass historische Wahrheit Gegenstand öffentlicher Debatte sein muss und auch unwahre Behauptungen prinzipiell straffrei sind, um einem chilling effect auf wahre Behauptungen vorzubeugen, zunehmend ausgehöhlt. Das ist umso problematischer, als es bei Erinnerungsgesetzen in der Regel nur eine Richtung gibt: Welche Symbolwirkung hätte schließlich die Abschaffung eines einmal eingeführten Leugnungstatbestandes? Insofern bleibt für den Moment nur, an Gerichte zu appellieren, den neuen Tatbestand so restriktiv wie möglich auszulegen, und zu hoffen, dass er auch im Ausland nicht als Vorbild für weitere geschichtsrevisionistische Erinnerungsgesetze missbraucht wird.