Sachsen
Die Aula der Leipziger Universität ist einer der sonderbarsten Innenräume, die ich je betreten habe. Eine Art gotische Kirche aus Plastik und Gips, mit Kreuzrippengewölb-Dekor an der Decke und cinderellahaft illuminierten Pfeilerreihen. Ein monströses, weder sakrales noch säkulares, großkotziges und dabei rührend um allseitige Zufriedenstellung und Harmonisierung des Unvereinbaren bemühtes Produkt und Zeugnis der trashigen Mash-Up-00er-Jahre, durch das wie in einem Palimpsest fünf Jahrhunderte Protestantismusgeschichte durchscheinen. Ein irres Ding!
In diesem Raum hatte ich gestern die Ehre und das Vergnügen, eine Veranstaltung der Stiftung Forum Recht zum 30. Geburtstag der sächsischen Landesverfassung unter dem Titel “Verfassung leben!” zu moderieren. Ich hatte ehrlich gesagt etwas gezögert, die Einladung anzunehmen. Solche Verfassungsgeburtstage finde ich immer leise peinlich. Man macht ein feierliches Gesicht, murmelt brav die Liturgie von Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechten mit, lauscht zerstreut den Predigten und Lesungen und wartet, bis es vorbei ist und der Alkohol ausgeschenkt wird. Man wäre gerne frömmer, hätte doch mal mehr in dieser Offenbarungsschrift lesen sollen, um die da alles kreist, aber die Woche hat sieben Tage und nur einer davon gehört dem Herrn. So bringen wir armen Sünder das hinter uns, und es ist ja auch gut und wichtig, der Jubilarin alle zehn Jahre Reverenz zu erweisen, aber Spaß macht das keinen.
Das orthodoxe Vorgehen wäre gewesen, eine solche Veranstaltung in die Hände des Klerus zu geben, der den Dienst am Altar der Verfassung von Berufs wegen versieht: der Staatsrechtslehrer_innen. Das haben die Veranstalter nicht getan. Ich war der einzige Jurist auf dem Podium. Stattdessen – gute Protestanten offenbar – haben sie die “Zivilgesellschaft” auf die Bühne geholt: Verfassung leben! Verdienstvolle Menschen, die tolle Projekte in Sachsen machen, sollen erzählen, wie die sächsische Landesverfassung sie dabei inspiriert. Oh oh oh, hatte ich gedacht. Wenn das mal gut geht.
Tatsächlich nahm der Abend aber einen völlig anderen Verlauf, als ich kleingläubiger, evangelisch getaufter Krypto-Katholik befürchtet hatte. Ich bin sehr froh, dass ich dabei sein durfte, und bin den Veranstalterinnen Abbitte schuldig.
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Call for papers
The WZB Berlin and the Martin-Luther-University Halle-Wittenberg organize at the occasion of the upcoming 50th Anniversary of the Solange I-decision of the German Constitutional Court a Workshop and a Conference “Solange 50th Anniversary Conference: Constitutionalism beyond the state and the role of domestic constitutional courts” to be held in Berlin on 12 / 13 January 2023 (Workshop) and on 30 / 31 May 2024 (Conference). The deadline for submitting abstracts is 12 June 2022.
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Das bemerkenswert unstrittige Leitmotiv dieses Abends war, dass die sächsische Landesverfassung eigentlich in Sachsen keinen Menschen interessiert. Die Spoken-Word-Künstlerin Jessy James LaFleur erzählt von einer Begegnung mit Neonazis in einem Regionalzug. Auf ihre Frage, was sie über die sächsische Verfassung denken, hätten die Verfassungsfeinde sie mit blankem Unverständnis angeschaut: keine Ahnung. Noch nie drüber nachgedacht. Ganz generell, berichtet Chef der Landeszentrale für politische Bildung Roland Löffler, sei die mit Abstand häufigste Antwort auf die Frage, was man von der sächsischen Verfassung halte: Ach, so was gibt’s?
Das ist ja vermutlich bei den meisten Landesverfassungen nicht anders. Im überlebensgroßen Schatten des Grundgesetzes wächst auf Länderebene generell da nicht mehr viel. Aber Sachsen ist in mehrfacher Hinsicht ein spezieller Fall. Zum einen erscheinen nirgends in Deutschland die liberale, rechtsstaatliche Demokratie so akut gefährdet wie hier. Zum anderen ist Sachsen das Land der friedlichen Revolution. Im Land der Montagsdemonstrationen hat, woran Roland Löffler erinnert, sich die AfD nicht getraut, wie sonst überall im Osten mit dem Spruch “Vollende die Wende” Wahlkampf zu machen. Das wäre hier nicht gut angekommen.
Die Verfassung ist das Produkt dieser friedlichen Revolution, was die Leipziger Politologieprofessorin Astrid Lorenz hervorhebt. Man sieht das im Text, in Artikel 101 etwa, der den Auftrag formuliert, die Jugend “zur Ehrfurcht vor allem Lebendigen, zur Nächstenliebe, zum Frieden und zur Erhaltung der Umwelt, zur Heimatliebe, zu sittlichem und politischem Verantwortungsbewußtsein, zu Gerechtigkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des anderen, zu beruflichem Können, zu sozialem Handeln und zu freiheitlicher demokratischer Haltung zu erziehen.” So 1989 sei das, sagt Astrid Lorenz gerührt. Um den Text dieser Verfassung wurde gestritten und gerungen, es gab Alternativentwürfe, es gab Kompromisse und Abstimmungen, es gab eine breite Mehrheit, die sie in Kraft gesetzt hat, und es gab eine Minderheit, die ihr Überstimmtwerden als fair akzeptierte, kurz: hier konstituierte sich ganz buchstäblich ein funktionierendes demokratisches System, und das war für alle eine gute und stärkende Erfahrung.
In scharfem Kontrast zu der Erfahrung auf Bundesebene. Dort blieb den Ostdeutschen bekanntlich die Teilhabe an der Konstitution der gemeinsamen deutschen Republik vorenthalten. Stattdessen traten sie dem westdeutschen Grundgesetz bei, was mir damals gemeinsam mit den meisten anderen Westdeutschen und dem Episkopat der westdeutschen Staatsrechtslehrerschaft vollkommen natürlich erschien: Das Buch der Bücher war bereits geschrieben, wir hatten unser Grundgesetz und luden unsere “Brüder und Schwestern aus der DDR” herzlich ein, unserer Gemeinde beizutreten, aber uns als gesamtdeutsche Republik komplett neu zu konstituieren bloß wegen ihnen und ihrer friedlichen Revolution, das wäre uns im Traum nicht eingefallen.
Es ist ein Kennzeichen des imperialen Zentrums, das es die unterworfene oder noch zu unterwerfende Peripherie gar nicht mehr richtig in den Blick bekommt. Von London aus betrachtet war lange Zeit Irland, von Moskau aus betrachtet ist heute noch die Ukraine nichts Eigenes und Unterschiedenes, kein Gegenüber aus eigenem Recht und mit eigenen Rechten, sondern bloß Kroppzeug, gefährlich, primitiv und starrsinnig, je heftiger sie sich weigern, wie das Zentrum zu sein, desto mehr. Die Bundesrepublik ist kein Imperium (oder doch?), und Sachsen ist nicht Irland, von der Ukraine ganz zu schweigen. Aber der westdeutsche Blick auf Ostdeutschland generell und Sachsen im Besonderen, scheint mir, war dennoch damals nicht frei von dieser imperialen Arroganz und ist es bis heute nicht. Vor allem der von der vormaligen Reichshauptstadt aus geworfene.
Wir sitzen in Berlin und sind das Zentrum. Nach Leipzig sind es mit dem Zug nur eineinhalb Stunden, und wenn wir am Hauptbahnhof ankommen, können wir über die “sächsische Seite” oder die “preußische Seite” ins Freie treten, jeweils mit eigener riesiger Wartehalle. Von der einstigen Preußenresidenz aus betrachtet ist Sachsen seit jeher das nächst gelegene Eigene, Andere und Gegenüber, was es schon 1753 dem Potsdamer Proto-Putin Friedrich II nahe legte, dasselbe kurzerhand mal ohne Kriegserklärung zu überfallen. Wir sitzen in Berlin, schauen nach Süden und sehen was? Kroppzeug, ein Land voller Nazis, Querdenker und Reichsbürger, ungeimpft und hasserfüllt, Deutschlands entlegenste, entvölkertste Peripherie zwischen Braunkohletagebau und polnisch-tschechischer Grenze, eine Art Minder-Bayern mit noch komischerem Dialekt. So schaut man von Berlin aus auf Sachsen.
Mit mir auf dem Podium in Leipzig sitzt Cathleen Bochmann-Kist von der Aktion Zivilcourage e.V.. Vor 20 Jahren wurde der Verein in Pirna gegründet, mitten in den Baseballschlägerjahren, und kümmert sich seither darum, dass es in den Dörfern und Kleinstädten Sachsens auch noch etwas anderes gibt als rechten Hass. Mit mir auf dem Podium sitzt Jessy James LaFleur, die nach Görlitz gegangen ist und mit ihrem Projekt “Angeprangert” junge Leute in der entlegensten, entvölkertsten Oberlausitz zur Spoken-Word-Poesie ermutigt und ihnen so im buchstäblichen Sinne eine Stimme gibt.
Sachsen ist voll von Menschen, die sich jeden Tag mit einem Maß an Mut und Einsatzbereitschaft für die Demokratie und gegen die Rechten ins Zeug legen, vor dem wir in Berlin uns nur verneigen können.
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Council of Europe: Consultancy services needed for support to judicial reform in Serbia
The Council of Europe has launched a call for the provision of consultancy services in Serbia in the area of independence and accountability of the judiciary, internal organisation of the judiciary, judicial training and caselaw harmonisation.
The call for experts is launched under the framework of the Project “Support for the implementation of judicial reform in Serbia”, co-funded by the European Union and the Council of Europe, implemented for a period of three years (2022-2024).
Interested providers are invited to apply by 11 May 2022. https://go.coe.int/QYvQJ
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Und die Verfassung? Vielleicht, sagt Cathleen Bochmann-Kist, ist es gar nicht das Schlechteste, dass sich für sie kein Mensch interessiert. Was macht die Verfassung? Sie konstituiert und definiert die Institutionen und Verfahren, in denen auf Landesebene die Sächs_innen die friedliche Koexistenz ihrer unterschiedlichen Meinungen, Präferenzen und Interessen miteinander aushandeln und abstimmen können. Eine höchst technische, prozessuale Sache also eigentlich, deren Funktionieren man daran ablesen kann, dass man sich eben nicht mit ihr beschäftigen muss, so wie man einen funktionierenden Computer daran erkennt, dass man von seinem Betriebssystem keine Ahnung haben muss.
Wer die Verfassung und ihren Geburtstag feiern will, sollte nicht von Normen erzählen. Was da drin steht in dem Text, ob dieses Grundrecht so und jene Kompetenz so formuliert ist, dafür interessieren sich völlig zu Recht nur juristische Nerds und Verfassungspriester und sonst kein Mensch. Was feiernswert ist an dieser Verfassung ist die friedliche Koexistenz höchst unterschiedlicher Meinungen, Präferenzen und Interessen selbst, die sie möglich macht – soweit sie sie möglich macht. Von dieser Koexistenz sollte erzählt und an ihr sollte die Verfassung gemessen werden, und Cathleen Bochmann-Kist und Jessy James LaFleur und viele andere haben da Dinge zu erzählen, die zu hören sich lohnt. Auch und gerade in Berlin.
Aus dieser Perspektive macht auch diese bizarre Aula in Leipzig plötzlich Sinn: Da, wo sie steht, stand vorher das Hauptgebäude der Karl-Marx-Universität, für das Platz zu schaffen die SED-Regierung 1968 die gotische Paulinerkirche hatte wegsprengen lassen. Vor der Reformation war das ein Dominikanerkloster, danach wurde sie sowohl Pfarr- als auch Universitätskirche als auch Aula, und überhaupt ist das Verhältnis von Kirche und Universität, von Kanzel und Katheder ja ein höchst interessantes, und auch jetzt gibt es offenbar noch heftigen Streit um die sakrale oder säkulare Eigenart dieses Raums und die Frage, ob die barocke Kanzel aus der alten Kirche darin wieder ihren Platz finden sollte, wurde mir erzählt. So schreibt sich der Widerstreit all dieser höchst unterschiedlichen Meinungen, Präferenzen und Interessen und ihre Koexistenz über die Jahrhunderte in diesen Raum ein, und das finde ich eigentlich toll.
Die Woche auf dem Verfassungsblog
In den USA schickt sich der Supreme Court an, ein halbes Jahrhundert Verfassungsrechtsgeschichte und vor strafgesetzgebenden Mehrheiten in konservativen Bundesstaaten geschützte Recht der Amerikanerinnen auf ihre reproduktive Freiheit durchzustreichen. Das geht aus einem geleakten Entscheidungsvorschlag des Richters Samuel Alito hervor, der das restriktive Abtreibungsrecht Mississippis für verfassungsgemäß erklärt. SARAH KATHARINA STEIN ordnet die Draft Opinion in die Rechtsprechungspraxis des US Supreme Courts und in die Geschichte des Rechts auf Abtreibung in den USA ein. VALENTINA CHIOFALO geht der Frage nach, was der Entscheidungsvorschlag für die Rechtsstellung von Frauen und insbesondere ihr Recht auf Privatsphäre bedeutet und fragt, wie diese Konstellation in Deutschland aussähe.
Kann Deutschland im Krieg Russlands gegen die Ukraine zur Kriegspartei werden, wenn ukrainische Soldaten in Deutschland ausgebildet werden? Journalisten haben, um diese Meldung in die Welt setzen zu können, ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes und ein Zitat des unseren Leser_innen wohl bekannten Bochumer Völkerrechtlers Pierre Thielbörger auf eine Weise fehlgedeutet, die mir, sagen wir mal vorsichtig, die Grenzen der journalistischen Sorgfaltspflicht einer extremen Belastungsprobe unterzieht. Aber sicherlich hat das ganz viele tolle Quotes gebracht, also gratuliere zumindest dafür. STEFAN TALMON zeigt, dass die ganze Fixierung auf die Frage, ob Kriegspartei oder nicht, in die Irre führt. Deutschland werde weder durch Waffenlieferung und Ausbildung zur Kriegspartei, noch ergebe sich allein aus dem Status als Kriegspartei ein Recht zur Gewaltanwendung gegen Deutschland.
Altkanzler Gerhard Schröder mag von seinem Freund Putin auch jetzt noch nicht lassen und stellt damit eine verfassungsrechtliche Frage auf, die sonst selten jemand stellt: Was schulden sich Altkanzler und Republik eigentlich wechselseitig? JANNIS LENNARTZ hat die Antwort.
Unsere neue Blogdebatte zur Rolle von Parlamenten in Kriegszeiten eröffnen YULIIA KYRYCHENKO & SUJIT CHOUDHRY mit einem Beitrag zum ukrainischen Parlament und SAMUEL ISSACHAROFF mit hoffnungsvollen Beobachtungen zur Rolle der Demokratie im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.
In Großbritannien hat die Tory-Mehrheit im Parlament das Wahlgesetz geändert, und zwar auf eine Weise, die die Funktionsbedingungen der britischen Demokratie auf Parteipolitik reduziert. Warum das extrem beunruhigend ist, zeigt JACOB EISLER.
Ein Sieg der linksnationalistischen Partei Sinn Féin bei den Wahlen in Nordirland wäre historisch – auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht. Mit Blick auf Good Friday Agreement, Brexit und Nordirland-Protokoll mahnt COLIN HARVEY zu Umsicht. Der Beginn eines neuen Kapitels in Nordirlands Geschichte steht aber zweifellos bevor.
In Frankreich wurden im Februar und März drei neue Richter*innen in den Conseil constitutionnel berufen. THOMAS PERROUD sieht sich das genauer an und zeigt, dass FrankreichsVerfassungsgericht mehrheitlich aus männlichen, weißen, elitären und rechts-konservativen Akademiker*innen besteht, die aus der Politik und der Verwaltung kommen. In einem zweiten Beitrag erläutert er, wie dieses Gericht funktioniert und es stellt sich heraus, dass die Ernennung der Richter*innen eigentlich nicht so entscheidend ist, wie man denken könnte, da die Urteile in Wirklichkeit von der Rechtsabteilung der Gerichtsverwaltung geschrieben werden.
Das italienische Parlament möchte den 26. Januar zu einem Gedenktag für eine Schlacht aus dem Zweiten Weltkrieg machen. Das Schlachtfeld liegt… in der Ukraine. MARCO GOLDONI über eine verwirrende Entscheidung, denkbar schlechtes Timing und was das alles über die italienische Verfassungskultur aussagt.
In Lettland spielt sich seit Monaten ein humanitärer Skandal ab, den niemand mitbekommt und der wenige interessiert. Es geht um die EU-Außengrenze zu Belarus und die Geflüchteten, die in abwechselnden Pushbacks dort offenbar über Monate hin und zurück gekickt werden und dabei angeblich in Lettland teilweise schwer misshandelt werden. ALEKSANDRA JOLKINA ist der Sache nachgegangen.
Das Urteil des EuGH zu Grenzkontrollen im Schengenraum und seine Folgen analysieren POLA CEBULAK und MARTA MORVILLO.
Wie viel Automatisierung verträgt die Meinungsfreiheit? FELIX REDA ordnet für uns das EuGH-Urteil zu Artikel 17 ein und erklärt, warum es nicht nur Uploadfilter im Urheberrecht, sondern auch das Verbot allgemeiner Überwachungspflichten im Persönlichkeitsrecht betrifft.
Mit der Anti-SLAPP-Richtlinie versucht die EU-Kommission, missbräuchliche Klagen gegen öffentliche Beteiligung zu bekämpfen. Von diesen Klagen geht eine große Gefahr für den gesamten zivilgesellschaftlichen Protest aus, da die Drohkulisse Betroffene von der Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten abhalten kann, berichtet JOSCHKA SELINGER. Er begrüßt die Initiative und warnt vor ihrer Verwässerung im weiteren Gesetzgebungsprozess.
Die Tübinger Verpackungssteuer ist rechtswidrig, meint das Oberverwaltungsgericht Mannheim. MICHAEL DROEGE glaubt aber, dass damit das letzte Wort über kommunale Besteuerung von Einwegverpackungen im Kampf gegen die Klimakrise noch lange nicht gesprochen ist.
Das Bundesverfassungsgericht hat große Teile des bayerischen Verfassungsschutzgesetzes für verfassungswidrig erklärt. Die praktischen Folgen des Urteils dürften sich allerdings in Grenzen halten, meint KLAUS FERDINAND GÄRDITZ.
Mit einer Gesetzesänderung versuchte der Gesetzgeber nachträglich das Problem zu lösen, dass Erträge aus Cum-Ex-Straftaten in Höhe von knapp 177 Mio. Euro steuerrechtlich verjähren und somit nicht mehr vom Fiskus eingezogen werden können. Das Bundesverfassungsgericht entschied kürzlich, dass die rückwirkende Änderung nicht verfassungswidrig ist. Ein „Happy End“, meint KILIAN WEGNER .
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Konferenz „9/11, zwei Jahrzehnte später: eine verfassungsrechtliche Spurensuche“
Gemeinsam mit der Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb) und uns, dem Verfassungsblog, begibt sich die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. anlässlich des Tages des Grundgesetzes am 23. Mai auf eine Spurensuche.
Als Abschluss einer Serie an Online-Symposien findet am 23. Mai die Konferenz „9/11, zwei Jahrzehnte später: eine verfassungsrechtliche Spurensuche“ digital oder vor Ort in Berlin statt. Hier geht es zum Programm und hier zur Anmeldung.
Wir wollen herausfinden, wie die Anschläge vom 11. September 2001 die Wahrnehmung und das Denken vieler Menschen und das Handeln von Politik und Sicherheitsbehörden verändert hat und wo damit unsere Grundrechte gefährdet werden.
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In Nicaragua hat sich der Konflikt zwischen dem Regime Daniel Ortegas und der Organization of American States (OAS) dramatisch zugespitzt. ALINA MARIA RIPPLINGER und FLORIAN KRIENER zeigen, warum die Durchsuchung von OAS-Büros in Managua gegen Völkerrecht verstößt – und welche Verpflichtungen aus der OAS-Charter trotz Nicaraguas „sofortigen Austritts“ gegenüber dem Land weiter gelten.
FELIPE OLIVEIRA DE SOUSA berichtet vom Machtkampf zwischen Jair Bolsonaro und Brasiliens höchstem Gericht. Die Verurteilung eines parteipolitischen Freundes veranlasste Bolsonaro dazu, von seinem präsidiale Gnadenbefugnis Gebrauch zu machen. Auch wenn der Fall rechtlich kontrovers ist, der Hauptkonflikt ist ein politischer.
Sri Lanka leidet seit Wochen unter der schwersten Wirtschaftskrise seit seiner Unabhängigkeit. Grund für die Krise, so DINESHA SAMARARATNE, ist eine jahrzehntelange politische Kultur der Selbstbereicherung, die ihre Wurzeln im Kolonialismus hat. Es gibt jedoch auch Lichtblicke: erstmals werden zahlreiche politische Forderungen marginalisierter Gruppen von der Mehrheit gehört und geteilt. Am Ende eines „Constitutional Ping Pong“ könnten so Reformen stehen, die das Land demokratisieren werden.
VIOLA NEU steuert zu unserer zusammen mit der Stiftung Wissenschaft & Demokratie und dem Institut für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung (PRUF) organisierten und eigentlich schon abgeschlossenen Debatte zum Thema „Parteitage“ noch ein Plädoyer für Parteitage in Präsenz bei.
Auch unsere Blog-Debatte mit dem Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zur Sicherheitsstrategie nach der Zeitenwende nähert sich nach nunmehr über 40 Beiträgen zum Ende. Für Deutschlands künftige Sicherheitsstrategie bedeutet die Zeitenwende, dass auch die internationale Rechtsordung und die damit einhergehenden militärischen Verpflichtungen Teil des nationalen Sicherheitsinteresses werden müssen, so MALCOLM JORGENSEN im vorletzten Beitrag der Blogdebatte. Den Schlussstein bildet ein Abschlussreflexion von ALEXANDRA KEMMERER, die dieses Wochenende bei uns veröffentlicht wird.
So viel für diese Woche. Diejenigen unter Ihnen, die sich nicht zu einer Unterstützung auf Steady entschließen können oder wollen – vielleicht ist mal wieder eine Einmal-Spende? Auch das ist uns hoch willkommen und erfüllt uns mit strahlender Dankbarkeit. Gerne auch direkt per Banküberweisung (Dauerauftrag?) an IBAN DE41 1001 0010 0923 7441 03.
Danke und alles Gute!
Ihr
Max Steinbeis