08 March 2016
Einer raus, einer rein: vielleicht keine Lösung, aber immerhin Völkerrecht
Für jeden syrischen Flüchtling, den die Türkei aus Chios, Lesbos und Kos zurücknimmt, lässt die EU einen anderen syrischen Flüchtling aus der Türkei legal einreisen. Ein bewegliches Kontingent soll es geben, das den Syrern in der Türkei als legale, sichere und preiswerte Alternative zum Schlauchboot offen steht und dessen Größe schrumpft und wächst mit der Zahl der irregulär eingereisten Flüchtlinge, die die Türkei aus Griechenland wieder zurücknimmt. Das ist der Plan nach dem gestrigen EU-Gipfel in Brüssel. Pro Asyl findet ihn ganz fürchterlich. Ich bin da ehrlich gesagt nicht so sicher. Continue reading >>
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04 March 2016
Ist der deutsche Transit österreichisches Hoheitsgebiet?
Im Streit um den rechtskonformen Umgang mit von Österreich kommenden Asylsuchenden haben Peukert, Hillgruber, Foerste und Putzke ein neues Kapitel aufgeschlagen. Sie halten die Zurückweisung der aus Österreich kommenden Schutzsuchenden für europarechtlich unbedenklich, da der an der deutschen Kontrollstelle gestellte Antrag auf österreichischem Hoheitsgebiet gestellt sei. Ich halte, um das Ergebnis vorwegzunehmen, diese Argumentation für abwegig. Den Autoren ist nicht einmal zugute zu halten, dass sie Art. 20 IV VO Dublin III in die Debatte eingeführt haben. Die Bestimmung ist bisher keineswegs übersehen worden, es ist nur noch niemand auf die Idee verfallen, den deutschen Transit als österreichisch zu definieren. Continue reading >>02 March 2016
Nochmals: Die Politik offener Grenzen ist nicht rechtskonform
Die Diskussion über die Frage, ob die Politik offener Grenzen mit dem geltenden Recht in Einklang steht, gewinnt an Dynamik und Tiefenschärfe. Mit Roman Lehner hat erstmals ein Fachkollege auf unsere andernorts vertretene Auslegung der Dublin III-VO und des Schengener Grenzkodex erwidert. Seine Gegenthese lautet im Kern: Schutzanträge an der deutsch-österreichischen oder einer anderen Binnengrenze unterfallen Art. 3 Abs. 1 und nicht Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO, weshalb die Zuständigkeits- und letztlich die Antragsprüfung in Deutschland und nicht in Österreich stattzufinden haben. Dieser Einwand beruht freilich auf einem grundlegenden Missverständnis der Konzeption des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) und speziell des Art. 3 Abs. 1 S. 1 Dublin III. Continue reading >>01 March 2016
A Global Solution to a Global Refugee Crisis
The UN’s Refugee Convention is increasingly marginal to the way in which refugee protection happens around the world. I believe that this is a bad thing—both for refugees and for states. If implemented as intended, the Convention points the way to a truly global solution to the refugee crisis. Continue reading >>26 February 2016
Grenze zu, dank Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO? Eine Replik
Darf Deutschland Flüchtlinge an seiner Grenze (jetzt doch) zurückweisen? In diesem Blog wurden die europa-, verfassungs- und asylrechtlichen Vorgaben, die dem entgegenstehen, hinreichend ausgebreitet (hier, hier, hier und hier). Trotzdem reißt die Debatte, ob Deutschland sich zu Recht für zuständig hält, aus Österreich kommende Flüchtlinge auf ihre Asylberechtigung zu überprüfen, nicht ab. Zuletzt haben vier Juraprofessoren in der FAZ die These aufgestellt, es gebe sehr wohl eine Rechtsnorm, die diese Verantwortung Österreich zuweist – nämlich Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO. Doch bei näherem Hinsehen zeigt sich: Die Norm gibt das nicht her. Continue reading >>17 February 2016
Hitting where it hurts the most: Hungary’s legal challenge against the EU’s refugee quota system
Following the drama and confusion on the South-Eastern borders of the EU in the hot summer of 2015, the EU and the Member States adopted a Council Decision which introduced a quota system for the distribution and settlement of asylum seekers and migrants. Its aim was to establish a regime for the fair sharing of burdens among the Member States. This quota system was opposed and subsequently challenged before the EU Court of Justice by Hungary, one of the worst affected EU Member States, by which it affirmed its position as a Member State which regards the Union primarily as an arena for vindicating its national interests, and which is not hesitant to prioritise its own interests, mainly in areas which fall within competences retained by the Member States, over those of other Member States and of the Union. Continue reading >>04 February 2016
Obergrenze ist nicht gleich Obergrenze – und warum es derzeit trotzdem keine gibt
Die Forderung nach Obergrenzen für Flüchtlinge ist ein fester Bestandteil der aktuellen flüchtlingspolitischen Diskussion. Die Berechtigung der Forderung ist das eine; das andere ist ihre Bedeutung: Was genau soll eigentlich mittels einer „Obergrenze“ beschränkt werden: die Einreise von Flüchtlingen oder die Reichweite des Flüchtlingsschutzes? Diese beiden Bezugspunkte stehen in unterschiedlichen normativen Kontexten, die in der Diskussion deutlich auseinandergehalten werden müssen. Die zentralen rechtlichen, politischen und moralischen Wertungen, die den Umgang mit dem massiven Flüchtlingszustrom der letzten Monate leiten, kommen ansonsten nur verzerrt zum Ausdruck. Continue reading >>27 January 2016
Deutschland und die Flüchtlinge: zwischen Scylla und Charybdis
An die Stelle des Zuständigkeitssystems nach Dublin ist das Prinzip der freien Wahl des Asylstaates getreten. Das ist ein Pull-Faktor ersten Ranges. Kann sich Deutschland nun auf eine Art Notstand berufen und die Vorgaben des EU-Rechts abschütteln nach dem Motto: Wenn die anderen Staaten Dublin nicht beachten, dann dürfen wir uns auch davon lösen und Flüchtlinge an der Grenze zurückweisen? Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Bundesregierung eines Tages dazu gezwungen sehen wird. Dass eine solche Maßnahme bislang nicht getroffen geworden ist, stellt aber keinen Rechtsbruch dar. Continue reading >>22 January 2016
Der Rechtsstaat und die deutsche Staatsgrenze
Die Sicherung der Staatsgrenze dient im politischen Diskurs als Symbol für die Ausrichtung der Flüchtlingspolitik. Diese symbolische Bedeutung der Staatsgrenze verträgt sich nur schwer mit dem Umstand, dass diese heute von einer ganzen Reihe an Detailvorschriften erfasst wird. Grenzkontrollen sind längst keine Arkansphäre einer souveränen Exekutivgewalt mehr. Der Schengener Grenzkodex und die Dublin-III-Verordnung sind so komplex, dass man auch bei der wiederholten Lektüre immer etwas Neues findet. Dies ist mühsam, auf der Suche nach juristischen Antworten aber unumgänglich. Dies gilt auch für die Frage, ob Asylbewerber an der Grenze abgewiesen werden können. Hier ergibt die Erkundung des Rechtsmaterials manche Überraschung, die in der bisherigen Debatte zu kurz kommt. Continue reading >>21 January 2016
Keine Asylanerkennung für Flüchtlinge aus türkischen Lagern?
In der Flüchtlingsdebatte mehren sich Initiativen, die europäisch und international nach Lösungen suchen. Dabei steht die Idee im Zentrum, Kooperationen mit Nachbarstaaten Europas, allen voran mit der Türkei voranzutreiben. Perspektivisch sollen der Türkei bestimmte Quanten an Schutzbedürftigen (Kontingente) abgenommen werden, um so im Idealfall eine reguläre, aber nach oben begrenzte Fluchtmigration nach Europa zu realisieren. Voraussetzung für die Kontingentaufnahmen soll sein, dass die Zugänge nach Europa tatsächlich begrenzt werden, notfalls dadurch, dass jenseits der vereinbarten Quanten nach Europa durchgedrungene Asylsuchende von der Türkei zurückgenommen werden. So etwas ist weder nach der Genfer Konvention noch nach dem Europäischen Asylrecht schlechthin ausgeschlossen, allerdings ist es voraussetzungsreich, und diese Zulässigkeitshürden werden in der Debatte unterschlagen. Continue reading >>
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