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11 December 2022

Klimanotstand über Gewaltenteilung?

Bereits vor einigen Wochen wurde bekannt, dass das Amtsgericht Flensburg einen Klimaaktivisten freigesprochen hatte, der einen Baum auf einem Privatgrundstück besetzt hatte. Der Baum sollte auf Grundlage einer Baugenehmigung gerodet werden, gegen die auch eine verwaltungsgerichtliche Klage eingereicht worden war. Nun ist die Urteilbegründung veröffentlicht: Das Gericht sah § 123 StGB – Hausfriedensbruch – zwar tatbestandlich erfüllt, jedoch aufgrund von § 34 StGB in einer Art „Klimanotstand“ gerechtfertigt. Die vom Gericht bemühte „verfassungskonforme“ Auslegung ist jedoch weder überzeugend noch verallgemeinerungsfähig, schadet dem Ansehen der Judikative und schafft einen Anreiz für zukünftiges rechtswidriges Verhalten. Continue reading >>
17 November 2022

„Klima-RAF“ herbeireden

Derzeit erleben wir nahezu täglich und in ganz Europa, dass junge Menschen in unterschiedlichen Formen Protest erheben, um auf den voranschreitenden Klimawandel hinzuweisen. Alexander Dobrindt forderte härtere Strafen für „Klima-Chaoten“, um eine Radikalisierung zu vermeiden. Sollte der Protest besonders streng geahndet werden? Meine These lautet, dass selbst im Falle einer Strafbarkeit ein Labeling als Öko-Terrorismus beziehungsweise Schwerkriminalität nicht nur falsch, sondern sogar schädlich ist. Continue reading >>
16 November 2022

Gewaltfantasien und Gewaltmonopol

Auf Welt.de ist vor kurzem ein Stück Service-Journalismus der besonderen Art erschienen. Der Redakteur Constantin van Lijnden hat die „Rechte der ausgebremsten Bürger“ zusammengetragen. Was kann man tun gegen die Störenfriede der Letzten Generation, die sich fortwährend auf Straßen festkleben, um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen? Der Staat, jedenfalls in Berlin, leider nur wenig, so der Tenor. Continue reading >>
10 November 2022

Feindbild Klimaaktivismus

Die jüngsten Klimaproteste der Bewegung „Letzte Generation“ haben eine Diskussion über Strafverschärfungen für Klima-Aktivist*innen entfacht. Der reflexartige Ruf nach (härteren) Strafe(n) ist symptomatisch für einen Politikbetrieb, in dem gesellschaftliche Konflikte an den eigentlichen, inhaltlichen Problemen vorbei verhandelt werden. Die Kriminalisierung des zivilen Ungehorsams stellt dabei den Versuch dar, die Definitionsmacht über die Legitimationsgrenzen des Protestes dem Staat zu übertragen und auf die Kategorien strafbar/straflos zu reduzieren. Was das für ein Strafrechtsverständnis offenbart und welche Gefahren mit dem Einsatz von Strafrecht als vermeintliches Konfliktschlichtungsinstrument einhergehen, ist Gegenstand dieses Beitrags. Continue reading >>
31 October 2022

Regieren der Erinnerung durch Recht

Knapp zwölf Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist implementiert Deutschland die von einem EU-Rahmenbeschluss vorgegebene Pflicht, die Leugnung von Völkermorden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter Strafe zu stellen. Was ein hehres Ziel ist – die Bekämpfung von Geschichtsrevisionismus –, zieht Probleme nach sich, die zum Teil im Rahmenbeschluss selbst wurzeln, zum Teil in der deutschen Umsetzung. Continue reading >>
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27 October 2022

Welcher Skandal?

Ein kriminalpolitischer Skandal – tönt es aus Zeitungsberichten, Kommentaren und Tweets. Und das, obwohl sich die neue Regierung ausdrücklich einer evidenzbasierten, wissenschaftlich beratenen und zurückhaltenden Strafgesetzgebung verschrieben hat. Was ist geschehen? Der Deutsche Bundestag hat vor wenigen Tagen den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) um einen weiteren Absatz ergänzt. Continue reading >>
06 October 2022

Auto fahren oder Klima retten?

Vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten finden zurzeit Prozesse gegen Aktivist:innen von Letzte Generation statt. Diese hatten sich an verschiedenen Straßen in Berlin festgeklebt, um auf die unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen aufmerksam zu machen (die BZ prägte deshalb auch den Begriff „Klima-Kleber“). Dadurch kam es teilweise zu Straßensperren und Staus. Die jüngst ergangenen Urteile werfen die Frage nach den strafrechtlichen Grenzen von zivilem Widerstand bzw. Ungehorsam auf: Kann Klimaschutz ein strafrechtlicher Rechtfertigungsgrund sein? Continue reading >>
29 August 2022

Konventionswidrig aber rechtssicher

Mit Beschluss vom 08. Juli 2022 verwarf das OLG Frankfurt a.M. eine sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung eines auf § 359 Nr. 6 StPO gestützten Wiederaufnahmeantrags durch das LG Kassel - obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits die deutsche Handhabung möglicher Befangenheit von Richtern kritisiert hatte. Continue reading >>
25 July 2022

Nochmals: Cannabis-Entkriminalisierung und Europarecht

Ich habe kürzlich an dieser Stelle argumentiert, dass das Europarecht mit Blick auf die geplante Entkriminalisierung des Cannabiskonsums „die völkerrechtlichen Vorgaben im Wesentlichen“ nachvollzieht. Dem ist nun widersprochen worden und zwar unter Hinweis auf Art. 71 Abs. 2 SDÜ und den Beitritt der EU zur Wiener Drogenkonvention von 1988. Darauf ist kurz zu replizieren, weil die vorgebrachte Argumentation einerseits europarechtlich zu kurz greift und andererseits in der Sache an der Dominanz der völkerrechtlichen Abkommen nichts ändert. Continue reading >>
29 June 2022

Mehr soziale Gerechtigkeit im Strafrecht wagen

Seit erstem Juni werden auch in Berlin wieder Ersatzfreiheitsstrafen vollstreckt. Seit März 2020 war die Vollstreckung mehrfach ausgesetzt worden, weil man aufgrund der Coronapandemie den Strafvollzug schützen und nicht mit der häufigen Aufnahme von Personen mit kurzen Haftstrafen gefährden wollte. Damit wurde etwas umgesetzt, das viele kritische Beobachter*innnen des Strafvollzugs seit langem fordern: Das Ende der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen. Continue reading >>
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