Epidemiebekämpfung ist verfassungsrechtlich möglich
Während das Coronavirus nun zum vierten Mal veranschaulicht, was exponentielles Wachstum bedeutet, scheinen die zukünftigen Koalitionsfraktionen wild entschlossen, in Zukunft nur noch den Status Quo an Maßnahmen durch die Landesregierungen zur Pandemiebekämpfung zu erlauben (dazu am Dienstag hier).
Politisch begründet wird dies mit der hohen Eingriffsintensität der Bekämpfungsmaßnahmen: Flächendeckende Maßnahmen gegenüber Geimpften seien nicht mehr „rechtlich zulässig“. In der politischen und gesellschaftlichen Debatte besteht große Unsicherheit hinsichtlich des verfassungsrechtlichen Rahmens: Welche Maßnahmen sind noch möglich?
In diesem Beitrag geht es um die Grenzen, welche die Grundrechte der Pandemiebekämpfung im November 2021 setzen unter dem Eindruck einer Impfquote von 67 % der Bevölkerung, einer Sieben-Tages-Inzidenz von 249 Infektionen / 100.000 Personen, 1.274 neuhospitalisierten Personen und über 50.000 Neuinfektionen am 11.11.2021.
Flächendeckende und kontaktbeschränkende Maßnahmen sind bislang in den Corona-Bekämpfungsverordnungen der Länder enthalten (vgl. zum Beispiel die Corona-Bekämpfungsverordnung der Landesregierung Schleswig-Holstein aus dem November 2020) und in § 28a Abs. 1 IfSG als Regelbeispiele aufgeführt. Dazu gehören etwa die Beschränkung von Kontakten im Privathaushalt oder von öffentlichen Veranstaltungen und Großveranstaltungen. Betroffen von den Pandemiemaßnahmen sind eine Vielzahl von Grundrechten: der Schutz der Familie, die Berufsfreiheit, die Kunstfreiheit, das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Allgemeine Handlungsfreiheit, um nur einige zu nennen.
Der vorliegende Gesetzentwurf der Ampel-Fraktionen möchte, soweit die epidemische Lage von nationaler Tragweite nicht wieder vom Bundestag festgestellt wird (§ 5 Abs. 1 IfSG), die Rechtsverordnungen der Landesregierungen beschränken auf 2G und 3G-Regelungen, Abstandsgebote, Maskenpflicht, Hygienekonzepte, Auflagen für den Betrieb von Schulen und die Kontaktnachverfolgung. Die Hintergründe und Folgen einer solchen Neuregelung haben wir am Dienstag hier analysiert.
Die verfassungsrechtliche Beurteilung einzelner Maßnahmen oder Bekämpfungsverordnungen hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab: der Ausgestaltung der Norm, dem lokalen Einzelfall sowie den betroffenen Grundrechten. Eine pauschale rechtliche Bewertung ist schlicht nicht möglich, so sehr sich die interessierte Öffentlichkeit dies oft wünscht. Die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme oder eines Maßnahmenpaketes hängt eben von den konkreten Umständen ab. So entspricht manches in der Debatte vorgetragene Pauschal- oder Globalurteil eben nicht einer verwaltungs- oder verfassungsgerichtlichen Abwägungsentscheidung. Das Bundesverfassungsgericht wird demnächst zur Bundesnotbremse aus dem Frühjahr 2021 entscheiden, der Beschluss wird für die nächsten Wochen erwartet. Gleichwohl lassen sich gewisse Leitplanken markieren, in denen sich Corona-Maßnahmen bewegen müssen, um verfassungsgemäß zu sein.
Relevant sind drei verfassungsrechtliche Grenzen, die für die politische Auseinandersetzung um die Bekämpfung der vierten Welle der Corona-Virus Pandemie entscheidend sind:
(1) der grundrechtliche Gesetzesvorbehalt,
(2) das Verhältnismäßigkeitsprinzip als verfassungsrechtliches Übermaßverbot und
(3) die Schutzpflichten als verfassungsrechtliches Untermaßverbot (dazu im Oktober 2020 bereits an dieser Stelle – Wesentliches bleibt nicht nachzutragen, in diesem Beitrag gehen wir nicht näher darauf ein).
(1) Der grundrechtliche Gesetzesvorbehalt
Grundrechtseingriffe durch die Exekutive, zum Beispiel auf das Infektionsschutzgesetz gestützte Rechtsverordnungen der Landesregierungen, benötigen nach dem Grundgesetz einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Die Gesetzgebungsorgane müssen also in einem Gesetz vorsehen, welche Maßnahmen durch die Exekutive getroffen werden dürfen.
An der Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlage der Bekämpfungsverordnungen (heute §§ 32, 28 S. 1, 28a IfSG) gibt es seit Beginn der Pandemie viel Kritik aus der Wissenschaft (so beispielsweise zu Beginn von Klafki, Volkmann, Möllers und Lepsius, im Laufe der Pandemie von Kingreen, Kießling, Volkmann und Hollo), aber auch kontinuierlich aus der Rechtsprechung.
Insofern ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass die Ampelfraktionen „weiterhin notwendige Infektionsschutzmaßnahmen bis zu einer grundsätzlichen Überarbeitung des IfSG rechtssicher“ machen (Gesetzentwurf, S. 2) und festschreiben wollen, welche Maßnahmen der Pandemiebekämpfung in den nächsten Monaten, unabhängig von der politischen Entscheidung über das Fortbestehen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite, zulässig sein sollen (zur Regelungstechnik Kießling im Sommer hier, zu den politischen Zusammenhängen des aktuellen Gesetzesentwurfes hier).
Kehrseite der gewählten Regelungstechnik ist die Beschränkung auf diejenigen Maßnahmen, die das Parlament in den gesetzlichen Katalog aufnimmt: Abstandsgebote, Maskenpflicht, 2G- und 3G-Regelungen, Hygienekonzepte, Auflagen für den Betrieb von Schulen und Kontaktnachverfolgung (§ 28a Abs. 7 IfSG-E, S. 9 f. des Gesetzentwurfes). Andere Maßnahmen sind nach Auslaufen der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite Ende November nicht mehr zulässig. Auch kann wegen der Spezialregelungen in § 28a IfSG nicht mehr auf die Generalklausel des § 28 Abs. 1 S. 1, 2 IfSG zurückgegriffen werden. Es ist ja gerade das erklärte Ziel der Ampelfraktionen, solche „eingriffsintensiven Maßnahmen“ zu beenden.
Der Bundestag kann aber auch weiterhin die epidemische Lage von nationaler Tragweite (§ 5 Abs. 1 S. 1 IfSG) feststellen und so die Voraussetzung für die Anwendung der weitergehenden, bisher geltenden und weiterhin im Gesetz enthaltenen Rechtsgrundlagen (§§ 32, 28 Abs. 1 S. 1, 28a IfSG IfSG) zum Erlass von Bekämpfungsverordnungen durch die Landesregierungen schaffen.
Festzuhalten bleibt: Jede Bekämpfungsmaßnahme bedarf einer gesetzlichen Grundlage. Sonst ist sie nicht verfassungsmäßig. Die aktuelle Situation illustriert die immense Bedeutung der Gesetzgebung, die in dieser Pandemie immer wieder angemahnt worden ist. Die Gesetzgebungsorgane dürfen und müssen die Grundlagen der Pandemiebekämpfung selbst festlegen.
(2) Das Übermaßverbot: Verhältnismäßigkeit
Die Gesetzgebungsorgane sind dabei jedoch nicht vollkommen frei, sondern – wie die Landesregierungen beim Erlass der Bekämpfungsverordnungen – an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden: Eingriffe in Freiheitsrechte sind nur dann verfassungsgemäß, wenn sie auch verhältnismäßig sind. Die Verhältnismäßigkeit hängt dabei wesentlich vom Zweck des Eingriffes ab. Hier entscheidet sich, welche verfolgten Ziele in die verfassungsrechtliche Abwägung einfließen.
(a) Zweck der Maßnahmen: der Schutz der Gesundheit und des Lebens und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems
Zweck der Maßnahmen bis Sommer 2021 war der Schutz der Gesundheit und des Lebens der Bevölkerung vor einer Infektion mit dem SARS-Coronavirus-2 und einem möglichen schweren Verlauf von COVID-19. Seitdem mehrere Impfstoffe gegen das Coronavirus flächendeckend verfügbar sind und sich viele, aber keineswegs alle Menschen über 12 Jahre impfen lassen können, relativiert sich dieser Zweck zumindest für jenen geimpften Teil der Bevölkerung, der als Folge der Impfung ausreichend Antikörper entwickelt hat. Gleichzeitig zeigen aktuelle Forschungsergebnisse, dass die Wirkung der Impfung im Zeitverlauf nachlässt und durch eine dritte, sogenannte Boosterimpfung aufgefrischt werden muss. Es mag daher auch unter den Geimpften wieder schutzbedürftige Personen geben.
Geschützt werden muss definitiv jener Teil der Bevölkerung, der noch ungeimpft ist. Dieser besteht keinesfalls nur aus unverantwortlichen Personen mit Impfskepsis, sondern auch aus Personen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können und Hochrisikogruppen angehören, aus Schwangeren, sowie Personen, die keine Antikörper entwickelt haben. Für Kinder unter 12 Jahren an ist der Impfstoff ohnehin noch gar nicht zugelassen.
Nicht erst, wenn elektive Operationen in großen Universitätskliniken abgesagt werden, um die Intensivversorgung sicherzustellen, tritt der Zweck der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems gleichbedeutend hinzu. Eine Verschiebung elektiver Operationen beeinträchtigt die gesamte Bevölkerung, die potentielle gesundheitliche Versorgung durch Operationen und in der Intensivmedizin benötigt. Auch in Akutfällen wie bei Herzinfarkten muss eine Intensiveinheit verfügbar sein, und leider kommen Herzinfarkte auch während der Pandemie vor. Zweck weitreichender einschränkender Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie kann unter dem Eindruck der aktuellen Belegung der Intensivmedizin in den nächsten Monaten deswegen die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems sein, also die Verhinderung der Belegung mit Corona-Erkrankten.
(b) Geeignetheit: Maßnahmen der Kontaktbeschränkung zur Wiederherstellung der Funktionsweise des Gesundheitssystems
Voraussetzung für die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme ist ihre verfassungsrechtliche Geeignetheit: Die Maßnahme muss überhaupt geeignet sein, ihren angestrebten Zweck zu erfüllen. Die Erfahrungen mit den Auswirkungen weiterreichender kontaktbeschränkender Maßnahmen aus den letzten anderthalb Jahren zeigen, dass derartige Maßnahmen geeignet sind, sowohl die Auslastung der Intensivmedizin nachhaltig zu reduzieren und so die Funktionsweise des Gesundheitssystems wiederherzustellen als auch die Erkrankung einzelner Personen zu verhindern und damit deren Leib und Leben zu schützen. Soweit flächendeckende und kontaktbeschränkende Maßnahmen auch geimpfte Personen betreffen, muss die Beschränkung des Kontaktes zweier geimpfter Personen allerdings den Zweck fördern, das Gesundheitssystem zu entlasten.1)
(c) Erforderlichkeit: Impfpflicht oder 2G als mildere Mittel?
Die Maßnahmen müssen auch geeignet sein. Das sind sie im verfassungsrechtlichen Sinne, wenn der verfolgte Zweck nicht auch mit einem milderen Mittel bei gleicher Wirkung erzielt werden kann. Der Weg aus der Pandemie ist das Impfen. Alternativ könnte Herdenimmunität angestrebt werden. Dies erforderte eine Durchseuchung der ungeschützten Bevölkerung und hätte mindestens 100.000 zusätzliche Tote zur Folge. Ein solch utilitaristischer Ansatz führt zu Konflikten mit der Menschenwürde, die in Art. 1 GG geschützt wird, und zwar bedingungslos. Die Aufopferung des Lebens und der Gesundheit Einzelner, um vielen unbeschwerten Freizeitgenuss zu ermöglichen, ist als Regelungsansatz prinzipiell fragwürdig.
Die Voraussetzungen einer Impfpflicht sind zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat im Frühjahr 2020 bislang lediglich Eilanträge gegen die Pflicht zur Masernimpfung von Kindern in Gemeinschaftseinrichtungen abgelehnt. Für jene Berufsgruppen, die besonders exponiert sind oder in Alten- und Pflegeeinrichtungen oder der Gesundheitsversorgung für besonders vulnerable Personengruppen Verantwortung tragen, lässt sich eine Impfpflicht verfassungsrechtlich grundsätzlich durchaus rechtfertigen (skeptisch unter anderen faktischen Umständen noch Rixen im Sommer 2021).
Aus der Epidemiologie und der Virologie heißt es, dass auch flächendeckende Booster-Impfungen notwendig sind, um die Infektionsdynamik zu brechen. Eine Durchimpfung der Bevölkerung braucht freilich Zeit. Zur Brechung des Infektionsgeschehens reicht es nicht, allein vulnerable Personengruppen mit Impfstoff zu versorgen. Vielmehr müssen 50 % der Bevölkerung mit einer dritten Impfung versorgt werden. Derzeit empfiehlt die STIKO eine Auffrischungsimpfung erst nach sechs Monaten für einen begrenzten Personenkreis.
Politisch diskutiert wird aktuell die flächendeckende Einführung eines 2G-Modells. 2G gestattet nur noch geimpften oder genesenen Personen die Teilnahme am öffentlichen Leben. Ob 2G eine „Schubumkehr“ des Infektionsgeschehens bewirken kann, hängt von der konkreten Ausgestaltung ab und insbesondere von Ausweicheffekten, faktischer Kontrolle und Umfang der Regelungen.
Die Wirkungen der einzelnen pharmazeutischen und nichtpharmazeutischen Maßnahmen wie Impfpflicht, Booster-Impfungen, 2G-Regelungen, aber auch Kontaktbeschränkungen oder Betriebsbeschränkungen hängt von einer Vielzahl faktischer Voraussetzungen ab. Diese können weder von einem Gericht mit letzter Sicherheit überprüft noch wissenschaftlich präzise vorhergesagt werden. Auch unter diesen epistemischen Unsicherheiten müssen jedoch Entscheidungen getroffen werden. Sowohl den Gesetzgebungsorganen als auch den Landesregierungen obliegt nach wie vor eine weite Einschätzungsprärogative bei der Auswahl der Maßnahmen, mag sich auch das zweite Pandemiejahr seinem Ende zuneigen. Die Faktizität der Pandemie schert sich nicht um hoffnungsvolle Wünsche der Politik.
Die Bewertung der Geeignetheit einzelner Maßnahmen hängt sowohl von deren Intensität als Grundrechtseingriffe ab als auch von ihren Wirkungen auf Infektionsdynamik und Infektionsgeschehen. Nach derzeitigem Erkenntnisstand können flächendeckende Maßnahmen auch gegenüber geimpften Personen durchaus noch erforderlich sein, um die verfassungsrechtlich legitimen Ziele des Schutzes von Leib und Leben der Einzelnen zu erreichen, wenn keine anderen, ebenfalls geeigneten, aber weniger eingreifenden Maßnahmen ersichtlich sind, wie es momentan der Fall zu sein scheint.
(d) Angemessenheit: Das Gewicht der Gesundheit
Schließlich müssen die Maßnahmen angemessen sein: Der verfolgte Zweck darf zur Intensität des Grundrechtseingriffes nicht außer Verhältnis stehen. Wiederum muss zunächst das verfassungsrechtliche Gewicht des verfolgten Zwecks bewertet werden: Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verpflichtet und berechtigt den Staat dazu, die Gesundheit und das Leben der Bevölkerung zu schützen (dazu im Oktober 2020 hier).
Das gilt für durch eine Impfung geschützte Personen ebenso wie für noch ungeschützte Personen. Gegenüber Personen, die sich nicht impfen lassen wollen, wird oft das Argument der Eigenverantwortlichkeit vorgebracht, nach dem Motto: „selber schuld“, wer sich nicht impfen lässt. Schutzmaßnahmen zugunsten ungeimpfter Personen gegenüber der Bevölkerung seien daher nun nicht mehr notwendig bzw. gar nicht mehr zulässig. Diese Argumentation mit der Eigenverantwortlichkeit verkennt zwei Aspekte:
Erstens können sich aus gesundheitlichen Gründen nicht alle Personen impfen lassen und nicht alle entwickeln Impfschutz. Oftmals gehören gerade diese Personen besonderen Risikogruppen an. Der Staat muss gleichwohl auch und gerade diese Menschen effektiv vor einer Infektion mit dem Corona-Virus schützen.
Zweitens hätte eine Durchseuchung der ungeschützten Bevölkerung eine Überlastung der Kapazitäten auf den Intensivstationen zur Folge. In einem solchen Falle aber wäre die Gesundheitsversorgung keiner Person, egal ob geimpft oder ungeimpft, im Notfall sichergestellt – man denke an den Herzinfarkt.
Mit dem Verweis auf die Eigenverantwortlichkeit ungeimpfter Personen können daher flächendeckende Maßnahmen nicht für verfassungswidrig erklärt werden, denn deren Erkrankungen haben Auswirkungen auf alle anderen Menschen: Eine überfüllte Intensivstation gefährdet potentiell die Gesundheit aller Menschen, die medizinisch betreut werden müssen. Zum Schutz der Gesundheit aller können folglich in der gegenwärtigen Situation auch flächendeckende Maßnahmen gegenüber immunisierten Personen eingeführt werden.
Eine bedeutende Aufgabe der Politik
Die Erarbeitung eines Maßnahmenkonzeptes, das die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems wiederherstellt und die Gesundheit vulnerabler Personengruppen effektiv schützt, ist und bleibt Aufgabe der „Politik“, unterliegt aber auch ihrer Einschätzungsprärogative. Das bedeutet konkret:
- Die Gesetzgebungsorgane des Bundes dürfen und müssen eine gesetzliche Grundlage schaffen, wie die Coronavirus-Pandemie auch ab Dezember 2021 bekämpft werden kann. Der aktuelle Gesetzentwurf geht dafür unseres Erachtens nicht weit genug, weil er den Ländern notwendige Möglichkeiten der Pandemiebekämpfung vorenthält.
- Der Deutsche Bundestag könnte jederzeit das Fortbestehen einer Epidemischen Lage von nationaler Tragweite erneut feststellen (§ 5 IfSG). Eine solche Feststellung erlaubte es Landesregierungen auch in Zukunft, flächendeckende Maßnahmen nach §§ 32, 28 Abs. 1 S. 1, 2, 28a Abs. 1 IfSG zu erlassen.
- Die (geschäftsführende) Bundesregierung kann Maßnahmen zum Schutz am Arbeitsplatz in der Corona-Arbeitsschutzverordnung verschärfen und die Teststrategie durch Änderung der Coronavirus-Testverordnung anpassen. Zum Glück scheinen die zukünftige Ampelkoalition und die scheidende Bundesregierung in diesen Fragen zusammenzuwirken.
- Die Landesregierungen müssen ihrem Schutzauftrag gerecht werden und auf Basis des bundesgesetzlichen Infektionsschutzgesetzes durch Rechtsverordnung Bekämpfungsmaßnahmen anordnen, jeweils angepasst an das lokale Infektionsgeschehen.
Auch zu Beginn des Winters 2021/2022 sind in der absehbar gewaltigen vierten Welle der Pandemie die Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen zu einer wirksamen Pandemiebekämpfung aufgerufen. Die Verfassung steht einer weiterhin maßvollen, aber eben auch effektiven Pandemiebekämpfung keineswegs entgegen. Sie lässt in der aktuellen Situation und auf Basis einer gesetzlichen Grundlage flächendeckende und kontaktbeschränkende Maßnahmen gegenüber der gesamten Bevölkerung zu, also gegenüber geimpften wie ungeimpften Personen.
References
↑1 | Der Wochenbericht des RKI vom 11.11.2021 verzeichnet einen Anteil geimpfter Patienten über 60 mit einer Coronavirus-Infektion auf der Intensivstation an den auf der Intensivstation mit Coronavirus-Infektion behandelten Patienten von 36 %, in der Altersgruppe 18 bis 59 12,9 %. Es gibt also einen Anteil an Personen, die trotz Impfung bei Infektion auf der Intensivstation landen (sogenannte Impfdurchbrüche). Nach dem RKI steigt auch das Risiko für die geimpfte Bevölkerung mit zunehmenden Infektionszahlen. |
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Mit grossem Interesse habe ich Ihren Artikel gelesen, muss allerdings in einigen Punkten widersprechen. Die Zahlen in Deutschland wurden trotz Massnahmen nicht nachhaltig reduziert; trotz dieser waren die Infektionszahlen von Oktober-April anhaltend hoch. Der R-Wert vom RKI bestätigt auch dieses Bild.
Ein Blick in andere Länder zeigt, wenn wir z.B. nach Schweden, Finnland oder UK schauen, dass die täglichen COVID-Sterbezahlen pro 1 Millionen Einwohner nahezu vergleichbar sind. Ein statistisches Schätzmodell, bei dem keine zusätzlichen Annahmen getroffen werden, die die Kausalität potentiell untergräbt, findet garantiert keinen nachweisbaren statistisch Effekt der Massnahmen. Zudem liegt doch genau hier das Problem begraben. Wenn wir die Verhältnismässigkeit von Einzelmassnahmen in Frage stellen würden, können wir bei dem Konglomerat an Massnahmen gar keine Einzelwirkung feststellen. Eben auch nicht für die bereits eingesetzten Kontaktbeschränkungen.
Ein Herbeiziehen von Infektionszahlen auf Länderebene lasse ich an der Stelle nicht gelten. Man hätte längst diese Kennziffer auf die Anzahl der Tests normalisieren müssen. Da die Politik auch hier nicht agiert, entsteht ein gewaltiges Problem. Wir Tappen weiter im Dunklen und können gar nicht zeigen, dass gewisse Einzelmassnahmen entsprechend wirken.
Aus all diesen Gründen, und insbesondere, dass man diese Datenprobleme eben schon längst hätte ausräumen können, halte ich Kontaktbeschränkungen und sonstiges eben nicht für verhältnismässig.
Vielen Dank für den interessanten Beitrag.
Bei den Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit hat sich bezüglich der “Erforderlichkeit” vermutlich ein Fehler im ersten Satz eingeschlichen. Dort heißt es: “Die Maßnahmen müssen auch geeignet sein. ” (gemeint sein dürfte: “Die Maßnahmen müssen auch erforderlich sein.”).
Ansonsten würde mich interessieren, ob der Autor und die Autorin davon ausgehen, dass eine Impfpflicht für die Gesamtbevölkerung unter bestimmten Umständen verfassungsrechtlich zulässig sein könnte. Ich habe den Eindruck, der Artikel windet sich an manchen Stellen um diese Frage herum, vielleicht auch, weil sie sehr schwierig zu beantworten ist. Die Nennung einer möglichen Impfpflicht (nur) für “besonders exponierter Berufsgruppen” deutet zwischen den Zeilen darauf hin, dass der Artikel bei einer weitergehenden Impfpflicht verfassungsrechtlich größere Probleme sieht. Auf der anderen Seite lassen die Ausführungen zur Erforderlichkeit diese Lesart insoweit fragwürdig erscheinen, als dass dort als Wege aus der Pandemie die Durchseuchung der Impfung gegenübergestellt wird und bei der Durchseuchung relativ hohe Todeszahlen genannt werden.
Ferner würde mich zur Erforderlichkeit Folgendes interessieren: Überschrieben ist die Erforderlichkeitsprüfung mit “Erforderlichkeit: Impfpflicht oder 2G als mildere Mittel?”. Gegenüber welchen Maßnahmen sollen 2G und Impflicht konkret “mildere Mittel” darstellen? Und wie sieht die verfassungsrechtliche Rechtsprechung zum “milderen, gleich wirksamen Mittel” aus, also welche Anforderungen stellt das Bundesverfassungsgericht hier?
Entgegen der pflichtgemäßen Betonung, die Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Pandemie-Bekämpfungsmaßnahmen könne nur unter konkreter Ansehung der jeweiligen Umstände vor Ort vorgenommen werden, erörtern Sie die Verhältnismäßigkeit von kontaktbeschränkenden Maßnahmen dann doch im ganz Allgemeinen. Unter der Annahme, dass 2G oder 2G+ kein milderes Mittel darstellt, wäre dann jedenfalls auch die Frage zu stellen, ob ein Lockdown in der ein oder anderen Form “für alle” auch für den geimpften Teil der Bevölkerung verhältnismäßig im engeren Sinne und bei einer lebensnahen Betrachtung zumutbar wäre. Und wie sollen kontaktbeschränkende Maßnahmen, die nach dem Impf-/Genesungsstatus differenzieren, praktisch eigentlich kontrolliert und durchgesetzt werden? Schon bei den nächtlichen Ausgangsbeschränkungen des letzten Winters waren mancherorts allenfalls Stichproben möglich und die Vollzugsintensität regional doch, sagen wir – variabel. Setzt sich auch hier wieder “das Gewicht der Gesundheit” durch? Diese Faktoren spielen auch für die Beurteilung der Effektivität der Maßnahmen eine Rolle, so dass eine realitätsnahe Betrachtung leider nicht ganz entbehrlich ist…
“Die Erfahrungen mit den Auswirkungen weiterreichender kontaktbeschränkender Maßnahmen aus den letzten anderthalb Jahren zeigen, dass derartige Maßnahmen geeignet sind, sowohl die Auslastung der Intensivmedizin nachhaltig zu reduzieren und so die Funktionsweise des Gesundheitssystems wiederherzustellen als auch die Erkrankung einzelner Personen zu verhindern und damit deren Leib und Leben zu schützen.”
So klingt das, wenn meine Studierenden nicht hinreichend subsumieren. Die Ausführungen zur Geeignetheit/Erforderlichkeit sind (leider) die offene Flanke Ihres Beitrages. An anderer Stelle bemerken Sie doch zurecht die epistemischen Unsicherheiten.
Nichts für ungut, ich halte den Diskurs in der Sache für besonders wichtig; doch der Beitrag lässt mich ohne jeden Erkenntnisgewinn zurück. Alles – wirklich Alles – was man hier lesen durfte, wurde bereits an anderen Stellen dutzende Male (größtenteils deutlich tiefschürfender) herausgestellt.
Dass die Ungeimpften tatsächlich noch Schutz bedürften ist eine irrige Annahme. Für Kinder unter 12 Jahren ist Covid als Gesundheitsgefahr ggü. anderen Dingen wie RSV völlig zu vernachlässigen. Die wenigen, die sich nicht impfen lassen können oder sollten (da gehören Schwangere überhaupt nicht dazu) könnte man pandemisch vernachlässigen. Das Problem sind die nach wie vor Millionen, die meinen, sie seien klüger als die STIKO und überhaupt alle anderen. Die bewusste Entscheidung, sich nicht zu impfen, hat jetzt alle anderen in Geiselhaft genommen, insbesondere wieder die Kleinsten: dreimal wöchentlich Testen, Maskenpflicht und schon wieder Einschränkungen beim Sport in den Grundschulen in Bayern. Gesundheit – auch gesunder Lebensstil – ist zunächst einmal Privatsache. Eine Impfung gegen Corona nicht, weil die Folgen für den Rest zu gravierend sind. Man muss es so hart sagen, aber Impfverweigerung ohne medizinische Kontraindikation ist asoziales Verhalten, gegen das der Gesetzgeber hoffentlich bald mit einer Impfpflicht vorgeht – ansonsten muss der Intensivzugang für Ungeimpfte wegen Covid gestrichen werden. Die staatliche Schutzpflicht ist mit Impfangebot erfüllt.
Ihre Ausführungen sind aus meiner Sicht fachlich falsch und “ethisch” hinkend. Zunächst wurde der Nutzen der Impfkampagne bis heute nicht begleitend evaluiert. Es fehlt ein Beleg durch epidemiologische Studien, eigentlich Aufgabe der RKI bzw. Sticko diese zu initiieren. Melderaten positiver Testergebnisse hochzurechnen ist unseriös.
Nächstes Problem: Ein Nutzen ließe sich gar nicht belegen, weil die absolute Anzahl der Patienten bereits letztes Jahr bei teilweise garnicht vorhandener Impfung zu keinem Zeitpunkt über dem von 2019 lag, auch und gerade bei beatmeten Patienten. Siehe IQM Abrechnungsdaten, siehe Helioskliniken.
Weiterhin: Die Staatliche Schutzpflicht, die Gesundheit der Bürger zu schützen, enthält neben der zur Verfügungstellung wirksamer Impfstoffe auch die Aufgabe, ein funktionierendes Gesundheitssytem einzurichten. Wieso wurde nicht verstärkt darauf gepocht, den Pflegepersonal einzustellen und auszubilden, um diesen staatlichen Schutzauftrag zu erfüllen?
Es ist nicht ersichtlich, wieso der Bürger dieses Versagen durch fragwürdige Impfungen kompensieren soll.
Ihrer Logik nach soll also Patienten, die ihre missliche Lage selbst verschuldet haben, eine entsprechende Behandlung versagt werden können? Gilt das auch bei Kletterunfällen oder nur bei Corona? Was ist mit tausenden Oberschenkelhalsbrüchen aufgrund der Arbeiten auf der Leiter, die zu inneren Blutungen führen können und intensivpflichtig sind?
Wie wollen sie im Einzelfall nachweisen, dass ein Ungeimpfter nicht auch mit der Impfung auf der Intensiv gelandet wäre?
Die Frage kann ja nicht sein ob jemand denkt er sei klüger als die Sticko, sondern ob die Sticko valide Daten vorlegen kann, die solche Eingriffe rechtfertigen. Dies kann sie ausdrücklich nicht, weil es diese Daten nicht gibt.
Die Zahlen sowohl bei den Inzidenzen (Faktor 10 bei den Ungeimpften) als auch die Belegungszahlen auf den Intensivstationen sprechen mE eine hinreichend deutliche Sprache hinsichtlich der Wirksamkeit.
Die Zahlen zumindest bei der Inzidenz sind garnicht vergleichbar. Warum? Die eine Gruppe wird ständig getestet und man erwischt dabei auch die asymptotisch Erkrankten. Die Geimpften müssen sich nicht testen lassen. Die Tests in dieser Gruppe werden wahrscheinlich relativ häufiger auf Leuten mit Symptomen angewandt.
Bitte solche Kontrollvariablen berücksichtigen, ansonsten ist das ein Apfel-Birnen Vergleich, der die wahre Effektgrösse verschleiert.
Eine höhere Testrate dürfte kaum die in der Praxis zu findenden Faktoren erklären. Die Intensivbettenbelegungsraten erklärt sie zu Null Prozent. Und bei den Hospitalisierungszahlen müssen Sie darauf achten, dass die meisten geimpften Patienten nicht wegen Covid im Krankenhaus sind, sondern dort nur positiv getestet werden (so kommt es z.B. in Passau dazu, dass etwa die Hälfte der im KH positiven Geimpfte sind – nur dass diese halt wegen was anderem dort sind). Auf den Intensivstationen ist das Bild völlig eindeutig, und nur das ist letztlich für die Überlastung des Gesundheitssystems wirklich maßgeblich: Patienten wegen Covid. Dass sich Impfgegner und Ungeimpfte diese Zahlen jetzt schönredenden wollen, nach „Begleitstudien“ rufen etc., ist aus einer Sicht nichts Anderes als der Versuch, die eigene individuelle Entscheidung irgendwie objektiv zu rechtfertigen. Auf Kosten der geimpften Mehrheit, die nun wieder Maßnahmen ertragen muss, die bei höheren Impfquoten völlig unnötig wären.
Würden Sie ( Herr Prof. Herrmann) bitte die Quelle nennen auf die sie ihre Behauptung, das von den aktuell knapp 3000 Intensivpatienten mit Positiv-Test die Mehrzahl ungeimpft und WEGEN Corona dort liegen? Das DIVI Register gibt hierzu ja keinen Aufschluss und mir liegen sonst keine aussagekräftigen Daten hierzu vor. Vielen Dank im Voraus.
Der Beitrag lässt mich, aufgrund der Unwissenschaftlichkeit, ernüchtert zurück.
Schade, dass es anscheinend keinen Redaktionsrat gibt, der so etwas vorher aussiebt. Oder ist man so Beiträge angewiesen, dass man alles dankbar annimmt.
Schade, der Verfassungsblog hatte schon mal bessere Zeiten.
Die Verfasser vertreten die These, dass ein Lockdown gegen geimpfte Personen verfassungsrechtlich zulässig wäre. Diese These lässt sich an vielen Stellen ihrer Begründung leicht widerlegen. Das eigentliche Problem der These ist aber nicht ihre verfassungsrechtliche Angreifbarkeit, sondern ihre politische Fahrlässigkeit. Denn sie impliziert die Botschaft: “Impfen bringt nichts”. Sie betreibt das Geschäft der Impfgegner und ihrer ideologischen Grabenkämpfer. Denn sie verhilft ihnen zu einem “moralischen Sieg”: Sehr her Ihr Geimpften, was hats Euch gebracht? Jetzt sitzt Ihr doch wieder zu Hause! Und schützt uns Ungeimpfte! Ein bizarrer Kolleralschaden verfassungsrechtlicher Argumentationskunst. Doch leider ist es noch viel schlimmer: Ein Lockdown für Geimpfte untergräbt die moralische Basis der laufenden Impfkamapagne gerade auch im Hinblick auf das dringend nötige Boostern. Warum Boostern? Bringt ja doch nichts. Damit wird die zugleich die Grundlage für künftig notwendige Impfaktionen desavouiert, die wir wohl in den nächsten Jahren noch dringend brauchen werden. Eine desaströse Aussicht.
Volle Zustimmung!
Herr Prof. Lindner,
was für eine Bankrotterklärung doch Ihr Kommentar ist. Geht es nun um die Verteidigung der Impfung, trotz ihres nachweislichen Versagens oder um die Bekämpfung eines Virus, gegen das es nun mal keine Herdenimmunität gibt? Sie und Ihr Kollege Prof. Herrmann argumentieren rein emotional und mit einer moralischen Selbstherrlichkeit, die jeglicher Evidenz und Logik widerspricht. Nur weil die Geimpften nicht enttäuscht werden sollen, nur weil das Eingeständnis der Unwirksamkeit der Impfungen den Ungeimpften in die Hände spielen würde – nur deswegen soll also Ausgrenzung, Diskriminierung und die Knechtung der Ungeimpften gerechtfertigt sein?
Ungeimpfte sind so “gefährlich” wie “nur” zweifach Geimpfte. Das sagt Drosten (Virologe): “Die Viruslast [der Geimpften und Ungeimpften]– und ich meine die isolierbare infektiöse Viruslast – ist in den ersten paar Tagen der Infektion durchaus vergleichbar. Dann sinkt sie bei Geimpften schneller. Das Dumme ist, diese Infektion wird gleich am Anfang übertragen. Ich bin überzeugt davon, dass wir nur einen geringen Nutzen von vollständig geimpften Erwachsenen haben, die sich nicht boostern lassen. ”
– Wir landen hier also in einer Impfendlosschleife, während andere Nationen durch natürliche Immunität, ohne apokalyptischen Todeszahlen und ohne Spaltung ihrer Gesellschaft aus dieser Pandemie gekommen sind (Schweden!).
Wenn Sie einfach nur auf die Zahl der ungeimpften Coronapatienten auf den Intensivstationen schauen würden, könnte man die Diskussion etwas versachlichen. Und: Natürliche Immunität würde heissen: das Virus durchlaufen lassen. Das wäre Ihr Ernst?
Wie hoch sind denn die Zahlen? SPD-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen sagt doch “Bislang fehlen schlicht die Daten” auf die Frage, wie der Impfstatus der Intensivpatienten sei. Diese Daten sollen erst Ende November flächendeckend erfasst werden. Und auf dieser fehlenden Datengrundlage sollen Ungeimpfte ausgegrenzt werden? Bei der rasant nachlassenden Wirkung, die bisher bei keiner anderen Impfung so ist (!), bei den vielen gemeldeten Nebenwirkungen, die alles übersteigen, was in den letzten 20 Jahren an Impfnebenwirkungen gemeldet wurde, halten Sie ernsthaft eine Impfpflicht für eine mangelhaft wirksame Impfung für verfassungsrechtlich gerechtfertigt?
Kann es sein, dass weiterhin (wie seit 2 Jahren) mit oder ohne Impfung überwiegend (nicht nur) die Risikogruppen intensivmedizinisch behandelt werden müssen? Und ja, eine natürliche Durchseuchung jener Altersgruppen, die mit ihrem “altersspezifischen Risikoprofil” (Drosten) ohnehin keinen schweren Verlauf zu erwarten haben, ist besser als ihre seelische Verletzung, psychische Gängelung und willkürliche Entrechtlichung. Mündige Menschen entscheiden selbst, ob sie vom Staat aus falsch verstandenem Paternalismus gesund in die Isolation gegängelt werden wollen oder lieber leicht erkranken und danach eine wesentlich stärkere, länger anhaltende und risikofreiere Immunität genießen, als durch eine Impfung. Jetzt einen Impfzwang zu fordern ist so verfehlt, da das verbareichte Produkt eben nicht gegen die Delta-Variante wurde. Es ist sicherlich schmerzhaft für jene, die so fest an die Pharmaversprechen geglaubt haben, aber die Impfung ist nicht der “game changer”, sie verursacht neue Notfälle (siehe PEI-Berichte), suggeriert falsche Sicherheit und macht einen Risikopatienten nicht zu einem Jugendlichen. Das sagt Drosten dazu: “Die Delta-Variante hat leider die Eigenschaft, sich trotz der Impfung zu verbreiten. Nach zwei, drei Monaten beginnt der Verbreitungsschutz der Impfung zu sinken. Und wir haben ganz viele Menschen gerade in den relevanten Altersgruppen, die schon im Mai oder im Juni geimpft worden sind. Die verlieren jetzt allmählich ihren Verbreitungsschutz, und sie werden immer mehr. Wir haben eine Pandemie, zu der alle beitragen – auch die Geimpften, wenn auch etwas weniger. “
Sehr geehrter Herr Prof. Lindner,
ich würde mir ja gerne die Zahl der Ungeimpften auf den Intensivstationen ansehen, aber gestern in der Ausschuss-Anhörung sagte eben selbst der Präsident des DIVI, Prof. Dr. Gernot Marx auf die Frage, wie viele Ungeimpfte intensiv-medizinisch behandelt werden: “Die Frage kann ich nicht beantworten, weil wir bisher noch nicht erfasst haben, wer geimpft ist und wer nicht geimpft ist.”
Damit ist doch eigentlich jegliche Basis für den Ausschluss Ungeimpfter weg?
Da wäre ja ein einwöchiges Autofahrverbot für alle effektiver, milder und am angemessensten, weil ziemlich genau gesagt werden kann, wie viele Verkehrsunfälle auf der Intensiv landen!
Da in Deutschland diese Zahlen bisher (leider!) nicht erhoben haben, kann man sich die Zahlen in UK und USA von den CDCs ansehen. Ist eindeutig. Das wurde im übrigen in ‘zig wissenschaftlichen Publikationen auch in anderen Ländern untersucht.
Lieber Herr Prof. Lindner, mir läge auch viel an der Versachlichung – aber dazu tragen gerade verfehlte Rufe nach Zwang, Ausgrenzung und Missachtung der körperlichen Unversehrtheit nicht bei.
Wie viele Ungeimpfte liegen denn auf der Intensiv? Wo sind denn die transparenten Zahlen? Kann es sein, dass weiterhin (wie seit 2 Jahren) mit oder ohne Impfung überwiegend (nicht nur) die Risikogruppen intensivmedizinisch behandelt werden müssen? Und ja, eine natürliche Durchseuchung jener Altersgruppen, die mit ihrem “altersspezifischen Risikoprofil” (Drosten) ohnehin keinen schweren Verlauf zu erwarten haben, ist besser als ihre seelische Verletzung, psychische Gängelung und willkürliche Entrechtlichung. Mündige Menschen entscheiden selbst, ob sie vom Staat aus falsch verstandenem Paternalismus gesund in die Isolation gegängelt werden wollen oder lieber leicht erkranken und danach eine wesentlich stärkere, länger anhaltende und risikofreiere Immunität genießen, als durch eine Impfung. Jetzt einen Impfzwang zu fordern ist so verfehlt, da das verbareichte Produkt eben nicht gegen die Delta-Variante wurde. Es ist sicherlich schmerzhaft für jene, die so fest an die Pharmaversprechen geglaubt haben, aber die Impfung ist nicht der “game changer”, sie verursacht neue Notfälle (siehe PEI-Berichte), suggeriert falsche Sicherheit und macht einen Risikopatienten nicht zu einem Jugendlichen. Das sagt Drosten dazu: “Die Delta-Variante hat leider die Eigenschaft, sich trotz der Impfung zu verbreiten. Nach zwei, drei Monaten beginnt der Verbreitungsschutz der Impfung zu sinken. Und wir haben ganz viele Menschen gerade in den relevanten Altersgruppen, die schon im Mai oder im Juni geimpft worden sind. Die verlieren jetzt allmählich ihren Verbreitungsschutz, und sie werden immer mehr. Wir haben eine Pandemie, zu der alle beitragen – auch die Geimpften, wenn auch etwas weniger. “
Ich bin überrascht, dass hier die Wirksamkeit der Impfungen bestritten wird und dass Studien des RKI gefordert werden. Es gibt bereits ‘zig Studien dazu, begutachtet und in internationalen Zeitschriften erschienen. Das Ergebnis ist eindeutig: Die Impfung schützt gegen Infektion und gegen schwere Verläufe. Der Schutz, insbesondere gegen Infektion, nimmt im Laufe von Monaten ab. Dies hängt ab von der Art der Impfung, dem Alter und dem Geschlecht (Männer sind stärker betroffen). Die Zahlenwerte der einzelnen Studien schwanken, aber die Gesamtaussage stimmt überein. Das ist Stand der Wissenschaft. Die Studien erhält man durch einfaches Googeln, allerdings muss man bereit sein, sich in englische wissenschaftliche Texte hineinzulesen. Und vielleicht von den eigenen Lieblingstheorien Abstand zu nehmen. Die Wissenschaftler mussten es auch — beim Thema “Schutz der Impfung für Andere, d.h. gegen Übertragung” gab es bei Delta Überraschungen.
Bitte verlinken sie hier doch einen SystematicReview, der die angeblich einheitliche Datenlage belegt. Angesichts tausender Studien zu dem Thema sicherlich kein Problem.
Der “Nutzen”, sofern er denn seriöserweise in absoluter Risikoreduktion ausgedrückt wird, bewegt sich bei allen covid-Impfstoffen um die 1 Prozent, eher weniger (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/fcp.12715). Wohlgemerkt meint “Nutzen” hier nicht Letalität sondern nur den Endpunkt “Infektion”. Wenn sie die entsprechenden (englischen) Studienprotokolle gelesen haben, wird ihnen sicher aufgefallen sein, dass es sich beim Großteil nicht um prospektive randomisiert-kontrollierte Studien handelt, Aussagen über die Kausalität also nur in einem sehr geringen Rahmen überhaupt zulässig sind.
Das war spätestens seit der Biontech-Studie aus Brasilien Allgemeinplatz, kommt aber bei den meisten Juristen und Ärzten nicht an, weil diese Zünfte offenbar nicht in der Lage oder nicht Willens sind, zwischen absoluter und relativer Risikoreduktion zu unterscheiden.
Seid Beginn der Impfkampagne lässt eine Evaluationsstudie aus Deutschland auf sich warten.