09 April 2021

Nicht jeder Mensch

Ferdinand von Schirach, der Jurist und Bestsellerautor, will eine neue europäische Menschenrechtsdeklaration für unsere Zeit in Geltung setzen. Fünf neue Menschenrechte umfasst sie, auf gesunde Umwelt, auf digitale Selbstbestimmung, auf Schutz vor Algorithmen und Fake News und auf eine von Menschenrechtsverletzungen freie Lieferkette, allesamt einklagbar vor dem Europäischen Gerichtshof. “Jeder Mensch” soll diese Rechte haben, “Jeder Mensch” ist der Titel des Büchleins, das diese Woche bei Luchterhand erschienen ist, und die Geschichte, die Schirach darin erzählt, geht so: Die Menschenrechtsdeklarationen der amerikanischen und der französischen Revolutionen im 18. Jahrhundert waren damals Utopie und mussten erst erkämpft werden, vom Marquis de Lafayette beispielsweise, dem General im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg an Washingtons Seite, der später für die französische Nationalversammlung die Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen entwarf. Ein Jahrhundert später, als im Ersten Weltkrieg amerikanische und französische Truppen gegen die Deutschen kämpften, trat ein US-Oberst an Lafayettes Grab, salutierte und sagte: “Lafayette, wir sind hier”.

Etwas von der Art schlägt Schirach auch seinen Lesern vor: Sie sollen es den Autoren der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und der französischen Erklärung der Menschenrechte dadurch gleich tun, indem sie mit ihrem Smartphone einen QR-Code scannen bzw. eine Website besuchen und auf ihr abstimmen: Neue Menschenrechte – like. Es ist ein “langer, komplizierter und teurer Weg”, auf den Schirach seine Smartphone-Unterstützer einstimmt, aber am Ende, so sein Versprechen, “werden Sie den nachfolgenden Generationen etwas Glückliches, etwas Strahlendes hinterlassen. Und irgendwann werden Sie sagen können: »Lafayette, wir sind hier.«”

Klingt toll. Aber bevor ich mich auf diesen langen, komplizierten und teuren Weg mache, hätte ich noch ein paar Fragen.

Menschenrechte im Gegensatz wozu? Die amerikanischen und französischen Revolutionäre hatten es mit absolutistischen Monarchen und den Verteidigern einer ständisch stratifizierten Gesellschaftsordnung zu tun, die den Kontrast abgab für die Freiheitsrechte unter Gleichen, die sie postulierten. Wo ist dieser Kontrast in der aktuellen Situation? Das feierliche Vokabular von Demokratie, Freiheit, Gleichheit und Würde beherrscht heute jeder autoritäre Populist mindestens ebenso flüssig wie seine liberalen Gegner auch, was die Lage ja gerade so gefährlich und verwirrend macht und die Versuchung, sich an versunkenen Epochen zu orientieren, so groß. Wer dazu aufruft, seit 200 Jahren toten amerikanischen und französischen Revolutionären nachzueifern, muss aufpassen, dass er nicht nostalgischen Kitsch produziert. Das ist nicht nur ein ästhetisches Problem. Es sind, anders als im 18. Jahrhundert, nicht mehr “die Menschen“ abstrakt und als Bürger im Gegensatz zu Thron, Adel und Klerus, sondern spezifische „Menschen“, denen in spezifischen, hoch politischen und gegenwärtigen Konstellationen etwas zugefügt wird, das Unrecht ist oder jedenfalls sein sollte. Wem genau wird da etwas zugefügt, und durch wen?

Schirachs Text spricht in der Ersten Person Plural. “Wir” stehen vor neuen Herausforderungen, “wir” sind ungeahnten Gefahren ausgesetzt, “wir, die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union” erachten diese neuen Grundrechte für selbstverständlich. We, the People: Das ist Programm. Hier soll sich ein Europäischer Demos konstituieren, und zwar dadurch, dass sich ein „Wir“ zum Subjekt von zu fordernden Rechten macht. Da wird ein bürgerliches europäisches Wir konstruiert, das in Namen von „jedem Menschen“ spricht, dabei aber doch erkennbar ein ganz bestimmter Mensch ist, nämlich: unsereiner. Das ist ja auch die Intention dahinter, ein bürgerschaftliches europäisches Wir, endlich nicht mehr von irgendwelchen Eurokraten und Eliten dominiert, ein Europa von unten.

Wer soll das sein, dieses Unten?

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Ausschreibung Wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in (m/w/d)

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt sucht Forschungsvorhaben STRATUM eine/n wissenschaftliche/n Mitarbeiter/in (m/w/d).
Das BMBF-Verbundvorhaben STRATUM widmet sich der Analyse rechtlicher, gesellschaftlicher und technischer Aspekte und Maßnahmen zur Aufdeckung illegaler Migration und Bekämpfung der Schleusungskriminalität. Untersucht werden verschiedene mobile berührungslose Detektionsmethoden und deren ethische, rechtliche und gesellschaftliche Vertretbarkeit.
 
Im rechtlichen Teilvorhaben am FÖPS Berlin wird eine umfassende rechtliche Analyse der im Projekt untersuchten Detektionstechnologien in Hinblick auf ihren Einsatz im Rahmen polizeilicher Maßnahmen vorgenommen. Hierzu gehören insbesondere die völker-, menschen-, europa- und verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen des Einsatzes und die spezialgesetzlichen Rechtsgrundlagen und Rahmenbedingungen insbesondere im Polizeirecht, Strafprozessrecht und Strahlenschutzrecht.
 
Weitere Informationen gibt es hier.

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Da draußen finden ja nun wirklich jeden Tag genug grässliche Menschenrechtsverletzungen statt, nicht wenige davon begangen in Täter- oder Komplizenschaft der Europäischen Union, an ihren Außengrenzen, inner- und außerhalb. Aber deren Opfer kommen in dem Text bezeichnenderweise mit keinem Wort vor, ebenso wenig wie Migranten, Geflüchtete, Roma, Saisonarbeiter_innen, Strafgefangene, prekär Beschäftigte und was der menschenrechtlich vulnerablen Nicht-so-richtig-zum-Demos-Dazugehörigen mehr sind, oder wenn, dann auf geradezu entwaffnend paternalistische Weise als „Menschen, die schwächer sind als wir“ und für die “wir” daher „Verantwortung tragen” (!). Das ist vielleicht kein bewusstes, aber jedenfalls auch kein zufälliges Versäumnis. Hier geht es ja um die Konstruktion eines bürgerlichen europäischen Demos. Hier geht es um mich und meinesgleichen. Ich dicker alter Deutscher mit meinem relativ gigantischen CO2-Ausstoß und meinen preiswerten T-Shirts made in Bangladesh bin „jeder Mensch“ und bekomme ein Grundrecht auf eine saubere Umwelt und eine makellose Lieferkette umgehängt, als ob zuvörderst meine Menschenwürde hier des Schutzes bedürfte. Und damit soll ich dann in Paris auf den Friedhof gehen und sagen: Lafayette, hier bin ich? Der steht ja aus dem Grab auf und haut mir eine rein.

Rechte berechtigen jemand, und sie verpflichten jemand. Sie entstehen nicht dadurch, dass ein Haufen Europäer_innen mit einem QR-Code einen hübsch geschriebenen Text likt, sondern dadurch, dass sie jemand gegen jemand erkämpft. An Kämpfen um Menschenrechte fehlt es nicht ringsum, und jedem der in dem Text formulierten Grundrechte liegt einer zugrunde, aber in den meisten dieser Konfliktverhältnisse bin ich, um in der Lafayette-Metaphorik zu bleiben, doch eigentlich auf der Aristokratenseite zu finden: mein Ressourcenverbrauch, mein Konsum, meine Diskursmacht, meine Privilegiertheit, mein EU-Bürgerpass, mein Facebook/Google/Apple/Amazonkundendasein, meine Angstfreiheit im Kontakt mit der Polizei, überall stehe ich am anderen Ende und denen, die Menschenrechte einzufordern haben, gegenüber. Das wird unsichtbar gemacht in diesem Text, und ich würde mal vermuten, nicht einfach so aus Missgeschick, sondern das ist es doch wohl, was dieser Text eigentlich bewirken soll: ein Feel-Good-Move für europäische Smartphone-Nutzer_innen, damit sie sich bisschen edler fühlen können angesichts der unbeschreiblich scheußlichen Dinge, die da ringsum so alles passieren, und ihnen gleichzeitig die Zumutung der Solidarisierung erspart bleibt.

Um Missverständnissen vorzubeugen: mein Problem mit Schirachs Text ist nicht, dass er eine Utopie zeichnet. Im Gegenteil. Menschenrechte sind und waren immer “konkrete Utopien”, die gerade aus ihrer Unerfüllbarkeit heraus fortlaufend die Grenzen dessen verschieben, was als möglich wahrgenommen wird. Das ist ihre Stärke, nicht ihre Schwäche. Das kann man aus einer weiteren Neuerscheinung dieser Tage lernen, die ich anders als Schirachs Büchlein uneingeschränkt zur Lektüre empfehlen möchte: Wolfgang Kaleck, Autor des bei S. Fischer erschienenen Bands, hat als Anwalt und Gründer des European Council for Constitutional and Human Rights (ECCHR) Jahrzehnte der Erfahrung im Einklagen und Durchsetzen von Menschenrechten vor Gericht und nimmt in sicher nicht nur meiner persönlichen Hall of Fame der Menschenrechts-Helden eine besondere Ehrenstellung ein. Dem grassierenden Menschenrechts-Hangover vieler setzt er eine springlebendige dekoloniale, feministische, klimaaktivistische “konkrete Utopie” von Menschenrechten entgegen, die an der “tatsächlichen Umstürzung der Verhältnisse” arbeitet, “in denen der Mensch vom Menschen geknechtet wird”. Da gibt es mehr als genug zu tun. Und wenn über der Arbeit an dieser konkreten Utopie eines Tages die Bürger_innen und Bewohner_innen Europas oder noch größerer räumlicher Zusammenhänge zu etwas zusammenwachsen, das sich selbst als Demos erkennt, dann soll mir das natürlich recht sein. Aber den alten Lafayette lassen wir bitte in Frieden ruhen. (Übrigens, wo liegt eigentlich Olympe de Gouges begraben?)

Die Woche auf dem Verfassungsblog

Zunächst will ich Sie auf einen Call for Papers aufmerksam machen: Im Rahmen unseres BMBF-geförderten Projekts “Offener Zugang zu Öffentlichem Recht” (OZOR) wollen wir Essays und Erfahrungsberichte sammeln, wie Rechtswissenschaftler_innen in der Corona-Krise ihren Zugang zu Publikationen und Publikationsmöglichkeiten erlebt haben. Da ist viel in Bewegung, und was und wohin, das wollen wir erforschen. Interessiert? Dann bitte hier entlang.

In der letzten Woche habe ich feiertagsbedingt eine Pause gemacht mit dem Editorial. Deshalb sind es zwei Wochen, über die zu berichten ist, und in den zwei Wochen hat sich eine Menge zugetragen:

In Polen werden unabhängige Richter, die versuchen, das EU-Recht und die Urteile des Europäischen Gerichtshofs anzuwenden, mit missbräuchlichen Strafanzeigen und Zwangsmaßnahmen bedroht. LAURENT PECH und PATRYK WACHOWIEC richten deshalb einen offenen Brief an die Europäische Kommission. Immer enger werden die Räume auch für Meinungen, die der polnischen Regierung missfallen. ALEKSANDRA GLISZCZYŃSKA berichtet von einem Gerichtsverfahren, das gegen einen polnischen Schriftsteller sowie ein paar Gymnasiasten eingeleitet, weil sie den polnischen Präsidenten Andrzej Duda beleidigt haben sollen. Zwei Wissenschaftler_innen wurden wegen ihrer Forschung zur polnischen Geschichte der Verleumdung für schuldig befunden, und TOMASZ TADEUSZ KONCEWICZ denkt über die Bedeutung eines robusten historischen Diskurses und die “Mismemory”-Politik in Polen nach.

In Ungarn wurde durch drei Instanzen einem Kolumnist der Mund verboten, weil er die mittelalterlichen Ungarn als “stinkende Migranten” bezeichnet und damit die “Würde der ungarischen Nation” verletzt habe. Was das Urteil des Obersten Gerichtshofs bedeutet und welche Rolle die Verfassungsänderungen der letzten Jahre dabei spielen, analysiert PETRA BÁRD.

In Slowenien fragen sich viele, ob Regierungschef Jansa der nächste Möchtegern-Autokrat an der Spitze eines EU-Mitgliedsstaats wird. Nach Ansicht von SAMO BARDUTZKY, BOJAN BUGARIC und SASA ZAGORC ist sein Handeln ein Fall von “constitutional hardball”, also dem zerstörerischen Spiel des Ausschöpfens aller verfassungsrechtlichen Spielräume, um dem politischen Gegner das Leben schwer zu machen.

In Kroatien droht über den Streit um die Wahl des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs die Verfassungsordnung ernsthaft Schaden zu nehmen. TIM HUYENG berichtet.

In der Slowakei ist ein Jahr nach ihrer Bildung die Regierung auseinandergefallen. Für MICHAL OVÁDEK ist der Ursprung der politischen Krise klar: Premierminister Igor Matovič.

Die türkische Verfassung von 1921 feiert dieses Jahr ihr hundertjähriges Jubiläum. CEM TECIMER zeigt, wie dasselbe Dokument im ‚culture war‘ um die Zukunft der Türkei den Argumenten beider Lager dient.

In Spanien kommt, vor allem auf regionaler Ebene, die Politik und die Parteienlandschaft nicht zur Ruhe. Vor der Regionalwahl in Madrid spinnt FRANCISCO JAVIER ROMERO CARO einen Leitfaden für Spaniens anhaltendes politisches TV-Drama.

Im Vereinigten Königreich ist die Rolle der Königin, so glauben viele, rein zeremonieller Natur. Neueste Enthüllungen zeigen aber, dass die Queen aktiv in Gesetze interveniert hat, unter anderem, um das Vermögen ihrer Familie unter Verschluss zu halten. THOMAS ADAMS findet, dass diese Sonderstellung abgeschafft gehört.

Im März hat ein Gericht in Schottland eine Corona-Maßnahme als unangemessene Einschränkung der Religionsfreiheit aufgehoben. PABLO GREZ HIDALGO mahnt, das mit der Verhältnismäßigkeitsprüfung in Pandemie-Zeiten vorsichtig umgegangen werden sollte.

In Italien wird die COVID-19-Impfung für Beschäftigte im Gesundheitswesen zur gesetzlichen Pflicht. Dies greift zwar in das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf gesundheitliche Selbstbestimmung ein, aber nach Meinung von MICHELE MASSA auf verfassungsmäßige Weise.

Die EU-Mitgliedsstaaten sind unzufrieden mit der Verteilung von Impfstoffen durch die EU. Dabei ist vieles an der Kritik unberechtigt, schreibt GARETH DAVIES. Die nationalen Regierungen sollten ihr eigenes Versagen nicht auf die EU schieben.

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Die Ministerpräsidentenkonferenz ist mittlerweile zum Sinnbild deutscher Uneinigkeit und Unentschlossenheit geworden. Sehnsucht nach zentralistischer Machtkonzentration gab es schon immer; in Krisenzeiten werden die Stimmen aber lauter. In unserem Krisen-Podcast bespreche ich mit FRANCESCO PALERMO, was dran ist an der aktuellen Kritik am Föderalismus.

Auch GEORG HERMES beschäftigt sich mit dem deutschen Föderalismus in Zeit der COVID-19-Pandemie. Derzeit wird der Bund seiner Verpflichtung nicht ausreichend gerecht, die zur Bewältigung der epidemischen Lage erforderlichen Verhaltensregeln durch Gesetz und insbesondere durch Bundes-Rechtsverordnungen festzulegen. JOHANNES GALLON hält dagegen die bundeseinheitliche Regelung für nicht so einfach möglich: Ohne Zusammenwirken von Bundestag, Bundesregierung und Landesregierungen werde es auch in Zukunft nicht gehen.

Die Corona-Krise hat ein gesellschaftliches Klima der Angst geschaffen wie seit Kriegszeiten nicht mehr. MAURIZIO BACH denkt über Alternativen zum „Regieren durch Angst“ nach.

Das zunächst auf den 31. März 2021 befristete „Eigentlich-nur-Corona-Recht“ wird durch das Gesetz zur Fortgeltung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite zu einem Pandemiebewältigungs-Dauerrecht. ANNA-LENA HOLLO hält dies für eine vertane Chance, die verfassungsrechtlichen Probleme des exekutiven Durchentscheidens zu bewältigen.

Die „Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems“ ist zum Pauschalargument geworden, die Freiheitsrechte dauerhaft zu untergraben. LINO MUNARETTO  findet, dass Gerichte dem Grenzen setzen müssten.

In nicht-coronabezogenen News: Die Bundesregierung will eine parlamentsgesetzliche Rechtsgrundlage schaffen, um das äußerliche Erscheinungsbild von Beamt_innen durch Verbote zu reglementieren. In der vermeintlichen “lex Tattoo” versteckt sich jedoch eine empfindliche Einschränkung der Religionsfreiheit im öffentlichen Dienst von Bund und Ländern, so KLAUS FERDINAND GÄRDITZ und MARYAM KAMIL ABDULSALAM – die Basis für ein verfassungsrechtlich höchst fragwürdiges Kopftuchverbot.

In dieser Woche gab es eine erneute Sammelabschiebung nach Afghanistan, ohne dass dies in Öffentlichkeit und Politik noch für viel Aufmerksamkeit gesorgt hätte. Laut MATTHIAS LEHNERT müsste es mit Blick auf die Gefahren, die Versorgungslage und die Lebensbedingungen im Land eigentlich nur ein Gebot geben: einen bedingungslosen und für alle Schutzsuchenden geltenden Abschiebungsstopp. VALENTIN FENEBERG und PAUL PETTERSSON haben ein Jahr Asylrechtsprechung zu Schutzsuchenden aus Afghanistan untersucht. Sie zeigen, dass die Gerichte die Lebenssituation im Land nach dem Pandemieausbruch sehr unterschiedlich wahrnehmen.

Zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, die Ausfertigung des Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz (ERatG) durch den Bundespräsidenten zu stoppen, meint BENEDIKT RIEDL: Damit habe das Gericht vorläufig die Gefahr gebannt, dass ein europarechts- und verfassungswidriger Weg in die Fiskalunion eingeschlagen wird.

Mit dem aktuellen Medienstaatsvertrag bekommt der deutsche Presserat als Organ der Selbstregulierung der Presse öffentlich-rechtliche Konkurrenz. Das ist verfassungsrechtlich überfällig, meint TORBEN KLAUSA.

In Russland hat die Datenschutzbehörde mehrere Telegram-Bots ins Visier genommen, die mit persönlichen Daten handeln und tief in die Privatsphäre Dritter eingreifen. VALENTINA GOLUNOVA zeigt, dass die russische Datenschutzbehörde den Entwicklern relativ machtlos gegenübersteht. Verbotene Bots sind binnen Stunden wieder online und Verstöße gegen den Datenschutz dauern an.

Dieses Jahr legen die Arbeitsgruppen der UN zum internationalen Recht im digitalen Raum ihre Abschluss