Physiotherapie für die Richterwahl
Wie sich Blockaden lösen lassen
Das Erstarken autoritär-populistischer Kräfte in Deutschland hat eine Debatte um eine verfassungsrechtliche Absicherung des Bundes-, aber auch der Landesverfassungsgerichte ausgelöst. Ein neuralgischer Punkt ist die Richterwahl, insbesondere das Zweidrittelmehrheitserfordernis und dessen Kehrseite, die Sperrminorität.1) Kritisch ist die Lage insbesondere in Thüringen, Sachsen und Brandenburg, wo im Herbst gewählt wird und die AfD kontinuierlich bei Umfragewerten um die 30% steht. Anders als auf Bundesebene hat die Zweidrittelmehrheit hier bereits Verfassungsrang2), die Blockadegefahr durch eine autoritär-populistische Sperrminorität ist also virulent. Um nicht zu versteifen, sind die dortigen Gesetzgeber daher aufgefordert, sich Gedanken zu machen, wie sich das Blockaderisiko verringern lässt, ohne den Pluralismusschutz aufzugeben. Eine Lösung könnte sein, ein Vorschlagsrecht des Verfassungsgerichts mit einem abgesenkten Mehrheitserfordernis im Parlament zu kombinieren.
Drei Schmerzpunkte: Pluralismusschutz, Vermeidung von Blockaden, demokratische Legitimation
Der Zweck des Zweidrittelmehrheitserfordernisses ist, eine politisch einseitige Besetzung des Gerichts zu vermeiden: Die Zweidrittelmehrheit garantiert erstens die Berücksichtigung (fast) aller Parteien und zweitens die Präsentation nur solcher Kandidatinnen und Kandidaten, die der jeweils anderen Seite halbwegs vermittelbar sind. Dies gilt grundsätzlich, wird jedoch umso wichtiger vor dem Hintergrund des Erstarkens einer rechtsextremistischen Partei. Ein geringeres Mehrheitserfordernis, etwa eine einfache Mehrheit, erhöht das Risiko einer Unterwanderung (oder im Extremfall der schlichten „Übernahme“) des Verfassungsgerichts.
Je höher das Mehrheitserfordernis, desto größer ist die Gefahr, dass eine autoritär-populistische Partei eine Sperrminorität erreicht, mit der sie die Richterwahl blockieren kann. Auch bisher schon kam es immer wieder zu Problemen bei der Nachwahl einzelner Mitglieder und auf Ebene der Landesverfassungsgerichte gar zu lang anhaltenden Vakanzen.3) Zur Überbrückung solcher Phasen sehen viele Landesverfassungsgerichtsgesetze bereits verschiedene Lösungen vor: So können die bisherigen Mitglieder bis zur Nachwahl geschäftsführend im Amt bleiben oder durch stellvertretende Mitglieder ersetzt werden. Denkbar ist auch, die Anforderungen für die Beschlussfähigkeit herabzusetzen, sodass das Gericht auch bei unvollständiger Besetzung entscheiden kann.4)
Die genannten Lösungen geraten jedoch früher oder später in Konflikt mit einem dritten Aspekt, der in die Abwägung zwingend einzubeziehen ist, nämlich der demokratischen Legitimation der Verfassungsgerichte. Denn Demokratie ist Herrschaft auf Zeit – ein gewähltes Parlament soll seinen Nachfolger nicht an die eigenen Präferenzen binden können. Das ist für die Regierung evident – ihre Amtszeit endet mit der Neuwahl bzw. dem Zusammentritt des neuen Parlaments (siehe nur § 9 Abs. 1 Nr. 2 BMinG). Bei Verfassungsgerichten ist die Sache komplizierter, weil sich aus guten Gründen das Modell durchgesetzt hat, die Richterinnen und Richter auf vergleichsweise lange Zeit zu wählen (im Bund zwölf Jahre, in Brandenburg zehn, in Sachsen neun und in Thüringen sieben) und eine Wiederwahl auszuschließen5). Gleichwohl sind diese Amtszeiten als Ausnahmebestimmungen zum Schutz der richterlichen Unabhängigkeit im Lichte des Demokratieprinzips eng auszulegen – sie können nicht einer womöglich inzwischen zweimal abgewählten ehemaligen Mehrheit bzw. den von ihr ernannten Richterinnen und Richtern ermöglichen, ad calendas graecas weiterhin die Fäden zu ziehen. Erschwerend kommt in rechtsstaatlicher Perspektive hinzu, dass ein derart anfechtbar besetztes Verfassungsgericht früher oder später auch mit dem Recht auf den gesetzlichen Richter i.S.v. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG in Konflikt gerät.6)
Der Lösungsvorschlag
Ein Vorschlag zur Absicherung der Verfassungsgerichte kann nur schwerlich allen drei genannten Aspekten gleichermaßen gerecht werden. Ziel eines solchen Vorschlags muss es aber sein, dies in größtmöglichem Maße zu tun – man mag in Anlehnung an Konrad Hesse von praktischer Konkordanz sprechen.
Einfachgesetzliche Absicherung
Ein relativ einfacher Schritt wäre zunächst, die vorhandenen einfachgesetzlichen Lösungen kritisch zu überprüfen und anzupassen. So setzt beispielsweise das Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetz bisher auf die Amtsfortführung. In § 3 Abs. 3 S. 2 ThürVerfGHG heißt es: „Nach Ablauf ihrer Amtszeit führen die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs bis zur Ernennung des Nachfolgers die Amtsgeschäfte fort.“ Aus § 6 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 4 ThürVerfGHG folgt jedoch, dass dies nicht gilt, wenn die Voraussetzungen der Wählbarkeit entfallen sind, zu denen unter anderem das Erreichen der Altersgrenze von 68 Jahren (vgl. § 4 Abs. 1 ThürVerfGHG) zählt. Zudem ist bisher nicht explizit geregelt, dass die stellvertretenden Mitglieder bis zur Nachwahl einspringen können. Diese Regeln sollte der Gesetzgeber so anpassen, dass das Erreichen der Altersgrenze die Amtsfortführung nicht verhindert und er sollte klarstellen, dass die stellvertretenden Mitglieder die Amtsgeschäfte auch im Falle der Amtsfortführung übernehmen können. Zu bedenken ist allerdings, dass diese Regelungen möglicherweise nicht für die derzeitigen Mitglieder, sondern erst für neu gewählte Mitglieder gelten.
Verfassungsrechtliche Absicherung
Zudem geraten diese einfachgesetzlichen Lösungsansätze wie gesehen bei einer anhaltenden Blockadesituation an ihre Grenzen. Denn je länger eine Nachwahl verhindert wird, desto größer wird das Defizit an demokratischer Legitimation. Entsprechend wäre es sinnvoll, nach einer gewissen Zeit einen Ersatzwahlmechanismus greifen zu lassen, der in der Verfassung zu verankern wäre. Hierzu gibt es verschiedene Modelle:7)
Denkbar wäre beispielsweise, das Mehrheitserfordernis im Landtag nach mehreren erfolglosen Wahlgängen auf eine einfache Mehrheit abzusenken (man könnte sich hier am Muster der Wahl des Bundeskanzlers im dritten Wahlgang nach Art. 63 Abs. 4 GG orientieren). Die demokratische Legitimation bliebe damit dem Grunde nach erhalten. Allerdings kann dann eine Parlamentsmehrheit bewusst in den vorherigen Wahlgängen die Richterwahl blockieren, um dann einen eigenen (einseitigen) Vorschlag einzubringen. Das Zweidrittelmehrheitserfordernis wird, wenn auch zeitlich verzögert, letztlich aufgegeben.
Stattdessen ließe sich das Blockadeproblem durch ein Auffangwahlorgan lösen. An die Stelle des Landtages träte für den Fall, dass dieser sich über einen vom Gesetzgeber festzulegenden Zeitraum nicht auf einen Kandidaten oder eine Kandidatin einigt, ein anderes Organ, welches das nachzubesetzende Mitglied wählt. Praktisch umsetzen ließe sich der Ersatzwahlmechanismus zum Beispiel durch ein Selbstergänzungsrecht des Verfassungsgerichtshofs. Dieser könnte dann selbst mit Zweidrittelmehrheit ein neues Mitglied wählen. Eine solche Regelung nimmt quasi die gesetzliche Wertung der § 6 Abs. 4 ThürVerfGHG, § 6 Abs. 1 Nr. 3 SächsVerfGHG, § 6 Abs. 3 S. 2 VerfGGBbg auf, die in Sachen Entfernung aus dem Amt § 105 BVerfGG entsprechen.
Hier bleibt die demokratische Legitimation jedoch letztlich schwach. Die Möglichkeit für den Landtag, jederzeit das ersatzweise gewählte Mitglied zu ersetzen, indem man sich doch noch einigt, ändert hieran nichts. Denn diese Möglichkeit besteht auch im Falle der bisher vorgesehenen Amtsfortführung. Zudem wird dies in der befürchteten gezielten Blockadesituation schlicht nicht passieren. Letztlich bietet diese Lösung nur einen äußerst geringfügigen Zuwachs für die Sicherung der Funktionsfähigkeit. Denn im Vergleich zu dem oben genannten einfachgesetzlichen Lösungsvorschlag bietet die Ersatzwahl nur für den Fall eine höhere Garantie der Funktionsfähigkeit, dass sowohl das bisherige Mitglied als auch etwaige vorhandene stellvertretende Mitglieder sterben oder schlicht ihr Amt nicht weiterführen möchten. Beides dürften höchst unwahrscheinliche Szenarien sein.
Führt man jedoch die beiden genannten Lösungen zusammen, könnte das sowohl die demokratische Legitimation als auch die Funktionsfähigkeit des Gerichts stärken. Ähnlich wie nach § 7a BVerfGG könnte der Verfassungsgerichtshof nach einer gewissen Frist dazu aufgefordert werden, selbst eine Kandidatin oder einen Kandidaten vorzuschlagen. Über diesen Vorschlag müsste dann erneut der Landtag abstimmen, nun allerdings – anders als in § 7a BVerfGG – mit einem nach dem Muster von Art. 63 Abs. 4 GG abgesenkten Mehrheitserfordernis, etwa mit einer einfachen Mehrheit.
Diese Lösung hat den Charme, dass die demokratische Legitimation erhalten bleibt, da am Ende der Landtag selbst wählt. Das abgesenkte Mehrheitserfordernis reduziert das Blockaderisiko. Gleichzeitig vermeidet die Auslagerung des Vorschlagsrechts auf den Verfassungsgerichtshof, dass eine Parlamentsmehrheit durch eine gezielte Blockade der Wahl mit Zweidrittelmehrheit die Absenkung des Mehrheitserfordernisses provoziert und so politisch einseitig ein neues Mitglied wählen kann.8) Dass die bisherigen, von demokratischen Zweidrittelmehrheiten ins Amt gewählten Mitglieder selbst eine extremistische Kandidatin oder Kandidaten vorschlagen, ist nach menschlichem Ermessen auszuschließen. Solange also extremistische Kräfte nicht die absolute Mehrheit erreichen, ist die Besetzung des Verfassungsgerichtshofs mit demokratischen Mitgliedern gesichert. Sollten extremistische Kräfte eine Mehrheit erreichen, so ist es ihnen zumindest nicht möglich, den Verfassungsgerichtshof einseitig zu besetzen. In diesem Szenario bliebe ihnen wiederum nur die Blockade, und die Amtsfortführung würde – für eine ungewisse Übergangsphase – greifen.
Letzter Ausweg – Karlsruhe
Auch für diesen Fall könnte man auf Landesebene vorsorgen – zumal auch nicht auszuschließen ist, dass eine extremistische Regierungsmehrheit Wege finden könnte, den Verfassungsgerichtshof anderweitig in seiner Funktionsfähigkeit massiv einzuschränken – man denke an Polen oder Israel. Entsprechend wäre zu erwägen, zusätzlich die Möglichkeit der in Art. 99 GG geregelten Organleihe vorzusehen. Für den Fall des Ausfalls des Landesverfassungsgerichts könnten landesrechtliche Streitigkeiten an das Bundesverfassungsgericht weitergegeben werden. Die Grundlage hierfür könnte der Landesgesetzgeber durch Verfassungsänderung, aber auch im Wege eines einfachen Gesetzes einführen.
Und wo wir schon bei Karlsruhe sind: Neben der Möglichkeit, das Blockaderisiko durch einen Wechsel auf das jeweils andere Bundesorgan (Bundestag oder Bundesrat) zu verringern, könnte man auch für das Bundesverfassungsgericht über die genannte Kombinationslösung nachdenken. Die Lösung ist in § 7a BVerfGG bereits angelegt und müsste noch um ein abgesenktes Mehrheitserfordernis ergänzt werden. Konsequenterweise wäre die Regelung dann auch ins Grundgesetz aufzunehmen.
Institutionelle Resilienz stärken
Die Demokratie allein durch eine Anpassung von Rechtsnormen zu retten, ist illusorisch – wir wissen spätestens seit Hans Kelsen, dass sich eine Demokratie nicht gegen ein Volk verteidigen lässt, das sie schlicht nicht mehr will. Ein möglichst stabiles institutionelles Setting kann jedoch die Resilienz der Demokratie im Angesicht der autoritär-populistischen Bedrohung stärken. Ein Blick ins Ausland zeigt, dass solche Kräfte das Recht und die Institutionen gezielt nutzen, um Schritt für Schritt auf (teils nur vermeintlich) legalem Wege Rechtsstaat und Demokratie zu unterminieren.9) Ihr Verhältnis zu Recht und insbesondere Verfassungsrecht ist ein instrumentelles. Verfassungsgerichte spielen dabei eine entscheidende Rolle. In Polen und Ungarn sind sie schnell selbst zum Instrument der Regierung geworden. Dabei könnte eine funktionierende Verfassungsgerichtsbarkeit selbst einer extremistischen Regierungsmehrheit wenigstens große Steine in den Weg legen.10) Wie man ihr das ermöglicht, dazu hoffen wir mit unseren Vorschlägen einen Beitrag zu leisten. Ob man es ihr ermöglicht, liegt in der Verantwortung der derzeit noch mit einer (wenn auch knappen) Zweidrittelmehrheit ausgestatteten demokratischen Kräfte.
References
↑1 | Siehe etwa Michl, ZRP 2024, 33. |
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↑2 | Vgl. Art. 79 Abs. 3 S. 3 ThürVerf., Art. 81 Abs. 2 SächsVerf., Art. 112 Abs. 4 S. 5 BbgVerf. |
↑3 | Siehe beispielhaft von der Weiden, ThürVBl. 2019, 209 (209 f.); Reutter, https://verfassungsblog.de/wie-der-verfassungsgerichtshof-sich-selbst-schutzen-kann/. |
↑4 | Der Amtsfortführungsansatz findet sich etwa in § 6 Abs. 2 S. 2 VerfGGBBg, § 6 Abs. 2 SächsVerfGHG, § 3 Abs. 2 S. 2 ThürVerfGHG; siehe auch § 4 Abs. 4 BVerfGG. Zum Stellvertreteransatz siehe beispielsweise § 2 Abs. 2 S. 2 u. 6 SächsVerfGHG, §§ 2 Abs. 2 S. 1, 8 Abs. 1 S. 1 u. 4 ThürVerfGHG und zur Herabsetzung der Beschlussfähigkeit § 8 S. 2 VerfGGBBg, § 7 Abs. 2 VerfGHG NRW; beachte aber das Gegenmodell in § 15 Abs. 2 BVerfGG. |
↑5 | Siehe nur § 4 Abs. 2 BVerfGG; anders aus nicht erfindlichen bzw. weniger guten Gründen § 3 Abs. 2 S. 1 ThürVerfGHG, § 3 Abs. 3 S. 3 SächsVerfGHG. |
↑6 | Siehe dazu Gundling, ZLVR 2022, 103 (106), der eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter jedenfalls dann annimmt, wenn der Landtag die Nachwahl bewusst hinauszögert; beachte aber auch von der Weiden, ThürVBl. 2019, 209 (213 f.), der darauf hinweist, dass eine bewusste Verzögerung auch gerade darauf abzielen kann, den Gerichtshof funktionsunfähig zu machen, sowie BVerfGE 82, 286. |
↑7 | Für eine ausführliche Übersicht siehe Lübbe-Wolff, Beratungskulturen, S. 234 ff. |
↑8 | Dieser Vorschlag entspricht letztlich dem sog. Kooperationsmodell für die Richterwahl, bei dem sich mehrere (Verfassungs-)Organe auf gemeinsam unterstützte Kandidatinnen und Kandidaten einigen müssen. Dieses Modell trägt grundsätzlich zu einer moderaten Besetzung der Gerichte bei und hat damit einen ähnlichen (wenn auch etwas schwächeren) Effekt wie das Zweidrittelmehrheitserfordernis. Die Lösung ist daher besonders geeignet, letzteres zu ersetzen, ohne den gewünschten Effekt zu verlieren. S. dazu Lübbe-Wolff, Beratungskulturen, S. 167. |
↑9 | Unlängst Kittichaisaree, Judicial Responsibility and Coups d’État. Judging Against Unconstitutional Usurpation of Power, Abdingdon/New York 2023 sowie Belov (Hrsg.), Courts and Judicial Activism under Crisis Conditions, Abdingdon/New York 2022. |
↑10 | Siehe dazu Gärditz, Resilienz des Rechtsstaates, NJW 2024, 407. |
Vielleicht könnten die Autoren einmal das Rätsel lösen und nachvollziehbar erläutern, wieso ausgerechnet eine mit einer Sperrminorität ausgestattete Oppositionsfraktion ein Interesse an einer Blockade der Wahl von Verfassungsrichtern haben soll. Tatsächlich sind gerade Oppositionsfraktionen und -parteien regelmäßig zur Durchsetzung ihrer Rechte auf eine funktionierende Verfassungsgerichtsbarkeit angewiesen. Auch die AfD zieht ständig vor das BVerfG und die Landesverfassungsgerichte, weil sie sich irgendwo benachteiligt fühlt. Vor diesem Hintergrund wäre eine Blockade irrational. Tatsächlich dürfte es vor allem den anderen Parteien darum gehen, bei der Wahl von Verfassungsrichtern nicht auf Absprachen mit der AfD angewiesen zu sein. Das mag man für legitim halten, sollte dies dann aber auch offen kommunizieren, anstatt ohne konkrete Anhaltspunkte eine “Blockadegefahr durch eine autoritär-populistische Sperrminorität” herbeizureden.
Im Übrigen ist auch der These zu widersprechen, die Zweidrittelmehrheit garantiere die Präsentation nur solcher Kandidaten, die der jeweils anderen Seite halbwegs vermittelbar sind. Das wäre zwar schön, entspricht jedoch nicht immer der Realität, was sich etwa an der Wahl der Linksextremistin Barbara Borchardt zur Verfassungsrichterin in Mecklenburg-Vorpommern zeigt. Letzteres hat, soweit ersichtlich, beim Verfassungsblog und bei den Autoren aber natürlich zu keinem Aufschrei und auch zu keinem “MeckPomm-Projekt” geführt.
Zu dem hiesigen Beitrag habe ich bei mir im Blog (https://seylaw.blogspot.com/2024/09/zur-reformdebatte-des-verfahrens-der.html) eine Erwiderung verfasst. Obwohl die hier dargelegten Vorschläge interessante Ansätze bieten, gibt es einige Schwachstellen, die m.E. den politischen Pluralismus des Gerichts langfristig gefährden und zu stark auf eine Absicherung der etablierten politischen Eliten setzt. Erinnern wir uns: Solange eine politische Partei nicht vom BVerfG verboten wurde, muss man mit ihr in nicht-diskriminierender Weise umgehen. Eine direkte oder indirekte Bevorzugung der etablierten Kräfte verbietet sich meines Erachtens damit, auch nicht unter dem Deckmantel des Schutzes der “Institutionellen Resilienz”.