30 June 2024
Lessons from New York
Von Januar bis Ende Mai war ich als Gastprofessor an der New York University (NYU). Dort habe ich die Studierendenproteste gegen den Gaza-Krieg hautnah miterlebt. Ich habe dabei gesehen, wie wichtig es ist, dass die unterschiedlichen Lager zu Wort kommen und gehört werden. Beides ist derzeit kaum möglich. Dies ist kein klassischer Blogpost, sondern ein persönlicher und natürlich subjektiver Erfahrungsbericht aus meiner Zeit in New York. Continue reading >>
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19 June 2024
Kein Grundrecht auf Zuwendungen für antisemitische und rassistische Kunstwerke
Eingangs des Beitrags “Antidiskriminierungsklauseln im Zuwendungs- und Förderungsrecht” wird zu Kritik und Gegenrede eingeladen. Es zeugt doch von einem sehr speziellen Freiheitsverständnis, wenn jede Hürde auf dem Weg zu einer staatlichen Subventionierung als Grundrechtseingriff verstanden wird, der funktional mit einem Verbot äquivalent sein soll. Grundrechtliche Freiheit tritt in Konsequenz als kollektiviert, reglementiert, zugeteilt, alimentiert, rationiert, also als wohlfahrtsstaatlich mediatisiert in Erscheinung. Continue reading >>16 May 2024
Antidiskriminierungsklauseln im Zuwendungs- und Förderungsrecht
Der Berliner Senat lässt sich nicht beirren vom Scheitern der Antisemitismusklausel des Berliner Kultursenators Chialo für die Förderung von Kunst. Nun erwägt er, sein Zuwendungsrecht insgesamt so zu ändern, dass die Vergabe von Zuwendungen an bestimmte Auflagen und Auswahlkriterien geknüpft wird. Das Ziel, mit staatlichen Geldern nicht Antisemitismus zu fördern, ist wichtig und begrüßenswert. Eine Regelung im Rahmen des Zuwendungsrechts stößt freilich auf verfassungsrechtliche Bedenken, die die uns bekannten bisherigen Stellungnahmen nur unzureichend berücksichtigen. Continue reading >>11 April 2024
Staatliche Schutzpflichten gegen Rassismus statt AfD-Verbot
Der Rassismus- und Antisemitismusvorwurf dient als wesentliches Argument für ein Verbot der AfD. Aus rassismuskritischer Perspektive geht die Verbotsdebatte allerdings fehl. Sie erschöpft sich in einem symbolischen Antirassismus, der eine ebenso symbolische Antirassismuspolitik fördert, die an der Realität vulnerabler Gruppen vorbeigeht. Zudem externalisiert die Debatte um das AfD-Verbot den Rassismus der sogenannten Mitte und wirbt für einen rechtsstaatlich und demokratietheoretisch bedenklichen repressiven Antirassismus. Continue reading >>27 January 2024
Die Diskriminierung der Anderen begreifen
Es wird gestritten und gerungen. Über Antisemitismusdefinitionen, deren gesetzliche Anwendung und deren potentiellen Missbrauch. Über Antisemitismus als Phänomen geht es in diesen Debatten kaum. Ich möchte erstens anregen, dass wir den Antisemitismusbegriff (auch) als Begriff im theoretischen Sinne verstehen sollten. Es soll sich zweitens zeigen, dass ein rassismuskritischer Ansatz nach Charles Mills für eine stärkere Einbeziehung jüdischer Erfahrungen bei der Begriffsbildung und darüber für ein weites Antisemitismusverständnis streitet. Durch eine klarere Trennung von Begriffs- und Anwendungsebene könnte – drittens – die vermeintliche Kollision von Antisemitismuskritik und Rassismuskritik jedenfalls in dieser Debatte vermieden werden, so die Hoffnung. Continue reading >>18 December 2023
Die Implementation der IHRA-Arbeitsdefinition Antisemitismus ins deutsche Recht – eine rechtliche Beurteilung
Diese Beurteilung wurde am 5. Dezember 2023 an die Fraktionsvorsitzenden, an die Mitglieder der Ausschüsse Inneres und Recht sowie an die Ausschussbüros der anderen beteiligten Ausschüsse des Bundestags versandt. Nachdem in der Presse über dieses Papier berichtet wurde, haben wir uns entschieden, sie zu veröffentlichen. Continue reading >>15 December 2023
IHRA-Definition als „Diskursverengung“?
Der am 08.12.23 veröffentlichte Text „Das Spannungsverhältnis zwischen Staatsräson und Grundrechten“ von anonymer Autor*in hätte ein konstruktiver Beitrag zu einer wichtigen Debatte um den Begriff des Antisemitismus sein können. Leider erschien der Beitrag unter dem Pseudonym Clara Neumann und begründet das mit einer im „[...] Text geschilderten Diskursverengung im Zusammenhang mit der durch das WissZeitVG bedingten akademischen Berufsunsicherheit [...]“. Der Text bietet, anders als der Titel und die Einleitung Anlass geben zu glauben, keinen nuancierten Beitrag zur Debatte um die Definition von Antisemitismus, insbesondere israelbezogenem Antisemitismus. Vielmehr zieht er Verbindungen zwischen unterschiedlichsten jüngsten Gegebenheiten, von Demonstrationsverboten über Rücktritte und Absagen von Preisverleihungen, größtenteils ohne diese auf die für den Text zentrale IHRA-Definition zurückführen zu können. Continue reading >>08 December 2023
Das Spannungsverhältnis zwischen Staatsräson und Grundrechten
Nach den monströsen Massakern der Hamas an der israelischen Zivilbevölkerung am 7. Oktober, bei denen die Hamas über 1200 Menschen brutal ermordete, rund 3000 verletzte und über 200 als Geiseln verschleppte, hat die Bundesregierung die von Angela Merkel eingeführte und vom Bundestag im BDS-Beschluss von 2019 sekundierte Formel von Israels Sicherheit als Teil deutscher Staatsräson aufgenommen, um Israel ihre volle Solidarität und Unterstützung zu versichern und Antisemitismus entschlossen zu bekämpfen. Angesichts des bedrohlichen Anstiegs antisemitischer Straftaten in Deutschland und der anhaltend schlechten Sicherheitslage im Nahen Osten sind beide Ziele der Staatsräson grundsätzlich zu begrüßen. Doch die aktuelle Interpretation von Israels Sicherheit und entschlossener Antisemitismusbekämpfung als deutscher Staatsräson führt zu Einschränkungen der Versammlungs-, Meinungs-, Kunst-, und Wissenschaftsfreiheit. Continue reading >>11 November 2023
Antisemitismus – eine Gefahr
Seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 auf die israelische Zivilbevölkerung haben auch die antisemitischen Vorfälle in Deutschland enorm zugenommen. Der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus e.V. (RIAS) geht in seinem Monitoring-Bericht für den Zeitraum vom 07.10.23 bis zum 15.10.23 von einem Anstieg von 240 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum aus – eine akute Bedrohungslage für Jüdinnen:Juden in Deutschland. Im Rahmen des Beitrags wird aufgezeigt, dass unter hohen Voraussetzungen auch (drohende) antisemitische Handlungen und Äußerungen Einschränkungen von Versammlungen durch Auflagen, Auflösungen oder gar Verbote rechtfertigen können. Dabei wird die grundsätzliche Notwendigkeit einer antisemitismuskritischen Gefahrenprognose ins Zentrum gestellt. Continue reading >>24 October 2023