11 February 2020
Über die Wahrung der demokratischen Form
Ist es verfassungsrechtlich zwielichtig, wenn die Bundeskanzlerin die Wahl eines Landesministerpräsidenten kritisiert, weil sie zum einen nicht zuständig und zum anderen zu politischer Neutralität verpflichtet ist? FAZ-Redakteur Reinhard Müller behauptet dies und fordert, die "demokratische Form zu wahren". Was immer das bedeuten soll, es kann nicht heißen, politisch neutral zu sein. Hier verwechselt Müller, aber nicht nur er, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die Form der Demokratie ist die Form der Politik. Continue reading >>
45
20 March 2019
Vier Gegenthesen zum Kopftuchurteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs
Heinig ist in seiner Eingangsbemerkung beizupflichten, dass der Streit um religiös motivierte Kleidung in einer religiös-pluralen Gesellschaft nicht zielführend ist. Weitergehend bin ich der Überzeugung, dass die Kopftuchdebatte nicht nur relevante integrationspolitische Themen verdrängt, sondern vielmehr als Chiffre für unausgesprochene Differenzen dient: vieles, was unter bildungs- und sicherheitspolitischen Aspekten diskutiert werden müsste, wird in der ideologisch überfrachteten Kopftuchdebatte abgeladen. Continue reading >>12 October 2018
Lehrermeldeportale darf der Staat nicht akzeptieren
In mehreren Bundesländern will die AfD Internetplattformen betreiben, auf denen Lehrerinnen und Lehrer wegen AfD-kritischen Äußerungen im Unterricht angezeigt werden sollen. Die Behörden zögern, dagegen rechtliche Schritte zu unternehmen, und verweisen auf die privaten Möglichkeiten der Lehrkräfte, ihre Rechte durchzusetzen. Das reicht aber nicht. Continue reading >>17 September 2018
Desinformieren und interpretieren: Was Maaßen sagen durfte und was nicht
Der Innenminister kann den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz nicht nach Belieben zum politischen Mitstreiter befördern. Äußerungsrechtlich ist der Verfassungsschutzpräsident auf die Optionen beschränkt, die ihm sein Amt eröffnet. Dazu gehört nicht die Kompetenz, sich tagespolitisch zu äußern. Continue reading >>07 July 2017
Rechtsreferendarin mit Kopftuch: Rosa Parks im Zuschauerraum des Gerichts
Die verfassungsrechtliche Billigung der Verbannung einer kopftuchtragenden Rechtsreferendarin in den Zuschauerraum eines Gerichtssaals erweist sich als folgenreich. Das Bundesverfassungsgericht modifiziert in seinem Beschluss vom 27. Juni 2017 nicht nur das staatliche Gebot religiös-weltanschaulicher Neutralität hin zu einer „unbedingten Neutralität“ und setzt Referendare staatlichen Akteuren gleich. Es schafft auch ein Zweiklassensystem der juristischen Ausbildung. Continue reading >>06 July 2017
Justitias Dresscode: Wie das BVerfG Neutralität mit „Normalität“ verwechselt
Am Dienstagmorgen hat die Erste Kammer des Zweiten Senats einer hessischen Rechtsreferendarin einstweiligen Rechtsschutz gegen ein pauschales Kopftuchverbot verwehrt, das Beamt*innen nach § 45 HBG auferlegt wird. Diese Norm soll auch auf Referendar*innen Anwendung finden. Die Referendarin darf nun keine gerichtliche Sitzungsleitung und keine Sitzungsvertretung für die Staatsanwaltschaft übernehmen. Zudem muss sie aus dem Publikum den Verhandlungen beiwohnen, während ihre Mitreferendar*innen neben der* Richter*in auf der Bank sitzen dürfen. Selten wurden Ausschlusspraktiken räumlich so deutlich gemacht. Continue reading >>12 February 2017
Lammerts Eröffnungsrede zur Bundesversammlung gegen Trump und AfD – Darf der das?
Bei der Wahl des Bundespräsidenten hat Bundestagspräsident Lammert deutliche Töne angeschlagen, unter anderem auch gegen die AfD. Deren Kandidat Albrecht Glaser stand aber auch zur Wahl. Darf Lammert in diesem Rahmen verfassungsrechtlich überhaupt so sprechen? Continue reading >>09 January 2017
Der „Anschein der Neutralität“ als schützenswertes Verfassungsgut?
Seit dem (noch nicht rechtskräftigen) Augsburger Richterspruch vom Juni 2016 haben Kopftuchverbote wieder Konjunktur. In dem von mir angestrengten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Augsburg ging und geht es zwar nicht um das Amt des Berufsrichters, sondern um unzumutbare Beschränkungen bereits in meiner Referendarausbildung. Unabhängig von der fehlenden rechtlichen Grundlage, erachte ich ein Kopftuchverbot in der Justizausbildung als einschneidende Verletzung multipler Grundrechte, insbesondere der Ausbildungsfreiheit und der Chancengleichheit, aber auch der Glaubensfreiheit. Dennoch hat das Urteil über die Landesgrenzen hinweg erneut einen Gesetzgebungsaktionismus ausgelöst, diesmal für alle möglichen Bereiche in der Justiz. Continue reading >>14 December 2016
Entweder Robe oder Kopftuch: gläserne Decke für muslimische Frauen?
Baden-Württemberg plant ein Kopftuchverbot für Robenträgerinnen im Gerichtssaal, andere Bundesländer werden bald folgen. Wäre es nicht gerade sinnvoll, den größtenteils hochqualifizierten Frauen, die von den Kopftuchgesetzgebungen betroffen sind, den von ihnen angestrebten Zugang zum Arbeitsmarkt umfassend zu gewähren? Stünde nicht gerade eine Kopftuch tragende Prädikatsjuristin, tätig als Staatsanwältin oder Richterin, für die oftmals als fehlend angeprangerte erfolgreiche Integration? Continue reading >>01 July 2010