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Parität und Asymmetrie im Arbeitskampf
Im Arbeitskampfrecht hat sich über die Jahre hinweg ein produktives Wechselspiel zwischen Bundesarbeitsgericht (BAG) und BVerfG entwickelt: Das BAG gestaltet den verfassungsrechtlichen Rahmen aus, und wird darin vom BVerfG weitgehend unterstützt, das an entscheidenden Stellen immer wieder Leitplanken festsetzt. Am 19. Juni 2020 sowie am 9. Juli 2020 hat die 3. Kammer des Ersten Senats dies wieder in zwei Entscheidungen getan. Ihre Bedeutung liegt vor allem darin, dass sie die Rechtsprechung zu Parität und Asymmetrie im Arbeitskampf angemessen fortschreiben.
Continue reading >>Parität und historische Auslegung
Das Thüringer Urteil stützt sich maßgeblich auf die Entstehungsgeschichte des Gleichstellungsgebotes in der Thüringer Verfassung: Weil im Entstehungsprozess konkretere Vorschläge zur Zulässigkeit von Paritätsregelungen erfolglos geblieben seien, „zwing[e]“ die Entstehungsgeschichte zu der Folgerung, dass die verfassungsgebende Gewalt mit dem Gleichstellungsgebot „nicht die Möglichkeit“ habe eröffnen wollen, „paritätische Quotierungen einzuführen“. Diese Art der entstehungsgeschichtlichen Argumentation leidet jedoch an einem grundlegenden Mangel: Sie verkennt den zentralen Unterschied zwischen allgemeineren und konkreteren Anwendungsvorstellungen eines Gesetzgebers.
Continue reading >>Parität in Parlamenten – eine Einführung
In einer idealen Welt bräuchte es kein Paritätsgesetz. Kandidaten würden nach politischen Motiven und ihren politischen Fähigkeiten ausgewählt, Parlamente würden im Großen und Ganzen die Bevölkerung widerspiegeln und das Geschlecht wäre kaum einer Erwähnung wert. In der politischen Realität in Deutschland und anderen Staaten sieht es anders aus.
Continue reading >>Parität in Deutschland und Europa
In diesem Beitrag nehmen wir die deutschen Entwicklungen und Debatten vor dem Hintergrund der europäischen in den Blick. Dabei geht es primär um eine Frage gesetzgeberischer Ermessenspielräume. Die sind insbesondere dort weit, wo, wie hier, der Wortlaut der jeweiligen Verfassungen selbst keine klaren Aussagen enthält, wissenschaftlicher Dissens besteht und internationale und europäische Entwicklungen Quotenregelungen im politischen Bereichen ganz überwiegend für vertretbar und teilweise sogar zur Steigerung demokratischer Legitimität für angezeigt halten.
Continue reading >>How to… Paritätsgesetz
Am Dienstag hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts einen Beschluss vom 15. Dezember 2020 veröffentlicht, dessen Begründung regelrecht dazu einlädt, einen Weg durch das landesverfassungsgerichtlich determinierte Labyrinth zum verfassungskonformen Paritätsgesetz zu finden.
Continue reading >>Ergebnisparität oder Chancengleichheit? Quotenmodelle zur Steigerung des Frauenanteils im Parlament
Viel ist schon über quotierte Parteilisten gesagt und geschrieben worden. Sie sind aber nicht der einzige Weg, um den Frauenanteil in den Parlamenten zu steigern. Den Parteien könnte auch gesetzlich aufgegeben werden, in den Wahlkreisen geschlechtsgemischte Tandems aufzustellen, aus denen die Bürger mit der Erststimme Frau oder Mann wählen können. Diese hätte den Vorteil, Chancengleichheit statt Ergebnisparität herzustellen.
Continue reading >>Notizen aus der Provinz: Brandenburg gibt sich ein Paritätsgesetz
Geschlechterparität im Parlament? Statt dass man überlegt, ob das prinzipiell eine gute Idee ist oder eher nicht, sind die Juristen schon da und belehren die anderen erst einmal darüber, ob sie das überhaupt dürfen.
Continue reading >>Die Versprechen der modernen Demokratie: zur Debatte parlamentarischer Parität
Für die Verfassungswidrigkeit der Paritätsquoten im Parlament – unabhängig von der konkreten Ausgestaltung – werden die schwereren Geschütze unserer Verfassung aufgefahren: etwa die Parteienfreiheit, die Wahlrechtsgleichheit und auch das Prinzip der Repräsentation. Doch nicht alle verfassungsrechtlichen Argumente gegen die Genderparität im Parlament halten näherer Betrachtung stand.
Continue reading >>Weimar und das Paritätsgesetz
Die Zukunft von Parité ist, auch wenn das Thüringer Gesetz nun erst einmal gekippt ist, unentschieden. Das gilt umso mehr im Bund. Der Weg zum Bundesverfassungsgericht gegen die Entscheidung aus Weimar steht grundsätzlich offen.
Continue reading >>Unitäres Volk oder Parität? Für eine materiale Perspektive auf die Demokratie
Im Deutschen Bundestag liegt der Frauenanteil nach der letzten Wahl bei nur noch 30 Prozent. Bundesjustizministerin Barley hat deshalb eine Wahlrechtsreform angeregt, die die Parteien verpflichtet, eine gleiche Anzahl von Frauen und Männern für Wahlen aufzustellen. Von Staatsrechtlern werden seitdem verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Dies überrascht wenig, denn im gegenwärtigen verfassungsrechtlichen Diskurs wird die fehlende Repräsentation von Frauen nicht als demokratisches Problem verstanden. Um dies zu ändern, bedarf es einer materialen Perspektive auf Demokratie und Repräsentation.
Continue reading >>Demokratie ohne Frauen
Die Verfassungsgerichte von Thüringen und Brandenburg haben vor einigen Monaten die dortigen Paritätsgesetze für nichtig erklärt. Die Urteile zeugen von einem überholten Demokratieverständnis. Es ist an der Zeit zu reklamieren, dass das Gleichberechtigungsgebot in Art. 3 Abs. 2 GG auch dort ernst genommen wird, wo über die Geschicke des Staates und das Gemeinwohl entschieden wird.
Continue reading >>Auf der schiefen Bahn
Brandenburg und Thüringen haben 2019 als erste Bundesländer die politischen Parteien gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Kandidatenlisten paritätisch aufzustellen. Das Verfassungsgericht Thüringen hatte das Landesgesetz am 15.7. 2020 kassiert, am 23.10.2020 hat nun auch das Verfassungsgericht Brandenburg das Landesparitätsgesetz einstimmig für verfassungswidrig erklärt. Der Versuch, die Parteien und ihre Mitglieder bei der Kandidatenauswahl inhaltlichen Vorgaben des Gesetzgebers zu unterwerfen, war von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Continue reading >>Es gibt keinen Besitzstandsschutz im Wahlrecht
Aktuell wird unter dem Stichwort „Parité“ über Klauseln im Wahlrecht debattiert, mit denen die Chancengleichheit für Frauen bei der Wahl zu den Parlamenten verbessert und auf eine gleichmäßige Verteilung politischer Mandate auf Frauen und Männer hingewirkt werden soll. Die Verfasserinnen dieser Stellungnahme melden sich in dieser Debatte zu Wort, um auf einen wichtigen Grundsatz hinzuweisen, der in einer demokratischen Ordnung so selbstverständlich wie notwendig sein sollte: den politischen Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers, der sich auch auf die Ausgestaltung des Wahlrechts erstreckt. Es ist daher eine politische Entscheidung, geschlechterparitätische Regelungen im Wahlrecht vorzusehen und sie auszugestalten. Dies kann und muss in der Öffentlichkeit und in den Parlamenten diskutiert werden.
Continue reading >>Zurechtgerückt
Am 6. August 2020 veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht einen Beschluss (1 BvR 842/17) zum Einsatz von Leiharbeiter*innen als „Streikbrecher*innen“, der das Potential hat, politisch sowie sozial Wirkmacht zu entfalten. Die 3. Kammer des ersten Senats stellt recht eindrücklich fest, dass sich Arbeitgeberinnen gegenüber der Arbeitnehmer*innenseite von Natur aus in einer überlegenen Position befinden und dass der Gesetzgeber daher Maßnahmen ergreifen kann, um Kampfparität zwischen beiden Seiten herzustellen. Diese Annahme wird auch in Zukunft Pate für Entscheidungen im Bereich des Streikrechts und insbesondere der Kampfparität stehen. Arbeitgeberinnen werden sich daher darauf einstellen müssen, dass auf Grund dieser strukturellen Überlegenheit ihre Arbeitskampfmittel anders beurteilt werden können als die der Arbeitnehmer*innenseite.
Continue reading >>Von Auslegung, Abwägung und Abwegen
Das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 15. Juli 2020 zum sogenannten Paritätsgesetz sorgt derzeit für viel Kritik. Auch wenn diese oft eher politischer als rechtlicher Natur ist, zeigen nicht zuletzt die zwei Sondervoten der Richterin Licht und des Richters Petermann sowie der Richterin Heßelmann, dass es sich auch in juristischer Hinsicht um ein besonders streitbares Urteil handelt. Beide Sondervoten monieren unter anderem das Fehlen einer Güterabwägung. Es stellt sich damit die Frage inwieweit das Urteil in dogmatischer Hinsicht überzeugen kann
Continue reading >>Verteidigung eines formalen Gleichheitsverständnisses im Wahlrecht
Am Mittwoch der vergangenen Woche, dem 15. Juli 2020 erklärte der Thüringer Verfassungsgerichtshof das Paritätsgesetz für verfassungswidrig. In der medialen Berichterstattung wurde das Urteil teils als „enttäuschend“ bezeichnet, an anderer Stelle als „wenig überraschend“ eingeordnet. Auch wenn man sich in politischer Hinsicht mit der Antragstellerin des Verfahrens der abstrakten Normenkontrolle in keinerlei Hinsicht identifiziert, so ist das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofes dem Grunde nach zu begrüßen.
Continue reading >>Verteidigung eines formalen Gleichheitsverständnisses im Wahlrecht
Am Mittwoch der vergangenen Woche, dem 15. Juli 2020 erklärte der Thüringer Verfassungsgerichtshof das Paritätsgesetz für verfassungswidrig. In der medialen Berichterstattung wurde das Urteil teils als „enttäuschend“ bezeichnet, an anderer Stelle als „wenig überraschend“ eingeordnet. Auch wenn man sich in politischer Hinsicht mit der Antragstellerin des Verfahrens der abstrakten Normenkontrolle in keinerlei Hinsicht identifiziert, so ist das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofes dem Grunde nach zu begrüßen.
Continue reading >>Neue Kleiderordnung statt Wahlrechtsreform – Eine Erwiderung auf Cara Röhner
Justizministerin Katharina Barley hat Vorschläge formuliert, wie sie das „Meer aus grauen Anzügen“ im Bundestag einhegen möchte. Dabei bringt sie auch paritätische Landeslisten ins Spiel. Verfassungsrechtlich gelingen könnte dies, indem der Wahlausgang an das Ziel der Gleichberechtigung von Frauen und Männern aus Art. 3 Abs. 2 GG gekoppelt wird. So hat Cara Röhner argumentiert und eine materielle Perspektive auf Repräsentation und Demokratie eingenommen. Dies bleibt auf Basis einer liberalen Verfassungs- und Demokratietheorie aber bedenklich.
Continue reading >>Vertretene Organe
Der Deutsche Bundestag hat kürzlich erstmals konkrete Gesetzesentwürfe zur Absicherung des Bundesverfassungsgerichts beraten. Nachdem das Plenum Vorschläge zur Änderung des Grundgesetzes sowie des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes diskutiert hat, ist nun der Rechtsausschuss damit befasst. Ein Blick auf die geplanten Regelungen lässt jedoch Unklarheiten hinsichtlich der Zuständigkeitsverteilung im Rahmen des vorgesehenen Ersatzwahlmechanismus erkennen, die dringend behoben werden sollten.
Continue reading >>Diskriminierung und juristische Ausbildung
Dieser Beitrag beleuchtet einige Aspekte von Diskriminierung und juristischer Ausbildung und stellt Überlegungen vor, wie eine inklusive und möglichst diskriminierungsfreie juristische Ausbildung aussehen könnte und wie diskriminierende Strukturen in der juristischen Ausbildung verhindert werden könnten. Jura ist wie wenig andere Studiengänge geprägt von starken Exklusionen in der Auswahl von Lehrpersonal und Studierenden. Eine inklusivere personelle Auswahl könnte sich auf die Inhalte in der juristischen Ausbildung auswirken, der es bisher weitgehend an vertiefter thematischer Auseinandersetzung mit Rechtsfragen von Diskriminierung mangelt.
Continue reading >>Doppelt hält besser
Der „Hüter der Verfassung“ muss besser behütet werden – darüber besteht in der aktuellen Debatte weitgehende Einigkeit. Der vorzugswürdige Lösungsweg besteht in einer intensivierten Einbindung des Bundesrats. Die Repräsentation der Länder sorgt für demokratische Legitimation des Gerichts und eignet sich als Ersatzventil für eine Richterwahl, die im Bundestag durch eine Sperrminorität blockiert wurde. Zudem ist die Einführung einer Zustimmungspflicht bei Änderungen am BVerfGG sachgerecht, um die Rechtsgrundlage des Verfassungsgerichts vor einer destruktiven Bundestagsmehrheit zu schützen.
Continue reading >>Ungleichgestellt
Am 6. März 2024 wies der Thüringer Verfassungsgerichtshof einen Normkontrollantrag der AfD-Fraktion des Thüringer Landtags gegen das Thüringer Hochschulgesetz in allen Punkten als unbegründet zurück. Neben der gesetzlichen Frauenquote im Hochschulrat rügte die Antragsstellerin insbesondere, dass laut Gesetz nur Frauen zur zentralen Gleichstellungsbeauftragten gewählt werden dürfen. Das Amt der Gleichstellungsbeauftragten auf Frauen zu beschränken ist - entgegen der Ansicht des Thüringer VerfGH - nicht verfassungsgemäß.
Continue reading >>Tatsächliche Gleichberechtigung statt Blumen
Und wir stehen solidarisch mit den Frauen in der ganzen Welt, die noch immer für Gleichberechtigung kämpfen!
Continue reading >>Verfassungswidrige Sprachverbote
In Hessen haben sich CDU und SPD für ihre Koalitionsverhandlungen auf ein Eckpunktepapier geeinigt, in dem sie auch ankündigen festzuschreiben, „dass in staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat der deutschen Sprache erfolgt“. Gemeint ist damit ein Verbot geschlechtergerechter Sprache nicht nur für Schulen, sondern auch für grundrechtsberechtigte (und ‑verpflichtete) Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts. Ein solches Verbot wäre offensichtlich verfassungswidrig – doch seine Ankündigung bringt politischen Profit.
Continue reading >>Für einen Menschenrechtspakt in der Flüchtlingspolitik
Als Wissenschaftler*innen aus dem Asylrecht und der Fluchtforschung, die seit Jahren die Flüchtlingspolitik untersuchen und kommentieren, sehen wir die jüngsten politischen Debatten und Forderungen mit großer Sorge. Die Debatte über Flucht und Asyl wird weitestgehend faktenfrei geführt. Dadurch werden Ängste geschürt und gesellschaftliche Probleme Schutzsuchenden angelastet. Zudem werden kurzerhand rechtsstaatliche und menschenrechtliche Minimalstandards für populistische Überschriften geopfert.
Continue reading >>Die deutsche Mitte
Die Tyrannei der Minderheit und was das Juste Milieu in Deutschland sich selbst über sie erzählt
Continue reading >>The German Center
The tyranny of the minority and what the juste milieu in Germany is telling itself about it
Continue reading >>Sozial, aber egal?
Waren Sie am 31. Mai 2023 auch so gespannt auf das Ergebnis dieser bundesweiten Wahl, zu der etwa 52 Millionen Menschen stimmberechtigt waren? Nein? Dann liegt das vielleicht daran, dass die Sozialwahl nicht nur „frei, geheim und öffentlich“ ist (§ 45 Abs. 2 S. 1 SGB IV), sondern auch relativ unbekannt und unbeachtet. Möglicherweise ist es um diese in der Bundesrepublik seit 70 Jahren bestehende Demokratiestabilisierungsinstitution aber gar nicht mal so gut bestellt, wenn zuletzt fast 80% der Stimmberechtigten von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch machten.
Continue reading >>Das Konzept der Nachhaltigkeit auf dem Pfad des Feminismus?
Faktisch sind Frauen* stärker von den Auswirkungen durch die Überschreitungen der planetaren Grenzen, insbesondere des Klimawandels und der damit verbundenen Naturkatastrophen, betroffen. Obgleich nicht alle Frauen* und keineswegs nur Frauen* tangiert sind, ist eine sog. genderspezifische Vulnerabilität messbar, da sich Gender oft mit anderen Merkmalen wie einer schlechteren sozio-ökonomischen Stellung oder einem erschwerten Zugang zu Ressourcen z. B. Land und Finanzmitteln überschneidet. Frauen* sind aber nicht nur passive Betroffene, sondern übernehmen auch aktiv Führungsrollen zugunsten von Klimaschutz und Klimawandelanpassung, beispielsweise im lokalen Wassermanagement oder in der Rechtsdurchsetzung.
Continue reading >>Selbstbestimmt, aber ausgeschlossen?
Am 5. Mai 2023 legte das BMFSJ den Referentenentwurf (RefE) zum neuen Selbstbestimmungsgesetz vor, der vorsieht, das Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags im Personenstandsregister zu vereinfachen. Die Resonanz unter Betroffenenverbänden auf diese epochale Neuerung ist im Grundsatz positiv. Der vorliegende Beitrag mahnt daher auch eine unzureichende Reflexion der Geschlechtergleichheit an, die in Art. 3 Abs. 2 und 3 GG statuiert und in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausdifferenziert ist. Dem gleichheitsdogmatischen Umwälzungspotential, das der Marge zwischen Vulnerabilitätsdoktrin und Förderauftrag erwächst, wird der RefE jedoch nicht gerecht. Bedenklich sind die §§ 6 und 7 SBBG-RefE, die nicht-binäre Personen von positiven Maßnahmen ausnehmen.
Continue reading >>Deutschlands goldener Pass?
In Deutschland entscheidet der Geldbeutel nicht alleine über die Einbürgerung, aber auch hier können finanzielle Ressourcen eine wichtige Rolle im Einbürgerungsprozess spielen. Der vor wenigen Tagen veröffentlichte Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts verschärft dies und trifft auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.
Continue reading >>Abschied von Adenauer oder weshalb die Wahlrechtsreform ein Verfassungsrechtsproblem ist
Der Bundestag hat die Grammatik der Macht umgeschrieben. Mit der Änderung des Bundeswahlrechts wollte das Parlament zur gesetzlichen Regelgröße zurückkehren und den „Grundcharakter“ der Verhältniswahl konsequent in der Praxis umsetzen. Was die Reformfähigkeit der Politik belegen und für manche Beobachter ein endgültiger Abschied von der alten Bundesrepublik sein sollte, ist spätestens mit der beschlossenen Gesetzesfassung zu einem ernsten Verfassungsrechtsproblem geworden.
Continue reading >>Verfassungsmüdigkeit
Im März 2023 beginnt ein neuer Verfassungsprozess in Chile. Die Rahmenbedingung hierfür bildet ein Gesetz, das das Chilenische Parlament im Januar 2023 mit großer Mehrheit beschlossen hat. Zuvor war im Dezember 2022 nach dreimonatigen Verhandlungen ein neues “Abkommen für Chile” (Acuerdo para Chile) zwischen den verschiedenen Abgeordneten beschlossen worden, das sich nun auch in dem Gesetzesvorschlag widerspiegelt. Schon jetzt zeichnet sich allerdings ab, dass der neue Verfassungsprozess sehr viel stärker durch die politisch Etablierten geprägt ist als der vorherige. Dem steht eine Bevölkerung gegenüber, deren Aufmerksamkeit für und Erwartung an den neuen Verfassungsprozess deutlich zurückgegangen ist.
Continue reading >>Kompetenzausschuss statt Kompetenzgericht
Der Konflikt um die Kompetenzverteilung zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten sowie der Entscheidungsmacht darüber hat bereits diverse Reformvorschläge hervorgebracht. Diese reichen von einem separaten Europäischen Kompetenzgericht über eine gemischte Kammer am EuGH mit Beteiligung nationaler Richterinnen und Richtern hin zu einem umgekehrten Vorlageverfahren. Während bislang vor allem gerichtliche Lösungen diskutiert wurden, eruiert dieser Beitrag das Potenzial einer Lösung im politischen Prozess durch einen neu zu schaffenden, parlamentarisch besetzten Kompetenzvermittlungsausschuss.
Continue reading >>Nikolaus 2.0
Unter der Überschrift „Corona“ wurde letztlich lange Geplantes politisch durchgesetzt – ohne Vertragsänderung. Insofern ist es kein Wunder, dass die Frage nach der Primärrechtskonformität von NextGenerationEU aufgeworfen wurde. Ebensowenig ist die Befassung des BVerfG erstaunlich, denn der Rechtsweg zum EuGH ist schwierig, wenn die Beteiligten einig sind, ein Programm ins Werk zu setzen, auch dann, wenn die Einigung kompromisshafte Züge hat.
Continue reading >>Für ein Update der Wahlprüfung in die Gegenwart
Kein anderes Element des demokratischen Verfassungsstaats ist in Deutschland stärker aus der Zeit gefallen als die Wahlprüfung. Sie ist in ihrer Grundstruktur noch in den Denkweisen und Bedürfnissen der konstitutionellen Monarchie verfangen und schützt einseitig die Interessen der etablierten und bei der zu überprüfen Wahl erfolgreichen Parteien. Das lässt sich an einer kritischen Hinterfragung von Zuständigkeit, Verfahren und Prüfungsmaßstäben aufzeigen.
Continue reading >>Die Verflechtungsfalle des Europawahlrechts
Die Reform der Wahlen zum Europäischen Parlament ist eine große Herausforderung. Nach einem bisher erfolglosen Reformversuch von 2015/18 hat das EP im Mai 2022 eine zweite Initiative für eine viel weitergehende Reform gestartet. Auch diese wird nicht einfach umzusetzen sein.
Continue reading >>Ein plurinationales Rechtssystem für Chile
Seit Mitte Februar schreiben die Mitglieder der Verfassunggebenden Versammlung in Chile an den Normen einer neuen Verfassung. In der ersten Woche stimmte das Plenum über Regeln zu Rechtssystem und Staatsaufbau ab. Die Ergebnisse der Abstimmungen haben in der Öffentlichkeit wegen mangelnder Klarheit für viel Diskussion gesorgt. Mit diesen Normen scheint die Verfassunggebende Versammlung Ungerechtigkeiten der Vergangenheit gegenüber der indigenen Bevölkerung beheben zu wollen. Das zeigt sich an dem Stellenwert, den der Verfassungsentwurf den Regionen und indigenen Rechtssystemen zuschreibt.
Continue reading >>Schrauben und Bolzen
Die Ampel will im ersten Jahr eine Wahlrechtsreform beschließen – mit oder ohne die Opposition?
Continue reading >>Die Chilenische Verfassunggebende Versammlung
Die Verfassunggebende Versammlung in Chile hat am 28. und 29. September 2021 die grundsätzlichen Verfahrensregeln ihrer Arbeit verabschiedet. Seit der Wahl ihrer Mitglieder im Mai 2021 ist klargeworden, dass der politische und sozialökonomische Kontext einen erheblichen Einfluss auf ihre Arbeit hat. Gleichzeitig erhebt die Versammlung gewisse Machtansprüche im aktuellen politischen Diskurs.
Continue reading >>Wahlrechtsgrundsätze als Säulen der innerparteilichen Demokratie
Der Bundeswahlausschuss hat gestern die Entscheidung des saarländischen Landeswahlausschusses bestätigt, die Landesliste der Grünen im Saarland nicht zur Wahl zuzulassen. Zu Unrecht wurde diese Entscheidung auf den Ausschluss der Delegierten aus Saarlouis für die Landesvertreterversammlung gestützt. Die Entscheidung ist aber im Ergebnis richtig, weil das Frauenstatut der Grünen mit elementaren Wahlrechtsgrundsätzen unvereinbar ist.
Continue reading >>Wo kein Normkonflikt, da kein Kompetenzkonflikt
Schon im Vorfeld des Entscheides des Bundesverfassungsgerichtes zum Mietendeckel vom 15. April ist darauf hingewiesen worden, dass dieser die Verzahnung von föderaler Kompetenzordnung und Tragweite des Grundrechtsschutzes offenlegen werde. Noch deutlicher wird diese Verzahnung im Vergleich mit einem höchstrichterlichen Verdikt zur Verfassungsmässigkeit einer kommunalen Volksinitiative zur Bremsung der Mietpreise in der Stadt Bern vom November 2019.
Continue reading >>Zur Nichtigkeit des Berliner Mietendeckels
Das Bundesverfassungsgericht hat zum Berliner Mietendeckel gesprochen, und zwar in Gestalt des Zweiten Senats, dessen Zuständigkeit wohl durch das Überwiegen der kompetenzrechtlichen Frage gegeben war. Berichterstatter war der frühere CDU-Minister Peter Huber; es handelte sich vorwiegend um eine abstrakte Normenkontrolle, die die Fraktionen der Union und FDP angestrengt hatten. Die Entscheidung ist überraschend klar und eindeutig ausgefallen (7:1 in der Begründung, einstimmig im Ergebnis). Darin liegt ein Problem. Abermals fällt ein tiefer Schatten auf die Judikatur des Zweiten Senats, der sich in immer deutlicherer Weise als politökonomisch uninformiert und naiv erweist, in juristischer Hinsicht als handwerklich schwach.
Continue reading >>Netzsperren durch die CUII
Statt eines unabhängigen Gerichts entscheidet künftig die „Clearingstelle Urheberrecht im Internet“ als Selbstregulierungsgremium marktmächtiger Verbände der Unterhaltungsbranche sowie aller großen deutschen Internetprovider, ob bestimmte Webseiten im Internet erreicht werden können oder nicht. Diese privaten Netzsperren ohne Gerichtsbeschluss höhlen rechtsstaatliche Prinzipien aus und berauben betroffene Dritte eines effektiven Grundrechtsschutzes. Entscheidungen, die den freien Informationsfluss im Netz beschränken, gehören nicht in private Hände.
Continue reading >>Streng vertraulich
Über geheime Dienste, vertraute Vertrauenspersonen und andere Dinge, über die man nicht laut spricht
Continue reading >>Wenn das das Happy End ist, kann ich bitte noch mal das Unhappy End sehen?
Womöglich haben Ungarn und Polen bereits gewonnen.
Continue reading >>Weißglut in Warschau
Warum der Protest gegen das "Abtreibungsurteil" weit mehr ist als nur das
Continue reading >>Große Erwartungen
Vergangenen Sonntag, am 25. Oktober 2020, haben die Chilenen in einer historischen Abstimmung den Weg für eine neue Verfassung freigemacht. Schon über ein Jahr protestieren die Bürger des Landes und nun ist es ihnen gelungen, diese Proteste durch das Referendum auf eine demokratische Weise zu kanalisieren. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die neue, noch zu erarbeitende Verfassung.
Continue reading >>Prophezeiungen, die sich selbst erfüllen
Über rechte und linke Justizpolitik und die liberale Versuchung der Äquidistanz
Continue reading >>Das Scheitern eines Justiz-Experiments
Nach mehr als zehn Jahren Ermittlungen hat die Rechtsmittelkammer des UN-Tribunals für die Roten Khmer das Verfahren gegen den Angeklagten Ao An im August 2020 eingestellt. Die pragmatische Entscheidung ist vor dem Hintergrund politischer Einflussnahme seitens der kambodschanischen Regierung verständlich, die Begründung aber nicht vollständig überzeugend. Damit wird das Gericht seine Arbeit nach jahrelangem Hin und Her beenden müssen. Eine Vielzahl an Verbrechen bleibt wohl ungesühnt.
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